
Wir Götter des Wahnsinns
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Die Patientin hatte den Blick zielstrebig aus dem Fenster gerichtet und beobachtete die Wolken dabei, wie sie einander mit grauer Farbe über den einst strahlend blauen Himmel jagten. Die Sonne regierte dennoch, während sie ihre wärmenden Strahlen auf die Welt senkte, um den Lebewesen dort wenigstens ein kleines bisschen Zuneigung zu schenken. Licht. Hell, so sanft. Man konnte die Stimmen verschiedener Vogelarten vernehmen, die ihr Lied stolz aus dem Blattwerk der Bäume herausträllerten. Es war ungemein beruhigend, dort zu sitzen. Dort, und doch so weit weg. Der Blick in der Ferne, die Gedanken hier im Jetzt. Ihr Atem blieb gleichmäßig.
“Wissen sie, warum sie hier sind?”
Ein ruhiges Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Es mutete viel zu weise an für ihr junges Alter. Doch sonst reagierte sie kaum, abgesehen von einer fließenden Bewegung, bei der sie die Lippen öffnete, und begann zu sprechen.
„Ja, Doktor. Ich wollte wissen, wie es hier drinnen so aussieht. Aber es ist beinahe zu beengend für meine Verhältnisse.“
Er war verwirrt, ging dennoch nicht auf ihre Worte ein, die so viel mehr bedeuteten, als sie schienen. Nebel begann zwischen den zahlreichen Bäumen zu sprießen, deren Kronen man noch weit am Horizont sehen konnte, der sich langsam orange verfärbte. Ein Räuspern. Ein Klicken. Kugelschreiber? Türschloss?
„Die Zwangsjacke ist temporär bis ich entscheiden kann, ob…“
„Nicht die Zwangsjacke, Dok. Das ist doch ein pures Klischee. Nein. Diese Geschichte, in der wir uns befinden, ist zu ungewöhnlich für ein Klischee. Zu echt für ein Klischee. Zu kurz für ein Klischee. 700 Worte ungefähr…“
Ihr Blick war weiterhin auf den Himmel gerichtet, der sich Zusehens immer dunkler färbte, während die Sonne mit ihren letzten Strahlen die Welt in Brandt zu setzen schien. Denn wenn das Licht ging, nahm es all das Gute, und Schöne mit sich, das die Dunkelheit noch nicht verdorben hatte.
„Geschichte?“, fragte er.
„Geschichte.“, antwortete sie.
„Sehen Sie, Sie glauben, dass sie hier in dieser Zelle meinen Zustand prüfen, weil ich denke, dass ich Gott bin. Ich bin kein Gott. Aber dennoch – Sie, die Psychiatrie, diese ganze Welt – ihr seid nur Gedanken in meinem Kopf. Ideen. Eine Geschichte die ich entwerfe. Eine Geschichte, die auch von all den anderen geschrieben wird, die das hier gerade lesen.“, ihre Stimme zitterte nicht im Geringsten. Es war beinahe so, als ob eine alte Dame einem Kind etwas erklären würde, das das Gesagte ohnehin nicht verstehen konnte. Sie klang viel zu klar für eine Geisteskranke, doch viel zu wirr für eine Normalsterbliche.
„Ich verstehe.”
Sanftes Lachen.
„Sie lügen entsetzlich schlecht.“
Sie beobachtete gnädig, wie die letzten Wolken sich langsam vor die Sonne schoben, welche bereits hinter den Baumkronen verschwand, und nur noch ein letztes, erbärmliches rotes Licht hinterließ. Eine sterbende Flamme. Das Gute war beseitigt. Die Schwärze brach herein.
“Worum geht es in dieser Geschichte?“ Sein Ton war bemüht versöhnlich.
Ihr Lachen war melodisch, und glockenhell. Es war wunderschön, und dennoch schrecklich anzuhören, im Gleichklang und doch als Solist mitunter den verschiedenen Vogelstimmen. Tausende Schauer huschten über den Rücken des Psychiaters, während sie sich genüsslich wie eine Katze streckte, und die langen Wimpern halb senkte, als ob sie blinzeln wollte. Sie blinzelte nicht. Mit einer eleganten Bewegung wandte sie sich ihm zu, ohne den Blick vom Himmel zu nehmen. Ihr Grinsen wurde noch breiter. Unmenschlich. Wunderschön.
