ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Iserlohn ist eine Stadt mitten im Sauerland, an der südöstlichen Randzone des Ruhrgebiets. Die Geschichte meiner Stadt reicht über 1000 Jahre zurück. Bekannt ist sie auch als Eisenwald [Iser – Eisen, Lohn – Wald]. Im späten Mittelalter bis zur frühen Industrialisierung erreichte Iserlohn vor allem durch seine Metallindustrie, Bergwerke und die bewaldeten Berge ringsherum zentrale Bedeutung und war zeitweise eine wichtige Handelsstadt. https://de.wikipedia.org/wiki/Iserlohn
Unser Städchen ist auch berühmt für sein weitläufiges Höhlensystem. Geologisch ist Iserlohn Teil des Rechtsrheinischen Schiefergebirges. Doch auch das Rothaargebirge grenzt an unser Stadtgebiet. Im Raum Iserlohn gibt es über 80 bekannte Höhlenzugänge. Viele von ihnen sind nur zum Teil erforscht, einige führen nur ein paar Meter in die Berge. Die meisten gefährlichen Zugänge wurden irgendwann zugemauert und versperrt. Viele sind hinter rostigen, uralten Eisentüren vergessen, von Gestrüpp überwuchert. Bei anderen ist der Mörtel zwischen den Ziegeln so porös, dass man sie recht einfach öffnen kann. Viele dieser Eingänge sind tatsächlich vergessen und wenn überhaupt nur unter der Bevölkerung, gerade unter den Kindern bekannt. Jährlich werden Eingänge von der Stadtverwaltung „neuentdeckt“ von denen alle wussten, dass es sie gibt. Nur ein geringer Teil ist offiziell der Öffentlichkeit zugänglich. Darunter wohl am bekanntesten die Dechenhöhle. https://de.wikipedia.org/wiki/Iserlohn#Geologie
Zusätzlich zu diesen natürlichen Höhlen, befinden sich unterhalb von Iserlohn unzählige Bergwerksstollen, Bunkeranlagen aus den Weltkriegen, Geheimgänge der Freimaurer [Welche seit 1776 bis heute eine Loge in Iserlohn haltenhttp://www.freimaurerei.de/2550.0.html] sowie alte Katakomben aus dem 19. Jahrhundert die noch immer den Baarbachhttp://www.lostareas.de/Bunker/Baarbach-Katakomben/Baarbach-Katakomben-Haupt.htm unter der Stadt hindurchführen. Meist sind diese Katakomben eingefallen, verschüttet oder überschwemmt. Immer wieder senken sich bei uns Gebäude und Straßen ab, weil darunter irgendein lange vergessener Stollen eingesackt ist. Doch einige davon sind noch heute zu begehen. Manche ohne Wissen der Stadtverwaltung, teils durch die Keller alter Gebäude. Gänge die irgendwo ins Freie führen, oder Häuser miteinander verbinden sind nicht selten und werden von den Hausbesitzern eifersüchtig nur wenigen anvertraut. Es gibt hier sogar einen Privatkeller an den eine eigene Tropfsteinhöhle mit kleinem See angrenzt. Andere Zugänge sind ziemlich offensichtlich, quasi mitten in der Stadt doch allseits ignoriert.
Die traurige Wahrheit ist, dass in häufiger Regelmäßigkeit Menschen tödlich verunglücken oder als vermisst gemeldet werden. Besonders Kinder. Viele werden nie wieder oder erst nach Jahren von Höhlenforschern oder anderen Abenteurern gefunden. Überall in Iserlohn und Umgebung entdeckt der aufmerksame Wanderer Kränze, Kerzen und Kreuze zum Gedenken. Oft an unscheinbaren Felsen, die einen Einschlupf verbergen oder Kanaleingängen, die ein paar Meter weit hinein einen Zugang haben.
Nun bin ich in Iserlohn aufgewachsen und habe einiges des oben Beschriebenen selbst erkundet. Mal öffentlich mit Führung – meistens jedoch im Geheimen, für mich alleine oder mit meinen Kindheitsfreunden. Oft waren unsere Abenteuer unspektakulär. In der Regel sind wir an den alten Türen gescheitert. Manchmal jedoch haben wir einen Einschlupf gefunden, durch den wir Kinder gerade so hindurchpassten. Flugschneisen für Fledermäuse, einen engen Spalt, den man übersehen hatte, alte Mauern aus denen wir genug Ziegel herausbrechen konnten, um hindurch zu passen. Mehr als einmal, wären wir beinahe unter den Berg gekommen.
Hier fängt meine Geschichte an.
Wie so viele Male bin ich alleine losgezogen, um in den Löchern, die ich schon kannte, herumzukriechen. Direkt hinter einem Kinderspielplatz bei der Bauernkirche, unterhalb der Stadtkirche, befindet sich ein alter Militärbunker aus dem zweiten Weltkrieghttps://de.wikipedia.org/wiki/Luftschutzstollen_Altstadt. Er ist erst seit 2004 der Öffentlichkeit zugänglich und zählt zu besagten „Neuentdeckungen“ auf die unsere Stadt so stolz ist. Doch wir Kinder kannten schon immer den Zugang, der hinter Efeu, Gestrüpp und mit einer schweren Eisentür gesichert, in einem Teil der alten Stadtmauer verborgen lag. Nur fünf Meter vom Spielplatz entfernt. Ich kann bis heute nicht glauben, dass die Stadtverwaltung nichts davon wusste.
Jedenfalls hatten wir nahe der Tür, an der wir uns die Zähne ausgebissen hatten, einen Lüftungsschacht gefunden, durch den wir hineinkriechen konnten. An diesem Tag zwängte ich mich alleine durch die enge Öffnung. Wir waren bereits mehrfach im Bunker gewesen und ich fühlte mich sicher genug, um mich alleine hineinzuwagen, zumalen es mittem im Stadtzentrum lag und ich mich nicht wirklich alleine fühlte. Dort unten kann man den Lärm der Stadt doch ziemlich gut hören, wenn es still ist.
