
Dunkle Gänge
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Tagebuch
9.07.2014
15.30 Uhr
Bin nach zwölfstündiger Anreise im Motel angekommen. Das Zimmer ist sauber, das Personal freundlich. Man kann die Herberge nicht gerade als exquisit bezeichnen, die spartanische Einrichtung reicht allerdings vollkommen aus, ich werde mich nicht lange hier aufhalten. Ausruhen und Kräfte sammeln, hoffen dass das Wetter morgen früh günstig steht; mehr werde ich für heute nicht mehr ausrichten können. Mein Informant sagte mir, ich müsse mich nordöstlich der Herberge in die Wälder schlagen und einem kleinen Bergbach folgen. Nach ca. vier Stunden Fußmarsch müsse ich den Eingang der Höhle nahe einer großen Kiefer ausmachen können. Einer Kiefer mit verbrannter Krone… Wird wohl leicht zu finden sein.
Laura ist gerade in der Lobby und spricht mit dem Besitzer des Motels. Die lange Fahrt hat sichtlich an ihren Nerven gezehrt, ich werde sie gleich zu einem kleinen Essen einladen.
Hoffe die Küche dieses Hauses ist nicht so schlicht wie unser Zimmer…
10.07.2014
6.15 Uhr
Laura ist krank.
Irgendwas mit dem Magen, vielleicht war das Fleisch von gestern nicht mehr ganz frisch…
Es ärgert mich, da der Abstieg ohne ihre Hilfe sehr viel schwieriger wird, allerdings kann ich nicht auf sie warten. Das Wetter ist gerade perfekt, sollte ich noch mehr Zeit vertrödeln, könnte das ganze Projekt ins Wasser fallen und ich wäre ruiniert.
Alle Karabiner, Spulen und Seile sind überprüft, Lampe, Batterien und Proviant ist eingepackt. Das Funkgerät ist funktionstüchtig, ebenso der Campingkocher und das Notfallzelt. Ich werde wahrscheinlich mehrere Tage in der Höhle, bzw. in ihrer Umgebung verbringen, da der Weg doch sehr lang und umständlich ist.
Hoffe dass das Wetter trocken und mild bleibt.
Laut dem Betreiber des Motels soll es in den hiesigen Wäldern auch keine größeren Raubtiere geben. Mein Informant ist der selben Meinung.
12.45 Uhr
Der Weg hat sich als beschwerlicher herausgestellt, als erwartet. Der Bergbach verlief sich immer wieder im Unterholz, Felsbrocken hinderten mich am überwinden von Engpässen und die Temperatur ist mit zunehmender Höhe drastisch gesunken. Mein Atem schwebt in kleinen Wölkchen vor mir und ich musste Handschuhe und Schal anziehen. Doch ich habe den Eingang erreicht! Die Kiefer war nicht schwer zu finden, markant ragt ihr geschwärzter Stamm aus dem dunklen Grün des Waldes. Ihre Rinde hat sich vom warmen braunrot in bleiches Elfenbein verwandelt, das Holz ist von knöcherner Struktur.
Schade um den schönen Baum.
Der Eingang liegt nur wenige Schritt von seinem mächtigen Stamm entfernt, halb verdeckt von abgestorbenem Geäst und frischen Schösslingen. Ich werde mich nun eine halbe Stunde zur Ruhe setzten, dann werde ich mit dem Abstieg beginnen.
Laura geht es nicht besser. Sie wird wohl heute nicht mehr zu mir stoßen.
15.00 Uhr
Geschafft! Ich werde den Eingang der Höhle „Pforte ins Wunderland“ nennen. Das Gefühl, als erster Mensch in diese wundersame Tiefe vorzudringen, ist unbeschreiblich.
Beinahe senkrecht windet sich die enge Röhre in den Schoß der Erde bis sie bei einer Tiefe von 62 m in einer großen Kammer endet. Es ist überwältigend! Bei dem Gestein scheint es sich größtenteils um ein Gemisch aus reinem Quarz und Sandstein zu handeln, vereinzelt mit dunkleren Einschlüssen. Das Sonnenlicht reicht noch bis in diese Tiefe und erleuchtet die hellen Wände des Felsendoms. Das Quarz bringt die Wände förmlich zum glühen! Die gesamte Kammer besitzt einen Durchmesser von etwas mehr als 100 m und eine Höhe von ca. 20 m, im östlichen Teil finden sich Ansammlungen von Stalaktiten und Stalagmiten aus Kalk, es scheint also einen Zufluss von mineralhaltigem Wasser zu geben. Im hinteren Bereich der Höhle finden sich mehrere Tunnel unterschiedlicher Größe, ich werde meinen Erkundungsgang im größten beginnen. Ich habe das Stahlseil an einem Pflock mittig des Doms angebracht, werde mich also nicht verlaufen können.
