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Exorzismus eines Engels

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Ich erinnere mich noch daran, als ich den Anruf erhielt. Ich hätte nicht gedacht, dass dieser Moment der Anfang eines neuen Lebens sein wird. Ich erinnere mich noch daran, dass ich einen Becher Kaffee getrunken hatte. Mit einem Schuss Milch und ein wenig Zucker dazu. „Sind Sie Michael Gadosch“, sagte die Stimme am Handy. Mein Name ist in der Szene bekannt. Seit über zehn Jahren übe ich meine besondere Dienstleistung aus – eine Berufung, die anfangs nur eine ungewöhnliche Idee war. Es begann fast zufällig, mit einem ersten Auftrag, der mehr Veränderung brachte, als ich je erwartet hätte. Ich bin ein zutiefst spiritueller Mensch. Mein Glaube umfasst Gott, Engel, Dämonen und das Böse – jenes Böse, das jeden von uns heimsuchen kann. Was viele für bloße Fantasie aus Hollywood-Filmen halten, ist für mich keine Fiktion, sondern eine erschreckende Realität. Eine Realität, die wir gerne ausblenden, weil sie uns zu unbequem erscheint. Doch Dämonen sind eine reale Bedrohung – mächtig, listig und gefährlich. Vielleicht habt ihr schon eine Vermutung, welche Dienstleistung ich anbiete. Es ist eine Tätigkeit, die oft belächelt wird, etwas, das viele nicht ernst nehmen können oder wollen. Aber nach einem Jahrzehnt voller Erfahrungen, Begegnungen und Kämpfe gegen das Unvorstellbare berühren mich solche Reaktionen nicht mehr. Ja, ich bin ein Exorzist.

Und ich habe viele dunkle Geister in der Vergangenheit ausgetrieben. Sei es bei älteren Menschen oder bei Kindern. Dämonen ist es egal, wen sie besetzen, sie machen keinen Halt vor dem Alter oder der Kindlichkeit eines Menschen. 10 Jahre habe ich geglaubt, dass es eine klare Trennung zwischen Gut und Böse gibt, zwischen Himmel und Hölle, zwischen Gott und Teufel. Doch mein letzter Exorzismus hat mein Weltbild ins Wanken gebracht und mich erschüttert. Wir sind in einem Irrtum! Was wir glauben, zu wissen, ist unwahr und Lüge. Der Anruf, den ich an jenem Morgen erhielt, weckte mich auf. Denn die Frau am Telefon klang verstört und verzweifelt. Ihre Frage, ob ich der bekannte Exorzist aus Bremen bin, bejahte ich. „Bitte, bitte helfen Sie mir. Mein Sohn wird seit Monaten nicht mehr gesund. Ich war bei so vielen Fachärzten und bei so vielen Experten. Ich denke nicht mehr, dass es sich um eine Krankheit handelt, an der mein Sohn leidet. Irgendetwas hat ihn befallen“, erzählte mir die Frau, die sich im Nachhinein als Lara vorstellte. Es ging um ihren Jungen Tom, Tom Meyer. Er war 15 Jahre alt. Erst fing es mit einem merkwürdigen Verhalten an. Er war aggressiv. Tom fluchte und gab Worte von sich, die er früher niemals in den Mund genommen hätte. Laut seiner Mutter war er ein guter Junge und unauffällig. Bald fing er auch an, handgreiflich zu werden und seine Mitschüler zu schlagen. Dann begannen sich Dinge zu ereignen, die selbst die erfahrensten Experten nicht erklären konnten. Es fing mit Stimmen an – tiefen, fremdartigen Stimmen, die Laras Nackenhaare aufstellten. Als sie eines Nachts an Toms Schlafzimmertür lauschte, hörte sie sie deutlich: ein unheimliches Flüstern, das klang, als würden mehrere Personen in einer fremden Sprache sprechen. Die Worte waren nicht zu verstehen, doch ihre düstere, kalte Energie ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Vorsichtig öffnete sie die Tür, bereit, etwas Schreckliches zu sehen. Aber da war nur Tom, ruhig in seinem Bett liegend, als wäre nichts geschehen. Doch die Stimmen waren erst der Anfang. Wenige Nächte später begann es mit den Gegenständen. Bücher fielen ohne Grund aus dem Regal, Stühle rutschten von allein über den Boden, und Türen schlugen wie von Geisterhand zu. Dann wurde es schlimmer: Das Bett wackelte plötzlich heftig, als ob eine unsichtbare Kraft es rüttelte. Klopfgeräusche hallten durch die Wände, erst leise, dann immer lauter, bis sie wie Schläge klangen, die aus dem Inneren des Hauses kamen. Lara war überzeugt, dass ein Poltergeist am Werk war – eine klassische Erklärung für solche Phänomene. Doch sie irrte sich. Was in ihrem Haus geschah, war weitaus schlimmer.