“Sie ist momentan noch relativ langweilig. Aber das werde ich ändern.“
Verwirrtes Schnauben.
„Wie wollen Sie das…“
Ein gellender Schrei, der eher animalisch anmutete, erklang hinter der Tür, und der Himmel färbte sich endgültig schwarz. Keine Spur mehr von Licht. Es war dunkel in dem Zimmer, doch ihre Augen leuchteten neckisch in der Schwärze. Niemand könnte die Farbe beschreiben, in der sie glühten. Niemand konnte die Farbe sehen. Nur fühlen. Angst.
Man konnte Gurgeln vernehmen, den Geruch von Blut und Erbrochenem. Es hörte sich an, als ob etwas auseinander gerissen werden würde, und Wehklagen füllte jeden Zentimeter der winzigen Zelle aus. Viel zu nah, um außerhalb des Raumes zu sein, viel zu weit weg, um innerhalb des Raumes stattzufinden. Noch ein Geräusch. Etwas wurde zerquetscht. Stille. Dann – plötzlich – ein weiterer Schrei. Näher. Realer. Schmerzvoller.
Der Arzt war bereits aufgesprungen, hielt aber inne, als es wieder ruhig war, und warf einen kurzen Blick zurück, um nach dem Mächen zu sehen.
Er erstarrte mitten in der Bewegung. Die Finger bereits nach der Tür ausgestreckt.
Sie stand nun am Fenster, und presste eine Hand an das kühle Glas, um welche sich beinahe sofort ein weißlich-durchsichtiger Abdruck bildete. Ihr Atem kondensierte an der Scheibe und hinterließ ein eigentümliches Muster. Wie eine Wolke, die sich vor die Sonne schob, deren Licht und Zuneigung schon längst gestorben war. Ihr Lächeln war ungewöhnlich breit und das ohnehin dunkle Haar schien nun wie ein Schatten selbst. Doch die Augen leuchteten in der Schwärze des kleinen Raumes. Sie leckte sich über die Lippen.
„Ich würde die Klinke nicht herunterdrücken, Doktor. Ich, und die Leute die das lesen… Wir haben gerade ein paar unschöne Dinge hinter dieser Tür erscheinen lassen.“
Der Mann schluckte. Sie schwieg.
„Gut. Nehmen wir an, dass ich Ihnen glaube.“ Er hielt kurz inne, und schluckte abermals geräuschvoll.
„Was ist dann dort draußen?“
Nun war sie wieder vollkommen ruhig. Eine einzelne, eigengraue Feder flog hinter ihr zu Boden, als ein Rabe gleichzeitig mit seinem Schrei die Ankunft des Todes ankündigte, um danach für immer zu verstummen. Es war kalt, so unendlich kalt. Korruptiert von der Unendlichkeit der hungrigen Dunkelheit, die nach einer Opfergabe verlangte.
„Etwas Schreckliches.“, verkündete sie feierlich.
„Etwas Wunderschönes.“, Das Flüstern kam nicht aus ihrer Richtung.
„Glauben sie mir. Die Leute, die das lesen, haben eine relativ abgefuckte Fantasie. Ich schätze, auch die sollten sich in Ihre Behandlung geben, Doktor.“
Etwas krachte vernehmlich gegen die Metalltür, und der Mann zuckte zurück, um dem Mädchen regelrecht vor die Füße zu fallen. Ich Blick blieb beim Himmel. Sehnsüchtig? Abgelenkt. Unkonzentriert!
„Das Lustige ist aber, dass die Tür viel mehr darstellt, als Etwas, das uns von den Monstern trennt.“
Das Funkeln in ihren Augen wurde intensiver, und bohrte sich in etwas, das nur sie sehen konnte. „Nennen wir sie doch „Realität“. Denn sie trennt nicht nur uns, sondern auch die Leser von diesen Wesen.“
Ein weiteres, vernehmbares Krachen.
Ein sanftes, melodisches Lachen.
„Sie wird bald geöffnet, nicht wahr?“
Die Klinke wurde heruntergedrückt.