11.07.2014
21.45 Uhr
Ich habe die letzten zwei Tage mit Erforschungen der östlichen Tunnel zugebracht, Gesteins und Wasserproben genommen. Das Gestein, hauptsächlich Silikat, Sandstein versetzt mit einzelnen Schieferadern, weißt keine Anomalien auf, das Wasser ist sauber und trinkbar. Ich kann also beruhigt meinen Vorrat aufstocken. Ich habe vor zwei Stunden mit Laura gesprochen. Sie ist immer noch unpässlich. Ich habe ihr einige Fotos der Höhle per Handy gesendet, allerdings hat sie das nicht sonderlich aufgeheitert. Sie will schnellstmöglich nachkommen.
Ich werde nun schlafen und mir morgen die Tunnel im Westen vornehmen.
12.07.2014
22.05 Uhr
Ich habe eine interessante Entdeckung gemacht! Die westlichen Gänge unterscheiden sich schwerwiegend von denen im Osten. Sie reichen tiefer, sind enger und schwieriger zu passieren. Das Licht reicht dort nicht weit, weshalb ich bereits nach wenigen Schritten meine Kopflampe einschalten musste. Das Gestein der Wände reicht von einer dunklen, bräunlichen Färbung bis hin zu einem tiefen Schwarz. Ich dachte anfangs, es würde sich um eine Art von Rauchquarz handeln, allerdings scheint es mir jedoch gänzlich unbekannt zu sein. Die Oberfläche ist glatt und glasartig, ähnlich der von Quarz, allerdings spiegelt sie nichts wider, nicht einmal das Licht meiner Lampe. Ganz im Gegenteil, die Substanz scheint das Licht förmlich zu schlucken! Meine Versuche, etwas von dem Gestein abzumeißeln blieben erfolglos. Es scheint unzerstörbar zu sein…
13.07.2014
19.00 Uhr
Das ist großartig! Nach mehreren chemischen und physikalischen Tests bin ich zu dem Schluss gekommen, wirklich eine neue Gesteinsart, vielleicht sogar ein völlig unbekanntes Element entdeckt zu haben! Es ist härter als alles was ich kenne und reagiert auf keine andere Substanz. Möglicherweise ist es außerirdischen Ursprungs. Ich muss unbedingt tiefer in das Tunnelsystem vordringen und weitere Tests machen.
15.07.2014
00.35 Uhr
Das Seil ist gerissen.
Ich finde den Rückweg nicht mehr.
Den gesamten letzten Tag habe ich damit verbracht, das verzweigte Netz der Tunnel und Gänge zu erforschen, habe Fotos und Notizen gesammelt… Das Seil ist gerissen…
Aber wie?!
Wahrscheinlich war es eine scharfe Kante des neuartigen Gestein, zu viel Zug und Reibung… Der Fels hat den Stahl durchschnitten wie Butter… unmöglich. Er muss die Härte eines Diamanten besitzen, denn es braucht schon einen Bolzenschneider um das Seil zu durchtrennen.
Mein Proviant reicht noch für etwa zehn Tage, wenn ich ihn gut einteile, sauberes Wasser gibt es genug und mein Vorrat an Batterien ist quasi unbegrenzt.
Ich werde den Rückweg finden.
Ich muss ihn finden!
16.07.2014
Uhrzeit: unbekannt
Nein, nein, nein,nein, nein!
Ich habe ihn gefunden, ich habe den gottverdammten Tunnel nach draußen gefunden! Ich sah das Licht des Quarzdoms! Ich sah das beschissene Tageslicht!
Dann ist alles zusammengebrochen.
Die ganze verdammte Scheiße ist einfach zusammengebrochen!