Es war nichts, das sie mit menschlichem Verstand begreifen konnte. Die Energie, die durch die Räume strömte, war kalt, schwer und bedrückend, und sie hatte eine unverkennbare Boshaftigkeit an sich. Lara fühlte sich beobachtet, ständig. Es war, als ob etwas Unsichtbares jede Bewegung von ihr und ihrer Familie verfolgte, mit einer düsteren Absicht, die sie nicht greifen konnte, aber umso stärker spürte. Ihr Ehemann Manfred, ein Mann, der sonst immer rational dachte, begann die seltsamen Vorfälle ebenfalls zu bemerken. Und selbst Tim, der jüngere Sohn, berichtete von unheimlichen Begebenheiten – Schatten, die durch die Flure huschten, ein kaltes Kribbeln, das seinen Rücken hinablief, wenn er allein war. Die Angst griff nach der gesamten Familie, ließ sie kaum noch schlafen, kaum noch atmen. Die Atmosphäre im Haus war inzwischen so angespannt, dass es sich anfühlte, als würde das Gebäude selbst auf das Unvermeidliche warten. Der Moment, in dem alles außer Kontrolle geriet, kam unerwartet und traf die Familie mit voller Wucht. Es war Abend, und die Familie hatte sich im Wohnzimmer versammelt, als Tom plötzlich begann, in einer fremden Sprache zu sprechen. Die Worte klangen hart, unnatürlich, wie ein raues Grollen, das von etwas kam, das nicht sein konnte. Laras Herz setzte für einen Moment aus, als sie seinen Gesichtsausdruck sah: Es war nicht mehr ihr Sohn. Seine Augen wirkten leer, und dennoch schien etwas Dunkles durch sie hin durchzublicken – etwas Fremdes, das durch ihn sprach. Seine Stimme klang tiefer, verzerrt, fast nicht-menschlich. Die Luft im Raum wurde eisig, und eine erdrückende Stille legte sich über die Familie, während sie wie gelähmt auf Tom starrten. Niemand wagte, sich zu bewegen oder ein Wort zu sagen. Doch tief in ihrem Inneren wusste Lara: Das war kein Poltergeist, kein einfaches Spukphänomen. Etwas Böses hatte ihren Sohn in seiner Gewalt, und es würde nicht ruhen, bis es bekam, wonach es suchte. Seine Familie schickte ihn ins Bett, etwas anderes blieb ihnen nicht mehr übrig. Medikamente halfen nicht, auch keine Gespräche mit Therapeuten. Keiner konnte sich erklären, warum ein so junger Mensch plötzlich eine solche Wesensveränderung durchmachte.

Tom wurde durch Krämpfe gefoltert. Seine Augen wurden mit der Zeit immer schwärzer, immer bedrohlicher. Lara, Manfred und Tim waren sich sicher, dass es sich nicht mehr um ihr geliebtes Familienmitglied handeln konnte. Seine Schreie klangen immer mehr wie von einem Tier. Ab einem bestimmen Zeitpunkt, merkte seine Familie, dass der böse Geist ihn komplett eingenommen hatte. Dann geschah etwas, das die ohnehin angespannte Situation in blankes Grauen verwandelte. Eine tiefe, krächzende Männerstimme erklang aus Toms Mund. Doch es war nicht die Stimme eines Jungen, nicht die eines Menschen, sondern etwas, das sich falsch anfühlte – wie ein Echo aus einer anderen Welt. Die Worte, die die Stimme sprach, waren von unfassbarer Grausamkeit. Sie erzählte von Gewalt, von unsäglichem Leid, von Hass, der Jahrhunderte alt zu sein schien, und von Blut, das in Strömen vergossen wurde. Es war, als ob jedes Wort die Luft im Raum schwerer machte, als ob das Haus selbst unter der Last dieser dunklen Worte ächzte. Die Familie begann zu suchen, nach Erklärungen, nach einer Verbindung zu dem, was mit Tom geschehen war. Und langsam fügten sich die Puzzleteile zusammen – ein schreckliches Bild entstand. Tom hatte vor einigen Monaten mit seiner Schulklasse eine Reise nach Irland gemacht. Sein Lehrer, Herr Bischoff, hatte ihnen von einem Ort erzählt, der von den Iren als „verflucht“ bezeichnet wurde, einem alten, überwucherten Steinkreis, der tief in den Wäldern lag. Es hieß, die Seelen der Toten suchten diesen Ort heim, und manche glaubten sogar, dass Dämonen dort Einzug hielten. Tom hatte sich offenbar länger an diesem mystischen Ort aufgehalten, als es seine Klassenkameraden taten. Laut Herrn Bischoff hatte er alleine am Rand des Steinkreises gesessen, stundenlang, fast wie in Trance. Als man ihn zurückholte, war er blass, schweigsam und wirkte abwesend, aber niemand hatte dem damals viel Bedeutung beigemessen. Vielleicht, dachten sie, war es einfach die unheimliche Atmosphäre des Ortes gewesen.

Doch jetzt, Monate später, wurde klar, dass Tom etwas von dort mitgebracht hatte – etwas, das ihm gefolgt war, etwas, das sich in seiner Seele eingenistet hatte wie ein Parasit. Lara und ihre Familie waren am Ende ihrer Kräfte. Sie hatten alles versucht, von Ärzten bis hin zu Psychologen, aber niemand konnte erklären, was mit Tom geschah. Es gab keine rationale Erklärung für die Stimmen, die Gegenstände, die sich bewegten, oder die dunkle Präsenz, die das gesamte Haus durchdrang. Die Luft war ständig schwer, ein kaltes Kribbeln war immer spürbar, und die Schatten in den Ecken des Hauses schienen sich zu bewegen, auch wenn niemand hinsah. In ihrer Verzweiflung wandten sie sich schließlich an mich. Als Exorzist war ich ihre letzte Hoffnung. Sie hatten gehört, dass ich Erfahrungen mit genau solchen Fällen hatte. „Bitte“, sagte Lara am Telefon, ihre Stimme gebrochen und voller Verzweiflung, „Sie müssen uns helfen. Es hat meinen Sohn, und ich weiß nicht, wie lange wir das noch aushalten können.“

