Klassische PastaLangeTod

Sommerland

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Wer auch immer diese Aufzeichnungen findet: ich weiß nicht, ob sie euch helfen. Ich weiß nicht, ob sie etwas besser machen oder ob ich dann noch lebe. Nehmt sie als Warnung, umzukehren und nicht zu bleiben. Geht! Hier ist kein guter Ort. Für niemand.

Mein Name ist Ellen Albrecht. Ich bin 34 Jahre alt. Ursprünglich komme ich aus dem Norden, nahe der Dänischen Grenze. Wie ich genau hier hingekommen bin, weiß ich nicht.

Wenn ihr das hier lest, ruft meine Familie an und sagt ihnen, wo ich bin. Die Telefonnummer steht unten.

Ich zermartere mir den Kopf, um herauszufinden, was genau passiert ist, doch dieser fürchterliche Ort hier macht mir das Denken schwer. Ich hatte mich Zuhause nicht gut gefühlt, so viel weiß ich noch. Ich bekam auf der Arbeit fürchterliche Kopfschmerzen und war außerstande, selbst zum Arzt zu fahren. Ich hatte vorher nie solche Schmerzen. Die Kollegen riefen dann einen Krankenwagen, und ich weiß nur noch, wie sich der Arzt über mich beugte. Danach fehlt mir die Erinnerung.

Ich wurde in einem Krankenzimmer wach. Es war ein toller Tag. Ich erinnere mich genau. Die Pflegerin, die mich so freundlich und nett anlächelte, öffnete das Fenster weit und ein so angenehmer Windstoß, eine laue Luft, die nach Sommer und Blumen roch, erfüllte das Zimmer. Es war traumhaft. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Die Schwester sagte mir, dass der Doktor nachher käme und mir alles sagen würde. Ich wäre eine lange Zeit bewusstlos gewesen, doch nun wäre alles gut.

Ich fühlte mich auch gut. Die Kopfschmerzen waren weg. Ich fühlte mich leicht und die Sommerbrise gab mir das Gefühl, als ginge es mir nie besser. Es werden so 20 Grad gewesen sein.

Die Schwester sagte, ich solle noch liegen bleiben, oder zumindest, bis der Doktor da wäre, das Zimmer nicht verlassen. Ich hielt mich daran und fühlte mich auch, als ich aus dem Bett stieg und ans Fenster ging, etwas schwach auf den Beinen. Ich sah aus dem Fenster und blickte über die Dächer einer Stadt, die ich nicht kannte. Ich sah viele Bäume. Und der Himmel war strahlend blau. Ein herrlicher Tag.

Ich sah mich im Zimmer nach einem Telefon um, fand aber keines. Ich nahm mir vor, nachher zu fragen, damit ich meine Familie anrufen konnte. Doch dann merkte ich, wie mir schwindelig wurde. Anscheinend hatte ich lange gelegen. Darum legte ich mich wieder ins Bett und dämmerte weg.

Als ich erneut aufwachte, war es Nacht. Das Fenster stand noch offen. Die Luft war mild und angenehm. Ich stand auf und ging auf den Krankenhausflur. Er war sauber und in einem beruhigenden Halbdunkel. Ich ging zum Büro. Doch die Nachtschwester schien gerade nicht da zu sein. Darum legte ich mich wieder ins Bett und schlief.

Der nächste Tag begrüßte mich erneut mit strahlendem Sonnenschein. Ich erwachte und fühlte mich stark und ausgeruht. Neben dem Bett stand ein Krug Wasser. Es war erfrischend. Dann ging auch schon die Tür auf und der Arzt kam herein. Er wirkte etwas gestresst, lächelte mich aber freundlich und nett an.

