KreaturenLangeMord

Krieg der Toten: Fleisch und Stahl

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Teil 7:

Meiner Mutter gewidmet.

Seit einem Monat hatten die Überlebenden von Verdun eine neue Zuflucht. Ein Kloster östlich der Marne. Doch der Preis dafür war hoch, für Major Peter Krüger vielleicht zu hoch. Seine Frau Marie hatte den Kampf gegen die Fanatiker des Klosters nicht überlebt. Nun stand Krüger an ihrem Grab. Ein schlichtes Holzkreuz markierte die letzte Ruhestätte von Marie Krüger.

„Du fehlst mir.“ Sagte Krüger schlicht und zog seine Augenklappe zu Recht. „Entschuldige bitte, ich hab mich immer noch nicht an dieses Teil gewöhnt.“ Sagte er schmunzelnd. Dann wurde er wieder ernst. „Es fühlt sich alles so falsch an. Ich hätte da sein müssen, ich hätte dich beschützen müssen. Aber ich konnte es nicht. Ich hatte nicht einmal die Chance. Nicht einmal das wurde mir gegeben. Wenigstens habe ich die Dreckskerle in die Finger bekommen, die für deinen Tod verantwortlich waren.“ Krüger wischte sich die Tränen aus dem Auge. „Es hat nichts geändert. Diese Wut in mir ist nicht weniger geworden. Wut auf mich, auf Mills, den Kaplan, den Kult, die Welt, einfach alles. Selbst auf dich, weil du mich alleine gelassen hast. Und dafür hasse ich mich. Wie kann ich wütend auf dich sein? Du bist die Liebe meines Lebens. Und trotzdem bin ich es.“ Krüger hielt kurz inne und beruhigte sich. „Ich habe nicht einmal Zeit richtig zu trauern. Ich muss funktionieren. Es steckt mehr hinter diesem Gas als wir bisher gedacht haben. Jemand steuert das, jemand der die Menschheit auslöschen will. Ich weiß nur, dass diese Kerle irgendwo in den Pyrenäen sind. Es kann ein Kampf gegen Windmühlen sein, doch ich muss es versuchen. Ich kann diese Kerle nicht gewähren lassen.“

„Wieso warst du nicht bei mir?“ hörte Krüger plötzlich Marie sagen. Er wirbelte herum. Doch da war Niemand.

Schuldgefühle

Pierre und Claire saßen in ihrem Quartier. Auch an ihnen war der Kampf um das Kloster nicht spurlos vorüber gegangen. Doch mehr noch plagten die Beiden Schuldgefühle wegen dem Tod von Marie. Bisher hatten sich nicht darüber gesprochen, doch nun hielt es Pierre nicht mehr aus.

„Ich war erleichtert.“ Sagte er.

„Weshalb?“ fragte Claire verwundert.

„Als dort Marie lag.“ Sagte Pierre schuldbewusst. „Ich war erleichtert, dass du nicht dort in deinem eigenen Blut lagst. Marie lag dort und ich war erleichtert, kannst du dir das vorstellen?“ fragte er schluchzend.

„Sie wollten mich!“ brach es plötzlich aus Claire heraus. „Ich sollte in den Raum gebracht werden, doch Marie ist dazwischen gegangen. Hätte sie das nicht getan, dann wäre ich jetzt tot.“ Sagte Claire mit tränenerstickter Stimme. „Sie hat mich gerettet und ich konnte nichts für sie tun.“ Pierre nahm Claires Hand, doch er wusste nicht was er sagen sollte. Ein Klopfen an der Tür riss Beide aus ihren Gedanken.

„Kann ich kurz reinkommen?“ hörten sie McFinlay hinter der Tür fragen. Beide wischten sich die Tränen aus den Augen.

„Komm rein.“ Sagte Pierre schließlich. Als McFinlay das Zimmer betrat, sahen Claire und Pierre seinen besorgten Gesichtsausdruck.

„Habt ihr in letzter Zeit mal mit Peter gesprochen?“ fragte er besorgt. „Er scheint momentan völlig neben der Spur zu sein.“

„Ist doch verständlich.“ Sagte Claire. „Marie ist vor etwas mehr als einem Monat gestorben.“

„Ich weiß, aber das ist mehr als bloße Trauer.“ Sagte McFinlay. „Er redet die ganze Zeit von diesem Kult und davon nach Osten weiter zu ziehen.“

„Vielleicht wäre es wirklich nicht schlecht dem nachzugehen.“ Meinte Pierre. „Wenn wir einen Trupp zusammenstellen, finden wir vielleicht Antworten.“

„Das ist es ja.“ Brach es aus McFinlay heraus. „Er redet davon alleine zur spanischen Grenze zu reisen.“

„Zur spanischen Grenze?“ fragte Claire überrascht. McFinlay nickte.

„Er sagt wegen ihm solle keiner mehr sterben.“

Visionen

Hagman rannte durch das menschenleere Kloster. Er wusste nicht wo die Anderen waren und hatte auch keine Zeit sie zu suchen. Denn er wurde gejagt. Dutzende Zombies jagten ihn durch das alte Gemäuer und sie kamen immer mehr.

Hagman rannte eine Treppe mehrere Stockwerke hoch, bis er vor einer schweren Holztür stand. Er stemmte sie auf, sprang hinein und schaffte es die schwere Tür wieder zu schließen, Sekunden bevor die Zombies in den Raum stürmen konnten. Hagman wich von der Tür zurück, als die Zombies dagegen schlugen und daran kratzten. Er schaute sich um und stellte erschrocken fest, dass er im Glockenturm gefangen war. Panisch schaute er sich weiter um, während die Zombies langsam die Tür aufbrachen. Er hatte keine Waffen bei sich und konnte sich nicht verteidigen. Nach und nach rissen die Zombies die schweren Holzbretter ein und durch die Löcher versuchten verweste Arme Hagman zu greifen. Er wich immer weiter zurück, bis er an ein Fenster stieß. Er war gefangen. Als die Zombies durch die Tür brachen, sprang er in seiner Verzweiflung durch das Fenster.

