Pseudologie
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Die Scherben rieselten vor meinem inneren Auge zu Tausenden zu Boden. Das war also das Resultat meiner Leidenschaft, Geschichten zu konstruieren. Dabei war das alles doch nur eine Verkettung vieler Missverständnisse. Alles, was sich im Laufe der letzten Zeit angehäuft hatte, hatte sich in einem Netz haltloser Anschuldigungen verfangen, denen keine Chance zu entrinnen innewohnte.
Sie nannten es Pseudologie! Sie degradierten mich also zu einem chronischen Lügner. Es war ein Ausdruck überdurchschnittlicher Phantasie, mehr nicht! Weshalb fühlten sie sich betrogen?
Jetzt, saß ich hier dem Psychologen gegenüber. Er hielt mir – genauer gesagt meiner Hülle – seit einigen Minuten einen Spiegel vor und zwang mich, hinein zu schauen. Ich schaute das emotionslose Gesicht an, das mir völlig reglos entgegen starrte. Schon lange wusste ich nicht mehr, ob ich noch aktiv am Leben war oder meine Vitalfunktionen nur aus reiner Gewohnheit weitermachten. Das spielte aber auch keine wirkliche Rolle.
Man versuchte meine „Schwindeleien“ „wegzutherapieren“. Das hieß im Klartext, dass man im Begriff war, mich meiner Fähigkeit, mir Geschichten zu überlegen, beraubte. Damit lag ein wesentlicher Teil meines Egos im Sterben, sodass meine Fortexistenz zunehmend an Sinn verlor. Dabei konnte ich noch froh sein, dass ich die Wirkung der Antidepressiva nicht spürte.
Vor einigen Tagen hatte ich Besuch von meiner Tante bekommen. Sie hatte mir berichtet, dass meine Mutter Suizid begangen habe und ich daran Schuld gewesen sei. Dabei war meine Mutter selbst psychisch labil und hatte immer große Freude daran empfunden, meinen Erzählungen zu lauschen.
Ich wollte weinen. Zumindest um einen Rest Gewissen und Mitgefühl zu demonstrieren, aber damit hätte ich gelogen. Ich war froh, dass Mama erlöst war. Deshalb zeigte ich mich unberührt.
Nun saß ich also hier. Mir wurde schon einige Augenblicke zuvor bewusst, dass die protzige Flügeltür aufgehen würde, vor der sich alle Patienten fürchteten. Da durch diese alle ‚unheilbaren Fälle‘ auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Ich wusste, dass das letzte Licht, welches von meiner Existenz zeugte noch vor Sonnenuntergang erlöschen würde. Jedoch war ich äußerst froh darüber, dass ich nichts mehr bei dem Gefühl empfand, als sich diese überdimensionale Nadel in meine Haut bohrte.