EigenartigesGeisteskrankheitMittelÜbersetzung

Klopfen im Nachtzug

Geteiltes Leid

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

In gebannter Faszination lehnte ich mich gegen das Polster meines Sitzes zurück. Mit perfekten Abständen klopfte er auf die Ecken des Tisches, links, rechts, links, rechts, links, rechts. Es war fast hypnotisch. Es wäre mir nicht aufgefallen, wenn er nicht so konzentriert und unruhig gewesen wäre, als er mit zwei Fingern jeder Hand vorsichtig auf jede Ecke klopfte.

Ich setzte meine Sonnenbrille auf, damit ich ihn unbemerkt beobachten konnte. Genau aus diesem Grund hatte ich mir ein Paar mit verspiegelten Gläsern ersteigert. Ich bin kein Widerling, ich mag es nur zu beobachten, was die anderen tun, die Macken, die sie haben, und die kleinen Details in ihren Handlungen. Okay, mir ist klar, dass sich das immer noch ziemlich unheimlich anhört. Nun, es ist sowieso nur eine Beobachtung von Menschen, und nichts weiter. Ich finde menschliche Verhaltensweisen faszinierend.

Die Tür des Waggons öffnete sich, und das Geräusch der Gleise und das Summen der Gespräche drangen herein. Ich sah den Reisenden mir gegenüber an, der immer noch eifrig auf die Ecken des Tisches klopfte, jetzt aber mit einem noch intensiveren Stirnrunzeln.

Hallöchen!“ Eine muntere junge Dame stand an der Tür. Ihre Ausstrahlung erfüllte den Raum, energiegeladen, quirlig, unaufhaltsam.

Ich überlegte, ob ich so tun sollte, als ob ich schliefe. Dann sah ich die Verzweiflung im Gesicht des Klopfers, der verzweifelt versuchte, seinen Rhythmus beizubehalten und dabei die Dame entschlossen ignorierte.

Ich seufzte. Dann setzte ich ein strahlendes Lächeln auf, das zu ihrer sonnigen Aura zu passen schien.

„Hey! Ich hoffe, das ist in Ordnung, dass wir die unteren Kojen genommen haben. Die beiden oberen Kojen sind noch frei, Sie können sie sich aussuchen.“

„Super, danke!“ Sie grinste mich an, dann wanderte ihr Blick zu unserem Mitreisenden. Erst wirkte sie verwirrt, dann für einen Moment beunruhigt. Als sie den Mund öffnete, meldete ich mich sofort wieder zu Wort.

„Lassen Sie mich Ihnen mit Ihrem Gepäck helfen.“ Ich griff nach einem Ende ihres schweren Rucksacks. Das tat seine Wirkung. Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich und griff nach dem anderen Ende ihres Rucksacks. Wir hievten ihn auf die obere Pritsche.

„Vielen Dank.“ Wieder betrachtete sie den Klopfer, aber dieses Mal versuchte sie nicht, etwas zu sagen. Sie hob nur eine Augenbraue und wandte sich anschließend um, um die Leiter zu ihrer Koje hinaufzuklettern.

Mein Blick fiel wieder auf den Klopfer. Jetzt sagte er im Rhythmus der Schläge einige Worte, wobei er mit jedem Schlag ein Wort ausspuckte, und zwar auf eine knappe, fast hektische Weise. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich wollte wegschauen, den Waggon verlassen, ihm etwas Freiraum geben, damit er tun konnte, was er tun musste. Aber ich wurde langsam wirklich neugierig auf die angespannten Worte, die er unter seinem Atem ausstieß. Also verließ ich meinen bequemen Platz am Ende meiner Koje und setzte mich ihm gegenüber an den Tisch. Ich legte meinen Kopf auf meine Seite und tat so, als würde ich ein Nickerchen machen. Jetzt konnte ich einige Worte ausmachen.

Nicht. Tun. Niemals.

