
Das Gemälde des Pedro Mortifago
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
»Echt krass, was Mason mit seinen Gitarrenriffs abgeliefert hat!« Die Feierlaune verdrängte die Stille in der schmalen Unterführung.
»Der Typ ist einfach der Wahnsinn.« Bei jedem Tritt auf eine kleine Pfütze, die
Hinterlassenschaft des vorübergezogenen Regens, das durch die Lücken des über uns liegenden Gleisbetts gedrungen war, spritzten kleine Wassertropfen bis an die mit Graffiti bemalten Betonwände. »Da kann ich euch nicht widersprechen!«
Wir befanden uns auf dem Heimweg von einer Abendaufführung der »Black Hedgehogs« – unserer absoluten Lieblingsband. Alan war wie immer in einen schwarzen Mantel gehüllt. Alice, mit einem Halstattoo, nippte immer wieder an einer fast leeren Bierflasche. Über uns klärte sich der nächtliche Himmel, und die Mondsichel erschien. Irgendwo in der Ferne bellte ein Hund.
»Habt ihr vielleicht Bock, noch bei mir vorbeizuschauen?« Wir befanden uns an der Kreuzung kurz vor Alans Wohnung. »Es gibt da etwas, das ich euch zeigen möchte.«
Es ging um ein Gemälde, das Alan kürzlich erworben hatte.
»Du interessierst dich für Kunst? Ist ja ganz was Neues …«
»Bitte keine ominösen Aktbilder von alten Männern mit …« Alice behielt das letzte Wort für sich – wir lachten.
»Nein, es ist etwas absolut Cooles. Es wird euch umhauen.« Alan wartete auf eine Antwort, die Hände in den Jackentaschen, und lächelte erwartungsvoll, auf Zustimmung pochend. Mit einem »Dann zeig mal her« begleiteten wir ihn schließlich – er wohnte immerhin gleich um die Ecke.
Poster von Horrorfilmen und Metalbands zierten die Wände seines Appartements. Sein überschaubares Wohnzimmer bestand aus einem Ledersofa, einem niedrigen Esstisch, einem Regal voller okkulter Bücher und einem Schreibtisch mit Notebook in einer Nische. Die Cthulhu-Figur auf dem Bücherregal war ein Souvenir aus einem Fanshop – er hatte schon immer ein Faible für solchen Kram.
Doch was mich plötzlich zusammenzucken ließ, war der Grund, weshalb wir zu der späten Stunde überhaupt dort waren. Es hing nicht weit entfernt, und Alan positionierte sich stolz daneben, wie bei einer Presseschau. »Sieht das nicht atemberaubend aus? Wurde erst vor wenigen Tagen geliefert.«
Alice wich einen Schritt zurück und verzog das Gesicht: »Igitt. Du bist doch krank.«
Alan grinste breit – für ihn war das ein Kompliment.
»Ich stimme ihr zu. Dein Geschmack ist wirklich fragwürdig …«
Das Motiv zeigte einen Mund mit gebleckten Zähnen, gemalt mit einer beklemmenden Intensität, die an eine Würgeschlange erinnerte, die das Leben aus ihrer Beute presst. Das Bild schien den Betrachter förmlich zu verschlingen.
Kein Gesicht, keine Augen – nur diese lebensechten, detailliert gemalten Zähne, eng aneinandergereiht und voller Zahnstein, bleckend und böswillig. Eine schmale Lücke klaffte zwischen den Zahnreihen, und das feuchte, klitschige Zahnfleisch verstärkte das Grauen.
Widerlich und abstoßend sind wohl die treffendsten Worte.
Der Hintergrund, ein flammendes Rot, erinnerte an das umstrittene Ölgemälde, das König Charles III. von Jonathan Yeo überreicht wurde – ein Bild, das manche an das Hölleninferno oder ein Blutbad denken ließ.
Alan erklärte uns: »Das gute Stück ist jetzt Teil meiner Sammlung. Ich wollte es euch bloß mal zeigen.«
Alice antwortete: »Du hast es uns nicht nur gezeigt, du hast vermutlich dafür gesorgt, dass wir heute Nacht kein Auge zubekommen.«
»Ich steh‘ ja auch auf düsteren Scheiß … aber dieses Bild würde ich mir auch nicht ins Wohnzimmer hängen«, fügte ich hinzu und fragte: »Was gefällt dir so an diesem bizarren Werk?«
»Nun ja … es nicht unbedingt, was es darstellen soll, sondern ist es die enorme Atmosphäre, die der Künstler geschaffen hat. Es berührt mich im Inneren«, antwortete er.
Wir unterhielten uns noch ein wenig, ließen den gemeinsamen Abend ausklingen und merkten, dass es allmählich Zeit zum Aufbrechen wurde.