Tonnen von Geröll und Schmutz und Staub…
Nicht das kleinste bisschen Licht dringt mehr hindurch, durch diese verfluchte Schicht aus Dreck!
Ich habe versucht Hilfe zu rufen, doch mit dem Tunnel ist auch das Netz zusammengebrochen. Weder das Funkgerät noch mein Handy ist in der Lage, Signale zu empfangen oder welche zu versenden…
Ich muss wieder tiefer in die Tunnels und einen anderen Weg finden…
18.07.2014
Uhrzeit: unbekannt
Dunkelheit, erhellt vom Licht meiner Lampe… das Einzige was ich die letzten zwei Tage zu Gesicht bekommen habe! Dunkelheit, Dunkelheit, Dunkelheit… langsam breitet sie sich scheinbar in meinem Herzen aus… Ich lache über Gedanken die mir sonst schrecklich vorkommen! Hoffentlich ist Laura in der Zwischenzeit krepiert! Verdammtes Luder! Sie hat nie hinter mir, hinter meinen Aufgaben gestanden! Ich werde aus dieser Höhle entkommen, werde der Weltöffentlichkeit von meiner unglaublichen Entdeckung berichten, nur um dieser scheiß Schlampe ins Gesicht lachen zu können und zu rufen: Ha, dieses mal hatte ich Erfolg, ganz im Gegensatz zu dir! Ich werde in ihr verfluchtes Gesicht spucken, ihren Schädel mit einer Scherbe dieses wunderbaren Materials zerschlagen!
(wahrscheinlich)19.07.2014
Uhrzeit: unbekannt
Großer Gott, was war nur los mit mir?!
Was zum Teufel habe ich da gestern geschrieben? Was ist nur passiert… kann mich an nichts mehr erinnern.
(wahrscheinlich)21.07.2014
Uhrzeit: unbekannt
Bin die letzten zwei Tage gelaufen. Nur noch gelaufen. Habe jegliche Orientierung verloren.
Und nicht nur das. Als ich heute morgen erwachte, musste ich feststellen, dass einer meiner Rucksäcke während ich schlief in eine tiefe Felsspalte gestürzt ist. In ihm befanden sich alle Batterien und ein Großteil meines Proviants. Der Rest wird für nicht einmal mehr zwei Tage reichen. Habe keine Ahnung wie lange der Saft der Lampe noch hält.
Fackeln besitze ich nicht.
Was mich zusätzlich beunruhigt: Ich kann mich nicht erinnern, dass sich dort eine Spalte im Boden befand als ich mich schlafen legte…
Eintrag 1
Habe es aufgegeben, das Datum über meine Einträge zu schreiben. Nummeriere nur noch. Hab keine Ahnung, ob es Tag oder Nacht ist, geschweige denn welche Uhrzeit… Der Proviant ist fast aufgebraucht.
Bin eine Ewigkeit lang blind durch die Tunnels gekrochen. Muss Licht sparen.
Licht und Leben sind hier unten Synonyme. Mache das Licht nur noch an, um diese Einträge zu schreiben… warum eigentlich?
Fühle mich nackt und schutzlos… und hungrig.
Wasser ist genug da.
Folge mittlerweile einem kleinen Bächlein an dessen Saum ein seltsames, algenartiges Kraut wächst… keine Ahnung worum es sich dabei handelt.
Bin kein scheiß Biologe.
…die Luft riecht eigenartig…
Eintrag 2
Der Proviant ist nun endgültig leer.
Ich bin schrecklich hungrig und müde, traue mich nicht mehr zu schlafen. Bekomme Albträume von einer riesigen gallertartigen Substanz, die meinen Körper zersetzt.
Bin auf eine größere Höhle gestoßen.
Und einen weiteren Tunnel.
Ich bin nicht allein.
Spüre nachts Atem auf meiner Haut.
Darf mich nicht rühren.
Eintrag 3
Der Tunnel knurrt mich an
Der Tunnel knurrt mich an
Der Tunnel knurrt mich an
Trau mich nicht weiter, laufe nur im Kreis, der Tunnel knurrt mich an…
Ich bin nicht alleine…
Eintrag 4
Ernähre mich nur noch von den seltsamen Algen.