Den Rest des Satzes verstand ich allerdings nicht mehr.

Er betonte die Wörter auf leicht unterschiedliche Weise, als ob er versuchte, sie perfekt auszusprechen und jedes Phonem, das in diesem Satz enthalten war, hervorzuheben.

Ich hielt meinen Kopf gesenkt und lauschte nur seinen Worten und Klopfgeräuschen, und ohne es zu merken, schlief ich irgendwie ein. Ich weiß nicht mehr, wovon ich geträumt habe, bis auf die letzte Szenerie. Ich lief einige Stufen hinunter und merkte, dass der Boden nicht mehr vorhanden war. Ich stürzte von der letzten Stufe und fiel herunter.

Mit einem Ruck schreckte ich auf aus dem Schlaf. Ich musste ihn erschreckt haben. Er hat aufgehört zu klopfen. Als ob er meine Anwesenheit zum ersten Mal wahrgenommen hätte, betrachtete er mich und sein Klopfen hatte zum ersten Mal seit unserer Begegnung gestoppt. Ein, zwei Augenblicke lang starrten wir uns an, bevor er auf die Ecken des Tisches hinunterblickte.

Ich konnte bereits erkennen, dass er sich über die Unterbrechung seines Klopfrituals ärgerte und wieder in einen Rausch des Klopfens und Singsangs verfiel.

„Hey, sehr erfreut, Sie kennenzulernen“, begann ich, ohne darüber nachdenken zu können.

Er sah mich mit einem Anflug von Überraschung an. Die Frau in der Koje über ihm drehte sich zur Seite und betrachtete neugierig unsere Interaktion.

„Hey“, sagte er leise und wirkte nervös und unruhig.

„Wo wollen Sie denn hin?“ Ich drückte mich freundlich aus und tat so, als würde ich nicht bemerken, wie sich seine Hände an die Tischecken klammerten.

„Endstation.“

„Oh! Das ist gut zwei Tage entfernt.“

„Ja.“ Er fuhr sich nervös mit der Hand durch das Haar, um sich dann sofort wieder an den Tischecken festzuhalten.

„Hallo!“ Beim Klang der Stimme von oben drehte er sich schnell um.

Die Frau kletterte die Leiter hinunter, um sich zu uns zu gesellen.

„Schön, euch kennenzulernen!“ zwitscherte sie. Ihre Begeisterung schien ihn körperlich abzustoßen. Er lehnte sich von ihr weg, während er sich immer noch an der Tischkante festhielt.

„Hey, Sie sind ja auf! Ich freue mich ebenfalls, Sie kennenzulernen.“ erwiderte ich daraufhin.

Sie schenkte mir ein breites Lächeln, das etwas ins Stocken geriet, als sie sich zu ihm hinwandte. Er erwiderte ihren Blick nicht. Seine Anspannung und Unruhe waren spürbar.

„Nun … ich werde früh zu Abend essen. Schaut euch das Essen im Speisewagen an. Wollt ihr auch etwas?“

„Nein, danke! Lassen Sie mich wissen, ob das Essen gut ist!“ Ich hielt meine Stimme fröhlich und passte mich ihrer Energie an.

Mit einem zufriedenen Gesicht und einem Daumen nach oben verließ sie den Wagen und schloss die Wagentür hinter sich.

Es folgte ein langes Schweigen. Der Mann schien starr zu sein und nicht zu wissen, was er tun sollte. Ich war mir ziemlich sicher, dass er den überwältigenden Drang bekämpfte, wieder auf die Tischecken zu klopfen.

„Es ist wichtig für Sie, auf die Tischkanten zu klopfen und die Worte exakt zu formulieren.“ Ich blieb in meinem Tonfall so lässig und unvoreingenommen wie möglich.

Mit einer Mischung aus Erstaunen und Verdruss blickte er zu mir auf, was sich aber schnell in verwundertes Staunen auflöste, als er merkte, dass ich mich nicht über ihn lustig machte.

