
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Es war spät geworden. Wir hatten uns länger im Club aufgehalten als wir eigentlich wollten, doch die Musik war gut, die Stimmung ebenso und auch die Cocktails und drei nette weibliche Bekanntschaften trugen wohl ihren Teil dazu bei. Jetzt allerdings musste ich mich beeilen, um die letzte U-Bahn noch zu erwischen. Zum Glück war ich nüchtern genug, um noch rennen zu können, auch die Tasten am Fahrkartenautomaten traf ich noch.
Die Treppen nach unten nahm ich im Laufschritt, stolperte dabei fast, doch ich kam gerade noch am Bahnsteig an als die Bahn auch schon einfuhr und mit quietschenden Bremsen direkt vor mir hielt. Der Wagen, in den ich stieg, war fast leer, leise Musik dudelte aus den Lautsprechern, leider nicht annähernd so gut wie die im Club. Daher fielen mir immer wieder die Augen zu, ich bekam nur noch mit, wie die Bahn sich allmählich leerte, doch das monotone Rattern ließ mich in den Schlaf abgleiten.
„Bitte aussteigen, der Zug endet hier.“ Die Ansage ließ mich hochschrecken und fast wie in Trance stand ich auf und stieg aus. Die Türen schlossen sich hinter mir, dann fuhr die Bahn an und wurde kurz darauf vom dunklen Tunnel wieder verschluckt.
Die Station wurde von grellen Neonröhren erleuchtet, war aber menschenleer. Nein, nicht ganz. Dort auf einem der grässlich unbequemen Sitze hockte ein kleines Mädchen. Es mochte vielleicht sieben oder acht Jahre alt sein, hielt die Hände im Schoß gefaltet und den Blick starr darauf gerichtet. Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, näherte ich mich ihr.
„Hey, was machst du denn hier so allein?“, fragte ich. Sie blickte zu mir auf, keinesfalls ängstlich, sondern mit wachen, eisblauen Augen. „Ich warte auf Mama. Sie holt mich gleich ab.“ Jetzt? Um diese Zeit? „Soll ich nicht lieber jemandem von der Bahn Bescheid sagen, dass er deine Mama anruft?“, fragte ich sie. Vehement schüttelte sie den Kopf. „Ich muss noch warten. Mama kommt gleich.“
Was sollte ich tun, fragte ich mich. Bei dem Gedanken, sie hier unten allein sitzen zu lassen, war mir unwohl, als erwachsener und leicht angetrunkener Mann ein fremdes Kind gegen seinen Willen mitzunehmen könnte sich aber auch als schlechte Entscheidung erweisen. Also hoffte ich drauf, dass ihre Mutter gleich auftauchen würde und setzte meinen Weg zum Ausgang fort.
Es ging zwei Treppen hoch, die Stufen wurden mit jedem Schritt schwieriger und ich spürte jetzt wieder diese fatale Mischung aus Alkohol und Müdigkeit, die meine Beine zu Blei werden ließ. Leider hatte ich es hier von der Endstation noch ziemlich weit nach Hause und ich verfluchte mich, dass ich mich in der Bahn nicht wach gehalten hatte.
Oben am Ausgang angekommen fluchte ich dann richtig, weil ich feststellen musste, dass die Station längst mit einem Gitter verschlossen war. Ich rüttelte daran, doch nichts tat sich. Zum Glück gab es auf der anderen Seite noch einen Ausgang, nur bedeutete das eben einen Umweg zuerst nach unten und dann sogar noch einmal um den gesamte Block. Meine gute Laune aus dem Club war inzwischen jedenfalls verflogen und ich sehnte mich nur noch nach meiner Wohnung und insbesondere meinem Bett.
Mit deutlich weniger Elan als zuvor stieg ich die Treppen wieder hinab. Dabei fiel mir auf, dass das Licht flackerte. Wahrscheinlich eine technische Störung, die auch dafür sorgte, dass das Gitter verschlossen blieb. Hoffentlich war der Ausgang an der anderen Seite noch geöffnet, denn wenn ich erst noch den Sicherheitsdienst rufen musste, würde sich mein Weg ins Bett noch länger hinauszögern.
