Anrufbeantworter [German Creepypasta]
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
„Hey…ich weiß es ist schon etwas her …seitdem ich mich das Letzte mal gemeldet habe…Ich lebe also noch. Und ich weiß, ich habe gesagt. Es tut mir leid. Es ist nur alles so schwer im Moment so allein. Ich bin jetzt raus, vorübergehend …und vielleicht können wir uns ja mal treffen, solange ich kann. Im Café…, wenn du willst.
Ich hätte nicht anrufen sollen. Es ist nur so, ich brauche dich. Ich weiß nicht, wie ich das ohne dich schaffen soll. Vergiss es einfach. Tschau, Vincent“
Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Der fade Beigeschmack brannte leicht im Rachen. Eigentlich würde ihn das sauer aufstoßen lassen. Doch im Moment war dies Nebensache. Er hatte gleich ein ungutes Gefühl als das Lämpchen der Maschine so auffordernd leuchtete. Vielleicht hatte er es deshalb eine Wochenlang ignoriert. Was hatte ihn noch einmal dazu bewogen, heute den Knopf zu drücken. Er wusste doch, dass fast niemand diese Nummer hatte.
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Jetzt anmelden oder registrieren„Hey…ich weiß es ist schon etwas her …seitdem ich mich das Letzte mal gemeldet habe…Ich lebe also noch. Und ich weiß, ich habe gesagt. Es tut mir leid. Es ist nur alles so schwer im Moment so allein. Ich bin jetzt raus, vorübergehend …und vielleicht können wir uns ja mal treffen, solange ich kann. Im Café…, wenn du willst.
Ich hätte nicht anrufen sollen. Es ist nur so, ich brauche dich. Ich weiß nicht, wie ich das ohne dich schaffen soll. Vergiss es einfach. Tschau, Vincent“
Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Der fade Beigeschmack brannte leicht im Rachen. Eigentlich würde ihn das sauer aufstoßen lassen. Doch im Moment war dies Nebensache. Er hatte gleich ein ungutes Gefühl als das Lämpchen der Maschine so auffordernd leuchtete. Vielleicht hatte er es deshalb eine Wochenlang ignoriert. Was hatte ihn noch einmal dazu bewogen, heute den Knopf zu drücken. Er wusste doch, dass fast niemand diese Nummer hatte. Ein altbekannter Schmerz durchzuckte seine Brust.
Mit einem Mal war sie wieder da. Nach all der quälenden Zeit des Vergessens. Er hatte sie doch mit aller Macht aus seinen Erinnerungen verbannt. Und dennoch …genügte allein der Klang ihrer Stimme um kalte Schweißperlen auf seiner Stirn zu erzeugen. Der aufsteigende Rauch tänzelnde vor seinem Gesicht, bis er sich in der Luft zu legen schien. Sanfte Konturen zeichneten sich darin ab: die Umrisse einer verdrängten Erscheinung. Ein ovales schmales Gesicht, eine kleine Spitze Nase, Volle weiche Lippen.
Es zerrte ihn aus dem Sofa. Er musste das Fenster aufreißen. Die kühle Winterluft schlug ihn ins Gesicht, sodass sein Verstand wieder klarer wurde. Für einen kleinen Moment hatte er das Verlangen in die Nacht zu schreien. Doch er konnte die aufgestauten Emotionen gut unterdrücken. Dank der voraus gegangenen Übung, der Gewohnheit. Noch einmal saugte er den brennenden Qualm in seine Lungen, dann schnippte er die Zigarette hinaus. Kurz verharrte er in absoluter Stille, dann drehte er sich herum und lief zu der anderen Seite des Flures.
Piep
So schnell war sie also wieder verschwunden. Zumindest vom Speicher des Anrufbeantworters.
Die folgende Nacht war lang und rastlos. Vincent wälzte sich sinnlos im viel zu großen Bett umher, nur um nicht eine Sekunde die Gedanken schweifen lassen zu können. Sich an jedes winzige Geräusch in der Wohnung klammernd. Das unregelmäßige Tropfen aus dem Badezimmer, das Säuseln des Windes, leises Kratzen an den Wänden. Der schlimmste Zustand war der Halbschlaf. Zuerst hatte er das Gefühle leichte Schritte aus dem Flur zu hören. Die vor der geschlossenen Schlafzimmertür zum Stillstand kamen. Manchmal spielten seine übermüdeten Augen böse Streiche mit den Schatten des Mondlichts. Als würde sie wieder neben ihm liegen und seelenruhig schlummern. Es war zum Ausrasten.
