
Meine erste Nachtschicht im Krankenhaus (Kapitel I)
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
von Vladimir Bathory
Mit dem Essenswagen rolle ich die kalten Flure meines Arbeitsplatzes entlang. Es ist nicht wirklich kalt hier im Sinne von „kalt“, sondern die weißen Wände lassen mit ihrer Tristheit die Seele gefrieren. Ich arbeite im Krankenhaus auf der Kinderonkologie, der Kinder-Krebsstation. An sich ist es ein schöner Job, wir versuchen den Kindern und Jugendlichen den Aufenthalt in dieser tristen und kalten Welt so schön wie möglich zu gestalten. Das gelingt uns auch ganz gut, wie ich denke, umso mehr trifft es uns, wenn
einer der Patienten mal stirbt. „Mal“ hört sich hart an, doch in diesem Job lernst du, dass sowas „mal“ passiert. Doch darum geht es jetzt nicht.
Nun: Ich rolle den Flur entlang und bringe das „Essen“ – wenn man dieses komische Zeug so nennen kann – den Patienten. Heute habe ich Nachtschicht, das erste Mal, und zu einer meiner ersten Aufgaben gehört es, das Abendessen in die Zimmer zu bringen, während die anderen die Übergabe organisieren. Es ist alles ein bisschen chaotisch bei uns, weil wir unterbesetzt sind, Pflegekräftemangel und so. Deswegen bin ich heute auch alleine, weil meine Kollegin kurzfristig Bescheid gesagt hat, dass sie krank ist. Normalerweise sind wir zu zweit. Na toll! Die erste Nachtschicht und schon alleine.
Als ich gerade aus einem Zimmer rauskomme, fährt ein Krankenbett an mir vorbei, das von einer Kollegin Richtung Zimmer Sechs geschoben wird. Ich kann nur einen kurzen Blick auf die Person in dem Krankenbett erhaschen – es ist ein junges Mädchen. Wenn man das, was dort liegt, überhaupt noch als ein Mädchen bezeichnen kann. Sie ist sehr blass und ihre Haut scheint trocken zu sein, sehr trocken. Es sieht aus, als sei kein Fleisch unter dieser Haut, denn man sieht ihre Knochen deutlich. Ihr Gesicht sieht wie ein Totenschädel aus. Das Schlimmste: Sie atmet! Doch sie atmet nicht wie eine gesunde Jugendliche, sondern wie ein Mensch, der im Sterben liegt. Sie muss unvorstellbare Qualen leiden, wahrscheinlich ist sie mit Schmerzmitteln vollgepumpt. Sie scheint ein Neuzugang zu sein, wahrscheinlich ist sie erst heute Abend eingetroffen und die Ärzte wissen nicht, wohin mit ihr. Auf den ersten Blick sieht es für mich nicht aus, als ob es sich in ihrem Fall um irgendeine Art von Krebs handeln könnte. Sowas macht diese Krankheit nicht, zumindest hätte man es schon gemerkt, bevor es soweit gekommen wäre. Während die Schwester mit dem Krankenbett in Zimmer Sechs verschwindet, setze ich meine Tour fort. Beim Zurückgehen sehe ich, wie Dr. Stein, unser Chefarzt, im Stützpunkt steht und mit meinem Kollegen Marvin spricht. Wahrscheinlich geht es um den Neuzugang.