»Also dann Alan, … lass dich bloß nicht von diesem Maul aufessen!« war mein Schlusssatz.
»Keine Sorge, dass passiert schon nicht. Kommt gut nach Hause.«
Was folgte, waren noch ein paar scherzhafte Sprüche.
Dann verabschiedeten wir uns.
– –
Nach jenem Abend kehrte für eine Weile Funkstille ein, und der Alltag nahm uns wieder in seine Fänge.
»Sag mal, hast du in letzter Zeit wieder was von Alan gehört?« Alice dachte kurz nach, während ich in den halbgaren Spaghetti Bolognese vor mir herumstocherte.
Wir hatten gerade Mittagspause und saßen in der Kantine. Viele hielten uns für ein Paar, weil wir ständig zusammen waren, aber dem war nicht so. Wir waren bloß Freunde und seit etwa zwei Jahren Arbeitskollegen in derselben Handelskammer.
»Moment… ich checke mal meine Nachrichten.« Alice prüfte ihre Chatverläufe: »Nope. Die letzte Nachricht ist von kurz vor dem Konzert. Hat er sich bei dir nicht gemeldet?«
»Nein, das ist ja das Merkwürdige.«
»Also hat er sich seit über zwei Wochen nicht bei dir gemeldet? Sieht ihm gar nicht ähnlich…« Sie schmunzelte. »Ob er wohl genug von uns hat?«
»Ich mein’s ernst, Alice. Irgendwas stimmt nicht. Ich schreibe ihm jetzt nochmal.« Ich schob den Teller Nudeln zur Seite und tippte in mein Smartphone: »Alles klar bei dir? Versuche dich seit ein paar Tagen zu erreichen. Meld dich mal wieder! Machen uns Sorgen!!«
Wir warteten gespannt – zunächst nichts, dann eine 16-sekündige WhatsApp-Sprachnachricht.
»Bin vor wenigen Tagen aufgewacht… Habe die Jalousien runtergezogen und gehe nicht mehr vor die Tür. Sie waren überall … Auf den Armen, der Brust… Einfach überall. Muss abwarten. Vielleicht verschwinden sie wieder… Kann euch vorerst nicht treffen.«
»Was faselt er da für wirres Zeug? Verarscht der uns?« Alice runzelte die Stirn.
»Nein, dafür kenne ich Alan schon zu lange. Nimmt er jemanden auf die Schippe, gibt er sich anders. Die Nachricht ist nicht normal.« Ich fügte hinzu: »Ich werde später mal bei ihm vorbeischauen und die Lage checken.«
»Ich würde ja mitkommen, aber ich hab’ echt noch ’nen Haufen Zeug am Hals. Sag ihm aber, er soll von dem Zeug, was auch immer das war, mal lieber weniger nehmen.«
Als ich später am Abend bei Alan an der Tür klingelte, blieb es still. Kein Licht brannte, und ich machte mir langsam ernsthafte Sorgen. Auch auf Klopfen, Rütteln und Rufen reagierte er nicht. Schließlich fiel mir ein, dass er seinen Ersatzschlüssel immer unter der Fußmatte versteckte – typisch Alan. Mit klopfendem Herzen schloss ich auf und trat ein.
Da die Wohnung dunkel war, leuchtete ich mit der Smartphone-Lampe den Weg aus. Im Wohnzimmer entdeckte ich schließlich Alan, wie er im Schneidersitz auf dem Boden saß, den Blick zur Wand; auf die entblößten Zähne gerichtet.
Ich betätigte den Lichtschalter, näherte mich ihm Schritt für Schritt und fragte: »Alan? Ist alles in Ordnung mit dir?«
Nachdem er sich zu mir gedreht hatte und sich unsere Blicke trafen, bemerkte ich, wie zermürbt er aussah und dass ihn etwas innerlich aufgefressen haben musste. Er wirkte wie ein Wrack, wodurch sich mir der Magen zusammenzog. Es war so surreal, was ich sah. »Was… was ist mit dir geschehen? Wieso meldest du dich nicht mehr?«
»Hallo Tom«, begann er. »Ich weiß es jetzt… weiß nun, sie zu kontrollieren. Sie zurückzudrängen… Dieses wundervolle Gemälde hilft mir dabei. Es ist der Schlüssel. Die Garantie.« Er setzte ein süffisantes Lächeln auf und blickte wieder auf das Gemälde; mein Blick folgte dem seinen. Dann sah ich wieder zu Alan und bemerkte ovale Spuren oder Abdrücke an seinen Armen und im Halsbereich.
»Was sind das für Abdrücke Alan?«
Er antwortete nicht, er hatte nur noch Augen für das Gemälde. Was ging in seinem Kopf nur vor sich? Er war völlig anders. Ich machte das Bild dafür verantwortlich, da es ihn zu hypnotisieren schien. Und deshalb musste ich zu drastischeren Mitteln greifen.