Die Bunkeranlage sollte etwa 3km unter die Stadt führen, wie ich heute weiß und wurde nie fertig gestellt. Ein großer Teil war zudem eingestürzt. Die russischen Kriegsgefangenen, die den Bunker ausbetonieren sollten, waren eher halbherzig bei der Sache. Ein weiterer Zugangsweg war von den Alliierten gesprengt worden, um ihn taktisch unbrauchbar zu machen. Begehbar sind heut rund 600 Meter. Irgendwann nach dem 2. Weltkrieg war er versiegelt und vergessen worden. Wie gewohnt kraxelte ich mit meiner kleinen, schwach leuchtenden Taschenlampe durch die Gänge. An den Wänden liefen modrige Holzbretter entlang, die einst zum sitzen gedacht waren. Ein Zimmer direkt am Eingang war wohl als Lazarett eingerichtet. Hier standen einige verrostete Bettgestelle, ein rostiger Schreibtisch und ein alter Stuhl. Weiter im Inneren war ich auf alte Latrinen gestoßen. Also… auf einen Raum mit zefetzten Vorhängen, in dem Eimer vor sich hin rosteten. Ich nehme zumindest an, dass diese für die Notdurft gedacht waren. Unter der Decke führten alte, brüchige Eisenrohre entlang, aus denen zerfetzte Stromkabel hingen. Alle paar Meter gab es Lampen, die meisten Birnen zerplatzt. Natürlich gab es keinen funktionierenden Stromkreislauf. Feine Kalkstalaktiten hingen wie Stacheln von der Decke. Bei der leisesten Berührung brachen sie ab.
Dieses mal wagte ich mich in den eingetürzten Teil vor, von dem wir uns bisher fern gehalten hatten. Schon nach wenigen Metern hatte ich das mulmige Gefühl beobachtet zu werden. Immer wieder sah ich mich um, doch meine Taschenlampe reichte nicht weit in die Dunkelheit hinein. Ich glaubte schlurfende Schritte hinter mir zu vernehmen und Atem zu hören. Ich erinnere mich noch genau an das Gefühl. Eine Mischung aus Angst und Adrenalin. Angst, die mich davon abhielt umzukehren, denn hinter mir vermutete ich meinen Verfolger. Adrenalin das mich antrieb weiter ins Unbekannte zu gehen.
Weit kam ich nicht. Bald war der Weg völlig von Trümmern versperrt. Ein Lüftungsschacht ließ etwas Licht hinein. Das Gefühl der Angst, des beobachtet werdens wurde immer stärker. Bis ich plötzlich einen heiseren Schrei vernahm. Ich ruckte herum und sah wie eine blasse Gestalt aus den Schatten auf mich zusprang. Es waren nur Sekunden, doch die haben sich mir eingeprägt. Menschlich wohl, doch absurd. Nackt und kalkweiße, schmutzige Haut. Als es mich zu Boden riss, spürte ich wie kalt das Wesen war. Panisch versuchte ich zu entkommen, doch es zog mich mit unwahrscheinlicher Kraft mit sich. Dann hielt es inne und starrte mit seinen schwarzen Augen auf mich hinab, während hinter uns die Decke einstürze. Dort wo ich noch vor einem Moment gestanden hatte, brach ein großes Stück Beton aus und schlug auf den Boden ein. Ich wandte mich um, doch die Kreatur war so schnell verschwunden wie sie aufgetaucht war. Sie hatte mich gerettet. So schnell ich konnte, rannte und kletterte ich den Weg zurück und zwängte mich durch den Schacht am Eingang in die Freiheit.
Ich erzählte niemandem davon und versuchte nie wieder den Bunker zu betreten. Das Erlebte tat ich schnell ab, nachdem der erste Schock nachgelassen hatte. Vermutlich hatte mich ein Obdachloser gerettet, der dort Zuflucht gesucht hatte. Mir war zwar schleierhaft, wie er in den versiegelten Bunker gekommen war, doch hatte ich ihn auch nicht ganz erkundet. Vielleicht gab es einen anderen Zugang, durch den nicht nur Kinder hineingelangen konnten.
Zwanzig Jahre redete ich mir ein, dass es so gewesen ist. Hatte es beinahe vergessen. Bis letztes Jahr eine Führung im „neuentdeckten“ Bunker angeboten wurde. Nach beinahe zwanzig Jahren habe ich den Bunker zum ersten mal wieder betreten. Es war anders. Er war aufgeräumt und saniert worden. Moderne Stromkabel führten neben den alten Eisenrohren her und beleuchteten die Gänge einigermaßen. Außerdem war ich in einer Gruppe von gut zehn Personen unterwegs. Von den modrigen Holzsitzen und den verrosteten Bettgestellen gab es keine Spur mehr. Nach einer Weile kamen wir an den eingestürzten Teil, der mittlerweile stabilisiert und vermauert worden war. Als meine Gruppe weiterzog, blieb ich etwas zurück um meinen Erinnerungen nachzugehen. Ich lächelte darüber, was für ein dummes Kind ich war und beschloss den Anschluss an die Gruppe nicht zu verlieren.
Gerade als ich mich abwenden wollte, bemerkte ich im Augenwinkel eine Bewegung. Ich sah mich um und blickte in die selben schwarzen Augen wie vor 20 Jahren. Die Kreatur lächelte mich mit einer kalten Grimasse an, als würde sie mich erkennen. Dann verschmolz ihre kalkweiße Gestalt mit den Schatten einer Nische und entzog sich meinem Blick.
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