„Ja. Ich muss es sagen, und zwar genau richtig. Ich muss es klopfen, genau richtig. Ich muss beides tun, genau richtig.“

Damit wollte ich es bewenden lassen und mich wieder auf meine entspannte Reise zu meinem nächsten Ziel begeben. Schließlich war es ein Jahr Pause für mich, mein großer Urlaub. Aber mein beruflicher Instinkt übernahm die Oberhand.

„Warum müssen Sie sie genau richtig machen?“

„Ich … ich muss es einfach.“ Er starrte entschlossen auf den Tisch hinunter.

„Was würde passieren, wenn Sie es nicht genau richtig machen würden?“

Allein der Gedanke daran schien ihn zu beunruhigen. Er schüttelte den Kopf.

„Dies ist nicht in Ordnung. Das wäre nicht gut.“

„Und wenn Sie es gar nicht machen?“

Fast könnte ich schwören, dass ihm die Farbe aus dem Gesicht wich.

„Schlimme … schlimme Dinge würden passieren.“

„Was für schlimme Dinge?“

„Ich weiß es nicht. Aber schlimme Dinge. Sehr schlimme Dinge. Ich weiß es.“

Ein Nicken meinerseits folgte.

„Es ist ein schreckliches Gefühl. Denn man weiß, dass etwas Furchtbares passieren würde. Man hält inne, weigert sich, es zu tun, und spürt das Grauen in seinem ganzen Körper. Diese unerklärliche, lähmende Angst. Sie baut sich auf, bis man ausrastet und das tut, was man tun muss, um es wieder loszuwerden.“

Er sah mich mit dem ersten sichtbaren Zeichen von Interesse seit Beginn unserer Reise an.

„Ja. Genau das.“

Wieder nickte ich, um dann hinzuzufügen: „Mit dem Licht war es bei mir auch so. Die Lichter musste ich an- und ausschalten, an- und ausschalten, bis ich beim Erlöschen der Lichter genau den richtigen Gedanken auf die richtige Weise dachte. Sonst war ich überzeugt, dass schreckliche Dinge passieren würden.“ Ich lächelte ihn sanft an.

„Aber eines Tages wurde es mir zu viel. Ich wollte mein Leben nicht damit verbringen, meine Handlungen immer und immer wieder zu reproduzieren, um irgendein unvorhersehbares Ereignis abzuwenden. Also habe ich einfach aufgehört. Ich schaltete das Licht aus, während ich einen schlechten Gedanken hatte, setzte mich hin und spürte, wie die Angst über mich hereinbrach. Ich hatte das Gefühl, vor Furcht zu ersticken, vor Entsetzen, vor diesem unbändigen Schrecken, der mich davon überzeugte, dass ich es zutiefst bedauern würde, wenn ich nicht alles richtig machte. Dass ich auf eine bestimmte Art und Weise eine furchtbare Zerstörung verursacht hatte.“

Ich blickte zu ihm auf. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten.

„Aber es ist nichts passiert“, fuhr ich fort. “ Nichts Schlimmes hat stattgefunden. Obwohl es sich so real anfühlte. Es fühlte sich an, als würde es bald stattfinden.“

Er blieb still.

Ich räusperte mich nervös.

„Ich arbeitete ebenfalls mit anderen, die diese Probleme hatten. Als ich Psychologe war. Sie empfanden diese Dinge auch, die Angst, den Schrecken. Das Bedürfnis, die Notwendigkeit, das zu tun, was ihre Angst ihnen befiehlt…“

Ich verstummte zusehends. Sein Gesichtsausdruck wandte sich zu einem vertrauten Muster. Er runzelte die Stirn. Er schien die richtigen Worte zu finden, die er sagen konnte.

„Sie beschreiben eine Zwangsneurose. Ich weiß, dass das, was ich habe, wie eine zwanghafte Fehlentwicklung aussieht. Bei mir wurde zwar eine Neurose diagnostiziert. Es ist keine Zwangsneurose.“

Er begann wieder zu klopfen.