»Ich wusste von Anfang an, dass dieses Bild nichts Gutes bringen würde. Und dass du dich nun so komisch verhältst, seitdem dieses Ding hier hängt, ist der offensichtliche Beweis dafür«, sagte ich und zog es von der Wand.
Er versuchte, es mir wieder zu entreißen. Was ihm auch gelang. In seinem Gesicht zeigte sich ein Fanatismus, den ich bei ihm noch nie zuvor gesehen hatte und der mich zurücktaumeln ließ. Alans Nacken, Hals und Brustpartie hoben und senkten sich mit jedem Atemzug. Es war, als verwandele er sich gleich in ‚Mr. Hyde‘.
»Alan… was in aller Welt…?«
»Nur das Gemälde kann sie besänftigen! Du solltest jetzt besser gehen.«
Mit dem Versuch ihn wieder zu besänftigen, wollte ihn mit den Fingerspitzen berühren, die er jedoch zur Seite schlug. Was war nur in ihn gefahren?
Da mich die ganze Situation überforderte, und ein Durchdringen zu ihm nicht mehr möglich schien, blieb mir nichts anderes übrig als zu gehen – auch wenn mir der Gedanke, ihn allein zu lassen, ganz und gar nicht zusagte. Das Gefühl, wenn einem die Hände gebunden sind, war nur schwer auszuhalten.
Später am Abend saß ich auf meiner Matratze, mit dem Hörer in der Hand. Regentropfen prasselten gegen das Zimmerfenster.
»Ich sag’s dir, Alan ist völlig durchgeknallt«, erzählte ich. »Du würdest ihn nicht wiedererkennen.«
»Ist es wirklich so schlimm?« fragte Alice.
»Ja, ist es.«
»Fuck. Verdammte Scheiße… Und was sollen wir jetzt machen?«
»Weiß nicht… Was hältst du davon, wenn wir morgen nochmal zusammen nach ihm sehen?«
Alice begrüßte meinen Vorschlag, und so machten wir uns gleich am nächsten Tag, direkt nach der Arbeit, auf den Weg zu Alans Appartement. Alan schien nicht da zu sein. Aber sein Laptop war an und beleuchtete die Schreibtischecke. Das E-Mail-Postfach war offen – darunter eine verifizierte Zustellungsbestätigung des Gemäldes und eine Mitteilung:
»Sehr geehrter Mr. Hutson,
ich freue mich, Ihnen den erfolgreichen Abschluss Ihres Kaufs bestätigen zu dürfen. Vielen Dank, dass Sie sich für ‚Das letzte Gemälde des Pedro Mortifago‘ aus unserer Sammlung entschieden haben. Hiermit bestätige ich den Erhalt Ihrer Zahlung.
Künstler: Pedro Mortifago Epoche: 1593 – 1619
Der Zahlungstransfer wurde erfolgreich abgeschlossen, und ich möchte Ihnen meinen aufrichtigen Dank für Ihr Vertrauen und Ihre prompte Abwicklung aussprechen. Ihr Engagement für Kunst wird sehr geschätzt.
Aufgrund mangelnder Nachfrage wird Ihnen zudem ein Rabatt zugerechnet.
Die Versandvorbereitungen sind bereits im Gange, und wir werden sicherstellen, dass das Gemälde sorgfältig verpackt und in einwandfreiem Zustand an Ihre angegebene Adresse geliefert wird. Sie erhalten eine separate E-Mail mit den Versandinformationen und der Sendungsverfolgungsnummer, sobald das Kunstwerk auf dem Weg zu Ihnen ist.
Bitte zögern Sie nicht, sich bei weiteren Fragen oder Anliegen direkt an mich zu wenden. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung und freue mich darauf, Ihnen auch in Zukunft bei weiteren Kunstkäufen behilflich sein zu dürfen.
Nochmals vielen Dank für Ihre geschätzte Patronage.
Mit freundlichen Grüßen, Ashton Goodborn«
Im Anhang befand sich zudem eine PDF-Datei mit dem Titel: »Entstehungsgeschichte«. Im Augenblick, als ich den Cursor auf die Datei zubewegte und Alice mir zuflüsterte, »Sollten wir das wirklich tun?«, betrat Alan den Raum – wir erstarrten zu Eisklötzen.
Wir brachten zunächst kein Wort heraus, als wir Alans sichtliche Veränderung bemerkten. Da war diese vampirische Blässe, seine Augen schienen tief in die Höhlen zurückgezogen, und er musste mindestens zehn Kilo verloren haben. Seinem Geruch und den zerzausten Haaren nach zu urteilen, schien er auch die Körperpflege vernachlässigt zu haben.
