Kosmischer HorrorMittel

Der Abenteurer

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Herr August Curtis wischte sich mit einem Tuch den Schweiß aus dem Gesicht. Nicht nur brannte die Sonne unbarmherzig vom Himmel, in der tropischen Luft des Regenwaldes konnte man förmlich ertrinken. Er warf einen Blick auf seine vergoldete Taschenuhr. Es war Elf Uhr dreißig. Herr Tibitt kam zu spät. Einmal mehr.

Die Luft war erfüllt nicht nur mit den Geräuschen unzähliger Tiere, sondern auch mit dem Grunzen und Ächzen der förmlich vor Hitze zerfließenden Arbeiter, welche in mühevoller Arbeit Erdreich und Pflanzen beiseite schafften, um mehr von den alten Ruinen freizulegen.

Endlich hörte er jedoch zuerst fern und dann immer näher das Geräusch von Motoren, als drei rustikale Transportwagen auf der matschigen Straße in das Camp einbogen. Tibitt stieg aus einem der Wagen, gefolgt von einem dutzend Gestalten. Curtis war durchaus verwirrt darüber. Sie konnten hier doch noch nicht mehr Mäuler stopfen und außerdem sahen diese Männer nicht aus, als wären sie normale Arbeiter. Ihre Gesichter war finster und ausgemergelt, außerdem trugen sie alle samt Waffen bei sich. Uniformen hatten sie keine an. Curtis hatte keinen von ihnen schon einmal gesehen.

Tibitt hingegen schien jovial und energetisch wie immer. Der alte Mann war bereits krumm und konnte nur noch am Krückstock gehen, aber dennoch bewegte er sich zielstrebig und erstaunlich flink. Sein feiner weißer Anzug mit Zylinder kontrastierte stark mit dem Rest der Umgebung. „Herr Curtis, schön sie wohlauf zu sehen!“ Er gab er ihm einen erstaunlich kräftigen Händedruck. „Herr Tibitt, Sir, es ist mir eine Freude sie hier zu begrüßen. Das von ihnen gestellte Team hat unter meiner Führung ganze Arbeit geleistet wie sehen.“ Curtis gestikulierte zu der weitläufigen Ruinen-Anlage, welche bereits zu guten Teilen freigelegt war. „Ich hoffe der Weg war nicht allzu beschwerlich?“ vergewisserte er sich bei seinem in die Tage gekommenen Auftraggeber.

Tibitt schüttelte seinen Kopf: „Nichts was einen zähen alten Greis wie mich umhaut. Unkraut vergeht nicht und so weiter und so fort. Außerdem hatte ich heute Morgen ein ausgezeichnetes Frühstück im Ressort. Die lokale Küche hat wirklich ein paar ganz wundervolle Rezepte hervorgebracht, finden sie nicht auch? “

Curtis nickte und lächelte etwas gequält. Im Lager hat sie bereits seit Wochen nicht anderes außer Reis, Bohnen und manchmal etwas Fleisch von erlegtem Buschwild zur Verfügung. Und selbst diese Rationen schienen genauso wie das Frischwasser schneller zu faulen als Nachschub eintraf. Immerhin erklärte sich so die Verspätung.

Curtis bemerkte außerdem, wie die bewaffneten Herren ihnen in etwas Distanz folgten. „Sir, verzeihen sie mir die Neugierde aber…“ er bedeutete in Richtung der Neuankömmlinge. Tibitt nickte: „Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen. Sie wissen schon, wegen der Sache mit dem Jungen.“ Curtis schluckte schwer: „Sir, ich möchte nochmal zum Ausdruck bringen das mir die Sache leid tut. Wir wissen immer noch nicht wie…“

Tibitt hob seine Hand milde lächelnd: “Herr Curtis, August, mein Freund. Dieser Wald ist älter als die Menschheit selbst. Wer weiß schon was er für Kreaturen beherbergt.“ Der Alte blickte für einige Momente in die Tiefen des Unterholzes, welches weniger Meter vor ihnen begann. Curtis tat es ihm gleich und schauderte bei dem Gedanken, was sich dort inmitten gigantischer Bäume, faulendem Morast und dem immergrünen Dickicht verstecken mochte. Augen die ihn beobachteten. Zähne die gefletscht wurden. Blut welches sich auf dem triefend nassem Boden ergoss. Donner grollte in der Ferne. Ein weiterer tropischer Schauer war nah.