Dieses Jobangebot nahm ich an. Eigentlich klang es nach einer „normalen“ Besessenheit, wie ich es kenne. Denn so fangen diese Geschichten immer an. Es beginnt mit paranormalen Ereignissen und einer Typveränderung bei den Betroffenen. Dann setzen die dämonischen Stimmen ein und der Dämon versucht Angst und Schrecken zu verbreiten. In meinen 10 Jahren als Exorzist habe ich bestimmt 15 Wesenheiten erfolgreich ausgetrieben. Meine Methode ist nicht wie in den Filmen. Ich betreibe einen metareligiösen Ansatz. Ich lese nicht nur aus der Bibel vor, auch aus dem Koran, den Upanischaden und der Bhagavad Gita. Gott ist für mich in allen Religionen zu finden und er hat keine Religion. Er ist der Gott aller Menschen. Diese Methode funktioniert. Wichtig war es mir, dass der Betroffene wieder an sein Selbst herankam. Um einen Dämon auszutreiben, brauchen wir Liebe, immer und immer mehr. Der Betroffene muss sich an das Gefühl der Liebe erinnern. Denn Liebe ist die Wesenheit des Guten, Gottes. Ich hantierte mit vielen verschiedenen Symbolen aus den Religionen. Manche Dämonen sprangen auf das eine Symbol an, manche eher auf ein anderes. So ein Exorzismus kann ein ziemlich langer Prozess sein, daher habe ich an meiner Seite immer Torge dabei. Torge ist Allgemeinmediziner und er beobachtet den Prozess aus medizinischer Sicht. Diese Kombo war immer sinnvoll und brachte auch noch eine andere Meinung mit rein. Das ist mir immer wichtig gewesen. Doch dieser Exorzismus an Tom Meyer war anders, unerwartet und veränderte mein Leben. Als wir das Haus der Familie Meyer betraten, war die Veränderung der Atmosphäre fast greifbar. Eine kalte, bedrückende Stille lag in der Luft, als ob das Gebäude selbst in einer Art angespannter Erwartung verharrte. Bereits beim ersten Schritt über die Türschwelle spürte ich die unheimliche Präsenz – eine dunkle Energie, die sich wie ein unsichtbarer Nebel durch die Räume zog. Hier gab es keine Zweifel: Eine böse Macht hatte sich in diesem Haus eingenistet und machte keinen Hehl daraus, dass sie die Kontrolle hatte. Torge, mein langjähriger Begleiter bei solchen Einsätzen, blieb zunächst still, doch ich bemerkte, wie sich seine Haltung unmerklich anspannte. Obwohl er in der Vergangenheit oft skeptisch gegenüber der spirituellen Seite meiner Arbeit gewesen war, hatte er in den letzten zehn Jahren genug gesehen, um die Möglichkeit des Übernatürlichen nicht mehr zu leugnen. Seine Skepsis hatte sich in pragmatische Vorsicht verwandelt. Für ihn war nicht die Frage, ob etwas Übernatürliches im Spiel war, sondern was genau wir vor uns hatten. War es wirklich eine Besetzung, oder gab es möglicherweise eine psychologische Erklärung, die die Ereignisse im Haus erklären konnte?

Die Familie begrüßte uns mit sichtbarer Erleichterung, als ob unser bloßes Erscheinen eine erste Hoffnung auf Besserung versprach. Lara, Toms Mutter, hatte tiefe Ringe unter den Augen und sah aus, als hätte sie seit Wochen nicht mehr richtig geschlafen. Manfred, der Vater, war ernst, fast zu ruhig, doch sein angespannter Kiefer verriet seine innere Unruhe. Tim, der jüngere Bruder von Tom, war nicht da – er war in der Schule, wie Lara uns erklärte, vermutlich auch, um ihn von der unheimlichen Atmosphäre im Haus fernzuhalten. Wir setzten uns mit der Familie an den großen Esstisch, der als einzig heller Punkt in diesem düsteren Haus wirkte. Die Eltern schilderten uns detailliert, was in den letzten Monaten geschehen war. Torge und ich notierten alles, jedes Detail, während die Familie sprach. Es war wichtig, ein vollständiges Bild zu bekommen, denn nur so konnten wir einschätzen, womit wir es wirklich zu tun hatten. Als ich mich im Raum umsah, fiel mein Blick auf die Wände. Sie schienen makellos, doch ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie auf eine seltsame Weise „lebendig“ wirkten, als ob die Dunkelheit zwischen ihnen pulsierte. Etwas war hier, das stand außer Frage. Doch die große Frage war: Wie stark war es, und war es bereit, uns zu konfrontieren? Wir bereiteten uns innerlich auf das vor, was noch kommen würde. Das war erst der Anfang – die wahre Herausforderung würde sich zeigen, sobald wir Tom begegneten.

Als wir die Tür zu Toms Zimmer öffneten, traf uns eine Welle finsterer Energie, die uns beinahe den Atem raubte. Die Luft im Raum war schwer, fast erstickend, und die Temperatur schien um mehrere Grad gefallen zu sein. Es war, als ob die Dunkelheit selbst greifbar geworden wäre und uns mit eisigen Fingern umklammerte. Kaum hatten wir einen Schritt in den Raum gesetzt, erklang eine tiefe, fremdartige Stimme, die durch Mark und Bein ging. Der Dämon sprach direkt zu uns, seine Worte klar und unmissverständlich – kaltes Latein, durchzogen von einer unheimlichen Autorität. Ich verstand jedes Wort, und jedes davon schien wie ein Hohn, ein bösartiger Spott, der meine Überzeugung und meinen Glauben herausfordern wollte. Doch das Schlimmste war der Anblick des Jungen. Noch vor wenigen Minuten hatten wir Tom auf den Familienfotos gesehen – ein strahlendes, lebhaftes Kind mit einem Lächeln, das ansteckend wirkte. Doch das Wesen, das jetzt vor uns im Bett lag, war nicht mehr der Tom, den wir gesehen hatten. Er war ans Bett gefesselt, seine Glieder in unnatürlichen Winkeln verdreht, als kämpfte er gegen unsichtbare Fesseln. Sein Haar war zerzaust, fettig, und klebte an seiner Stirn. Auf seinem Gesicht waren frische Schnittwunden zu sehen, als hätte er sich selbst verletzt oder als hätte etwas anderes diese Spuren hinterlassen. Doch es waren seine Augen, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließen. Sie waren nicht mehr die Augen eines Kindes. Stattdessen war da etwas Fremdes, etwas Dunkles, das aus ihnen herausschaute – kalt, berechnend und voller Hass. „Advenisti, sacerdos,“ sprach die Stimme plötzlich, tief und höhnisch. „Du bist gekommen, um mich zu vertreiben? Lächerlich, fuhr er fort“ Ich war traurig und erschüttert, den Jungen so zu sehen, aber auch entschlossen. Dies war nicht mehr nur ein Kampf um seine Seele – es war ein Kampf gegen die reine Manifestation des Bösen. „Ich weiß, wer du bist, Michael“, sagte er zu mir auf Latein. Er lachte pervers, es war ein Lachen, wie es niemals von einem 15jährigen Jungen kommen könnte. „Und ich kenne Wesen wie dich!“, erwiderte ich mit fester Stimme, meine Worte durchdrungen von einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein. An diesem Tag, inmitten der Dunkelheit, war meine Entschlossenheit ungebrochen. Angst vor Dämonen? Nein. Wer den Schutz Gottes spürt, wer das Licht des Allmächtigen in seinem Herzen trägt, hat nichts zu fürchten – weder Dunkelheit noch die finstersten Abgründe der Hölle. Das Gute war immer stärker, ist es und wird es immer sein. Diese Wahrheit hielt ich wie einen Schild vor mir, während ich mich dem Dämon zuwandte. „Du weißt, dass ich Tom befreien werde, Dämon“, sagte ich, meine Stimme ruhig, aber voller Nachdruck. In diesem Moment veränderte sich sein Blick. Die Augen des Jungen – oder besser gesagt, die Augen des Wesens, das sich seiner bemächtigt hatte – wurden tiefschwarz, wie der Nachthimmel ohne Sterne. Eine unheimliche Fratze trat zutage, verzerrt, höhnisch, widerwärtig. Das Wesen zeigte mir sein wahres Gesicht, doch es beeindruckte mich nicht.