Ein wahnerfülltes Lächeln meißelte sich in sein Gesicht, als er aus dem Dunkeln zu uns ins schummrige Licht getreten war. In diesem Moment umgab unseren Freund eine Aura des Unberechenbaren.
»Ihr haltet mich wohl für verrückt. Alan hat den Verstand verloren! Alan macht dubiose Geschäfte! Durchleuchten wir doch seinen E-Mail-Verlauf, um uns Gewissheit zu verschaffen!«
»Alan… Wir-«
»Ist auch egal. Denn in Wahrheit habe ich sie inzwischen zu kontrollieren gelernt. Egal wie viele von ihnen noch in mir heranwachsen«, sagte er mit trockener, heiserer Stimme.
Aus mir unbekannten Gründen überkam mich die Wahnvorstellung, dass er wie in einem Horrorfilm auf mich losspringen und ein Stück Fleisch aus meinem Hals beißen würde – was sich jedoch als nichtig erwies. Stattdessen sagte er: »Ihr solltet jetzt besser gehen.«
Es folgte ein verbales Tauziehen, ihn doch noch von unserer Hilfe zu überzeugen. Wir sahen uns in der Pflicht, ihn in diesem Zustand nicht allein zu lassen.
»Alan, du brauchst Hilfe!« Wir boten ihm unsere Unterstützung an, doch er stieß uns ab und wandte sich wieder dem Gemälde zu – jenem, das so viele Fragen aufwarf und nie hätte auftauchen dürfen. Der Ursprung blieb unklar.
Später, zu Hause am Rechner, begann ich mit der Recherche über den Kunsthändler »Goodborn«. Doch ich fand kaum etwas, ebenso wenig über den Maler Mortifago.
Plötzlich kam mir eine Idee. Ich kannte Alans E-Mail-Adresse und den Anbieter, aber nicht das Passwort. Doch wie ich ihn kannte, musste es etwas Einfaches sein.
Und tatsächlich: In wenigen Minuten knackte ich das Passwort – Alans Geburtsdatum. Nachdem ich das PDF-Dokument aus seinem Postfach gezogen hatte, begann ich zu lesen.
Im Jahre 213 v. Chr., auf einem berauschenden Höhepunkt der römischen Bacchanalien, einem Fest der Ekstase und des Exzesses, geschah ein Vorfall, der in den Annalen der okkulten Geschichte für immer verzeichnet werden sollte. Inmitten der tanzenden, trunkenen Menge tauchte ein Fremder auf. Niemand kannte seinen Namen oder seine Herkunft. Sein Gesicht war in den Schatten gehüllt, seine Augen jedoch leuchteten in einem unheimlichen, fiebrigen Glanz.
Es wird berichtet, dass er in einem Zustand unbeschreiblichen Wahnsinns und Rausches eine zeremonielle Klinge ergriff und sich vor den schockierten Augen der Anwesenden den eigenen Kiefer herausgeschnitten habe. Die Zähne, blutverschmiert und von einem diabolischen Licht umhüllt, sollen im Feuerschein der Fackeln geflimmert haben, während der Fremde sich in unnatürlicher Stille in die Dunkelheit zurückzog. Von ihm wurde nie wieder etwas gehört, doch die Legende seiner Tat überdauerte die Jahrhunderte und wurde zum urbanen Mythos, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
In der Zeit der Renaissance, einer Epoche, die von der Wiedergeburt des Wissens und der Kunst geprägt war, fand diese düstere Legende ein neues Publikum. Der geheimnisvolle und finstere Maler ‚Mortifago‘, bekannt für seine Faszination für das Makabre und das Übersinnliche, stieß auf diese Geschichte und war sogleich von einer morbiden Besessenheit ergriffen. Er beschloss, diesen Mythos auf Leinwand zu bannen, getrieben von einem unheimlichen Drang, das Unfassbare darzustellen. Wochenlang schloss er sich in seinem Atelier ein, von keinem Menschen gesehen, nur begleitet von den Schatten der Vergangenheit.
Als er schließlich das Gemälde vollendete, das die grausamen Zähne des Fremden in schrecklicher Präzision darstellte, geschah das Unvermeidliche. Mortifago wurde tot in seinem Atelier aufgefunden, sein Körper in einer grotesken Pose erstarrt, die Augen weit aufgerissen vor unbeschreiblichem Schrecken. Keine offensichtliche Ursache konnte für seinen Tod festgestellt werden, und die Umstände seines Ablebens blieben ein Rätsel, das niemals gelöst werden sollte. Es hieß, er sei von den Geistern des Wahnsinns heimgesucht worden, die in dem Gemälde weiterlebten.