Unten angekommen flackerte das Licht erneut, außerdem meinte ich ein dumpfes Geräusch aus dem U-Bahn-Tunnel zu hören. Irritiert ging ich auf das Ende des Bahnsteigs zu und lauschte in die Dunkelheit. Tatsächlich ein Geräusch, wie ein Grollen, ein Knarzen, auf jeden Fall war es kein Zug und ganz sicher auch kein Bahnarbeiter.
Mit einem Blick die Station entlang versicherte ich mich, dass das kleine Mädchen noch immer auf ihrem Platz saß. Ansonsten lag alles wie verlassen da, nur das Licht flackerte und über den Gleisen prangte eine Werbetafel, die ab und zu das Bild wechselte.
Jetzt hörte ich es wieder. Ein dumpfes Grummeln aus dem Tunnel. Klarer und lauter als zuvor. Kein Zweifel, das Geräusch kam näher. Zuerst dachte ich, es muss etwas mechanisches sein, ein Kontrollfahrzeug vielleicht, eine automatische Reinigungsanlage oder was auch immer. Doch dann ertönte es erneut, ein Knirschen und Zischen als schleppe sich etwas großes durch die Dunkelheit.
Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich war mir sicher, dass ich hier keinen Augenblick länger als unbedingt nötig bleiben wollte. So schnell wie möglich wollte ich zum anderen Ausgang und dann wieder an die Oberfläche, doch – das Mädchen! Mein Blick wanderte durch die Station und blieb an dem Sitz hängen, auf dem sie immer noch reglos und auf ihre Hände starrend saß. Auf keinen Fall konnte ich sie hier zurücklassen, schoss es mir durch den Kopf.
Schnell eilte ich auf sie zu, hörte hinter mir wieder das Grollen, dass ganz offensichtlich nicht mehr weit entfernt war. Was immer es war, es war nichts, dem kleine Mädchen nachts begegnen sollten und auch nichts, dem ich hier unten begegnen wollte. Es klang jetzt als komme etwas sehr Großes und Schweres durch den Tunnel und fauche dabei. Ich war nicht so betrunken, dass ich es mir einbildete, sagte ich mir, und harmlos konnte das, was dort kam, auch nicht sein.
Entschlossenen Schrittes lief ich den Bahnsteig entlang und auf das Mädchen zu. Dabei zwang ich mich, ruhig zu bleiben, schließlich wollte ich sie nicht ängstigen. „Komm mit“, sagte ich mit betont gelassener Stimme zu ihr, „wir müssen jetzt hier raus.“ Mit ihren eisblauen Augen sah sie mich fragend an. „Aber meine Mama kommt doch gleich und holt mich ab.“ Während ich wieder das sich nähernde Geräusch vernahm, wurde ich langsam panisch. „Deine Mutter holt dich draußen ab. Glaub mir.“ Dabei reichte ich ihr die Hand und hoffte, sie würde mir jetzt einfach vertrauen.
Tatsächlich stand das Mädchen langsam auf, streckte ihre Hand aus und ergriff die meine. Schnell zog ich sie mit mir, dem zweiten Ausgang entgegen. Das Geräusch kam noch näher und ich beschleunigte meine Schritte.
Dann plötzlich spürte ich, wie das Mädchen mich zurückhielt. Offenbar war ich ihr zu schnell und sie konnte nicht schritthalten. „Komm schon, deine Mama wartet draußen vielleicht schon auf dich“, ermutigte ich sie, während ich auf das Geräusch lauschte, das der Station jetzt ganz nahe zu sein schien. „Draußen?“, fragte die Kleine ungläubig. „Ja, draußen, komm jetzt.“
Ich ging weiter und wollte sie mit mir ziehen. Doch sie hielt mich zurück mit einer Kraft, die ich ihr nicht zugetraut hätte. Außerdem spürte ich jetzt erst, wie kalt ihre Hand war, die nun mein Handgelenk umklammert hatte. Ich blickte zu ihr hinunter, blickte auf ihre Hand und erschrak. Das war nicht die Hand eines kleinen Mädchens, sondern eine knochige Klaue mit langen Krallen.
Erstarrt blickte ich die Kleine an, die immer noch verwirrt zu mir hoch sah. Außerdem war das Fauchen jetzt ganz nah und am Ende der Gleise sah ich, wie sich ein großer Schatten allmählich aus dem Tunnel auf uns zu bewegte.
„Mama ist da“, sagte die Kleine, lächelte freudig und ich blickte auf eine Reihe messerscharfer blitzender Zähne.