Freundlich grüße ich Herrn Dr. Stein, als ich zur Tür hineintrete. „Guten Tag, Herr Valetzki!“, entgegnet er mir ebenfalls freundlich. Doch er sagt es in einer Weise, die für ihn nicht normal ist, er kann nicht verstecken, dass er nervös ist, und man merkt ihm sofort an, dass er über eine ernste Sache sprechen möchte. „Wie ich höre, haben Sie heute alleine Nachtschicht. Es tut mir leid, dass die Kollegin so spontan ausgefallen ist und wir keinen Ersatz gefunden haben“, fährt er nach der Begrüßung fort. „Leider müssen wir Sie mit einem Neuzugang zusätzlich belasten. Es handelt sich um ein Mädchen, das vor der Tür des Krankenhauses fast tot aufgefunden wurde. Passanten sahen, wie sie in Richtung des Eingangs kroch und dann hinfiel“, ich höre ihm aufmerksam zu, währendem ich immer wieder nicke. Er kann gut verstecken, dass er nervös ist. Schließlich ist er schon recht erfahren. Er ist ein Mann mittleren Alters und dient schon lange unserer Klinik. Er ist immer sehr um die Patienten besorgt. Kurz: Ein guter Arzt! Doch in diesem Fall scheint selbst er vor einem Rätsel zu stehen, so etwas hat er bestimmt noch nie gesehen. „Wir wissen nicht, was mit ihr los ist, und haben sie mal auf ihre Station gelegt. Ich denke, hier ist sie gut aufgehoben“, erzählt der Arzt weiter „Ihr fehlt viel Blut; es ist ein Wunder, dass sie noch lebt. Sie könnte auch längst tot sein. Wir haben natürlich sofort Blut bestellt, wenn es da ist, machen sie ihr bitte sofort eine Infusion! Ihr fehlt auch Flüssigkeit, weswegen sie parallel dazu Kochsalzlösung bekommt. Darum kümmert sich die Kollegin“, ich nicke bestätigend und sage „Ok“, dabei blicke ich in seine besorgten Augen, mit denen er mich ansieht, als wolle er sagen: „Machen Sie alles, damit sie am Leben bleibt“, wenn man das „Leben“ nennen kann. Dr. Stein übergibt mir die Akte der Patientin, verabschiedet sich höflich und geht die Tür raus.
Es ist irgendwann nach neun Uhr. Jetzt bin ich alleine auf der Station. Ich sitze im Stützpunkt und schaue mir die Akte der geheimnisvollen Patientin an. Es ist ein Wunder, dass sie noch lebt. Ihr Körper wird als völlig ausgetrocknet beschrieben und ihr Herz schlägt nur noch leicht. Als man sie gefunden hat, war sie gar nicht ansprechbar, und alle Versuche, ihr während der Untersuchung Fragen zu stellen, schlugen fehl. Poch, poch, poch – Ein dumpfes Klopfen reißt mich aus meiner Konzentration und mit einem lauten Schrei schrecke ich auf. Nachdem ich mich wieder gesammelt habe, schaue ich in die Richtung, aus welcher das Klopfen kam. An der Tür zum Treppenhaus steht ein Mann, der mich amüsiert angrinst, als hätte er mir einen Streich gespielt, auf den ich vortrefflich hereingefallen bin. Durch die Scheibe der Tür ruft er: „Ich habe eine Blutlieferung, lassen sie mich rein?!“, ich drücke den Türöffner und lasse ihn rein. Der Mann kommt mit einem Wagen, in dem das Blut gekühlt wird, rein. Ich gehe aus dem Stützpunkt raus, um die Lieferung entgegenzunehmen. „Da habe ich Sie wohl erschreckt“, sagt der Mann mit einem amüsierten und zugleich freundlichen Lächeln. „Ja!“, antworte ich und lächle zurück, auch wenn das ehrlich gesagt zu diesem Zeitpunkt eher erzwungen war. Der Mann antwortet darauf nichts mehr, sondern bittet mich, auf einem Schein, den er mir vor die Nase hält, zu unterschreiben. Ich nehme einen Kuli den ich an meiner Arbeitshose angeklemmt habe, und unterschreibe. „Schöne Nacht noch!“, sagt der Lieferant freundlich, und nachdem ich das erwidert habe, dreht er sich um und geht die Tür hinaus. Während die Tür langsam zugeht, gehe ich mit dem Blut zum Stützpunkt und bereite alles für die Infusion vor.