„Es ist schön, dass es Ihnen besser geht, Frau Albrecht“, sagte er. „Sie hatten ein Aneurysma im Kopf, das Ihnen geplatzt ist. Es war sehr knapp, wissen Sie. Doch alle Untersuchungen zeigen, dass es ausgestanden ist. Es besteht keine Gefahr mehr. Sie lagen einige Zeit im Koma. Doch jetzt ist alles gut. Es ist vorüber. Und schauen Sie, was für ein wundervoller Tag ist.“

Ich war verwirrt, aber die Diagnose erklärte meine Kopfschmerzen. Ich fragte den Arzt nach meiner Familie. Er lächelte mich an und sagte, ich könne gleich mit den Schwestern ins Schwesternzimmer gehen und sie anrufen. Ich fühlte mich beruhigt.

Zuhause nahm keiner ab. Vermutlich war Hendrik auf Arbeit und die Kinder in der Schule. Ich nahm mir vor, später noch einmal anzurufen.

„Es soll schön warm werden“, sagte mir die Krankenschwester lächelnd. Ich holte mir einen Cappuccino aus dem Automaten, setzte mich im Aufenthaltsraum auf den Balkon und genoss die Sonne. Es war tatsächlich schön angenehm sommerlich. Auch abends erreichte ich meine Familie nicht. Ich machte mir Sorgen. Im Schwesternzimmer sagte man mir, dass sie immer mal wieder versuchen würden, meinen Mann zu erreichen.

Ich wischte meine Sorgen beiseite und schlief tief und fest. Anscheinend brauchte mein Körper den Schlaf. Mir fiel ein, bevor ich einschlief, dass ich nicht gefragt hatte, wo ich überhaupt war. Seltsam. So etwas fragt man doch als erstes.

Am nächsten Morgen wirkte die Krankenschwester etwas gehetzt. „Es ist viel los heute.“ Sie lächelte entschuldigend. „Ich habe Ihre Familie nicht erreicht. Wir versuchen es weiter. Aber es sind auch Ferien. Vielleicht liegt es daran? Öffnen Sie heute besser nicht das Fenster. Wir haben draußen 28 Grad. Das ist zwar noch angenehm, aber hier drin ist es etwas kühler.“

„Bin ich in Flensburg?“, fragte ich. Flensburg war die nächstgrößere Stadt von meinem Zuhause aus. „Ja“, lächelte die Schwester, „Universitätsklinik.“ Es piepte. Sie sah auf ihr Handy. „Ein Notfall.“ Sie verließ eilig das Zimmer.

Ich machte nachdenklich einen Spaziergang durch den Park. Man spürte die Hitze, doch es war noch angenehm. Ich fragte mich, warum ich keinerlei Karten, Blumen oder Nachrichten von meiner Familie auf dem Nachttisch hatte, warum man sie nicht erreichte. Ob irgendetwas passiert war. Mit mir war nur ein alter Herr im Park. Er hatte den Blick gesenkt und führte an einem Ständer einen Tropf mit sich. Da er nicht so aussah, als wolle er sprechen, ließ ich ihn in Ruhe.

Die Nacht verlief ereignislos und der nächste Tag begann mit der kühlen Morgendämmerung. Ich öffnete das Fenster und lüftete durch. Als die Sonne aufging, spürte ich ihre Hitze. Das würde ein heißer Tag werden. Ich schloss das Fenster und zog die Gardinen vor, als eine Krankenschwester das Zimmer betrat.

Sie sah gestresst aus. Ich fragte sie, wie lange ich noch bleiben müsste. Sie sah mich an und lächelte. „Aber sie müssen nicht bleiben. Gehen Sie nur.“ Ihre Antwort verwirrte mich. „Was bedeutet das?“, fragte ich sie.

„Nun, sie können bleiben, wenn Sie möchten, aber sie können natürlich auch gehen. Es ist ein schöner Ort hier. Nehmen Sie sich ein Zimmer“, die Krankenschwester sah mich warmherzig und freundlich an.