Das Gemälde selbst verschwand kurz nach Mortifagos Tod, nur um in den folgenden Jahrhunderten immer wieder in den Schatten der Geschichte aufzutauchen. Jeder, der es besaß, war von einem unheilvollen Schicksal betroffen, geplagt von Albträumen und einem unnatürlichen Drang, sich selbst zu zerstören. Das Bildnis der Zähne wurde zum Sinnbild des unaussprechlichen Horrors, ein Relikt des Wahnsinns, das den Geist derjenigen, die es betrachteten, vergiftete. Und so bleibt das Gemälde des Mortifago ein düsteres Artefakt, ein Zeugnis des Wahnsinns, das über die Jahrhunderte weitergereicht worden ist.
Am nächsten Tag traf ich mich mit Alice in einem Café, wo wir nochmal über die ganze Sache sprachen. Alans Verhaltensänderung – das ganze Dilemma –; wir mussten das erst einmal sacken lassen. Auch unterhielten wir uns über die verstörende Hintergrundgeschichte des Gemäldes.
»Was in aller Welt ist mit Alan geschehen?« fragte Alice, den Tränen nahe.
»Wenn ich das nur wüsste«, antwortete ich. »Fakt ist nun mal, dass diese Veränderung eingetreten ist, seitdem er das Bild in der Wohnung hängen hat.«
»Was sollen wir bloß tun?«
Ich schwenkte die Kaffeetasse, der Inhalt bildete einen Strudel, der an die Oberfläche Jupiters erinnerte, während ich nachdenklich die Augenbrauen zusammenzog.
»Wir müssen das Scheiß-Teil irgendwie loswerden«, meinte Alice.
Und damit hatte sie absolut Recht.
Ich stellte die Tasse ab und sagte: »Ich regle das.«
Langsam brach die abendliche Dämmerung herein. Dunkle Wolkenberge wuchsen zu einem gähnenden Riesen zusammen und die Stadt schien in einer gespenstischen Stille gefangen; kein Trubel, kein Wind. Abermals musste ich mir selbst Zugang zu Alans Wohnung verschaffen. Die meisten Jalousien waren heruntergezogen.
Ich erstarrte.
Die Wohnung, das ganze Mobiliar – von den Regalen und dem Fernseher bis zum Couchtisch, Sofa, Türrahmen und dem Schreibtisch –: alles komplett verunstaltet. Nein, ‚verunstaltet‘ trifft es nicht ganz … Vielmehr schien alles sozusagen … von ovalen, handgroßen Löchern übersät. Mehr noch handelte es sich beim genaueren Hinsehen (ich beleuchtete alles mit Hilfe des Smartphones) um tiefe Bissspuren. Selbst die Cthulhu-Figur bildete keine Ausnahme, ihr fehlte ein Stück des Schädels. Zahnrillen – typische Spuren beim Abbeißen, wie bei einem Apfel – waren deutlich erkennbar. Allerdings war hier nichts essbar. Das waren steinharte Gegenstände, an denen sich jeder normale Mensch die Zähne ausbeißen würde.
Was um alles in der Welt war hier passiert?
In einer Ecke erblickte ich schließlich meinen Freund. Schluchzend und verstört wippte er hin und her, die Knie dicht an sich gezogen und das Gesicht darin vergraben.
»Alan, was ist passiert?«
»Sie lassen sich nicht mehr aufhalten. Keine Kontrolle mehr … kann nicht mehr entfliehen.« Er blickte immer noch ins Nirgendwo: »Sie zehren an mir und werden alles verschlingen.«
Dann blickte er verzweifelt zu mir, und sagte: »Du musst mir helfen, Tom …«
Sorgen kreisten in meinem Verstand. Noch klarere Anomalien wurden sichtbar, die sich unter seiner Haut – in Form jener ovalen Formen oder Blutergüsse – abzeichneten. Sie erinnerten an unzählige Münder unter der Haut. Keine Bissspuren, sondern Münder.
Alice meinte später dazu, dass es sich um Selbstverletzungen aufgrund eines
Nervenzusammenbruches handeln würde, und dass wir ihn deshalb – zu seinem eigenen Wohlergehen – in eine Nervenheilanstalt übergeben sollten.
Ob es sich wirklich um Selbstverletzung handelte? Ehrlich gesagt, war ich mir da nicht ganz sicher …
»Natürlich helfe ich dir, Alan! Wir sind für dich da«, ich legte die Hand auf seine Schulter. »Aber erst mal muss getan werden, was getan werden muss.«
Ich hing das Gemälde ab und verbrannte es auf dem Balkon. Die Asche wurde vom Wind davongetragen. Alan sah dem nur still hinterher – irgendwo ein Trauerspiel zwischen all dem Wahnsinn. Seit diesem Vorfall ist etwa eine Woche vergangen. Während Menschen draußen ihr unbeschwertes Leben lebten, überlegten wir uns, wie wir Alan helfen konnten.