Als alles fertig ist, gehe ich zu Zimmer Sechs, während ich den Fusionsständer neben mir herschiebe. Ich betrete den dunklen Raum und mache das Licht an. Als ich das getan habe, höre ich ein schwaches Knurren, als würde es jemanden stören, dass ich das Licht angemacht habe. Es kommt von der Patientin, die regungslos im Bett liegt. Ich bin erleichtert, ein Lebenszeichen von ihr zu hören, auch wenn die Anzeige ihrer Herzfrequenz natürlich ebenfalls anzeigt, dass sie noch lebt. Ich gehe zu ihr, neben das Bett. Ich nehme ihren rechten Arm, an dem bereits ein Zugang mit der Flüssigkeitsinfusion steckt. Die Haut der Patientin zu berühren ist unangenehm, sie ist so rau. Eigentlich sollte ich das nicht machen, aber die Neugier packt mich: Ich taste mit der Hand ihren Arm ab, ich kann ihren Unterarmknochen spüren. Da an der Hand bereits der Zugang für die Flüssigkeitsinfusion liegt, beschließe ich den Zugang am Ellenbogen zu legen. Dadurch, dass ich ihre Adern sehr gut sehen kann, fällt es mir nicht schwer, einen geeigneten Punkt dafür zu finden. Als ich die Nadel in ihre Ader steche, bemerke ich, dass kein Blut rauskommt. Die ist ja wirklich fast blutleer, denke ich mir. Umso wichtiger ist es, dass ich schnell den Blutbeutel anschließe. Nachdem ich damit fertig bin, sehe ich sie mir nochmal genauer an. Sie ist wirklich in einem bemitleidenswerten Zustand. An manchen Stellen scheint ihre Haut schon abzufallen und das Muskelgewebe kommt zum Vorschein. Übrigens sondert sie einen leichten Gestank ab. Ich kenne diesen Gestank: Leichengeruch! Es ist, als würde sie verwesen, aber sie ist
lebendig! Es ist also, als würde sie lebendig verwesen! Trotz meiner Neugierde
verlasse ich das Zimmer schnell. Denn ein ungutes Gefühl überkommt mich. Das Gefühl, das man als Kind hat, wenn man alleine in den Keller gehen muss, um
etwas zu holen. Kennt ihr dieses Gefühl? Dieses Gefühl überkommt mich in diesem Moment.
Zügig gehe ich zurück zum Stützpunkt. Während ich mich um Papierkram kümmere, vergehen Stunden. Ab und zu schaue ich nach Patienten oder muss zu welchen gehen, weil sie „geklingelt“ haben. Inzwischen ist es halb Eins, und da die Arbeit langsam zur Neige geht, spiele ich auf meinem Smartphone. Vertieft in mein Spiel bemerke ich nicht, wie die Tür von Zimmer Sechs aufgeht. Ein Rollen und leichte Schritte kommen auf mich zu, und als ich aufschaue, erschrecke ich. Da steht eine junge Frau vor mir! Vor der Fensterscheibe des Stützpunkts steht eine etwa 17-Jährige und lächelt mich freundlich an. Neben ihr hält sie einen Fusionsständer mit einer Wasserflasche und einem fast leeren Blutbeutel in der Hand. Es muss das Mädchen aus dem Zimmer Nummer Sechs sein, doch sie sieht vollkommen anders aus, fast gesund. Ich kann mir das nicht erklären! Wie erstarrt schaue ich sie an, ohne mich zu bewegen. Das Mädchen lacht und sagt: „Jetzt tu nicht so, als ob du einen Geist
gesehen hättest!“, ich bleibe weiter wie angewurzelt sitzen. „Darf ich reinkommen?“, fragt sie. Langsam kriege ich mich wieder und bekomme ein leises „Ja!“ raus. Daraufhin geht sie mit langsamen Schritten durch die Tür, sie scheint immer noch geschwächt zu sein. Sie stellt sich neben mich und reicht mir die Hand. „Ich bin Sabrina“, sagt sie in einem freundlichen Ton. Zögernd gebe ich ihr die Hand und sage: „Ich bin Teo“, ihre Hand fühlt sich weich an, nicht wie die der Patientin von vorhin. Danach schweigen wir uns erstmal eine Runde an – es ist mir fast schon peinlich, doch ich weiß nicht, was ich sagen soll -, bis ich das Schweigen breche. „Du bist die unbekannte Patientin aus Zimmer Sechs?“, frage ich. „Ich weiß nicht, in welchem Zimmer ich liege“, antwortet das Mädchen weiterhin freundlich, ihre Stimme aber klingt noch schwach und etwas kratzig, „…doch ich schätze, die bin ich“, sagt sie weiter. Ein Schauer rast über meinen Rücken. Sie sieht wirklich wieder fast normal aus. Na klar, sie wirkt noch geschwächt, was kein Wunder ist. Doch ich habe nicht mehr das „Skelett“ vor mir stehen, das in dem Krankenbett lag. Ich wundere mich nicht so sehr darüber, dass sie wieder Farbe bekommen hat. Das zeigt nur, dass die Blutfusion so wirkt, wie sie soll. Auch wenn sie immer noch blass ist. Dass ihre Haut nicht mehr so trocken ist, zeigt, dass die Flüssigkeitsinfusion auch wirkt. Allerdings wundert es mich, dass alles so schnell und so gut ging. Vorhin lag sie noch fast im Sterben, und jetzt ist schon ein Gesicht zu erkennen. Auffällig sind auch ihre Haare. Sie sind sehr blond, fast schon weiß,