Tibitt sah zum düsteren Himmel und klatschte eifrig in die Hände: „Huh, das schreit wohl nach der Gelegenheit uns einmal das Innere der Ruine anzuschauen. Wenn sie mir den Weg weisen würden?“ Curtis zögerte kurz: „Sir, bei allem gebührendem Respekt, aber vielleicht sollten wir zuvor noch einmal über die Versorgungssituation des Lager sprechen“ etwas leiser fügte er hinzu: „wenn sie sich einmal umschauen würden“.

Die Arbeiter hatten ihre Tätigkeiten größtenteils eingestellt. Ihre Körper waren kränklich und viele von ihnen litten unter den Maden der fetten blauen Fliegen, welche diese in ungeschütztes Fleisch vergruben. Ihr Rippen stachen unter den zerrissenen und völlig durchnässten Lumpen hervor, in denen sie sich kleideten. Einige hatten Finger, Zehen, Nasen oder ganze Gliedmaßen an Wundfäule verloren. Ihre Hände konnten kaum die Macheten, Schaufeln und Hämmer halten, die sie trugen. Doch ihre Blicke waren starr auf die beiden Männer in der Mitte des Lagers und auf die Bewaffneten gerichtet. Und in diesen Blick lag vor allem eins: Langsam aber stetig höher kochender Hass.

Curtis räusperte sich und führte den alten Herren in Richtung der Tempelanlage. Die Blicke folgten ihnen, er flüsterte: „Die Männer haben wie sie wissen einen für diese Region hohen Sold und eine angemessene Unterbringung versprochen bekommen. Ich fürchte bisher sind sie beiden Belangen etwas… enttäuscht.“

Tibitt entgegnete deutlich lauter als es Curtis lieb war:“ August, dies sind Wilde. Wenn wir ihnen das Geld einfach direkt in die Hand drücken würden, wären sie gar nicht erst erschienen und hätten erst recht keine harte Arbeit geleistet. Sie werden schon sehr bald das bekommen, was sie verdient haben, wenn – und auch wirklich erst wenn – die Zeit denn reif dafür ist.“ Tibitt schien die Sache damit als geklärt zu sehen und stapfte weiter. Wo Curtis nun darüber nachdachte, vielleicht waren die zusätzlichen Wachen doch keine schlechte Idee. Sie näherten sich dem Tor zu den Katakomben. Lange Stufen führten nach hinunter in die nur spärlich ausgeleuchtete Dunkelheit.

Curtis fasste sich wieder: “Wir haben ihre Anweisungen genau befolgt Sir. Die Gänge wurden freigelegt, ausgeleuchtet und mit Stützen versehen, ansonsten wurde nichts angerührt. Wie sie wünschten hat auch noch niemand den Raum betreten, den wir als die Hauptkammer vermuten.“ Tibitt nickte anerkennend: „Exzellent. Dann wollen wir uns das Grab doch einmal ansehen.“ Curtis stutzte: „Selbstverständlich Sir, aber es handelt sich bei der Ruine meiner Einschätzung nach um einen Tempel, nicht um ein Grab.“ Tibitt lächelte müde: “Damit haben sie auch Recht. Und dann auch wieder nicht.“ Ohne diese Aussage weiter zu elaborieren, wendete sich der Alte den Wachen zu:“ Ihr Zwei kommt mit uns, der Rest kümmert sich um das Lager.“ Die Männer nickten stumm und begannen sich im Camp zu verteilen. Allgemein hatte keiner dieser seltsamen Männer seit ihrer Ankunft im Lager ein Wort gesprochen.

Curtis wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Tibitt ohne zu zögern mit dem Abstieg begann, sodass Curtis ihm hastig folgte. Die ersten Regentropfen begannen vom Himmel zu fallen während sie die glitschigen Stufen nach unten bewältigten. Im Inneren der Ruine war es seltsamerweise nicht wirklich kühler als draußen, was verwunderlich war. Immerhin fehlten hier die surrenden Insekten und wuchernden Ranken, welche jeden Weg im Lager mühsam, machten. Kein Leben schien an diesem Ort vorgedrungen zu sein, nicht einmal der sonst allgegenwärtige Schimmel.

Zu Curtis Überraschung navigierte sie Tibitt entschieden und ohne sich groß um seine Begleiter zu scheren, durch das Gewölbe. Hatte der Alte etwa einen Grundriss der Anlage oder dergleichen? Aber wie? Das Gelände musste nach Curtis Schätzungen seit Jahrhunderten verlassen sein.