Im Moment des Aufpralles riss Hagman die Augen auf. Er lag auf seiner Pritsche in seinem Quartier.

„Es wird schlimmer.“ Murmelte er. „Bald ist es soweit.“ Doch ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. „Wer ist da?“ fragte er und stand auf.

„Jack.“ Sagte McFinlay hinter der Tür.

„Komm rein.“ Sagte Hagman, als er sich seine Uniform überwarf. „Geht es wieder um Peter?“ McFinlay nickte.

„Er will immer noch zur spanischen Grenze und ist durch nichts davon abzubringen.“

„Wie will er denn da überhaupt hinkommen?“

„Er hat eine alte Pferdekarre gefunden und flott gemacht.“  Sagte McFinlay ernst. „Er will heute noch los.“

Erinnerungen

Krüger hatte die Pferdekarre vor der Scheune abgestellt und war dabei sie zu beladen. Otto saß auf der Ladefläche und beobachtete ihn neugierig. Als Krüger eine Kiste mit Munition neben Otto abstellte, schaute der Hund ihn winselnd an.

„Hör auf mich so anzuschauen.“ Sagte Krüger beschwichtigend und streichelte dem Hund über den Kopf. „Mir gefällt es genauso wenig wie dir, dass wir unsere Freunde zurück lassen. Aber es ist die einzige Möglichkeit.“ Sagte er weiter und lies von Otto ab. Krüger wollte gerade eine weitere Kiste auf der Ladefläche verstauen, als ihm ein Schauer durch die Glieder fuhr. Er hielt inne und drehte sich um. Vor ihm stand, blutverschmiert, Marie.

„Wieso hast du mich im Stich gelassen?“ fragte sie vorwurfsvoll. Krüger sagte nichts und stand einfach nur da. „Antworte mir!“ Kreischte Marie auf unmenschlichste Weise.

„Ich weiß es nicht.“ Sagte Krüger mit Tränen im Auge. „Ich hätte da sein müssen, doch ich habe dich alleine gelassen. Das ist nicht zu verzeihen.“

Marie schaute Krüger Hass erfüllt an. Doch bevor sie etwas sagen konnte, drehte sich Krüger weg. Er hatte Schritte gehört und sah, wie seine Freunde auf ihn zu kamen. Als er sich wieder umdrehte, war Marie verschwunden.

„Alles in Ordnung bei dir?“ fragte McFinlay, als die Vier bei Krüger waren. Dieser wischte sich die Tränen aus dem Auge.

„Ja, alles in Ordnung.“ Sagte er abweisend. „Was wollt ihr?“

„Wir haben gehört, was du vor hast.“ Sagte Pierre besorgt.

„Und nun wollt ihr es mir ausreden. Vergesst es!“ Blaffte Krüger.

„Über diesen Punkt sind wir lange hinaus.“ Sagte Hagman.

„Da wir es dir nicht ausreden können, kommen wir mit.“ Sagte McFinlay entschieden. Krüger sagte nichts, sondern hob eine weitere Kiste mit Vorräten auf.

„Wir haben das alles hier zusammen angefangen.“ Sagte Claire schließlich. „Wir beenden es auch zusammen.“

„Fein!“ sagte Krüger genervt. „Ich kann euch wohl eh nicht abhalten.“ Sagte er weiter und hievte die Kiste auf die Karre. „Dann beeilt euch und holt euren Kram. Ich will noch heute los!“

„Ich bleibe bei dir.“ Sagte Claire schließlich.

„Ich kann schon auf mich aufpassen.“ Sagte Krüger entschieden.

„Du sollst aber auch nicht einfach ohne uns verschwinden!“ antwortete Claire energisch. Sie sah, wie Krüger vor Wut schwer atmete. Doch er schaffte es sich zu beruhigen und nickte schließlich. „Du musst das nicht tun.“ Sagte Claire schließlich, als sie alleine waren.  Doch Krüger sagte nichts.

„Weißt du eigentlich, wie Marie und ich uns kennengelernt haben?“ fragte er schließlich nach einigen Minuten.

„Marie sagte, ihr habt euch auf einer Zugfahrt kennen gelernt.“ Sagte Claire. Krüger lächelte traurig.

„Auf der Zugfahrt wurden wir ein Paar.“ Sagt er. „Kennengelernt haben wir uns eine Wochen vorher. Ihre Schwesternschule war in der Nähe meiner Offiziersschule und einmal im Monat gab es einen Tanzabend, damit die jungen Leute sich kennen lernen konnten. Die Frauen in Ballkleidern und wir in unseren Ausgehuniformen. Zumindest eigentlich.“

„Wieso eigentlich?“ fragte Claire. Krüger lachte.

„Ich hatte an diesem Tag Ärger mit meinem Spieß und der lies mich Strafexerzieren. Volle Montur, Marschstiefel, Pickelhaube und immer einen alten Acker rauf und runter bis ich gekotzt habe und dann weiter. Irgendwann meinte er  wohl, dass ich genug hatte und entließ mich. Dann hatte ich die Wahl, entweder in mein Quartier und mich umzuziehen, oder noch auf den Tanzabend gehen. Ich entschied mich für Letzteres. Das muss ein Anblick gewesen sein, meine Kameraden waren alle wie aus dem Ei gepellt und ich sah aus, als hätte ich gerade einen Schützengraben gestürmt. Die Schwestern schauten natürlich alle zur Seite, als ich den Saal betrat. Bis auf eine.“

„Marie?“ fragte Claire. Krüger nickte.