„Wieso sollte es nicht wie eine Zwangsstörung sein? Es tut mir leid, ich wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen. Ich möchte nur verstehen, worum es geht.“

Der Mann holte tief Luft und schloss die Augen, während er weiter klopfte. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder sprach.

„Wenn ich aufhöre zu klopfen, passieren schlimme Dinge. Oder sie beginnen zu passieren. Aber ich habe sie immer rechtzeitig gestoppt, indem ich wieder geklopft habe.“

„Könnten Sie mir mehr erzählen?“

Klopfen. Klopfen. Klopfen. Wenigstens spuckte er nicht wieder diese Worte aus.

„Ich habe schon einmal versucht, aufzuhören. Selbstverständlich habe ich schon einmal versucht, aufzuhören. Glauben Sie, ich weiß nicht, wie ich auf andere wirke? Denken Sie, ich will mein Leben als Sklave dieser… Handlungen leben? Ich will auch was unternehmen. Ich will mit anderen reden. Ich will normal sein. Aber ich kann es nicht. Ich habe es so satt, ich habe schon so oft versucht, aufzuhören, aber jedes Mal, wenn ich es tue, passiert etwas.“

Ich schwieg, wartete nur darauf, dass er fortfuhr.

„Seltsame Dinge passieren. Seltsame Dinge, die ich nicht erklären kann.“ Seine Atmung beschleunigte sich. Die Erinnerung an die Vergangenheit erschreckte ihn offensichtlich.

„Ich habe es einmal zu Hause versucht, als ich noch Schüler war. Ich kämpfte dagegen an, als mich der Drang danach ereilte. Als mich die Angst überwältigte und ich wusste, dass es für mich an der Zeit war, wieder zu klopfen. Ich wusste, dass ich es tun musste. Ich klopfte eine Weile auf die Seiten meines Bettes, dann hörte ich auf. Es fühlte sich falsch an, ganz und gar falsch. Ich hatte schreckliche Angst. Aber ich weigerte mich trotzdem zu klopfen. Und dann … dann fing das Zimmer einfach an zu knarzen. Die Dielen quietschten, mein Schrank, mein Schreibtisch. Alles hat geknarrt. Dann fiel mein Lehrbuch vom Tisch. Ich musste wieder anfangen zu klopfen. Etwas Schreckliches würde passieren, das wusste ich. Ich fing wieder an zu klopfen, und es hat aufgehört.“

Mein Gesicht war unverändert, bescheiden und ich nickte verständnisvoll und aufmerksam.

„Ich habe es ein anderes Mal versucht, als ich mit diesem Mädchen zusammen war und einfach nur normal sein wollte, eine richtige Beziehung führen wollte, um nicht weglaufen zu müssen, um meine dummen Rituale zu machen, wenn der Drang einsetzte. Dann fingen wir an, Schritte zu hören. Wir wussten nicht, woher sie kamen. Einfach nur Schritte in der Nähe von uns, obwohl niemand sonst da war. Sie wurden lauter, sie näherten sich, und ich musste gehen. Ich musste weg. Ich rannte los und fand diesen Laternenpfahl, er fühlte sich richtig an, also klopfte ich an die Seite, und es hörte auf. Die Schritte hörten auf.“

Ich fühlte mich langsam ein wenig verunsichert.

„Das muss schrecklich gewesen sein. Es war schon schwer genug für mich, aufzuhören. Diese Dinge geschehen zu sehen, das muss … Kein Wunder, dass Sie nicht aufhören konnten.“

Meine Worte schienen ihn schwer zu treffen. Er begann, sich die Tränen fortzublinzeln.