In mir breitete sich aber eine Unruhe aus. „Das verstehe ich nicht. Konnten Sie meine Familie erreichen?“

„Nein, bisher nicht. Sie können versuchen, sich ein Taxi zu nehmen und hinzufahren. Ich würde Ihnen aber raten hierzubleiben. Es soll heute 35 Grad werden. Und Sie sind noch sehr schwach.“

In mir stieg Angst auf. So ein diffuses Bedrohungsgefühl. Was sie sagte, war nicht normal. Ich konnte gehen? Seit wann? Warum war ich denn dann noch hier?

Die Krankenschwester schien meine Angst zu spüren. Sie streichelte mir beruhigend über den Arm. „Entscheiden Sie in Ruhe. Gehen Sie und erkunden Sie den Ort. Sie müssen nichts übers Knie brechen. Aber nehmen Sie etwas zu trinken mit.“

Ich zog mich an. Im Schrank war auch mein Rucksack und mein Portemonnaie. Mein Handy war nicht da. Wahrscheinlich hatte man in der Firma vergessen, es dem Notarzt mitzugeben. Ich holte mir eine Flasche Wasser aus dem Automaten und erkundete den Ort. Es war eine schöne Kleinstadt. Viele gepflegte, alte Häuser und viel Grün. Ich fand eine Telefonzelle und rief alle Nummern an, die ich kannte. Es nahm niemand ab. Die Situation war irreal und skurril. Ich fühlte mich bedroht, isoliert, als ginge etwas vor sich, das ich nicht verstand. Die Hitze tat ihr Übriges. Die Sonne brannte vom Himmel und so ging ich nach einigen Stunden wieder ins Krankenhaus zurück. Die Schwestern empfingen mich freundlich und bald gab es dann Abendbrot. Doch mein Kopf kreiste. Was geschah hier? Grübelnd schlief ich ein.

Die Krankenschwester weckte mich am nächsten Tag. Sie sah sorgenvoll aus. „Guten Morgen, Frau Albrecht. Wir konnten Ihre Familie leider nicht erreichen. Es soll heute noch heißer werden. Knapp an die 40 Grad. Bitte bleiben Sie im Haus. Gehen Sie nur raus, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Und lassen Sie die Gardinen geschlossen. “

„Was geht denn hier vor?“, fragte ich. „Warum erreiche ich niemanden? Warum bin ich in einer fremden Stadt? Ich habe keinen Fernseher hier und auch kein Telefon. Niemand besucht mich. Was ist denn bloß los?“

„Wir können Ihnen nachher gerne einen Fernseher bringen, Frau Albrecht“, lächelte die Krankenschwester. „Alles Andere fragen Sie bitte den Arzt.“

„Wann sehe ich ihn denn das nächste Mal?“, wollte ich wissen.

„Heute ist Visite. Doch aufgrund der Hitzewelle gibt es viele Notfälle. Da es Ihnen schon wieder verhältnismäßig gut geht, kann es etwas dauern, bis der Arzt kommt. Aber Sie können auch jederzeit im Schwesternzimmer vorbeikommen.“

Ich war unruhig und rastlos. Doch als ich auf den Balkon ging, schlug mir die Hitze entgegen wie eine Wand. Darum beschloss ich, im Zimmer zu bleiben. Dort war es kühler. Aus dem Schwesternzimmer hatte ich mir ein Buch besorgt. Irgendeine Liebesschnulze. Ich legte mich aufs Bett und schmökerte. Man spürte, wie heiß es draußen war, denn obwohl die Gardinen und das Fenster geschlossen waren, war es doch warm im Zimmer. Die Krankenschwester, die immer mal wieder nach mir schaute, ächzte auch unter der Hitze. „Und es soll noch so weitergehen“, orakelte sie.

Die Nacht brachte keine Abkühlung. Es war eine dieser Tropennächte, bei denen man kaum schlafen kann. Es war warm draußen. Man hatte das Gefühl, in einem und um einen herum war alles unruhig, hektisch und aggressiv. Irgendwann nickte ich dann aber ein.