Sie stillen den Hunger etwas, allerdings verursachen sie auch ein hässliches, stumpfes Gefühl auf der Zunge… Ich weiß nicht wieso ich in meinen letzten Einträgen so einen Schwachsinn geschrieben habe. Meine Wasserflaschen sind beinahe leer, ich werde sie bald auffüllen müssen, aber in dieser Höhle gibt es genug sauberes Trinkwasser. Gott sei Dank!
Ich befinde mich nun schon ziemlich lange am selben Ort, denn der Tunnel, der hier herausführt, erweckt ein eigenartiges Gefühl der Furcht in mir.
Ich werde nun schlafen und ihn morgen endlich betreten.
Eintrag 5
Ich werde diesen Gang nie, nie wieder betreten!
Ich bin nicht allein…
Es ist zu schrecklich…
Muss einen anderen Weg finden.
…Das Wasser schmeckt komisch…
Eintrag 666
Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen; und sein Schwanz zog den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde.
Eintrag 7
Die Dunkelheit lebt…
umschlingt mich…
verzehrt mich…
liebt mich…
lebt mich…
ich..
Nichts.
Hallo. Hallo. Hallo. Hallo. Hallo. Hallo. Hallo. Hallo.
Ich spreche mit dir.
Warum antwortest du nicht…?
Eintrag 8
Die (unleserlich) ist ausgegangen. Kein Licht mehr. Nur noch (unleserlich) und (unleserlich). Habe (unleserlich) Entdeckung gema(unleserlich).‚ Die Höhle ist nicht echt.‚ (unleserlich)(unleserlich)(unleserlich)(unleserlich)(unleserlich)‚. (unleserlich) sterben.
Ich schlage das Tagebuch zu und starre auf das Bild welches über den Monitor vor mir flimmert. Es ist mit einer Nachtsichtkamera aufgenommen und zeigt einen zusammen gekrümmten Mann, der schwer atmend durch einen engen Tunnel kriecht. Im blassen, grünlichen Licht der Kamera erkenne ich das zerkratzte eingefallene Gesicht, die abgemagerten blutigen Hände und die schmutzigen Überreste von etwas, dass vielleicht einmal ein Bergsteiger Outfit gewesen ist. Das hagere Gesicht ist vor Wahnsinn und Angst verzehrt, Bartstoppeln überziehen das Kinn, die Augen starren blicklos in die Finsternis.
Wie sich bei den Tests herausgestellt hat, und wie man auch augenscheinlich erkennen kann, ist der körperliche Verfall bei ihm sehr viel schneller eingetreten als bei seinen Vorgängern. Er befindet sich nicht einmal einen Monat auf dem Versuchsgelände! Die Wirkstoffe im Wasser und in der Luft haben also Einfluss auf seinen Organismus genommen.
Kurz regt sich so etwas wie Mitleid in mir. Aber wirklich nur sehr kurz.
In einem Geschäft wie diesem darf man sich kein Mitleid erlauben. Ich darf mir kein Mitleid erlauben. Mit niemandem.
Ich blicke erneut auf das zerknickte Büchlein auf meinem Schreibtisch, dann wieder zurück auf den Monitor. Der Kerl hat das Tagebuch vor etwa zwei Wochen verloren, ein paar der Wissenschaftler die ihn rund um die Uhr überwachen haben es in einem der künstlichen Tunnel gefunden.
Ich habe, was ich wollte.
Wissen ist Macht, wie man so schön sagt. Nun ja, in meinem Fall sollte es eher, Wissen ist Geld heißen. Und Geld ist Macht.
Kommt also aufs selbe raus.
Ich schaue zu den übrigen Forschern, die wie Ameisen im Kontrollraum umher wuseln und verschaffe mir durch ein lautes Räuspern ihre Aufmerksamkeit. „Meine Herren“, sage ich und nippe an meinem Kaffee. „Das Experiment war erfolgreich, wir verfügen nun über die gewünschten Ergebnisse!“. Allgemeiner Jubel.
„Aber was ist mit dem Testobjekt?“, quäkt es aus einer Ecke im Hintergrund.
Scheiß Praktikanten, denke ich genervt und rolle mit den Augen. „Es wird ordnungsgemäß neutralisiert und entsorgt, so wie es das Gesetz vorschreibt!“, sage ich ruhig und betätige pflichtbewusst den Hebel, welcher das System noch in der selben Sekunde mit Giftgas durchflutet.