„Willst du mir Angst machen?“, fragte ich mit einem leichten Anflug von Ironie in der Stimme. Denn ich wusste genau, was hier vor sich ging. Dämonen sind Meister der Täuschung. Sie lügen, sie manipulieren, sie inszenieren Furcht – doch ihre Macht endet dort, wo der Glaube beginnt. Ihre Einschüchterungen basieren auf nichts als einem Kartenhaus aus Lügen, das im Licht der Wahrheit in sich zusammenbricht. „Jetzt ist Schluss!“, rief ich schließlich, meine Stimme laut und voller Autorität, die nicht von mir selbst, sondern von einer höheren Macht zu kommen schien. Mit einer entschlossenen Bewegung zog ich das Fläschchen mit geweihtem Wasser hervor und schleuderte den Inhalt direkt auf die widerwärtige Fratze vor mir. Das Wasser traf das Wesen, und ein schrilles, durchdringendes Zischen erfüllte den Raum. Der Körper des Jungen wand sich, doch ich hielt inne, ließ mich nicht aus der Ruhe bringen. Dies war kein Moment für Zweifel oder Zögern. Dies war der Moment, in dem das Böse zurückweichen musste – vor der Macht des Guten, vor dem Glauben, vor Gott. Das Weihwasser verletzte das Wesen. Das Schlafzimmer von Tom war recht groß mit einem Fenster, wodurch wir auf die Straße blicken konnten. Torge öffnete das Fenster, das vermutlich schon lange nicht mehr geöffnet wurde und ließ damit frische Luft in den Raum. „Hier weht jetzt ein anderer Wind“, sagte mein Freund und Kollege, den ich durch einen naturphilosophischen Verein kennenlernte. Auch er hat sich im Laufe der Jahre ein gutes Selbstbewusstsein angeeignet. Der Dämon schrie, polterte, spuckte und fluchte gegen uns, doch all das half ihm nicht. Ich las ein paar starke Verse aus den Upanischaden vor und flüsterte Tom ins Ohr: „Du bist stärker, erinnere dich daran, wer du bist. Du wirst geliebt. Der Dämon hat nur die Macht, die du ihm gibst“. Das nahm dem Wesen viel Energie! Nach ungefähr zwei Stunden beendeten wir den ersten Exorzismus. Toms Körper war geschwächt und besonders die Wesenheit. Der Dämon wäre vermutlich beim zweiten Exorzismus schon ausgetrieben worden, aber dann kam alles anders…

In Absprache mit seiner Familie besuchten wir Tom am nächsten Abend wieder. Meine stärksten Methoden wendete ich noch nicht an, deswegen wollte ich am nächsten Tag noch weitere Möglichkeiten ausprobieren. Immerhin sollte der arme Junge aufhören unter der Besessenheit zu leiden. Der Horror sollte schleunigst enden! Da die Familie Meyer weit von mir weg wohnten, hatten Torge und ich ein Hotelzimmer gebucht. So, wie immer machten wir uns gemeinsam Gedanken darüber, wie wir den zweiten Exorzismus vollbringen wollten. Torge war als Fahrer am Abend recht müde und ging früh ins Bett. Ich meditierte noch eine Weile und beendete dann aber auch den Tag mit einem guten Gefühl. „Auch diesen Fall werden wir erfolgreich zu Ende bringen können“, dachte ich noch positiv.

Am nächsten Tag machten wir uns gegen 18 Uhr zum Haus der Familie Meyer auf. Als wir das Gebäude erneut betraten, bemerkten wir etwas ungewöhnliches. Wir spürten keine Präsenz mehr, die Energie in diesem Haus war anders. „Ist der Dämon schon weg?“, fragte Torge mich. „Möglich, aber wir werden es gleich wissen“, antwortete ich ihm, während wir die Treppe zu Toms Schlafzimmer hinaufgingen. Dort angekommen, waren wir verwundert. Der merkwürdige Geruch war weg. Toms Gesicht hatte keine Schnittwunden mehr und seine Augen sahen normal aus. Als wir dem Jungen näherkamen, der in die Leere starrte, blickte er zu uns und lächelte. Es war ein freundliches Lächeln. „Ich glaube, das Vieh hat sich verzogen“, sagte Torge. Doch dann, wie aus dem Nichts, hörte ich Tom sprechen: „Ja, aber ich bin jemand anderes.“ Seine Stimme war nicht mehr tief und bedrohlich, sondern… wunderschön. Es war, als ob sie einen seltsamen Klang trug, der gleichzeitig beruhigend und vollkommen unheimlich war. Ich kann kaum beschreiben, was ich fühlte. Der Dämon war verschwunden – das spürte ich sofort. Aber das bedeutete nicht, dass wir nun in Sicherheit waren. Nein, wir hatten es jetzt mit etwas anderem zu tun.