Der Morgen dämmerte wieder heiß heran. Ich nahm mir vor, heute ein Taxi nach Hause zu nehmen. Oder zum nächsten Bahnhof. Ich wollte wissen, was Zuhause los war. Ich packte meinen Rucksack und ging. Die Krankenschwestern verabschiedeten mich freundlich. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich dort eher in einem Hotel als in einem Krankenhaus gewesen. Keine Untersuchungen, keine ausführlichen Arztberichte. Selbst, wie lange ich im Koma lag, musste ich selbst erfragen. Es war alles insgesamt ziemlich merkwürdig und ich war froh, raus zu sein, und freute mich auf mein Zuhause.

Die Hitze war brutal. Hochsommer. Knapp 40 Grad. Der Weg zum Taxistand war weit, da eine Baustelle auf der Zufahrtsstraße zum Krankenhaus war. Es war niemand auf den Straßen zu sehen. Kein Wunder bei der Temperatur. Ich fand ein Taxi und stieg ein.

„Ich kann Sie zum Bahnhof bringen, aber es fahren keine Züge. Gestern hat dort die Oberleitung gebrannt. Die Hitze, wissen Sie.“ Der Taxifahrer nickte bedächtig.

„Dann fahren Sie mich nach Niebüll“, sagte ich. Ich war am Ende meiner Geduld und wollte hier nur weg.

„Wollen Sie das wirklich?“, fragte der Taxifahrer. In mir stieg wieder so eine bohrende Angst hoch.

„Warum sollte ich das nicht wollen?“, fragte ich und hatte Angst vor der Antwort. Der Taxifahrer schaltete das Radio an. „… nicht das Haus zu verlassen…“, sagte der Moderator gerade. „Es könnte der heißeste Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden und es besteht ein hohes Risiko für Kreislauferkrankungen. Trinken Sie genug, halten Sie die Fenster geschlossen und ziehen Sie die Gardinen vor! Vermeiden Sie das Autofahren! Die Hitze könnte Motorprobleme verursachen und auch der Asphalt wird weich. Die Hitzewelle hat die Region fest im Griff. Bleiben Sie dran. Hier geht es weiter mit Bananarama und Cruel Summer.“

„Ich fahre keine unnötigen Strecken, wenn ich nicht muss. Gehen Sie am besten in die Klinik zurück und warten Sie einige Tage, bis es wieder kühler wird. Dort haben Sie alles.“

Wieder in die Klinik zurück? Ich wog die Argumente ab und kam zu dem Ergebnis, dass er Recht hatte. Vielleicht war es wirklich das Beste. Mir war klar, dass ich mich in einer außergewöhnlichen Situation befand, und ging zurück ins Krankenhaus. Man empfing mich dort gewohnt freundlich, und auch mein Zimmer war noch frei. Ich legte mich wieder ins Bett, fand jedoch keine Ruhe. Ängste, Gedanken und Zweifel nagten an mir und ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Ich befand mich eindeutig in einer Ausnahmesituation.

„Bitte vermeiden Sie es zu duschen, wenn Sie können. Die Stadtverwaltung hat uns informiert, dass Wasser gespart werden sol.“, lächelte die Krankenschwester. Noch eine Hiobsbotschaft. Ich hatte das Gefühl, mein ganzer Körper klebte. Es war schwül im Zimmer.

Die Nacht brachte keine Abkühlung. Die Hitze staute sich in der Stadt. ich wälzte mich unruhig im Bett umher. Dass es morgen wieder heiß oder noch heißer werden sollte, stresste mich. Ich fand keinen Schlaf, und am nächsten Morgen stieg ab 10 Uhr auch die Temperatur in meinem Zimmer. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und ging runter in die Lobby. Dort war es nur unmerklich kühler, doch die paar Grad reichten, um es angenehm zu finden. Die Schwestern und Pfleger brachten nach und nach auch einige Patienten herunter, denn anscheinend schien es in den oberen Stockwerken nur schwer auszuhalten zu sein. Jeder ächzte und stöhnte unter der Hitze.