„Es war wirklich hart. Aber ich will aufhören. Ich will so sehr aufhören. Ich will, dass alles verschwindet, ich will normal sein. Ich möchte frei sein. Ich möchte mich mit meinen Zugbegleitern unterhalten können. Ich will in den Speisewagen gehen, etwas essen und nicht wie ein Irrer angeglotzt zu werden.“

Die Tränen flossen immer wieder aus seinen Augen. Ich spürte ein kribbelndes, salziges Gefühl in meinem Hals und ein schweres Ziehen in meinem Herzen.

„Möchten Sie es versuchen? Hier? Mit mir hier? Wir könnten es gemeinsam angehen.“

Seine Tränen wichen einem richtigen Schluchzen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich saß einfach da und sah ihn schweigend an.

Als sein Schluchzen nachließ, hob er seine geröteten Augen und sah mich eine Weile an.

„Ich will. Ich möchte es wirklich versuchen. Ich bitte Sie. Vielleicht wäre es besser, wenn jemand anderes dabei wäre.“

Ich stieß einen kleinen Seufzer der Erleichterung aus. Ich hatte gehofft, er wäre bereit, es zu versuchen. Der Gedanke, dass er sein Leben so weiterführt, wie er es tat, war mir zu unerträglich.

„Ich möchte nur auf eine andere Sache hinweisen, die uns weiterhelfen könnte“, sagte ich.

Er sah mich erwartungsvoll an.

„Es kann wirklich helfen, sich zu vergegenwärtigen, was wohl das Allerschlimmste ist, was passieren könnte. Dann vergleicht man es mit dem Leben, wie man es jetzt lebt, und nimmt das Schlimmste, was passieren könnte, in Kauf, um sich dieser Möglichkeit zu stellen, anstatt so zu leben, wie man es jetzt tut.“

Er schien unschlüssig, verängstigt.

„Für mich hat es gewirkt. Ich dachte, das Schlimmste, was hätte passieren können, wäre wahrscheinlich der Tod von jemandem, das Ende der Welt, schwere Verletzungen und so weiter gewesen. Und mir wurde klar, dass ich es lieber einfach geschehen lasse und es hinter mich bringe, als weiterhin diese Gesten, diese sich wiederholenden Handlungen auszuführen und Sklave meiner Angst zu sein. Ich brauchte einen Schlussstrich, koste es, was es wolle.“

Er bedachte meine Worte mit einem schwerfälligen Ausdruck. Dann nickte der Mann.

„Ich bin bereit. Es ist schon zu lange her. Zu lange. Es hat mir nicht erlaubt, ein richtiges Leben zu führen.“

Ich lächelte ihn an.

„Dann lass es uns tun.“

Er sah mich an und klopfte immer noch auf die Tischkante. Dann straffte sich sein Kiefer, und er nickte.

Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er mit dem Klopfen nachließ. Er stützte seine Hände flach auf die Platte.

Wir warteten.

Die ersten paar Minuten schienen ihn sehr zu belasten. Sein Gesicht war blass und kalter Schweiß rann ihm übers Gesicht. Seine Atemzüge waren flach und schnell.

Es verging mehr Zeit, und er schien fast bereit, sich zu entspannen.

Dann flackerten die Lichter in der Kabine auf. Er schien fast aus seiner Haut zu fahren.

Er streckte seine Hände nach den Ecken des Tisches aus, aber ich ergriff sie und legte sie zurück auf die Tischplatte. Ich presste sie eine Weile nach unten, dann ließ ich sie los.

Er musste es selbst tun.

Die Lichter gingen aus.

Ich atmete ein paar Mal tief und beruhigend durch. Das war ein Zufall. Das wusste ich, logischerweise. Es war ein höchst unglücklicher Zufall. Aber das war auch alles, was es war. Und wenn ich ihm dabei helfen konnte, dann würde er für den Rest seines Lebens von diesen Zwangsvorstellungen und Obsessionen befreit sein. Oder zumindest weniger von ihnen kontrolliert werden.

Ich hielt seine Hände fest, um sicherzustellen, dass er nicht anfing, im Dunkeln zu klopfen.