Sie gingen derweil vorbei an einstmals kunstvollen, aber nun schon vom Zahn der Zeit angenagten Wandreliefs. Curtis versuchte, irgendwie wieder Kontrolle über die Situation zu bekommen: “Sir, wir haben hier an den Wänden mehrere Inschriften gefunden. Allerdings ist es mir bisher nicht gelungen die Schrift zu identifizieren. Meinen bisherigen Forschungen nach handelt es sich nicht um eine lokale Sprache.“

Tibitt blieb stehen. Sein Blick wanderte ganz langsam wie im Schlaf zu Curtis. Seine Augen waren trüb von Fieber und er wirkte weit mehr vom Alter gezeichnet als zuvor. Seine Haut war fahl und eingefallen – doch dann ging es vorbei. In einem Herzschlag war er wieder der alte, aber lebhafte Aristokrat mit einem Faible für Archäologie. „Oh Entschuldigen sie mein lieber August, ich war schon ganz in Gedanken.“ Die Stirn runzelnd blickte er prüfend zur Inschrift an der Wand.

Dann lächelte er Curtis verschwörerisch zu: „Nun, das überrascht mich nicht. In der Tat ist dies alles andere als eine lokale Sprache. Aber tatsächlich, ich erkenne sie.“ Er richtete sein Monokel und überflog den Text bevor er zufrieden nickte. „Nun dann… was steht dort Sir?“ Der Alte grinste ihn an und erläuterte freudig: „Lügen. Nichts als Lügen.“ Ohne auf Antwort oder Reaktion des verdutzten Curtis zu warten, begann er weiter den Gang hinunter zu gehen.

Curtis setzte an, etwas zu sagen, als Donnergrollen über ihnen rumpelte. Der Sturm hatte begonnen. Donner folgte dumpf krachend auf Donner. War dies überhaupt Donner? Er meinte fast, Schreie zu hören. Vielleicht der Wind? Er erschrak. Wo war Tibitt? Er blickte sich wirr um. Jemand stand hinter ihm. Er blickte in die unheimlichen Gesichtszüge einer der beiden Wachmänner.

Bedrohlich ragte der Mann direkt vor ihm auf, sein Gesicht nur eine Handbreite von seinem entfernt. In seinen Augen waren keine Emotionen zu erkennen und er hielt seine Waffe mechanisch umklammert wie eine Puppe. „Curtis, wo bleiben sie?“ hörte er die Stimme von Tibitt um die nächste Ecke erschallen. Curtis ließ sich dies nicht zweimal sagen und haste eiligen Schrittes um die Ecke, während die Wachen weiter monoton wie im Gleichschritt hinter ihnen folgten.

Nun standen sie vor einem steinernen Torbogen, der Raum dahinter verhüllt durch ein Leinentuch. So wie es Tibitt gewünscht hatte. Der Alte sah zufrieden aus: „Ich muss sagen sie haben sehr gute Arbeit geleistet Curtis, geradezu famos möchte man meinen. Sie waren mir eine große Hilfe bei diesem Vorhaben.“ „Vielen Dank Sir, ich freue mich auf zukünftige Zusammenarbeiten.“ Dies war eine Lüge. Er würde so eine Tortur sicher nicht noch einmal mitmachen, aber irgendetwas warnte ihn davor, den krummen Greis damit zu verstimmen. Dieser nickte und fuhr fort: „Dann wollen wir doch mal enthüllen was hinter dem Schleier liegt.“ Mit einem erstaunlich kräftigen Ruck riss er das Tuch aus der Verankerung und enthüllte den Raum dahinter.

Natürlich hatten einige der Arbeiter es schon gesehen. Sie hatten Curtis davon erzählt. Er hatte es aber in seiner Naivität für Aberglauben abgetan. Er lag falsch. Der Raum war groß und dennoch gähnend leer. Bis auf eine Sache. In der linken hinteren Ecke des Raumes befand sich ein Sockel. Auf diesem Sockel stand eine Statue. Größer als ein Mensch. Deutlich größer als ein Mensch. Welche kranke Fantasie sie auch immer modelliert hatte, hatte auch garantiert keinen Menschen zum Vorbild.

Der Körper war fett, gehauen aus milchweißem Gestein mit schwarzen Sprenkeln die wie Schimmel über den Leib verteilt waren. Die dutzenden Extremitäten schienen agiertet in die Luft zu stechen. Am schlimmsten war aber das Gesicht. Der lange schlauchartige Mund. Die Zähne. Er konnte es sich nicht weiter anschauen. Tränen schossen in seine Augen und sein spärlicher Mageninhalt drohte sich langsam seine Kehle hochzukämpfen.