„Sie hat mich angelächelt und es war um mich geschehen. Wir tanzten und ich war sofort verliebt. Bei ihr hat es noch etwas gedauert.“

„Wie meinst du das?“

„Naja, meine Koordination war an diesem Abend nicht mehr die Beste. Ich bin ihr mit meinen schweren Stiefeln das ein oder andere Mal auf die Füße getreten. Als ich sie nach dem Tanz fragte ob wir uns wieder sehen, sagte sie bloß: Das lassen wir das Schicksal entscheiden.“ Krüger macht eine Pause. Claire sah, dass er mit den Tränen kämpfte. „Eine Woche Später hatte ich Urlaub und wollte nach Hause fahren. Ich wartete am Bahnsteig auf meinen Zug, als sich plötzlich ein Hut in an meinem Bein verfing. Als ich ihn aufhob, sah ich wie Marie auf mich zukam. Und den Rest kennst du ja.“

„Eine schöne Geschichte.“ Stellte Claire lächelnd fest. Krüger nickte.

„Marie hat den ersten Teil immer ausgelassen, weil es ihr unangenehm war, dass sie mich fast hätte ziehen lassen. Verübeln kann man es ihr nicht. Als wir uns auf dem Bahnsteig trafen humpelte sie noch immer.“ Krüger wurde ganz still, nachdem er die Geschichte erzählt hatte. „Zwei Jahre.“ Sagte er schließlich. „Zwei Jahre lang bin ich durch Gas, Explosionen, Stacheldraht und Kugeln gerannt. Ein Dutzend Mal hätte es mich fast erwischt. Ich sollte da unten liegen und nicht sie.“ Sagte er schließlich und kämpfte wieder mit den Tränen. Claire wollte ihm tröstend die Hand auf die Schulter legen, doch Krüger drehte sich zur  Seite. „Ich will kein Mitleid.“ Sagte er müde. „Ich will, dass diese Geschichte ein Ende findet.“

„Das wird sie.“ Sagte Claire aufmunternd. „Wir setzen dem ein Ende. Gemeinsam.“ Krüger nickte.

Todeswunsch

„Hattet ihr auch das Gefühl, dass Peter mit jemandem gesprochen hat?“ fragte McFinlay, als er, Hagman und Pierre in der Waffenkammer ihre Ausrüstung zusammen suchten.

„Wie meinst du das?“ fragte Hagman, als er das Zielfernrohr an seinem Enfield-Gewehr überprüfte.

„Eben am Wagen. Es wirkte, als redet er mit jemandem, der gar nicht da ist.“ Sagte McFinlay.

„Jetzt wo du es sagst…“ Begann Hagman. „Vor einigen Tagen bin ich an seinem Quartier vorbei gegangen. Es klang als ob er mit jemandem stritt. Aber nur er war zu hören. Als ich ihn darauf ansprach meinte er bloß es ginge mich nichts an. Glaubt ihr, er wird Verrückt?“

„Kann sein.“ Sagte McFinlay. „Es ist auf jeden Fall nicht mehr der Selbe.“

„Wir sind alle nicht mehr die, die wir vor einem halben Jahr waren.“ Sagte Pierre. „Und Peter hat von uns allen am meisten verloren.“

„Er hat einen Mann den Zombies zum Fraß vorgeworfen.“ Sagte McFinlay ernst.

„Das war der Mörder seiner Frau. Der hatte es verdient.“

„Und Mills?“

„Hättest du  dieses Schwein etwa am Leben gelassen, Jack?“ fragte Pierre entrüstet.

„Nein.“ Sagte McFinlay. „Aber ich hätte ihm an seinem scheiß Wundbrand verrecken lassen. Peter hat mit diesem Gas uns alle in Gefahr gebracht. Außerdem hat er durch diese Nummer das Vertrauen der Soldaten verloren. Oder was meint ihr, weshalb er den Befehl an Thomas abgegeben hat“

„Er hat was?!“ entfuhr es Pierre und Hagman gleichzeitig. McFinlay nickte.

„Er hat gemerkt, dass die Soldaten ihm nicht mehr vertrauen und die  Zivilisten Angst vor ihm haben. Bei den Zivilisten aus dem Kloster war es ihm wohl egal. Aber die Anderen, dass hat ihn schon gewurmt. Vielleicht will er deshalb auch weg und schiebt das mit dem Kult nur vor.“

„Du vertraust ihm also nicht.“ Entfuhr es Pierre. McFinlay antwortete nicht. „Was ist mit dir, Bill?“ Hagman überlegte kurz.

„Er hat sich verändert.“ Sagte er schließlich. „Aber er hat uns aus so viel rausgehauen, da hat er es verdient, dass wir ihm auch weiter vertrauen.“

„Und du Jack?“

„Nein.“ Sagte McFinlay entschieden. „So wie Peter momentan drauf ist, vertraue ich ihm nicht.“

„Und wieso kommst du dann mit?“ fragte Pierre.

„Um ihn vor sich selbst zu schützen.“ Sagte McFinlay. „Auch wenn ich Peter momentan nicht traue, so ist er nach wie vor ein Freund Und ich habe so etwas schon zu oft erlebt.“

„Was erlebt?“ fragte Pierre.