Das Frühstück viel am Morgen aus. Dafür landete das spärliche Abendessen bei Sonnenaufgang in der Schüssel.
Er wollte nicht im Büro anrufen und sich unpässlich melden, nur wegen einer Krankheit, gegen die es sowieso keine Medikamente gab. Keine Heilung.
Leonie
Nun konnte er ihre Erscheinung aus den hintersten Winkeln seines Verstandes nicht mehr aussperren. Ihre unbeschreibliche Schönheit. Die langen schwarzen Haare zu einem Zopf geflochten, bei dem kein Haar ab stand. Das leichte Sommerkleid, welches sich so vorzüglich an ihre Schultern schmiegte. Durch die frühe Herbstluft standen ihre Härchen am Arm leicht. So, hatte er sie das erste Mal gesehen. Damals im Café. Es war üblicherweise nicht seine Art gewesen, eine Fremde einfach so anzusprechen. Aber irgendetwas gab ihm in diesem kleinen Augenblick, als er sie dort sitzen sah, den Mut einfach rüber zu gehen. Vielleicht lag es daran, dass sie allein dort saß und mit diesen großen Haselnussbraunen Augen aus dem Fenster blickte. Diese großen traurigen Augen.
Und dann war alles so einfach gewesen. Es hatte sich alles so selbstverständlich gegeben. Gefügt, als hätte es schon immer zusammengepasst. Die Treffen, die Gespräche, Ihr Lächeln…die Küsse. Im Nachhinein könnte er sich selbst in den Arsch treten, dass er die ersten Anzeichen nicht gesehen hat …oder nicht sehen wollte. Dass sie sich Tagelang gar nicht meldete. Plötzlich dann wieder mehr als zehnmal an einem Tag. Dass sie sich verspätete oder manchmal zu Treffen gar nicht auftauchte, jedoch ganz selbstverständlich mitten in der Nacht vor seiner Tür stand. Er dachte, sie war ebenso. Flatterhaft, ungezwungen. Dabei hätten die Alarmglocken schrillen müssen, als sie immer öfter aus kleinen Unwichtigkeiten, Dramen wachsen ließ. Sie konnte von einem Moment auf den anderen wegen eines zerbrochenen Glases einen Nervenzusammenbruch bekommen.
Diese unbarmherzige manipulative Rosarote Brille. Anstatt auf Abstand zu gehen, schlug er an einem „guten Tag“ vor, zusammen zu ziehen. Natürlich war sie Feuer und Flamme für die Idee. Sie war immer Feuer und Flamme.
Vincent zwang sich diesmal zu Überstunden. Die Übermüdung machte es nicht einfacher, aber er wollte nicht zu Hause im Dunkeln sitzen und der Stille lauschen. Zudem brachte ihn der sich sowieso stapelnde Papierkram auf andere Gedanken. Ein zwangsweiser positiver Nebeneffekt. Er hatte kaum noch Gefühl in den Fingern als er am überaus späten Abend die Wohnungstür aufschloss. Kaum hatte er die Türschwelle übertreten, machte sich in ihm ein ungutes Gefühl breit. Ein anderes wie am Vortag, aber nicht weniger unangenehm. Sein Umfeld fühlte sich irgendwie schmutzig an. Benutzt. Außerdem lag ein schaler Geruch in der Luft, der sich sofort in seine Nase fraß. Sobald er jedoch die Tür hinter sich geschlossen hatte, war er vergangen. Vielleicht war es nur wieder ein gemeiner Trick seines Verstandes, als Rache für den Schlafentzug …und des emotionalen Stresses.
Er hatte nicht das Bedürfnis das Licht ein zu schalten. Die Vorstellung von gleißendem Licht allein ließ seine Augen schmerzen. Auch verspürte er keinen Drang sich die letzte Zigarette aus der Schachtel an zu zünden. So bahnte er sich in der Finsternis einen Weg durch den Flur. Er wollte nur noch schlafen. Duschen konnte er am Morgen. Er stieß in seiner Unbeholfenheit gegen etliche Möbelstücke und Gegenstände, die er nicht deutlich aus machen konnte. Fast wäre er sogar über etwas gestolpert und der Nase nach zu Boden gefallen, wenn er nicht sich nicht noch reflexartig am Türrahmen des Schlafzimmers festgehalten hätte. Morgen sollte er eindeutig aufräumen.