Ich blieb die ganze Nacht in der Lobby und fand nur wenig unruhigen Schlaf. Ich war müde und ausgelaugt, als der nächste Tag mit einem wolkenlosen Himmel anbrach. Es drohte eine erneute Hitzeschlacht. Ich fragte mich, wie es meiner Familie ging. Vermutlich waren sie bei meinen Eltern am Meer. Das Beste, was sie bei der Hitze tun konnten. Die Temperatur draußen musste mittlerweile brutal sein. Es wurde gegen Vormittag heiß in der Lobby. Streckenweise fiel der Strom aus. Gab es nicht sowas wie eine Höchsttemperatur, über die hinaus es nicht heißer werden konnte? Vermutlich waren wir von der aber noch weit entfernt. „43,6 Grad“, sagte ein Pfleger. Ächzen und Murmeln waren zu hören. „So heiß wie nie zuvor.“

Man evakuierte die Schwachen und Alten in den Keller. Da ich Erfahrung in der Pflege hatte, bot ich meine Hilfe an und kam so in den Genuss von 29,8 Grad im Keller des Krankenhauses. Im Vergleich zur Lobby geradezu paradiesisch. Den Patienten ging es nicht gut. Viele litten an der Hitze und unter Kreislaufproblemen. Immer wieder fiel der Strom aus. Die Klinikleitung untersagte es Mitarbeitern und Patienten, tagsüber das Gebäude zu verlassen. Eine Krisenstimmung machte sich breit.

Auch die nächsten Tage brachten keine Linderung. Es wurde stetig heißer.

Dann spitzte sich die Lage noch zu. Der Strom fiel ganz aus. Einige Angestellte sagten, es wären Brände in der Stadt ausgebrochen. Wir hatten zwar Notstrom, doch die erbarmungslose Hitze kroch durch alle Spalten und Ritzen.

„Vielleicht kommt jemand und evakuiert uns“, sagte eine Krankenschwester.

„Wohin denn? Ganz Deutschland verbrennt grade. Niemand kommt. Im Radio sagen sie, dass die Straßen nicht befahrbar sind und die Lage aufgrund der Brände zu gefährlich ist. Wir sind auf uns gestellt“, antwortete ein Pfleger.

„Das macht mir Angst“, antwortete die Krankenschwester.

Angst hatten wir alle.

„Ich werde in der Nacht gehen. Ins alte Bergwerk. Dort wurde doch damals der Bunker gebaut. Dort wird es kühler sein“, sagte der Pfleger.

Ich überlegte kurz. „Ich komme mit“, sagte ich. Der Pfleger nickte.

Als die Nacht hereinbrach, verließen wir das Krankenhaus. Die Hitze schlug uns entgegen. Die Nacht machte es nicht erträglicher. Es waren sicher noch über 30 Grad. Unsere Schuhe hinterließen Abdrücke im Asphalt. Wir hatten einige Flaschen Wasser dabei und liefen auf dem Grünstreifen neben der Straße. Mit uns kamen einige andere Menschen. Es roch verbrannt und in der Nähe flackerten einige Feuer. Keine Straßenbeleuchtung war an. Der Mond schenkte uns jedoch Licht.

„Es sind drei Tagesmärsche“, sagte der Pfleger. „Wir gehen nachts und werden tagsüber irgendwo rasten.“

Wir hatten Durst, doch wir mussten das Wasser rationieren. Unter unseren Füßen raschelte Laub. Die Bäume starben unter der Hitze. Sie waren sie nicht gewöhnt.

Wir verließen die Stadt, und als wir uns umdrehten, sahen wir, wie einzelne Häuser in Flammen standen. Doch keine Sirene war zu hören. Alles war still.