Ich stimmte Alice‘ Vorschlag zu, ihn in eine psychiatrische Klinik einzuweisen. Nachdem wir mit ihm darüber gesprochen hatten, willigte Alan ein. Ich war zwar froh darüber, aber dass er mit einem Klinikaufenthalt einverstanden war, zeigte auch, wie schlecht es um ihn stand.
Natürlich hätten wir, bevor wir ihn in eine solche Einrichtung übergeben, seine Familienangehörigen zurate gezogen … Doch da er als Pflegekind weiter und weitergereicht worden ist, und er seit einigen Jahren den Kontakt abgebrochen hatte, waren wir sozusagen dass, was er ‚Familie‘ nannte.
Ich dachte über die Vor- und Nachteile nach und ob dies wirklich die richtige Entscheidung für Alan war. Würde ihm die Einrichtung und das Pflegepersonal wirklich den nötigen Schutz vor sich selbst bieten können? Würde er sich eine nachhaltige Strategie zurechtlegen, wieder ins Licht zurückzufinden?
Natürlich gab es auch die Schattenseiten: der Verlust der Freiheit, eingesperrt zu sein, kontrolliert von anderen. Ärzte, Therapeuten – alle werden ihn beobachten, analysieren, versuchen zu verstehen. Was, wenn sie zu tief in seiner Seele graben und noch viel dunklere Dinge heraufbeschwörten? Daran wollte ich überhaupt nicht denken.
Ich wollte die Dinge positiv betrachten, daher sollte mein Grübeln überhaupt keine Rolle spielen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als zu vertrauen. Keiner wusste, wie lange sie Alan dort drin behalten würden. Die Zukunft war ungewiss.
Die Innenräume, in denen Alan vorübergehend wohnen würde, waren nicht klinisch weiß, wie man es von einer Nervenklinik erwarten würde – sie erinnerten eher an ein Altenheim, mit Zimmerpflanzen, Wandbildern in den Korridoren und einem Hauptraum, wo sich die Patienten zum gemeinsamen Kartenspielen oder Fernsehen aufhalten durften.
An dieser Stelle könnte man meinen, dass sich alles nun zum Positiven wenden würde. Wenn dem doch nur so gewesen wäre … Stattdessen gaben die Protokolle folgendes her:
Anfangsbefund:
Am 02. Juli wurde Alan Hutson von seinen Freunden in die psychiatrische Anstalt eingeliefert.
Bei der Aufnahme zeigte der Patient keine auffälligen Symptome. Er wirkte ruhig und kooperativ. Es wurden keine Anzeichen von Halluzinationen oder Wahnvorstellungen festgestellt. Der Patient erklärte, dass er sich lediglich etwas ‚überfordert‘ fühle und etwas Ruhe benötige.
09. Juli:
Der Patient begann, sich zunehmend zurückzuziehen. Das Personal stellte fest, dass er sein Zimmer nur selten verließ. Wenn er es doch tat, wirkte er ängstlich und schaute sich ständig um.
11. Juli:
Der Patient verbrachte den Großteil des Tages in seinem Zimmer, zeigte ein ausgeprägtes Umherwandern mit nervösem Auftreten und sprach dabei unzusammenhängende, unverständliche Inhalte. Auf Nachfrage berichtete er von einer Entität, die ihn verfolge und bedrohe. Der Patient zeigte deutliche Anzeichen von Angst und Paranoia.
13. Juli:
Der Patient verlangte in der Nacht, dass das Personal ihm ein ominöses Gemälde zurückgebe, das ihm angeblich Schutz gewährleisten sollte. Er bestand darauf, dass das Gemälde für seine Sicherheit notwendig sei. Eine Durchsuchung seines Zimmers nach diesem Gemälde verlief erfolglos.
Körperliche Auffälligkeiten:
15. Juli: Bei der routinemäßigen Untersuchung wurden mehrere ovale blaue Flecken am Körper des Patienten festgestellt. Die Herkunft dieser Flecken konnte nicht geklärt werden. Der Patient verweigerte jegliche Erklärungen und schien selbst überrascht von deren Auftreten.
Nachtrag:
Das Verhalten des Patienten verschlechtert sich zunehmend. Der Patient bleibt überwiegend in seinem Zimmer und reagiert aggressiv, wenn man versucht, ihn zu Untersuchungen oder zu Gesprächen zu bewegen. Seine fixierte Vorstellung von der Bedrohung und dem schützenden Gemälde scheint sich weiter zu manifestieren.