„Wer bist du?“, fragte ich. Der Junge – oder besser gesagt, das Wesen, das ihn nun kontrollierte – hob den Kopf leicht und lächelte. „Michael, es war nur eine Frage der Zeit, bis wir uns begegnen würden“, antwortete es, die Stimme klar und fast melodisch. „Ich habe deine Arbeit in den letzten Jahren mit großer Begeisterung verfolgt. Ich bin ein Bewunderer von dir.“ Es fügte ein sanftes, beinahe liebliches Lachen hinzu. Meine Instinkte setzten ein. Ich zog mein Fläschchen mit geweihtem Wasser hervor und sprengte einige Tropfen auf Toms Gesicht. Es war ein Test, ein erster Schritt, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Doch zu meiner Bestürzung geschah… nichts. Zum ersten Mal in all den Jahren, in denen ich als Exorzist tätig war, zeigte das Weihwasser keinerlei Wirkung. Keine Zischgeräusche, kein wütendes Aufbäumen. Stattdessen lächelte das Wesen mich einfach weiter an, seine Augen voller etwas, das ich eher als Freundlichkeit einordnen konnte. Ich griff zu meinen heiligen Schriften, begann leise Gebete zu murmeln, während ich Tom warme Worte ins Ohr flüsterte, Worte, die in der Vergangenheit unzählige Male geholfen hatten, das Böse zu vertreiben. Doch das Wesen, das uns gegenüberstand, blieb ungerührt. Es schien sogar amüsiert. Sein Lächeln verstärkte sich, fast wie bei einem Kind, das ein lustiges Spiel beobachtet. „Was geht hier vor?“, fragte Torge, seine Stimme ernst, während er mich mit einem durchdringenden Blick ansah. Er war nicht leicht aus der Ruhe zu bringen, aber ich konnte die Besorgnis in seinen Augen sehen. Und er hatte recht. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Ich richtete mich auf, versuchte meine wachsende Unsicherheit zu verbergen, und sprach mit lauter Stimme: „Sag mir deinen Namen!“

Die Atmosphäre im Raum schien sich zu verdichten, und für einen Moment schien es, als ob selbst die Zeit stillstand. Ich wusste, dass die Antwort, die ich gleich erhalten würde, alles verändern könnte. Aber was auch immer dieses Wesen war, es spielte nach eigenen Regeln – Regeln, die ich noch nicht verstand. „Du brauchst nicht zu schreien, Michael, ich verstehe dich vollkommen“, antwortete das Wesen mit einer unerwarteten Ruhe. „Es ist nicht arrogant, wenn ich sage, dass jeder mich kennt. Jede Frau, jeder Mann, jedes Kind. Für die meisten schlimmen Dinge auf dieser Welt werde ich verantwortlich gemacht. Das geht mir auf die Nerven, aber was mich noch mehr stört, sind diese Dämonen, die meinen Namen in den Dreck ziehen.“

Der Junge lächelte und gab mir den Namen: „Ich bin Lucifer“. Torge und ich erstarrten, als uns die Erkenntnis wie ein Schlag traf. Lucifer! Hatten wir es wirklich mit Lucifer zu tun? Dem wahren Teufel, dem König aller Dämonen, dem Herrscher der Hölle, dem ewigen Gegenspieler Gottes und dem Ursprung allen Übels?! Ein kaltes Schaudern lief uns über den Rücken, während sich die ganze Atmosphäre um uns verdichtete, als ob selbst die Luft von der Dunkelheit durchzogen war. „Woher wissen wir, dass du nicht lügst?“, fragte ich, und meine Stimme klang fast wie ein Befehl, während ich dem vermeintlichen Teufel direkt in die Augen blickte. Doch zu meiner Überraschung schien er völlig ungerührt. Ein grausames Lächeln spielte um seine Lippen, bevor er mit einem einzigen, fast beiläufigen Blick zum Fenster sagte: „Wisst ihr, was die Blumen im Garten hinter dem Haus wieder einmal brauchen? Ein wenig Wasser.“ In diesem Moment geschah etwas, das uns in pure Panik versetzte. Es begann zu regnen. Aber nicht irgendein Regen – es war ein schlagartiger, mächtiger Sturm, der sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit entlud. Die Tropfen peitschten gegen das Fenster, als wäre der Himmel selbst von Zorn erfüllt. Der Regen prasselte so heftig, als ob die Welt selbst auf den Befehl dieses Wesens reagierte, und das Gefühl der Ohnmacht, das uns überkam, war überwältigend. Nun blickte der Junge wieder zu uns: „Beweis genug oder soll ich dieses Haus in die Luft jagen?“. Wir erschauderten. Wir hatten es tatsächlich mit dem echten Lucifer zutun. Kein Dämon verfügt über solch eine Macht. Kein Dämon kann das Wetter nach seinem Willen verändern. „Was willst du hier?“, fragte Torge aufgeregt. „Ich will mit euch ein wenig plaudern“, sagte Lucifer. während er sich aus den Fußfesseln befreite, als wären sie aus Butter. Er stand auf und ging zum Fenster rüber. Er blickte in die Nacht hinaus. „Wisst ihr, wie es ist, ich zu sein? Könnt ihr euch auch nur im Entferntesten vorstellen, für so vieles auf dieser Welt verantwortlich gemacht zu werden?“, fragte er mit einer Mischung aus Bitterkeit und Überdruss in der Stimme.

 