darauf hatte ich vorhin nicht geachtet. Ich merke, dass ihre Beine zittern, sie scheint sich langsam nicht mehr halten zu können. Ich biete ihr an, sich auf den Stuhl neben mir zu setzen. Dankbar nimmt sie an und setzt sich. „Du hast dich ja gut erholt!“, sage ich, als sie sich gesetzt hat „Ja!“, antwortet sie lächelnd. „Ich schätze allerdings, ich brauche noch etwas Blut und Wasser“, fährt sie fort. Anscheinend war das der Grund für ihr Kommen. „Kein Problem! Wir haben noch welches“, sage ich ihr, mir wurde sowieso aufgetragen, ihr eine neue Fusion zu machen, wenn die erste durch ist. „Aber unter einer Bedingung“, sage ich. Langsam ist die Unsicherheit gewichen und ich möchte mehr über die mysteriöse Patientin wissen. „Du erzählst mir, wer du bist. Wir haben nämlich keine
Informationen über dich, du hattest keine Personalien dabei“. „Kein Problem!“, antwortet die junge Dame, „Ich bin Sabrina Wagner, 17 Jahre alt“, fährt sie fort „…und Single“, scherzt sie und zwinkert mir zu. War das eine Anmache? Ich muss zugeben, dass ich nicht abgeneigt wäre. Sie ist ein hübsches Mädchen und hat eine sympathische Ausstrahlung. Allerdings habe ich noch die lebendige Leiche von vorhin im Kopf. „Und was ist mit dir los? Warum bist du hier?“, versuche ich aus ihr rauszubekommen. „Erst Blut, dann die Informationen!“, sagt sie mit einem kecken Lächeln. „Ok!“, antworte ich und bereite die Fusion vor. Als ich fertig bin und mich wieder hingesetzt habe, beginnt sie zu erzählen: „Ich weiß selbst nicht genau, was mit mir los ist. Vor ein paar Tagen hat es
angefangen. Ich habe unendlichen Durst bekommen, den ich nicht stillen konnte. Meine Haut trocknete aus und schälte sich an manchen Stellen ab. Ich hatte Schmerzen und war schwach, ich konnte mich irgendwann nur noch schwer bewegen. Also beschloss ich, zum Krankenhaus zu gehen, ich ließ alles zuhause, Handy, Geldbeutel, und bin vor die Tür des Krankenhauses gehumpelt, bis ich irgendwann nur noch gekrabbelt und irgendwann zusammengebrochen bin“, ich nicke und suche in meinen Gedanken eine Krankheit, mit der das zusammenhängen könnte. Mir fällt aber keine ein. Ich bin ja auch nur ein Pfleger und kein Arzt, trotzdem habe ich in meiner bisher kurzen beruflichen Laufbahn schon einiges erlebt, so dass ich mich als einigermaßen erfahren bezeichnen würde „Ich habe zwar noch Schmerzen und bin durstig, doch wie es aussieht, habt ihr mich wieder ganz gut
hinbekommen“, fährt sie fort. „Wenn du durstig bist, kann ich dir gerne etwas Wasser bringen“, sage ich daraufhin und deute schon an, aufstehen zu wollen. „Das wäre nett!“, antwortet Sabrina mit einem unschuldigen Lächeln. Also erfülle ich ihr diesen Wunsch, gehe in die Küche und hole ein Glas und eine Wasserflasche. Doch sie nimmt gleich die Flasche aus meiner Hand und trinkt sie auf einen Schlag bis zur Hälfte aus. Wundern tut mich das nicht. „Was ist mit deinen Eltern?“, frage ich. „Die sind im Urlaub“, antwortet Sabrina knapp. „Ok“, sage ich darauf nickend. Inzwischen ist das Eis einigermaßen geschmolzen und meine Nervosität verflogen. „Ich sollte so langsam wieder auf das Zimmer gehen und mich hinlegen“, sagt Sabrina, „Ich muss mich noch ein bisschen ausruhen.“ „Natürlich!“, antworte ich darauf. Mit der Wasserflasche und dem Glas begleite ich sie noch auf ihr Zimmer und mache das Licht aus. „Ach, und schließe bitte
die Maschine wieder an!“, sage ich ihr noch zum Abschied. Sie hat nämlich die Maschine, die ihren Herzschlag messen soll, einfach ausgesteckt. Jetzt wird es Zeit, sich wieder an die Arbeit zu machen. Das heißt also Handy spielen, ab und zu aufstehen, um Fusionen zu wechseln, und so weiter.