Empfohlene Maßnahmen:
Intensive Beobachtung und Überwachung des Patienten, Anpassung der medikamentösen Therapie zur Linderung der Halluzinationen und Paranoia, weitere Untersuchung zur Ursache der körperlichen Verletzungen.
Alice war weiterhin davon überzeugt, dass Alan sich die Verletzungen, in Form blauer Flecken, selbst zugefügt hatte, und wir unbedingt etwas dagegen unternehmen mussten. Dieser Annahme konnte ich nicht widersprechen – es war das Naheliegendste. Wir befürchteten, dass er sich noch schlimmer, womöglich ernsthafter, verletzen würde, wenn wir nichts taten. Für Alice und mich stand die Gesundheit unseres besten Freundes an oberster Stelle. Das sollte auch dem zuständigen Arzt keineswegs vorenthalten werden.
Wir baten ihn sogar um eine Sicherheitsmaßnahme, die wohl nur aus reiner Angst um ihn emotional hochgekocht war und die Sicht auf die Dinge ein wenig verzerrte.
»Hören Sie, Doktor …«, begann ich. »Alice und ich haben uns da etwas überlegt. Alan scheint trotz der Beruhigungsmittel nach wie vor blaue Flecken aufzuweisen, die nicht weniger werden. Im Gegenteil. Und bevor noch Schlimmeres passiert, wären da nicht …«
»Präventive Maßnahmen angebracht, wie ihn etwa zur eigenen Sicherheit in seinem Bett zu fixieren? Wenigstens bei Nacht, da weniger Pflegepersonal anwesend ist? Wir haben einfach Angst um unseren Freund, verstehen Sie?« Alice brachte den Satz für mich zu Ende, da ich durch das aufgesetzte Lächeln des Arztes kurzzeitig den Faden verlor.
Dr. Westfall antwortete: »Da muss ich Sie leider enttäuschen, so einfach ist das nicht. Einen Patienten zu fesseln, sollte in einer Heilanstalt die letzte Maßnahme sein, um einer akuten Gefahrensituation entgegenzuwirken, und ohne richterlichen Beschluss sind uns da die Hände gebunden.«
»Aber sehen Sie sich doch Alans blaue Flecken an! Eine akute Notsituation liegt doch längst vor!« argumentierte ich verdutzt.
»Es tut mir wirklich leid, aber das ist nicht Hollywood. Es gibt bestimmte gesetzliche Grundlagen im Betreuungsrecht, an die wir selbstverständlich gebunden sind«, erklärte Westfall mit einem Lächeln, das irgendwie großväterlich wirkte. »Wie gesagt, eine Fixierung oder Einschließung muss absolut verhältnismäßig sein und unterliegt strengen rechtlichen Regelungen.«
»Wir müssen aber irgendetwas tun, bevor er sich Schlimmeres antut!« antwortete Alice.
»Im Moment können wir nicht viel mehr tun als abzuwarten, den Patienten zu überwachen und sein Verhalten zu dokumentieren. Gegebenenfalls erhöhen wir die Dosis der Beruhigungsmittel – das wird dann mit den Kollegen besprochen.«
»Das könnte viel zu spät sein! Erkennen Sie das nicht?« Frust und Ungläubigkeit lagen in Alice‘ Stimme.
»Keine Sorge, junge Dame. Ihr Freund ist bei uns bestens aufgehoben. In unserer Einrichtung hat sich noch kein Patient jemals ernsthaft verletzt. Wir sind top aufgestellt; vom Pflegepersonal bis zu den Psychologen.«
Ich legte den Arm um Alice, sah sie eindringlich an und sagte: »Sie werden ihn schon wieder zusammenflicken. Ich denke, wir können uns auf den Arzt verlassen.«
»Das perfekte Schlusswort«, sagte Dr. Westfall erneut mit großväterlichem Lächeln.
Ja … hätten sich die Einschätzungen nur als verlässlich erwiesen … Hätten die Urkunden und Auszeichnungen im Sprechzimmer von Dr. Westfall nur für sich gesprochen, sodass wir unseren besten Freund bald wieder zurückbekommen hätten …
Aufheiternde Worte erweisen sich oft als Fluch und Segen. So werde ich auch die Worte an Alice, dass alles wieder gut werden würde, wohl bis an mein Lebensende bereuen.
– –
Drei Tage waren vergangen, seit ich Alan zuletzt gesehen hatte. Bei meiner Ankunft spürte ich sofort eine unerklärliche Unruhe im Pflegepersonal. Sie huschten hektisch durch die Gänge; einige aufgelöst und den Tränen nah, andere blass wie Kalkstein.