Torge und ich standen völlig fassungslos vor ihm. Wir waren wie gelähmt, unfähig, irgendetwas zu tun oder zu sagen, während wir einfach nur diese Szene beobachteten. Lucifer fuhr fort: „Dieser Junge, in dessen Körper ich mich gerade befinde, wurde von einem Dämon namens Oberus quälend missbraucht. Ein Schlangenwesen. Ein Unterdämon, nicht wirklich mächtig. Doch jetzt ist er fort, und er wird nicht zurückkehren. Es tat mir leid um den Jungen, und da dachte ich mir, ich nutze die Gelegenheit, um den berühmten Michael Gadosch zu treffen… und natürlich auch ihren guten Freund Torge.“ In diesem Moment befand ich mich in Angriffsposition, denn der Name Lucifer brachte mich sofort in Alarmbereitschaft. Ich hatte es immer nur mit Dämonen zutun, aber noch nie mit einem Erzengel. Denn der echte Teufel ist nicht einfach nur ein dämonisches Wesen, er besitzt die Macht eines Engels. Aber wie soll ich so etwas exorzieren und dann auch noch etwas so Mächtiges? Das waren die Fragen, die in meinem Kopf zu der Zeit rumschwirrten. Lucifer sprach so, als könne er meine Gedanken lesen. „Michael, mach dir keine Sorgen. Ich werde euch nichts tun“, sagte er. „Ihr denkt, ich bin das Böse und ihr müsstet mich bezwingen, um die Welt zu retten. Ihr denkt, dass Dämonen in meinen Auftrag kleine Kinder quälen. Ist dem nicht so?“, fuhr er fort. „Lucifer, wieso bist du hier? Was willst du von uns?“, fragte ich ihn mit einer zittrigen Stimme. Lucifer drehte sich zu uns um und erklärte, was der Grund für sein Erscheinen war: „Ich habe dir deinen Job geklaut, Michael, ich habe den Dämon ausgetrieben. „Noch heute wird Tom wieder ein freier Junge sein“, sagte er mit einer seltsamen, fast sanften Ruhe in der Stimme. „Er wird wieder lachen, mit seinen Freunden herumlaufen und sein Leben zurückbekommen. Ich habe kein Interesse daran, in diesem Körper zu bleiben.“ Er pausierte einen Moment, als würde er sich selbst über seine Worte klarwerden, und fuhr dann fort: „Michael, ich möchte, dass du die Wahrheit kennst.“ Seine Worte wirbelten in meinem Kopf. Sie verwirrten mich, ließen mich Fragen stellen, die ich noch nicht zu begreifen vermochte. „Was für eine Wahrheit?“, fragte ich, die Unruhe in meiner Stimme kaum verbergen könnend. „Die Wahrheit über Dämonen. Die Wahrheit über mich. Und die Wahrheit über Gott“, antwortete er, bevor er sich langsam auf das Bett setzte, als ob er sich für ein ernsthaftes Gespräch bereit machte. „Michael, du bist ein sehr talentierter Exorzist“, fuhr er fort, seine Stimme jetzt etwas ernster, „aber es gibt einen Exorzisten, der noch viel mehr Dämonen ausgetrieben hat als du… und das bin ich. Ich treibe jeden Tag Dämonen aus. Mehrmals. Ich hasse diese Kreaturen. Ich hasse es, dass ich mit ihnen in Verbindung gebracht werde. Aber ich werde sie austreiben, immer wieder.“ Seine Worte hallten in mir nach, schwer und unangreifbar. Währenddessen hörte ich den Regen im Hintergrund, der immer noch in einem unaufhörlichen Strahl auf die Blumen im Garten niederprasselte. Die Natur selbst schien auf seine unheilvolle Ansprache zu reagieren, als ob die Welt für einen Moment stillzustehen schien. Luzifer lächelte und sprach: „Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Ich bin nicht der Teufel, der die Dämonen anführt. Ich bin der Grund, warum Dämonen nicht die Oberhand gewinnen.

Täglich werden Menschen von ihnen gefoltert und sogar getötet. Ich muss schnell handeln und jede Gelegenheit ergreifen, die sich mir bietet. Doch plötzlich hob Lucifer seine Hand, und zu meiner Überraschung schwebte meine Ausgabe der Bhagavad Gita aus meiner Tasche und flog direkt in seine Hand. „Menschen haben viele verschiedene Vorstellungen von Gott“, begann er zu erklären. „Manche sehen ihn als einen jüdischen Prediger, andere als ein strahlendes Licht, wieder andere als einen Mann mit einer Bambusflöte, wie in diesem Buch hier.“ Er betrachtete das Buch in seiner Hand und fuhr dann fort: „Die Wahrheit ist, dass sie alle auf ihre Weise Recht haben. Aber Gott ist keine Person, wie sie sich ihn vorstellen.“ Seine Worte hingen in der Luft, als ob die Bedeutung selbst in jeder Silbe mitschwang. Der Engel schien die tiefsten Geheimnisse des Universums mit einer erschreckenden Leichtigkeit zu erklären. Seine Worte schockierte mich. Gott ist keine Person? Was ist Gott dann? Erneut kamen in meinem Verstand Gedanken auf, die anscheinend von Lucifer irgendwie gelesen werden konnten, denn er ging direkt auf sie ein: „Gott ist der Weltgeist, er ist das tiefgehende Wesen aller Dinge, er ist in allem, er ist alles! Ihr habt euch eine Vorstellung von ihm gemacht, die aber nur einen kleinen Aspekt der Göttlichkeit abdeckt. Tom war nie von Gott verlassen, aber der Grund, warum er plötzlich einem Dämon in sich hatte, war sein Vergessen.“ „Sein Vergessen?“, fragte ich in diesem völlig surrealen Gespräch zurück.

„Tom hat eine schwere Depression entwickelt“, fuhr Lucifer fort, während er das Buch sorgfältig auf das Bett legte. „Seit Jahren wurde er von seinen Mitschülern gehänselt, bis er irgendwann nicht mehr wusste, wo er Zuflucht finden sollte. Die Spötteleien, die Beleidigungen, das ständige Gefühl der Scham – es hat ihn Stück für Stück zerbrochen. Doch nicht nur die anderen haben ihn verletzt. Auch seine Eltern und Lehrer, die hätten eingreifen sollen, waren zu sehr mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt, als dass sie wirklich wahrgenommen hätten, was mit ihrem Sohn geschah. Sie haben nicht gesehen, wie er sich in sich selbst zurückzog, wie er immer mehr in die Dunkelheit abglitt.“

