Kurz

Das allerletzte Mal

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Angespannt stand ich vor dem Spiegel. Sorgfältig betrachtete
ich dieses ausgehungerte, müde Wesen vor mir. Die Haut war leichenblass. Dunkle
Augenringe zierten sich unterhalb meiner roten Augen. Und zerzauste braune
Haare unterstrichen mein grauenvolles Aussehen. Würde ich es nicht besser
wissen, würde ich nicht im Geringsten annehmen, dass ICH dieses Wesen war. Aber
so war es nunmal. Ich war das widerlichste, heruntergekommenste Wesen auf
diesem Planeten. Angewidert von mir selbst entfernte ich mich ein Stück von dem
Spiegel und begab mich in Richtung eines großen Schrankes. In der hintersten
Ecke wartete die Erlösung auf mich. Endlich!

Zitternd versuchte ich den weißen Deckel der durchsichtigen
Dose, ohne einen kleinen Laut zu machen, zu öffnen. Nach etlichen Versuchen hatte
ich es geschafft. Behutsam schüttete ich mir eine Handvoll des Inhaltes auf
meine Hand. Es waren kleine schneeweiße, runde Tabletten, die mich in das Land
der Stille und Träume entführen würden. Kein Gelächter mehr der Menschen, die
ich hasste. Keine Taten mehr, die meine Seele zerreißen würden. Keine
Verletzungen mehr, die meinen zierlichen Körper übersehen würden. Nichts
dergleichen würde meinen Körper oder meinen Geist mehr quälen können, sobald
ich eingeschlafen war…

Nun trat ich vor den Spiegel. Ein allerletztes Mal wollte
ich mir tief in meine roten Augen blicken. Ich wollte Einblick in meine gequälte
Seele haben, die in einer Dunkelheit, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte
gefangen war. So dunkel und so zerrfressen von all dem Schmerz, der sich über
die Jahre hinweg aufgebaut hatte ich meine Seele noch nie gesehen. Langsam
schloss ich meine Augen. Mein Atem ging gleichmäßig und mein Herz schlug im
selben Rhythmus wie immer. Mit jedem Mal, das ich meine Hand näher zum Mund
führte, spürte ich, dass ich immer entspannter wurde. Ich war bereit. Bereit
meine Erlösung anzutreten. Mich von der Welt zu verabschieden. Dem Ende
entgegenzutreten… Plötzlich klopfte es an der Tür und eine besorgte
Frauenstimme drang gedämpft durch die verschlossene Tür an mein Ohr.

„Alice?“, rief sie meinen Namen. „Ist alles ok bei dir?“
Schnell würgte ich die Tabletten mit einem großen Schluck Wasser herunter und
öffnete ihr die Tür. Normalerweise wollte ich ihr diesen Anblick ersparen, doch
jetzt war dazu keine Zeit. „Alles gut Mum,“ versicherte ich ihr. Um es noch
glaubhafter wirken zu lassen, zog ich ein Lächeln entlang meiner Mundwinkel. Es
war nicht das erste Mal, dass ich sie damit anlog. Schon die Jahre zuvor hatte
ich sie mit demselben, getäuschten Lächeln angelogen. Immer und immer wieder.
Tag für Tag. Jahr für Jahr. 15 Jahre lang. Doch heute sollte es das letzte Mal sein.
Ein allerleztes Mal, sollte sie mein gespieltes Lächeln sehen können.

Plötzlich verspürte ich ein krampfhaftes Ziehen entlang
meiner Magengegend. Zugleich wurde mir schwindelig, sodass ich mich
notgedrungen an dem Rand des Waschbeckens halten musste. „Alice Schatz, was ist
mit dir?!“, rief meine Mutter panisch, doch ihre Worte klangen so gedämpft, als
ob man mir dicke Wattepads ins Ohr gelegt hätte, die jegliche Geräusche und
Wörter der Außenwelt abdämpften. Langsam verlor ich das Gleichgewicht und
meine Hand rutschte vom kühlen Keramikbecken ab. Nur sehr verschwommen konnte
ich das entsetzte Gesicht meiner Mum sehen, wie sie neben mir kniete und meinen
Namen schrie.

Das letzte Mal sah ich meiner Mutter ins Gesicht und
lächelte erleichtert, während ich mit schäumenden Mund den altbekannten Satz
sagte: „Alles gut Mum.“  

Geschrieben von:  () 11:34, 5. Mai 2017 (UTC)

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