„Viele Soldaten erhalten Briefe von zu Hause aus denen sie erfahren, dass ihre Frauen oder Kinder gestorben sind. Viele sind so verzweifelt, dass sich eine Kugel in den Kopf jagen. Andere sind bereits so abgestumpft, dass es sie kalt lässt. Doch einige fordern das Schicksal heraus. Sie gehen unnötige Risiken auf dem Schlachtfeld ein, melden sich freiwillig zu Himmelfahrtskommandos oder werfen sich auf Handgranaten. Sie wollen nicht unbedingt sterben, aber es ist ihnen auch egal ob sie leben. Krüger hat denselben Blick wie diese Männer. Ich sehe es ihm an. Er hat einen Todeswunsch.“

Westwärts

Als Pierre, McFinlay und Hagman mit ihrer Ausrüstung zurückkamen, wurden sie bereits von Krüger, Claire und Otto erwartet. Sie hatten ihr Arsenal dabei, was sie bisher durch die Apokalypse gebracht hatte. Der Wagen ächzte unter dem Gewicht der Waffen, Munition und Vorräte, doch er hielt stand und setzte sich in Bewegung. Am Tor wurden sie ohne weiteres durchgelassen. Capitan Thomas hatte die Wachen informiert, dass die fünf das Kloster verlassen würden. Niemand kam zur Verabschiedung, als sich die Kutsche gen Westen bewegte.

Krüger steuerte die Kutsche Richtung Westen. McFinlay saß neben ihm auf dem Kutschbock. Die Anderen saßen auf der Ladefläche.

„Ihr hättet nicht mitkommen brauchen.“ Sagte Krüger ernst.

„Du hast Claire doch gehört.“ Sagte McFinlay. „Wir gehen gemeinsam bis zum Ende.“

„Irgendwie bin ich sogar froh, dass ihr mitgekommen seid.“ Sagte Krüger schmunzelnd. „Das rechne ich euch hoch an.“

„War doch Ehrensache.“

„War es nicht.“ Sagte Krüger kopfschüttelnd. „Ich weiß, dass ihr mir nicht mehr Vertraut. Würde ich wahrscheinlich selbst auch nicht.“

„Es geht nicht ums Vertrauen.“ Sagte McFinlay. „Wir haben schon so viel überstanden. Den Krieg, Zombies, Gas, Verrückte, Fanatiker. Wird Zeit, dass wir dem ein Ende setzten.“ Dann fing McFinlay an zu lachen. „Eigentlich fehlt nur noch, dass wir Kannibalen über den  Weg laufen.“ Sagte er grinsend. Krüger sah ihn ernst an.

„Du sagst doch immer, dass man Dinge nicht beschreien soll.“ Sagte Krüger mahnend. McFinlay blieb das Lachen im Halse stecken. Den Rest der Fahrt schwiegen die Beiden.

Sie fuhren, bis die die Sonne unterging und machten dann an einem verlassenem Bauernhof rast. In den ländlichen Gegenden Frankreichs gab es kaum Zombies. Die Untoten waren überwiegend an der Front und in den Städten. Auf dem Land traten die Zombies nur noch vereinzelt auf.

Der Bauernhof ähnelte dem, an dem sie bereits während ihrer Flucht von der Somme Rast gemacht hatten.

„Es fühlt sich an, als wäre es hundert Jahre her.“ Sagte Pierre, als sie das Bauernhaus durchsuchten. „Du meinst nach Allonville?“ fragte Hagman. „Das Scheint wirklich eine Ewigkeit her zu sein.“

„Was in sechs Monaten alles passiert ist.“ Murmelte Claire.

„Zu viel.“ Sagte Krüger kalt. „Ruht euch aus, wenn die Sonne aufgeht, fahren wir weiter.“

Erscheinungen

Krüger wachte mitten in der Nacht auf. Eine Stimme hatte ihn geweckt, eine Stimme, die er nur allzu gut kannte.

„Komm zu mir.“ Hörte er Marie sanft sagen. Krüger sprang auf. Die Stimme kam von außerhalb des Hauses. Er riss ein Fenster auf und tatsächlich, vor dem Fenster stand Marie. Sie sah genauso aus, wie an dem Tag, an dem sie und Krüger sich kennengelernt hatten.

„Das ist nicht echt.“ Murmelte Krüger und schloss die Augen. Doch als er sie öffnete, war Marie immer noch da.

„Komm zu mir, Peter.“ Sagte Marie lächelnd und schwebte Richtung Wald.

„Das ist nicht echt, das ist nicht echt:“ murmelte Krüger immer wieder, doch er sah immer noch, wie Marie weiter in Richtung Wald schwebte. Als Krüger sah, wie seine Frau langsam verschwand, verließ ihn die Vernunft. Er sprang aus dem Fenster und rannte in den dunklen Wald.

Am nächsten Morgen stellte McFinlay fest, dass Krüger verschwunden war. Selbst seine Waffen hatte er zurück gelassen. Sofort informierte er die Anderen und gemeinsam suchten sie den Bauernhof ab, konnten jedoch nichts finden. Bis Hagman Fußspuren fand, die in den Wald führten.

„Glaubt ihr mir jetzt, dass Peter verrückt geworden ist?“ sagte McFinlay betrübt. Die Anderen sagten nichts dazu. Sie mussten sich eingestehen, dass sie viel was Krüger anging verdrängt hatten.

„Wir müssen ihn suchen.“ Stellte Pierre fest.