Wir hasteten weiter, bis der Morgen dämmerte, und fanden Unterschlupf in der Turnhalle einer Schule. Dort konnten wir unsere Wasserflaschen auffüllen und legten uns auf den Turnmatten schlafen. Die Hitze kroch auch dort hinein, doch zumindest waren wir vor der Sonne geschützt. Es musste draußen noch heißer gewesen sein als zuvor schon, denn es war unerträglich schwül in der Halle. Einige Menschen weinten.

Während das Land draußen unter der erbarmungslosen Sonne ächzte, legte ich mich hin. Ich fiel in einen erschöpften Schlaf, der meine Kraftreserven aber nicht auffüllte. Als die Sonne unterging, zogen wir weiter durch eine Hitze, die kaum mehr auszuhalten war. Einige Felder und Wälder in der Ferne standen in Flammen. Dies musste eine Naturkatastrophe sein, wie es sie noch nicht gegeben hatte. Irgendwas musste geschehen sein. Keiner von uns wusste etwas.

Wir alle waren kraftlos und ausgelaugt, doch wir wollten keine Pause machen, denn wir wussten, wenn wir nicht vorankamen, waren wir verloren. Wenn der Tag käme und wir draußen wären, wäre das unser Ende.

Der Morgen kam und vor uns lag ein brennendes Dorf. Es stand komplett in Flammen. Ein apokalyptisches Bild, das uns alle entsetzte und uns in aller Dramatik aufzeigte, wie schlimm unsere Situation war. Die Luft stank nach Qualm. Doch das Schlimmste war, dass man keine Menschen sah oder hörte. Keine Tiere. Unser Wasser ging zur Neige. Wir kamen an einen ausgetrockneten Bach und gruben ein Loch mit unseren Händen, um unsere Flaschen mit Grundwasser zu füllen. Da wir im Dorf keine Zuflucht fanden, suchten wir Schutz unter einer Autobahnbrücke und kauerten uns in den Schatten.

Die Sonne ging erbarmungslos über einem ausgedörrten und verbrannten Land auf. Die Bäume hatten alle Blätter abgeworfen. Das Gras war braun und strohig. Rauchschwaden hingen in der Luft und waberten wie ein Nebel übers Land. Keine Wolke war am Himmel. Eine junge Frau ging weinend mitten hinein in den glühenden Tag. Keiner hielt sie auf.

Wir hielten den Tag irgendwie aus. Auch im Schatten war es mörderisch. Ich musste mich überwinden, Tagebuch zu schreiben. Doch ich hatte das Gefühl, das war das einzige, was mich davon abhielt, verrückt zu werden. Als die Sonne unterging, machten wir uns auf den Weg. Einige Menschen waren zu erschöpft und blieben. Wir ließen sie zurück. Der Durst quälte uns. Wir fanden kein Wasser. In einem ausgebrannten Supermarkt nahmen wir einige Sprudelflaschen mit und hasteten so schnell wir konnten durch die Nacht.

Der Pfleger, Dirk, sagte, wir sollten bis zum Morgengrauen das Bergwerk erreichen. Wir fühlten uns erleichtert. Feuerschein erhellte unseren Weg. Das Land brannte. Als der Morgen graute, erreichten wir einige Hügel. Beißender Rauch stieg uns in die Nase. Der Wald auf den Hügeln schwelte ,und als wir die Bunkertür erreichten, quoll Rauch heraus. Verzweiflung ergriff uns. „Dann gehen wir ins Bergwerk“, sagte Dirk. Die Sonne ging schon auf, als wir den Stollen erreichten. Die Eisentür, die ihn verschloss, konnten wir aufbrechen. Drinnen war es stockfinster und kühl. Wir atmeten erleichtert auf. Wir fanden auch Wasser etwas tiefer im Berg. Wir mussten uns vorantasten, denn wir hatten weder Taschenlampen noch Lichter. Feuer machen konnten wir auch nicht. Doch hier waren wir vorerst vor der Hitze sicher.

Wir tranken, wuschen uns und fielen in einen tiefen, erschöpfen Schlaf, nahe der Tür. Es drangen einige Sonnenstrahlen herein und so konnte man im Halbdunkel sehen. Als ich aufwachte, war es Nacht. Ich hatte Hunger. Dirk saß neben der Tür. Durch die Ritzen fiel rötliches Licht.