Kraftlos warf er sich auf das Bett und ehe er sich versah holte sich sein Körper das zurück, wonach er so sehr trachtete.
Mitten in der Nacht erwachte er aus einem Traumlosen Schlaf. Kein natürlicher Drang hatte ihn geweckt. Noch ein störendes Geräusch. Zumindest konnte er sich an keins Erinnern. Intuitiv blickte er in Richtung Tür, die einen winzigen Spalt offen stand. Ein schwaches Flackern drang in sein Sichtfeld, das stetig immer wieder in Dunkelheit verendete. Das Lämpchen des Anrufbeantworters. Hatte ihn etwa das Klingeln des Telefons aus dem Schlaf gerissen. Äußerst seltsam um diese Uhrzeit, mitten in der Nacht.
Es war sicherlich auch eine Angelegenheit, die auf morgen früh warten könnte. Dennoch konnte Vincent nicht anders als weiter das flackernde Licht zu betrachten. Es hatte keine beruhigende oder hypnotisierende Wirkung. Im Gegenteil: jedes Mal fühlte es sich an, als würde ein schmerzhafter Stromschlag seinen ganzen Körper durchfahren. Als würde man langsam und steig heißen Blei in seinen Kopf kippen.
Trotz der drohenden Gefahr, dass ihn wieder ihr unvergesslicher Klang erwartete, musste er der Sache jetzt auf den Grund gehen. Ehe er sich versah, war er schon aus dem Bett gestiegen und zum Telefon geeilt. Seine Augen nicht vom herausfordernden Licht lösend.
Piep
„Hey, Leid …nicht allein …Vincent“
Es war unverwechselbar ihre Stimme. Doch klang es bizarr und zusammengewürfelt. Ohne Sinn. Daneben kam ihn dieser Wortklang aus ihrem Mund sonderbar vertraut vor. Während er sich auf seinen Stuhl fallen ließ, kam ihn kurz ein Gedanke. Es waren ihre Worte vom Vorabend. Exakt dieselben Worte, anders arrangiert. Es musste eine Fehlfunktion des Geräts sein. Verdammtes Drecksteil. Genau bei diesem Anruf musste es rum spinnen. Als wollte es Vincent mit Absicht foltern. Dieser griff zum Päckchen Zigaretten in seiner Jackentasche. Es war leer.
Die aufkeimende Wut ließ ihn nun gänzlich wach werden. Er riss das Fenster zum Hinterhof und holte tief Luft. Dann hielt er sich nicht mehr zurück und brüllte hinaus.
Er konnte sich ein schelmisches Lächeln nicht verkneifen als auf der Gegenüberliegenden Straße die Lichter in den Wohnungen an gingen.
Eine Fehlfunktion hatte ihn so durchdrehen lassen, er musste laut lachen. Das Getuschel um ihn herum wurde lauter, bis jemand schrie, Vincent soll seine verdammte Fresse halten.
Es war ihm egal. Sollten ihn doch die Nachbarn hier genauso hassen, wie sie es dort taten. Wie oft sie sich damals beschwert hatten, wegen den lauten Dramen mit Leonie. Wegen dem Geschrei, der Tränen, den Scherben. Anfangs haben sie noch selbst geklingelt, doch irgendwann schickten sie nur noch die uniformierten Beamten. Und SIE hatte in der Hitze des Gefechts behauptet, dass Vincent sie bedroht hätte, genötigt hätte. Wie oft er aus seinen eigenen vier Wänden verwiesen wurde. Die vier Wände, in die er SIE herzlich eingeladen hatte. Damals als die Romanze noch lieblich süß duftete. Diese Blicke um ihn herum. Er war der Übeltäter. Sie das Opfer.
Am nächsten Tag hatte sie immer bei ihm in der Arbeit angerufen. Sooft bis Vincent endlich reagierte. Was von Mal zu Mal, länger dauerte.
Sie hatte sich immer tränenreich entschuldigt. Ihre Tränen konnten ganze Flüsse füllen. Alles würde besser werden. Sie würde sich ändern, sich Hilfe suchen. Bittersüße Lügen, die er mehr glauben wollte als konnte. Jedes Mal kam er zurück. Aus Liebe, nicht aus Dummheit.
Und eines Tages stand SIE da, mit einem frisch gespülten Küchenmesser an ihrer Kehle. Weil er eine Kollegin nach Hause gefahren hatte, nachdem ihr Auto gestreikt hatte. Eine schwangere, verheiratete Kollegin.