Die Arbeiter hatten es ihm nicht erklären, nicht beschreiben können. Sie traf keine Schuld. Es gab schlicht keine Worte die diesen Anblick akkurat beschrieben, welche man im Licht des Tages hätte aussprechen können. Zu seinem Entsetzen lachte Tibitt neben ihm vor Verzückung. War er verrückt geworden? Ganz offensichtlich. Der Alte trat in die Kammer ohne die Reaktion von Curtis in irgendeiner Weise zu beachten.

Curtis wusste, dass er gehen sollte. Er sollte sich einfach an den Wachen vorbeirennen. Im Lager einen der Wagen kapern und damit in die nächste Stadt fahren. Von dort würde er sich zum Hafen aufmachen und ein Boot in die Heimat besteigen. Einem Ort wo die Welt nicht verdorben war. Er wusste, dass er vermutlich nie wieder eine Nacht durchschlafen würde. Aber vielleicht würde doch noch einmal so etwas wie Glück verspüren können. Irgendwann. Und wenn nicht – nun, er hatte auch zuhause noch einen Revolver, der Erlösung in solchen Fällen bringen könnte.

Aber jetzt war er noch hier. Und verdammt, er hatte so viel gelitten. Er musste nur in diesen Raum gehen, versuchen seinen Abscheu zu unterdrücken und dann könnte er ein paar Tage später aber dafür hoffentlich sehr viel reicher in sein Heim zurückkehren. Er könnte sich ein schönes Landhaus leisten. Einen idyllischen Garten. Bedienstete die ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen konnte. Er hatte dem Sumpffieber getrotzt, war Banditen entkommen und hatte in den Kriegen auf dem Kontinent gedient. Er war August Horatio Jonathan Curtis, Abenteurer, Kavalier und Gentleman erster Klasse. Er würde die Wellen des Horrors an der Brandung des Mutes zerschellen lassen.

Dieser gewaltige Mut hielt ganze drei Schritte in dem Raum hinein. Er sah Tibitt wie er das Götzenbild anstarrte. Es war wie im Gang, der Alte war lediglich ein Skelett, ein Ding was längst tot sein sollte, aber sich weigerte von dieser Welt zu weichen. Nein, dass Richtige wäre es nicht gewesen zu fliehen, sonder diesem bösartigen Gnom das letzte unheilige Leben aus dem japsenden Körper zu würgen, bevor es zu spät war.

Doch komplett durchnässt von Angstschweiß erkannte Curtis mit pochendem Herzen, dass er nicht den Mut dazu hatte. Sein Mut war in dem Moment gänzlich vergangen, als er über die Schwelle zu dieser Hölle trat. Er war nur noch ein Zuschauer, verdammt das Grauen langsam auf sich zukommen zu sehen, ohne etwas dagegen tun zu können.

„Es ist wunderschön oder?“ fragte Tibitt mit von Glückseligkeit erfüllter Stimme.

Curtis konnte sich nicht länger beherrschen, ansonsten wusste er, würde er augenblicklich seinen letzten Funken Verstand in diesen verdammten Katakomben verlieren: „Nein. Ganz und gar nicht. Es ist absolut abscheulich. Wir sollten es wieder versiegeln.“

Der Greis wendete sich nun wieder dem Häuflein Elend zu, das aus dem sonst selbstsicher Abenteurer geworden war: „August. Nun machen sie sich doch nicht lächerlich. Wir haben viel für diesen Moment geopfert. Jetzt abzubrechen wäre töricht“ er pausierte und fuhr bedächtig fort: „Nein… wir werden es von seinem Schlummer erlösen.“

„Vom Schlummer erlösen? Es schläft? Meinen sie etwa… meinen sie etwa… dieses… Ding – es lebt? Es kann nicht leben. Es ist bloß Stein. Abscheulich geformter Stein. Es kann nicht leben verdammt!“

„Natürlich lebt es mein Lieber.“

Von Grauen betäubt konnte Curtis nur eine einzige Frage stellen. Eine Frage so alt wie die Menschheit selbst: „Warum?“

Das Gesicht des Alten verfinsterte sich und ernst sagte: „Weil es nicht sterben kann August.“ Er fuhr fort: „Und jetzt, werden wir es endlich erwachen lassen.“ Hinter Curtis setzten sich die zwei Wachen in Bewegung, aber er hatte ohnehin nur noch die Nerven für eine einzige Frage die seinen kompletten Verstand füllte: „Wie?“

Tibitt klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter: „Na mit einem ordentlichem Frühstück August.“

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