„Schau raus“, sagte er. Ich schaute durch eine Ritze und sah nur Feuer. „Alles steht in Flammen.“

Ich war geschockt. Die Erkenntnis traf mich unvorbereitet. Meine Familie. Was war mit ihnen? Es musste unzählige Opfer geben.

„Es wird immer und immer heißer“, murmelte Dirk.

„Vielleicht ist etwas mit der Sonne?“, spekulierte ich. Dirk zuckte mit den Schultern. „Wir müssen etwas zu Essen finden“, sagte er. „Vielleicht gibt es Fische im See unten im Berg.“

„Und wenn nicht?“, fragte ich. Dirk zuckte wieder die Schultern. Ich ahnte die Antwort.

„Ich hoffe, in einigen Tagen, normalisiert sich alles“, sagte ich. Wir wussten beide, dass es nicht so kommen würde.

Der nächste Tag dämmerte und ich wurde wach, weil ich schwitzte. Dirk rüttelte mich an der Schulter. „Komm, wir müssen tiefer in den Berg“, sagte er. Ich war verwirrt, Dirk zeigte auf die Tür. Sie glühte leicht und strahlte eine ungeheure Hitze ab. Die Sonne begann die Eisentür zu schmelzen. Wir zogen uns in den Berg zurück. Dirk brachte mir später Fleisch. „Iss, damit du bei Kräften bleibst.“ Es war roh und schmeckte süßlich. Ich fragte nicht, woher es kam. „Vielleicht können wir es nahe der Tür etwas garen“, sagte ich. Dirk nickte.

Einige Tage ging alles gut, auch wenn die Hitze nahe der Tür spürbar war. Doch dann schmolz die Tür und der Tag loderte apokalyptisch ins Bergwerk. Hastig zogen wir uns weiter in den Berg zurück, wo es noch kühl war, doch wir ahnten, dass uns die Hitze einholen würde. Wir waren gefangen.

„Vor zwei Wochen war die Welt noch in Ordnung. Ich hatte einen guten Job, eine Familie. Es war Frühling. Dann wurde ich krank und wachte im Krankenhaus auf und jetzt…“, sagte ich.

Dirk schwieg einen Moment.

„Ich wachte auch in dem Krankenhaus im Winter auf“, sagte er. „Es fühlt sich an, als wäre es Jahre her. Ich lebte vorher in Bayern und war Informatiker. Ich litt unter einer schweren Depression und machte mich auf zum Bahndamm. Ich weiß noch, dass ein Licht rasend schnell näher kam, dann tat es einen fürchterlichen Schlag und ich wachte im Krankenhaus auf. “

Grauen kroch in mir hoch.

„Ich erreichte niemanden aus meiner Familie, aber es gab auch niemanden, der auf mich wartete. Also blieb ich in der Klinik und begann den Schwestern zu helfen“, erzählte er weiter. „Zuerst fiel noch Schnee und es war kalt, doch es wurde Tag für Tag immer wärmer. Als Du ankamst, kam gerade der Sommer. Ich war dabei, als du eingeliefert wurdest.“

Ich schluckte. „Was haben sie gesagt?“

„Willst du es wirklich wissen?“, fragte Dirk.

„Sag es mir!“ Ich ahnte die Antwort. Angst schüttelte mich.

Dirk flüsterte: „Aneurysma, sagte der Arzt. Sie hätte es beinahe geschafft.

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag. Panik stieg in mir auf. Darum erreichte ich Zuhause niemanden. Darum sagte mir niemand, wo ich war. Darum all das hier.

„Du weißt, was das bedeutet?“ fragte Dirk.

„Ja.“ Mein Hals war trocken vor Entsetzen. „Es ist keine Naturkatastrophe. Sie heizen die Hölle für uns auf.“

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