Er hatte sie angefleht auf Knien, sich nichts an zu tun. Die ewigen Kämpfe hatten ihn so müde gemacht …und kaputt. Während er auf sie zu ging um sie zu beschwichtigen, rasten seine Gefühle. Zwischen tiefer Trauer, Angst und Hass. Hass gegen sie, nein Hass gegen sich selbst, dass er sie nicht stoppen konnte. Dass er ihr nicht den Halt geben konnte, den sie brauchte. Wäre er anders, wäre sie auch anders. Für einen kleinen Moment wünschte er sich, dass Leonie das Messer gegen ihn richten würde. Kaum hatte er diesen Gedanken zugelassen, spürte er schon das kalte Stahl in seine Brust eindringen. Nicht tief, aber brennend heiß bohrte sich die Klinge in sein Fleisch. Er war wohl viel zu nah gekommen.
Unter ihren entsetzten Schluchzen brach er zusammen. Den Geschmack von warmem Metall in seinem Mund. Eine dreckige Lache unter ihm.
Ab da erschien die nächste Zeit wie hinter einem dicken Nebelschleier. Ihre blutverschmierten Hände hatten bereits aufgehört zu zittern, als man die Sirenen in der Ferne hörte. Sie wehrte sich nicht, als man sie mitnahm. Drehte sich nicht einmal um. Das schmerzte beinahe am Meisten.
Am nächsten Abend entließen sie ihn wieder. Zurück in die taube Leere mit einer Narbe mehr. Nur ein unschöner roter Fleck wartete als stiller Zeuge der Begebenheit. Er konnte die Blicke der anderen nicht ertragen. Mitleidig vorwurfsvoll. Er wollte nur noch raus. Raus aus dieser tuschelnden Nachbarschaft, raus aus dieser Wohnung in der alles nach ihr schrie, raus aus seiner Haut. Nur noch Vergessen.
Er flüchtete ans andere Ende der Stadt. In eine billige Zwei-Zimmer Wohnung am Rande eines Problemviertels mit einer halben Stunde längerer Fahrzeit zum Büro. Aber das alles waren Nebensächlichkeiten. Er konnte Leonie nicht erreichen.
Anfangs dachte er noch oft an sie, doch dann war sie verschwunden. Wie ausradiert.
Zumindest bis jetzt.
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel als Vincent wieder seine Augen öffnete. Er war auf dem Sofa neben dem offenen Fenster eingeschlafen. Der Schmerz stach von Rücken in seinen Nacken als er sich hoch zwang. Ebenso machte sich ein ätzendes Kratzen im Rachen bemerkbar. Er schluckte die Beschwerden herunter und schleifte sich ins Badezimmer.
Innerhalb zwei Tage fühlte er sich um zwanzig Jahre gealtert. Mehr tot als lebendig.
Resigniert meldete er sich im Büro krank und vergrub sich unter die Bettdecke. Diesmal blieb er nicht von bizarren Träumen verschont. Er träumte von einer tanzenden Silhouette, die in einer Hocke in der Ecke des Zimmers ausharrte. Versteift mit dem Rücken zu ihm. Ab und an zuckte sie aufgeschreckt durch ein Geräusch blitzschnell mit dem Kopf. Fauchte und wimmerte, bevor sie wieder in diese krampfhaften Starre verfiel. Irgendwann sprang sie auf und tänzelnde aus dem Raum. Vincent konnte aus der Ferne Kratzen an den Wänden hören, das Schlagen von Türen, klimpern und rascheln.
Die Sonne war bereits lange unter gegangen als Vincent die Augen erneut aufschlug. Er fühlte sich nicht weniger elende als vor dem Einschlafen, war aber zumindest nicht mehr so abartig müde. Sein Weg führte ihn in die Küche, wo ein Berg dreckigem Geschirr auf ihn wartete. Wieder ließ er seine Wohnung in vollkommener Dunkelheit, da er den Anblick des Lichts nicht ertragen konnte. Mit reichlicher Ungeschicktheit durchwühlte er den Haufen nach einem passablen Glas, aus man noch trinken könnte, wenn man es mit Sauberkeit nicht so exakt nahm. Dabei gingen einige andere Gläser zu Bruch, oder waren es Teller. Er hörte nur die Scherben klirren. Als seine Suche erfolglos war, bildete er mit seinen Händen eine Schale, in der er das Wasser aus dem Hahn auffing. Das meiste landete auf seinem unrasierten Kinn und lief über dem Hals hinab. Aber für einen guten Schluck genügte es.