Er wimmerte ein wenig. Er konnte mich nicht sehen, aber ich lächelte ihn trotzdem an und hoffte, dass ich ihm ein paar beruhigende Signale senden konnte.

Dann kam der Zug ruckartig zum Stehen.

Ich spürte die kalten Schweißtropfen auf meinem eigenen Gesicht. Ich bemerkte, wie mein Kopf angespannt war und wie fest ich seine Hände umklammert hielt. Ich zwang mich, zu entspannen. Er hielt sich an meinem Arm fest, als ich den Druck auf seine Hände verringerte. Trotz meiner Angst fühlte ich mich ermutigt. Er war entschlossen, nicht zu klopfen, egal was passierte.

Wir saßen in der Dunkelheit still da und ignorierten die Aura des Unheils und der Angst, die sich um uns gelegt hatte.

Dann hörten wir das Atmen. Etwas hauchte schwer auf der Pritsche über ihm.

Eine kalte Nadel der Angst durchbohrte mein Herz. Wir blieben vollkommen still.

Das Atmen drang nach unten. Was es auch war, es war jetzt direkt neben ihm. Wir konnten das raue Wehen der Luft hören, als es ihm ins Gesicht strich. Ich hörte, wie sich sein eigener Atem beschleunigte, während sich seine Hände schmerzhaft um meine Arme klammerten.

Er klopfte immer noch nicht. Ich empfand einen tiefen Respekt vor ihm, selbst als ich meinen bevorstehenden Untergang betrachtete.

Dann veränderten sich die rasselnden Atemzüge von dem, was auch immer es war. Es war jetzt neben meinem rechten Ohr. Ich konnte es spüren. Es war seltsam kalt. Jedes Mal, wenn es einatmete, war ein feuchtes, rasselndes Geräusch zu hören. Wenn es ausatmete, streifte ein scharfer, kalter Luftzug mein Ohr. Es stank. Es hatte einen furchtbaren, fauligen Geruch an sich.

Dennoch hielten wir uns gegenseitig an den Armen fest und weigerten uns, loszulassen. Wir weigerten uns, zu klopfen.

Ich weiß nicht, was über uns gekommen war, was uns so ermutigt hatte, trotz der verrückten Dinge, die in unserem Wagen vor sich gingen, weiterhin standhaft zu bleiben.

„Das war ein Fehler.“ Die kalte, spöttische Stimme drang in die Stille unseres Wagens.

„Du wirst leiden.“

Ich war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr davon überzeugt, dass dies irgendetwas mit einer Zwangsstörung zu tun hatte.

„Bist du bereit, den Preis für deine Dreistigkeit zu zahlen?“ Es zischte.

„Nimmst du Kreditkarten an?“ Diese Worte rutschten mir aus dem Mund, bevor ich sie stoppen konnte.

Das Blut gefror mir in den Adern, als ich mir die möglichen Folgen meiner Dummheit vor Augen führte.

Der Waggon wurde von Licht durchflutet. Die Dame war zurück. Unsere Retterin.

„Hey ihr beiden! Das Essen war großartig!“

Sie betrachtete die Szenerie, in der wir uns gegenseitig in die Arme fielen, wie im Todesgriff.

„Oh wow, okay. Ihr habt euch auch ohne mich gut verstanden.“

Die kalte, schwere Luft begann sich zu zerstreuen.

Ein leichtes Flüstern streichelte meine Ohren. „Ich komme wieder und hole dich.“

Dann war es weg. Ihre Anwesenheit verebbte, einfach so.

Schockiert und erleichtert schaute der Mann mich an.

„Ja, wir haben es geschafft“, sagte er und lächelte mich dankbar an. In seinem Gesicht erstrahlte die pure Freude. Er wirkte wie ein ganz anderer Mensch.

Ich lächelte zurück und verdrängte das Unbehagen, das ich empfand.

„Ja… Das haben wir.“

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