„Das werden wir.“ sagte McFinlay. „Robert, Claire ihr bleibt hier und passt auf die Ausrüstung auf. Bill und ich nehmen Otto und suchen nach Peter.“

„Glaubst du, dass das klappt?“ fragte Claire skeptisch

„Dich hat er damals in Allonville auch gefunden.“ Sagte McFinlay und hielt Otto Krügers Mütze unter die Nase. Dann schaute der Hund irritiert in die Runde. „Scheiße.“ Fluchte McFinlay. „Was hatte Krüger damals noch gesagt.“

„Such!“ befahl Pierre und Otto rannte Richtung Wald. Hätte McFinlay ihn nicht an der Leine gehalten, so hätten Hagman und er Probleme gehabt dem Hund zu folgen. Pierre und Claire blieben alleine zurück.

In der Falle

Claire hatte für sich und Pierre eine Dosensuppe in der Kochstelle aufgewärmt. Es war eine Erbsensuppe mit Speck.

„Meinst du sie finden ihn?“ fragte Claire besorgt, doch Pierre zuckte bloß mit den Schultern.

„Ich weiß nicht mehr was ich glauben soll.“ Sagte er betrübt. „Peter war derjenige, der uns durch diese Apokalypse geführt hat. Wenn er schon durchdreht, welche Chance haben wir dann?“

„Du solltest aufhören in Peter einen Helden zu sehen.“ Sagte Claire. „Er ist ein Mensch, wie wir alle. Nur hat er noch mehr durchgemacht als wir.“

„Ohne ihn wären wir alle tot.“

„Das will ich auch gar nicht bestreiten. Aber wir können ihm gerade nicht trauen.“

„Wie meinst du das?“

„Maries Tod hat ihn aus der Bahn geworfen. Er ist nicht mehr der, der er an der Somme war. Vielleicht fängt er sich wieder, vielleicht auch nicht. Aber ich glaube nicht, dass er wieder derselbe sein wird.“ Pierre wollte etwas erwidern, doch da hörten sie eine Stimme an der Tür.

„Helft mir, Bitte.“  Hörten sie an Stimme an der Tür flehen. Claire und Pierre schauten sich an, doch dann gingen sie zur Tür und öffneten diese einen Spalt. Vor ihnen stand ein in Lumpen gehüllter, junger Mann. „Bitte, ich brauche Hilfe.“ Flehte er erneut.

„Wir müssen ihn rein lassen.“ Sagte Claire. „Er braucht Hilfe.“

„Was ist, wenn es eine Falle ist?“ gab Pierre zu bedenken.

„Er scheint verletzt zu sein.“ Gab Claire zu bedenken. „Und wir können ihn nicht alleine da draußen lassen.“ Pierre wollte noch etwas erwidern, doch da war es schon zu spät und Claire hatte die Tür geöffnet. Der junge Mann huschte schnell durch die geöffnete Tür.

„Danke.“ Sagte er. „Doch das war ein Fehler.“ Der Mann zog einen französischen Revolver. „Hände hoch“ befahl  er. Claire und Pierre gehorchten. Der Mann ging wieder zur Tür, lies die Beiden jedoch nicht aus den Augen. Er öffnete sie und imitierte den Ruf eines Vogels. Es dauerte einige Minuten, bis vier weitere Männer das Haus betraten. Durch ihre zerfetzte Kleidung waren sie sofort als Zuchthäusler zu erkennen. Doch das war es nicht, was Claire und Pierre sorgen bereitet. Die Männer trugen Ketten aus menschlichen Knochen und grinsten diabolisch.

„Da haben wir uns ja zwei leckere Häppchen gefangen.“ sagte einer von ihnen.

„Sie könnte auch einen Anderen Zweck erfüllen.“ Gackerte ein Anderer und zeigte auf Claire.

„Beruhigt euch, ihr Zwei.“ Sagte ein Dritter. „Erst muss der Doktor sie untersuchen, dann können wir uns amüsieren.“

Der Feind meines Feindes

Otto hatte McFinlay und Hagman bis zu einer Lichtung im Wald geführt. Dort waren mehrere Zelte aufgebaut worden und im Zentrum brannte ein Lagerfeuer. Mehrere Männer tanzten um das Feuer herum. McFinlay und Hagman hatten sich am Waldrand verschanzt und das Treiben beobachtet, doch von Krüger fehlte jede Spur.

„Bist du dir sicher, dass er da drüben ist?“ fragte Hagman.

„Otto zeigt es an, aber ich sehe nichts.“ Sagte McFinlay und schaute durch sein Fernglas.

„Wir könnten auch hingehen und fragen.“ Meinte Hagman. „Vielleicht sind sie ja friedlich.“

„Wenn sie friedlich wären, würden sie sich wohl kaum mit Knochen und Schädeln schmücken.“ Sagte McFinlay genervt und reichte Hagman das Fernglass. „Außerdem, schau dir mal das Lagerfeuer an.“ Hagman konzentrierte sich auf das Lagerfeuer und ihm stockte der Atem. Über dem Lagerfeure war ein Holzgestell aufgebaut worden. An diesem hingen menschliche Arme und Beine. „So viel zum Thema friedlich.“ Sagte McFinlay, als Hagman ihm das Fernglas zurück gab.

„Und was mach wir jetzt?“ fragte Hagman.

„Wir finden heraus, ob Krüger da unten ist…“ sagte McFinlay, doch er beendete den Satz nicht, stattdessen begann er hektisch durch das Fernglas zu schauen. „Scheiße!“ fluchte er. „Sie haben Pierre und Claire.

„Wie jetzt?“ fragte Hagman ungläubig.

„Fünf von den Irren sind gerade in das Lager gekommen und sie hatten Claire und Pierre bei sich“

Die Männer schauten sich an und wussten, dass sie etwas tun mussten. Doch bevor auch nur reagieren konnten, fing Otto an zu knurren. Als McFinlay sich umdrehten, sahen sie Männer mit Gasmasken, Stahlhelm und langen grauen Mänteln hinter sich. Sie hatten ihre Waffen auf die Beiden gerichtet. McFinlay und Hagman hoben die Hände, als einer der Männer auf sie zu kam.