Wie ich da sitze, bemerke ich nicht, dass die Tür zu Zimmer Sechs aufgeht. Ich bemerke nur etwas an der Decke vorbeihuschen. Etwas Helles. Ich denke allerdings, ich hätte mir das eingebildet. Wenn man nachts alleine auf der Station ist und keinen Schlaf bekommt, kann das schonmal passieren, denke ich. Doch kurz danach folgt dieser Beobachtung ein Lärm. Er kommt aus dem Raum, in dem das Blut gelagert ist. Langsam gehe ich dort hin und stelle mich
vor die Tür. Ich zögere allerdings noch reinzugehen. Endlich fasse ich mir ans
Herz und öffne die Tür. Sofort betätige ich den Lichtschalter, und als das
Licht angeht, sehe ich, dass um den Wagen, in dem das But liegen sollte, leere Blutbeutel liegen, die wie ausgequetscht daliegen. Ich vernehme ein Schmatzen und Schlürfen. Zögernd schaue ich in die Richtung, aus der diese Geräusche kommen. In der Ecke hockt an der Decke eine Gestalt. Sie ist weiß, hat ein langes Gesicht und einen menschlichen Körper. Allerdings Krallen wie die eines Tieres an den verformten Füßen, mit denen sich die Kreatur an der Decke festzukrallen scheint. Sie hat auch Flügel, Flügel wie die einer Fledermaus. In ihren Händen hält sie einen Blutbeutel, den sie mit ihren Krallen ausquetscht. Die Gestalt leckt den Beutel mit ihrer langen, spitzen Zunge aus. Sie schaut zu mir auf. Ich bekomme den nächsten Schock. Sie schaut mich starr mit ihren gelben, katzenartigen Augen an. Ich verharre in einer Schockstarre, und wir
sehen uns regungslos an. Ich und die Kreatur. Noch ehe ich etwas machen kann, lässt sie den leeren Blutbeutel fallen, streckt ihre lange Zunge aus, macht ein komisches Geräusch, eine Art Gurgeln, und springt auf mich. Sie krallt sich mit ihren Händen an meinen Schultern und mit ihren Füßen an meinen Oberschenkeln fest. Ich kann spüren, wie die Krallen tief in meinen Körper dringen. Doch am schlimmsten ist der Schmerz, als die Kreatur in meinen Hals beißt und anfängt, mein Blut auszusaugen. Ich spüre, wie das Blut aus meinem Körper strömt. Als sie mit mir fertig ist, lässt mich die Kreatur los, ich falle auf den Boden und nun liege ich da. Ich bemerke noch, wie das Wesen wieder die Wand hochkrabbelt und das Zimmer verlässt.
Aus einer regionalen Zeitung:
Pfleger während Nachtschicht lebensgefährlich verletzt – Mysteriöse Patientin vermisst
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kam es zu einem mysteriösen Zwischenfall in einem örtlichen Krankenhaus. Ein Pfleger der Nachtschicht wurde schwerverletzt in einem Nebenraum seiner Station entdeckt, inmitten einer großen Anzahl leerer, aufgerissener Blutkonserven. Der Pfleger wies Wunden an Schultern, Beinen sowie am Hals auf und litt unter einem lebensbedrohlichen Blutverlust. Aktuell befindet er sich aufgrund seines weiterhin kritischen Zustands auf der Intensivstation. Eine Patientin, die zu Beginn seiner Schicht
am Abend zuvor auf derselben Station eingeliefert wurde, ist verschwunden. Ihre Identität ist bisher unbekannt.