Neugierig und besorgt begab ich mich zum Zentrum des Geschehens. Was ich dort gesehen habe, wird mir wohl bis zum heutigen Tag den Schlaf rauben. Eine kleine Gruppe von Pflegern stand vor dem Patientenzimmer. Einer hielt sich entsetzt die Hand vor den Mund; ein anderer wandte sich angeekelt ab; eine Pflegerin erlitt einen Schwächeanfall und musste ins Krankenzimmer getragen werden. Ich schritt an ihnen vorbei und betrat Alans Zimmer.
Auf dem Boden lag ein lebloser Körper, dessen Gesicht qualvoll herausgebissen worden war. Im Gesichtsfleisch prangte eine große Bissspur. Der rechte Arm lag quer über der Brust und wirkte so, als versuchte er das Gesicht erreichen zu wollen. Die Hand des Armes fehlte, sie schien wie abgebissen. Der Tote war Alan.
Ich schritt durch das Zimmer, alles in Augenschein nehmend. Äußerlich schien ich ruhig und nachdenklich. Innerlich zerriss es mir das Herz. Es war der schlimmste Tag meines Lebens. Ein großer Teil in mir starb an jenem Tag. Ich fühlte mich unendlich schuldig.
Schließlich eilte Dr. Westfall herbei. Sein Arztkittel flatterte ihm hinterher. Auch er erblickte die blutigen Überreste. Seine Augen weiteten sich, seine Unterlippe begann zu zittern, und Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Er rang gleichermaßen nach Luft wie nach Worten.
»Mein Gott«, stammelte er. »W-was ist hier passiert …?«
Ich setzte mich mit Tränen in den Augen auf die Bettkante meines toten Freundes und betrachtete ihn wie ein verwaschenes Kreidebild auf dem Asphalt, nicht wissend, was es einmal war. Alles erschien mir wie in Zeitlupe.
Der Doktor schien mit der Situation überfordert; er drehte sich zum verstörten Pflegepersonal, dann wieder zu mir, versuchte Worte zu finden – fand keine. Eigentlich weiß ich überhaupt nicht mehr, was er gesagt hat oder nicht. Es spielte auch keine Rolle mehr. Für meinen Freund war jegliche Rettung zu spät.
Ausdruckslos sah ich zum Doktor. Ich stand auf und ging auf ihn zu. Ich sah ihn wortlos an. Dann verließ ich das Zimmer, die Einrichtung, den Schatten entfliehend.
Ich sitze zu Hause und blicke nachdenklich durchs Fenster. Wenige Straßenlaternen erhellen die Nacht. In meiner Hand halte ich die zerknitterte Botschaft von Alan, die ich unter seinem Kopfkissen gefunden habe. Worte, die mir eine Gänsehaut bescheren:
Weiß nicht mehr, was ich machen soll. Kann sie nicht mehr verdrängen … ihnen nicht mehr entkommen. So sehr hoffte ich, dass der Aufenthalt hier – sowie die Möglichkeit, alles finde nur in meinem Kopf statt – mich befreien könne. Doch ohne das Gemälde hilft nichts davon. Es ist aussichtslos.
Ich kann sie jetzt, in diesem Moment, wieder spüren …
Es ist nun 0:17 Uhr. Es sind die Mäuler auf meiner Haut, deren Hunger gestillt werden muss. Auf meinen Armen habe ich 17 Stück davon gezählt. Weiß nicht, wie viele auf der Brust, dem Rücken, Beinen, oder am Kopf aufgetaucht sind … Möchte nicht nachsehen. Menschliche Münder, die sich schmatzend öffnen und dann mit den Zähnen knirschen. Sie sprechen nicht. Sie sind einfach da. Seitdem ich Kontakt mit diesem Kunsthändler aufgenommen habe, ist das so – und das Gemälde ist wohl Auslöser wie Schutzrelikt.
Am Anfang habe ich sie noch mit Nagetieren gefüttert. Irgendwann reichte dies nicht mehr aus, um sie zu sättigen. Manchmal, nachdem ich aus dem Schlaf erwachte, bemerkte ich herausgebissene Löcher im Mobiliar.
Nun ist es zu spät. Es ist hier bei mir. Und ich beobachte, wie sich Knöchel in Lippen verwandeln. Wie sich Finger in Zahnfleisch verwandeln. Wie sich Fingernägel in Zähne verwandeln.
Es sieht zu mir. Es hat keine Augen; kein Gesicht, aber es sieht zu mir.
Es öffnet seinen widerwärtigen Schlund, der sich mir immer weiter zu nähern scheint und das Zimmer mit einem tiefschwarzen Schatten erfüllt.
Das ist das Ende.
Ich lese die Worte immer wieder. Die Nacht draußen wirkt still und friedlich. In mir herrscht die Leere. Die letzten Wochen haben ihre Spuren hinterlassen, und Alans letzte Botschaft brennt sich in mein Gedächtnis.