„Ihr ….gehört….nicht zu….denen.“ sagte er angestrengt und senkte seine Waffe. McFinlay und Hagman schauten sich irritiert an. Der Mann sprach Deutsch, doch Krüger hatte ihnen genügend beigebracht, dass sie ihn verstehen konnten. Doch irgendwas kam ihnen komisch vor. Dass Otto die Männer weiter anknurrte, war ebenfalls nicht beruhigend.

„Nein.“ Sagte McFinlay schließlich. „Aber sie haben drei Freunde von uns.“ Der Deutsche hustete.

„Dann…haben wir…dasselbe…Ziel.“ Sagte der Soldat. „Diese Bastarde… haben drei unserer Kameraden…getötet. Wir….helfen….euch.“ Es schien, als würde der Deutsche beim sprechen Schmerzen haben. Doch diese Maskierten waren die beste Chance, die McFinlay und Hagman gerade hatten.

Schlachtbank

Claire und Pierre wurden gefesselt und dann zu einem Lager, einige Kilometer nördlich von dem Bauernhof gebracht. Der Marsch dauerte über eine Stunde und auf dem Weg erzählten die Männer sehr bildlich, was sie mit den Beiden anstellen würden. Getötet und gegessen zu werden, zählte noch zu den harmloseren Dingen.

Im Lager selbst wurden sie in ein Zelt geführt, in dem ein älterer Mann an einem Tisch saß.

„Hey Doc!“ Rief der Mann gut gelaunt. „Wir haben hier zwei neue Leckerbissen für dich.“ Der ältere Mann nickte nur und der Kannibale verließ das Zelt. Dann strich sich der Arzt verzweifelt übers Gesicht.

„Jedes Mal bete ich, dass sie niemanden finden.“ Sagte er betrübt. „Aber diese Irren finden immer eine arme Seele. Und wenn nicht, fangen sie an sich gegenseitig zu fressen. Dabei bräuchten sie es nicht einmal. Sie haben genügend Konserven gesammelt.“ Man hörte die Verzweiflung des Mannes.

„Was hat das Alles zu bedeuten?“ fragte Claire.

„Das waren alles Zuchthäusler die eigentlich hingerichtet werden sollten. Sie gehörten zum Emilé-Clan.“

„Emilé-Clan?“ fragte Claire.

„Das war eine Familie, die vor dem Krieg mordend durch die ländlichen Gebiete Frankreichs gezogen ist.“ Sagte Pierre. „Die Zeitungen waren voll von Berichten über ihre Taten. Sie haben Bauernhöfe überfallen, die Bewohner ausgeraubt, vergewaltigt und ermordet. Teilweise sollen sie ihre Opfer sogar gegessen haben.“ Der Arzt nickte bloß.

„Das Familienoberhaupt und drei seiner Söhne hatten sie bereits geköpft. Die Anderen sollten folgen. Doch dann kamen die Untoten und in dem Chaos, übernahmen die Insassen das Zuchthaus und die Emilés übernahmen die Führung. Wer gegen sie war, war Nahrung.“

„Und haben sie mit denen zu schaffen?“ fragte Claire.

„Ich war der Gefängnisarzt.“ Begann der Mann. „Mich haben sie am Leben gelassen, damit ich sie behandle und auch ihre Beute auf eventuelle Unverträglichkeiten untersuche.“

„Und diesem Schicksal haben sie sich so einfach ergeben?“ fragte Pierre. Der Arzt schüttelte den Kopf.

„Ich habe versucht zu fliehen.“ Sagte er und rutschte vom Tisch weg. Erst jetzt erkannten Claire und Pierre, dass er in einem Rollstuhl saß. Als der Arzt hinter dem Tisch hervorkam, stockte ihnen der Atem. Beide Beine des Mannes waren oberhalb der Knie amputiert worden. „Bei meinem ersten Fluchtversuch, haben sie mir die Beine gebrochen. Bei meinem zweiten haben sie sie mir abgeschnitten. Wenn ich mich weigere zu essen, flößen sie es mir ein. Sie tun alles um mich am Leben zu halten.“

„Wieso erzählen sie uns das Alles?“ fragte Pierre.

„Um Zeit zu gewinnen.“ Sagte der Arzt. „Vor etwas mehr als einer Woche, kam einige Späher zurück ins Zuchthaus und erzählten, dass sie fünf deutschen Soldaten begegnet sein. Die Kerle trugen lange Mäntel und Gasmasken. Drei von ihnen hatten sie getötet, doch zwei konnten fliehen. Die Leichen ließen sie zurück. Sie meinten sie hätten irgendeine Hautkrankheit und wollten kein Risiko eingehen. Drei Tage danach waren dann fast hundert von diesen Deutschen vor dem Zuchthaus und sie hatten Mörser dabei.“ Der Arzt machte eine kurze Pause. „Sie haben die gesamte Anstalt zusammengeschossen und die, die rausgekommen sind abgeschlachtet. Zwei  Dutzend der Insassen haben überlebt. Doch die Soldaten jagen uns seit dem und töten immer wieder Späher.“

„Und wie kommen sie darauf, dass diese Männer jetzt herkommen?“ fragte Claire.

„Kurz bevor ihr hergebracht wurdet, haben einige Späher einen preußischen Major ins Lager gebracht. Ich habe die Hoffnung, dass er  zu den Soldaten gehört und diese bald hier sind.“ Claire und Pierre hatten einen anderen Verdacht: Krüger.

„Und wo ist der Major?“ fragte Pierre.