Der Kühlschrank gab nicht sonderlich her. Manchmal hatte Vincent das Gefühl, als würde dieses Ding sich von alleine leeren, egal wie oft er ihn auch befüllte. Jedoch hatte er auch jegliches Zeitgefühl für die Nahrungsaufnahme verloren. War das also überhaupt von Belang, was wann mal im Kühlschrank zu finden war.
Er zog sich seinen Mantel über und einen provisorischen Schal, als Tarnung dafür, dass ihm die Kälte dort draußen nicht vollkommen egal war. Nicht nur, dass er im Moment was zum Essen brauchte, auch würde ihm die frische Luft sicher gut tun. Dabei achtete er nicht auf die Uhrzeit. Irgendwo würde sich sicher was finden lassen, wie immer, dachte er sich als er die Haustür öffnete. Doch noch ehe er einen Schritt über die Türschwelle setzen konnte, traf es ihn wie ein Schlag.
Der rot schimmernde Schein strahlte von der anderen Seite schwach in den Hausflur. Der Anrufbeantworter. Vincent drehte sich um und schloss die Tür hinter sich. Er hatte den Flur mehrmals durchquert in dieser Nacht und dort war zuvor nicht anderes außer Finsternis. Das Telefon hatte eben nicht geklingelt, das hätte er, auch in seinem ganz persönlichen Delirium wahrgenommen. Oder?
Er stapfte zur anderen Seite, schon im Wissen, dass es nur ihre Stimme sein könnte, die ihn auf dem Band erwartete. Wie fanatisch logisch es auch sein könnte. Sein Herz schlug mit einem Schlag schneller, als er auf der Anzeige deutlich die Zahl drei erkennen konnte. Natürlich hätte er es auch ignorieren können, er hätte es löschen können, jetzt und für immer mit diesem Kapitel abschließen, aber die Wahrheit war …er wollte nicht. Die Aussicht auf den Klang ihrer Stimme, sei es nun von ihr oder einer bescheuerten Fehlfunktion waren ein kurzer Lichtblick in seinem monotonen Leben. Er vermisste sie…er liebte sie …und auch wenn es seinen Tod bedeuten sollte, er wollte sie wieder bei sich haben.
Piep
„Hey, Leid …nicht allein …Vincent“
Piep
Raus, Raus, Raus, Raus!
Er zögerte mit der letzten Nachricht. Es war der Klang ihrer Stimme, aber irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Wieder machte sich in ihm dieses seltsame Gefühl breit und der falle Geruch lag überall in der Luft. Vincent drehte sich um und dort im auf flackernden Schein, direkt vor ihm im Flur. Stand jemand. Nackt
Ein großgewachsener dürrer Mann mit langen zerzausten Haaren in vollkommener Stille. Zwischen den Strähnen im Gesicht blitzten die glasig starren Augen hervor, die direkt auf Vincent gerichtet waren. Dieser rührte sich keinen Millimeter. Nicht einmal ein Schrei war ihm zu entlocken, nur ein schockiertes glucksen.
Der Fremde antwortete, mit einem breiten Zahnlosen Grinsen, bevor er sich auf Vincent zu bewegte. Der Griff war unerwartet plötzlich und fest. Das Fenster blieb kein Hindernis.
Sie war das Beste was in seinem Leben passiert war. So unvorstellbar schön. Mit seiner Hilfe konnte sie endlich eine Therapie machen, nach der es ihr besser ging. Die beiden heirateten, gründeten eine Familie und lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. Dann wachte Vincent auf, bevor er aufschlug.
Ob Leonie auch an IHN denken musste, kurz bevor sie vom Stuhl sprang. Die Pfleger in der Anstalt fanden jedenfalls damals keinen Brief des Abschieds in ihrem Zimmer. Ein so persönlicher Abschied, kann auch nur persönlich überbracht werden. Wohl möglich hatte sie diese spezielle Nachricht im Bewusstsein ihrer finalen Tat an einen Vertrauten in der Klinik ausgehändigt. Jemanden der kurz danach entlassen werden sollte und diesen so aushändigen konnte. Einer Person, ein Schauspieler, der vermutlich nicht hätte entlassen werden dürfen, da er keinesfalls genesen war. Aber wen interessiert schon das dumpfe Flüstern zwischen den Wänden einer nun leerstehenden Wohnung?
Piep
„Tschau, Vincent.“
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