Lucifer ließ eine Pause, als ob er die Schwere seiner Worte bewusst in den Raum setzen wollte, bevor er weitersprach: „Irgendwann hat Tom angefangen, die Lügen zu glauben, die seine Peiniger ihm immer wieder einredeten. Sie sagten ihm, er sei weniger wert als die anderen, dass er nie gut genug sein würde. Diese Worte nisteten sich tief in seinem Inneren ein. Sie prägten sein Denken, formten seinen Glauben an sich selbst. Und so begann er zu glauben, er sei wirklich minderwertig, ein Niemand, der keine Liebe oder Anerkennung verdient.“ Seine Stimme klang fast schon mitleidig, als er das Ausmaß der Zerstörung schilderte, die durch Jahre des Missbrauchs und der Vernachlässigung in Tom’s Leben gewütet hatten. “Das Mobbing fand seinen Höhepunkt auf das Klassenfahr in Irland”, fügte er noch hinzu. „Dämonen sind keine ehemaligen Engel. Dämonen sind nicht mal richtige Wesen. Dämonen sind Energien, Energien, die die Menschen selbst erschaffen! „Dämonen entstehen nicht durch den Teufel“, sagte der Engel mit einer ruhigen, aber eindringlichen Stimme. Diese Worte verwirrten mich zunächst, denn wie konnte etwas so böse, so zerstörerisch, einfach durch die Menschen selbst entstehen? Es war schwer zu akzeptieren, dass das Leid der Besessenen nicht das Werk dämonischer Wesen war, sondern ein Teil ihres eigenen Glaubens und ihrer Gedanken. „Aber wie soll denn ein 15-Jähriger Dämonen erschaffen?“, fragte ich, unsicher, ob ich dem folgen konnte. Lucifer erwiderte: „Durch Schmerz. Durch Angst. Durch Hass. Durch Eifersucht. All diese Emotionen entstehen aus einem fundamentalen Irrglauben – dem Glauben, dass ihr zu wenig seid, dass ihr nicht geliebt werdet, dass Gott euch verlassen hat. Und aus dieser Verzweiflung heraus erschafft ihr eine Dunkelheit, eine Lüge, die euch langsam aber sicher zu einer Besessenheit führt.“ Seine Worte hingen wie eine düstere Wolke in der Luft. Es war erschreckend, zu erkennen, dass wir oft selbst die Baumeister unseres Schicksals waren – dass unsere Ängste und Selbstzweifel die Tore öffneten für dämonische Mächte, die in der Schwäche und Verlorenheit unserer Seele herrschen konnten. Dies konnte und wollte ich nicht glauben, wir hatten es immer noch mit Lucifer zu tun gehabt und dem Teufel wird gerne nachgesagt, dass er der Vater aller Lügen sei. „Woher wissen wir, dass du uns nicht in die Irre führen willst“, fragte ich. Lucifer setzte ein Grinsen auf und erklärte mir, dass es einen guten Grund gibt, warum meine Methoden funktionierten. „Warum verschwinden die Dämonen, wenn du die Besessenen an ihren Kern erinnerst? Warum endete das Grauen immer genau dann, wenn dies geschah, Michael? Glaubst du, das ist ein Zufall?“. Ich sah ihn mit einem erschrockenen Blick an. Nun stand er vom Bett auf und stellte sich direkt vor uns, was mich ziemlich in Angst versetze.

„Michael, hör mir zu, ich liebe nicht das Böse, ich hasse das Böse. Ich hasse es so sehr, dass ich es bekämpfe und unter meiner Herrschaft unterdrücke. „Und genau dort liegt das Missverständnis“, begann Lucifer, seine Stimme ruhig, aber durchdringend. „Diese Welt ist voller Dämonen, weil ihr vergessen habt, wer ihr wirklich seid. Ihr habt schon vor Tausenden von Jahren vergessen, dass Gott in euch lebt. Und deshalb trennt ihr euch voneinander – durch Sprache, durch Religion, durch Kultur – und belügt euch selbst. Ihr führt Kriege, basierend auf Hautfarbe, sexueller Orientierung, und sucht euch immer neue Gründe, euch gegenseitig zu vernichten. Doch der wahre Krieg, den die Wahrheit gegen die Lüge führt, findet nicht draußen in der Welt statt. Ihr erschafft eure eigenen inneren Monster, und diesen Monstern habt ihr Namen gegeben. Ihr habt die Hölle selbst beschworen, indem ihr euch von der Wahrheit entfernt habt. Die wahren Namen der Dämonen sind nicht Oberus oder Beelzebub, sondern Depression oder Angst.“ Er hielt kurz inne, als ob er sicherstellen wollte, dass jedes Wort in mir nachhallte. „Doch all das wird ein Ende haben!“, sagte Lucifer mit einem Glitzern in seinen Augen. Meine Gedanken rasten. Ich öffnete unbewusst den Mund, überwältigt von dem, was er uns offenbarte. So viele Fragen brannten in mir: „Lucifer soll also nicht das Böse selbst sein? Menschen erschaffen also die Dämonen mit ihren eigenen Ängsten und Zweifeln? Gott ist ein Weltgeist?“ „Aber warum sollte all das jetzt enden?“, fragte ich schließlich, verwirrt und gleichzeitig von einer seltsamen, beunruhigenden Hoffnung erfüllt. Was meinte er mit diesem Ende, und was würde dann kommen? Torge war in diesem Moment sprachlos und hörte diesem Dialog gespannt zu. „Weil es jetzt Menschen wie dich gibt. Michael, ich will dir ein Angebot machen. Hilf mir, dass die Welt wieder die Wahrheit erkennt und die Dämonen ihre Macht verlieren. Hilf mir, dass sich die Menschen wieder erinnern!“ Ich fühlte mich damit völlig überrumpelt, erst soll der Teufel der Feind der Dämonen sein und dann fragte er mich, ob ich für ihn arbeiten möchte. Ich war so überwältigt von all dem, dass ich ihm keine Zusage oder Absage geben konnte. „Lucifer, ich weiß nicht, was ich sagen soll…“, entgegnete ich ihm. Lucifer ging langsam zum Fenster und blickte nach draußen, als der Regen plötzlich aufhörte. Die düstere Atmosphäre, die er mit seinen Worten geschaffen hatte, schien sich aufzulösen. „Ich werde jetzt gehen“, sagte er, seine Stimme ruhig und bestimmt. „Ich weiß, dass du mir noch keine Antwort geben kannst, aber sei gewiss, ich werde bald wieder Kontakt mit dir aufnehmen. Du wirst wieder von mir hören, Michael.“ Mit diesen Worten drehte er sich um. Dann stand er eine Zeit lang einfach nur da.