„Sie haben ihn in einem Zelt an einen Pfahl gefesselt. Die Kerle haben eine heidenangst vor ihm.“ Sagte der Arzt. „Sie waren zu fünft und er unbewaffnet. Trotzdem hat er es geschafft zwei von ihnen zu töten.“

Gib niemals auf

Als Krüger aufwachte kniete er an einem Pfahl gefesselt in einem Zelt. Vor ihm hockte einer der Kannibalen, die ihn im Wald angegriffen hatten. Krüger erinnerte sich wieder. Er war der Erscheinung von Marie gefolgt, bis er mitten im Wald war. Dann war sie verschwunden. Krüger irrte einige Zeit durch die Bäume, bis er auf Männer stieß, die sich mit menschlichen Knochen geschmückt hatten. Krüger spürte, dass sie nicht freundlich gesinnt waren. Sie waren mit Keulen bewaffnet und hatten ihn umzingelt, an eine Flucht war nicht zu denken. Doch die Männer machten einen Fehler. Sie griffen Krüger nicht gemeinsam an. Dem ersten Angreifer nahm Krüger die Keule ab und schlug sie ihm mit solch einer Wucht ins Gesicht, dass der Schädel brach. Dem zweiten Angreifer brach er zuerst den Arm und dann das Genick. Erst danach griffen die übrigen Drei gleichzeitig an und schafften es Krüger zu überwältigen. Dann hatten sie ihn niedergeschlagen.

„Du hast uns ganz schön ins Schwitzen gebracht.“ Sagte der Mann. „Am liebsten hätten wir dich gleich umgelegt, doch unsere Vorräte gehen zur Neige und wir brauchen Frischfleisch. Also lassen wir dich so lange am Leben wie es nötig ist.“ Sagte er und legte ein Messer an Krügers Hand. „Aber probieren dürfen wir.“ Sagte er und schnitt Krüger den kleinen Finger an der linken Hand ab. Krüger schrie vor Schmerz.

„Du Bastard!“ brüllte Krüger. „Ich bring dich um!“

„Viel Glück dabei.“ Sagte der Mann lachend und verließ das Zelt. Krüger war nun alleine mit seinem Schmerz.

„Geschieht dir recht.“ Hörte er eine hämische Stimme sagen. Als er hoch schaute, sah er wieder die blutverschmierte Marie vor sich stehen.

„Ich kann nicht mehr.“ Sagte Krüger schwach und lies den Kopf hängen.

„Dann komm zu mir.“ Hörte er diesmal eine sanfte Stimme sagen. Als er hoch schaute, sah er Marie so wie bei ihrem ersten Treffen vor sich.

„Vielleicht hast du recht.“ Sagte er müde. „Vielleicht sollte ich einfach aufgeben.“ Kaum hatte er das gesagt, verschwand Marie vor seinen Augen.

„Du willst aufgeben?“ hörte er Marie wieder sagen, doch er sah sie nicht. „Du hast noch nie aufgegeben.“ Sagte sie weiter. Und dann stand sie vor ihm. Marie in ihrer Schwesterntracht. So, wie bei ihrem Wiedersehen in Verdun. „Du hast immer gekämpft.“ Sagte sie. „Du hast um mich gekämpft, an der Front, um deine Soldaten und nie hast du Aufgegeben. Also, warum jetzt?“

„Ich kann einfach nicht mehr.“ Sagte Krüger traurig. „Der Krieg, die Zombies, dein Tod. Es ist einfach zu viel. Ich kann und ich will nicht mehr.“

„Wir werden uns wieder sehen.“ Sagte Marie sanft. „Aber noch nicht. Noch musst du weiter kämpfen. Es gibt Menschen, die auf dich zählen und dir vertrauen. Du musst noch etwas länger tapfer sein. Denk an die, die dich brauchen. Und daran dass ich dich liebe.“ Sagte sie. Dann verschwand sie. Krüger spürte, wie etwas in ihm aufloderte. Dass war kein Hass, keine Trauer. Es war etwas, was er gespürt hatte, wenn er durch MG- und Artilleriefeuer gerannt war, wenn er einen Schützengraben gestürmt hatte, wenn er dem Feind im Nahkampf gegenüber stand. Es war ein unbedingter Wille zum Überleben. Krüger hatte dieses Gefühl lange nicht mehr gespürt. Doch jetzt gab es ihm Kraft. Er fing an, an seinen Fesseln zu zerren und stemmte sich mit all seiner Kraft dagegen. Er spürte, wie die Fesseln sich in seine Handgelenke schnitten und das Blut seine Arme runter lief, doch er zerrte weiter. Er brüllte gegen den Schmerz an, bis das Seil riss. Als seine Hände frei waren, kam der Kannibale ins Zelt, der Krüger den Finger abgeschnitten hatte. Krüger sah ihn wie ein wildes Tier an und sprang ihm an die Kehle. Er drückte den Mann zu Boden und fing an ihn zu würgen.

„Ich hab gesagt, dass ich dich töten werde!“ zischte Krüger hasserfüllt und quetschte das Leben aus dem Kannibalen. Als der Mann tot war, lies Krüger von ihm ab und griff das Messer. Wutentbrannt verließ er das Zelt. Vor ihm stand ein weiterer Kannibale, doch bevor dieser reagieren konnte, rammte Krüger ihm das Messer in den Hals. Dann hörte er Schüsse. Als Krüger sich umdrehte, sah er wie mehrere deutsche Soldaten mit Gasmasken das Lager durchkämmten. Einer der Soldaten sah Krüger und richtete sein Gewehr auf ihn. Bevor er jedoch abdrücken konnte, ging McFinlay dazwischen.