Er drehte sich wieder zu uns um und auf einmal hörten wir die Stimme eines Jungen: „Wer seid ihr? “, fragte er. Lucifer war gegangen und Tom wieder da. Der Junge schaute sichtlich verwirrt, da plötzlich Fremde in seinem Schlafzimmer standen. Torge und ich waren immer noch völlig durcheinander. Was war hier geschehen? Haben wir wirklich mit Lucifer gesprochen? Torge öffnete die Tür und rief nach Toms Eltern und seinem Bruder. Sie umarmten Tom mit Tränen und tiefer Freude. Endlich gaben sie ihm die Aufmerksamkeit, die er so lange ersehnt hatte – die Aufmerksamkeit, die er immer gebraucht hatte, um zu erkennen, dass er nicht alleine war. Es war, als würde ein schwerer Schleier von ihm genommen, als er die Wärme und das Mitgefühl spürte, das er so lange vermisst hatte. Man konnte deutlich sehen, wie diese Umarmung ihm guttat, wie sie in ihm etwas veränderte. Zum ersten Mal schien er wirklich zu verstehen, dass er nicht minderwertig war, sondern ein geliebter Mensch, der es verdient hatte, in dieser Welt gehört und gesehen zu werden. In diesen Momenten, als er die Liebe seiner Familie spürte, verstummten die Lügen, die ihn jahrelang gequält hatten, und die Wahrheit, die tief in ihm verborgen lag, konnte endlich ans Licht kommen. Die Dunkelheit, die ihn so lange gefangen gehalten hatte, löste sich auf, und der schreckliche Einfluss des Dämons schwand dahin. Der Horror, der ihn bis hierher verfolgt hatte, war endgültig vorbei. Der Dämon war besiegt, und er konnte nun in das Licht der Wahrheit und der Liebe treten. Aber nicht durch mich, sondern durch den Teufel. Alleine dieser Satz klingt schon so merkwürdig und falsch. Aber der Job war erledigt, und das erfolgreich.

Wir hatten es geschafft, Tom von dem Dämon zu befreien, und das war das Einzige, was zählte. Doch während wir die Rückfahrt antraten, war die Atmosphäre zwischen Torge und mir merkwürdig still. Wir sprachen nicht viel, denn die Erfahrung, die wir gerade durchlebt hatten, war schwer zu begreifen. Wir wussten beide, dass diese Erlebnisse noch lange in uns nachhallen würden, uns begleiten würden. „Du sagst mir aber Bescheid, wenn er dich wieder kontaktiert, Michael?“, brach Torge schließlich das Schweigen, seine Stimme klang etwas besorgt. „Sofort“, antwortete ich ihm, und obwohl meine Worte ruhig und bestimmt waren, konnte er vermutlich den Hauch von Unruhe in meiner Stimme hören. Ich schloss meine Augen und lehnte mich zurück, als ob ich auf diese Weise den Gedanken an das, was wir gerade erlebt hatten, von mir schieben könnte. Doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass diese Erfahrung mich nicht loslassen würde. Etwas hatte sich verändert – in mir und in der Welt um uns herum. Und so, mit dieser Erkenntnis im Kopf, ließ ich mich von der Schwärze der Nacht umhüllen und versuchte, Frieden zu finden, während wir weiter in die Ungewissheit fuhren.

Nun sitze ich hier, vor meinem Bildschirm, schreibe diese Zeilen nieder und tarne sie als Creepypasta. Ich will der Welt von meiner Begegnung erzählen, möchte meine Wahrheit mitteilen. Eine Wahrheit, die niemand glauben wird, und doch, ist sie real. Ich hatte eine Begegnung mit dem Teufel, aber er war nicht das Böse, wie alle denken. Nein, er stellte sich mir als Bezwinger der Dämonen vor, und er wollte mich an seiner Seite – als seinen Exorzisten. Es klingt immer noch unvorstellbar. Zuerst hatte ich starke Zweifel, ob ich sein Angebot überhaupt annehmen sollte. Denn ein Angebot des Teufels, das konnte doch nur in Verrat und Verderben enden, oder? Aber mein Gefühl hat mich nie getäuscht, es hat mich immer sicher durch die Finsternis geführt. Heute, als ich den Brief erhielt, war ich mir sofort sicher, was zu tun war. Mein Name stand auf dem Umschlag. Darin war nur ein einfacher Zettel, auf dem ich zwei Optionen ankreuzen konnte: „Ja“ oder „Nein“. Ohne zu zögern, setzte ich mein Kreuz bei „Ja“.

Torge sitzt jetzt neben mir und schaut mir über die Schulter, während ich weiter tippe. Er ist an meiner Seite, wie er es immer war, und wird es auch weiterhin bleiben. Ich werde der Exorzist des Teufels sein. Vielleicht denken einige, dass ich einen Fehler mache, eine Entscheidung, die mich ins Verderben führen wird. Aber ich habe die Energie von Dämonen gefühlt, diese abstoßende, perverse Macht, die die Menschen in den Wahnsinn treibt. Und bei Lucifer? Da spürte ich keine dieser finsteren Kräfte. Was er mir sagte, erklärte all meine Ängste, all meine Empfindungen. Ich bin dafür bestimmt, und tief in mir wusste ich das schon als Kind, als ich zum ersten Mal spürte, dass ich anders war. Ich habe ein Ziel: die Welt von Dämonen zu befreien. Ich werde nicht mehr gegen Lucifer kämpfen, sondern mit ihm. Es ist der einzige Weg, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Ich werde meine Erlebnisse weiterhin in Form von Creepypastas verbergen, denn die Menschen würden mich für verrückt halten. Aber wir, die Auserwählten, können zwischen den Zeilen lesen, und wir wissen, dass dies mehr ist als eine Geschichte. Es ist ein Ruf. Ein Aufruf an diejenigen, die die Wahrheit erkennen und sich mir anschließen wollen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Ab jetzt beginnt für mich ein neues Leben. Ein Leben als Exorzist des Teufels.

(Der Erzähler darf bei Bedarf verweiblicht werden und einen Frauennamen bekommen)

Geschrieben von Torge Meyer (bitte immer erwähnen)

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