„Der gehört zu uns.“ Sagte er und der Deutsche senkte seine Waffe. „Schön dich zu sehen, Peter.“ Sagte er danach.

„Gleichfalls.“ Sagte Krüger kurz.

„Hast du Robert und Claire gesehen?“ fragte McFinlay.

„Die sind auch hier?“ fragte Krüger schockiert. McFinlay nickte. „Dann müssen wir sie finden!“

„Werden wir, sagte McFinlay und gab Krüger seine Mauser und seine abgesägte Flinte. „Keine Gefangenen.“ Sagte er dann.

„Keine Gefangenen!“ wiederholte Krüger ernst.

Keine Gefangenen

„Sie kommen.“ Sagte der Arzt erleichtert, als er die Schüsse hörte. Claire und Pierre schauten sich ungläubig an. Doch auch sie hörten den Lärm. Dann stürmte ein Kannibale mit einem Gewehr in das Zelt. Doch bevor dieser reagieren konnte, war ein ohrenbetäubender Knall zu hören und der Schädel des Mannes explodierte förmlich. Als der Kannibale zu Boden fiel sahen Claire und Pierre Krüger im Zelt stehen. Erleichtert senkte er seine Flinte.

„Schön euch in einem Stück zu sehen.“ Sagte er lächelnd. Dann sah er den Arzt und hob widere seine Flinte, doch Pierre ging dazwischen.

„Ist schon gut, Junge.“ Sagte der Arzt. „Ich kann mit dem, was ich getan habe nicht mehr leben. Bitte, bereiten sie meinem Leid ein Ende.“ Krüger senkte seine Flinte und warf dem Arzt eine erbeutete Pistole zu.

„Sie wissen, was zu tun ist.“ Sagte er und verließ das Zelt. Pierre und Claire blieben verdutzt zurück.

„Sie müssen das nicht tun.“ Sagte Claire, als der Arzt die Pistole begutachtete.

„Ist schon gut, Kindchen.“ Sagte er und spannte den Hahn der Pistole. „Ich will nicht mehr. Ich habe viele Menschen in den Tod geschickt. Die Schuld frisst mich auf. Ich verdiene den Tod, auch wenn ich ihn mittlerweile fast schon als Erlösung ansehe. Ich bitte euch nur mich alleine zu lassen.“ Claire wollte protestieren, doch Pierre zog sie aus dem Zelt.

„Es wäre für ihn schlimmer, wenn er am Leben bleibt.“ Sagte er. Als die Beiden das Zelt verlassen hatten, hörten sie einen Schuss. Sie wussten, was dies bedeutete.

Als Claire und Pierre das Zelt verlassen hatten, sahen sie wie mehrere deutsche Soldaten mit Gasmasken einige Kannibalen zusammentrieben. Dann stachen die Soldaten mit ihren Bajonetten zu.

„Was machen die?“ fragte Pierre schockiert.

„Menschen erschießt man.“ Sagte Krüger trocken und zündete sich eine Zigarette an. „Tiere schlachtet man.“ Sagte er weiter und hielt den Beiden eine Packung mit Zigaretten hin. Pierre lehnte ab, doch Claire nahm sich eine.

„Du rauchst?“ fragte Pierre überrascht.

„Eigentlich hatte ich aufgehört.“ Sagte Claire verlegen und lies sich von Krüger Feuer geben. dann fiel ihr der fehlende kleine Finger auf. „Du bist verletzt.“ sagte sie mitfühlend.

„Das ist nichts weiter.“ sagte Krüger. „Du kannst dich darum Kümmern, wenn wir fertig sind.“

Als die Soldaten ihr blutiges Werk vollendet hatten, kamen auch McFinlay und Hagman zu ihren Freunden. Hagman hatte aus dem Wald heraus die Kannibalen mit seine Enfield unter Beschuss genommen. McFinlay hingegen war von Blut befleckt und hatte noch immer seine Keule in der Hand.

„Wir haben ganze Arbeit geleistet.“ Sagte er stolz. „Schön, dass es euch gut geht.“ Sagte er dann zu Pierre und Claire.  

„Und was machen wir jetzt?“ fragte Pierre.

„Die Soldaten nennen sich graue Kompanie.“ Sagte Krüger. „Sie haben angeboten, dass wir uns in ihrer Basis etwas ausruhen können. Sie helfen noch unseren Kram von dem Bauernhof zu holen und dann machen wir uns auf den Weg.“

„Glaubst du wir können ihnen trauen?“ fragte Hagman.

„Ich denke die Jungs sind seit Verdun die ersten denen wir vertrauen können.“ Sagte Krüger.

Freier Wille

Nach dem Kampf durchsuchten Pierre und Hagman das Lager der Kannibalen. In einem Zelt, welches als Küche diente, erkannten die beiden das wahre Grauen dieses Lagers. Auf einem Holztisch lagen die Überreste eines zerstückelten Mannes.

„Großer Gott.“ Murmelte Hagman und auch Pierre spürte, wie ihm schlecht wurde. Doch dann viel sein Blick auf eine andere Ecke des Zeltes. Dort lagen mehrere Konserven und Bündel mit Nahrung.

„Der Doktor hatte recht.“ Sagte Pierre schockiert. „Davon hätten sie Monate überleben können.“

„Du sagtest doch, dass die Typen schon vor dem Krieg Kannibalen waren.“ Sagte Hagman.

„Genau das ist das Problem.“ Antwortete Pierre. „Wenn es diesen Kult, von dem Krüger redet, wirklich gibt, dann haben sie vielleicht recht. Vielleicht verdient die Menschheit tatsächlich die Vernichtung.“

Teil 9:

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