
Unsere (Alb)traumwohnung
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Es sollte der perfekte Neuanfang werden.
Eine absolute Traumhochzeit als Startschuss für ein neues Leben und eine gemeinsame Zukunft.
Zusammengefasst ein ziemlich großer und rascher Schritt, der auf fast all unsere Freunde und beinahe unsere gesamte Familie übereilt und unüberlegt, geradezu blauäugig wirkte.
Aber wir waren uns so sicher, dass uns niemand aufhalten konnte.
Das unser Schritt Risiken barg war klar.
Aber trotzdem wollten wir unbedingt noch am selben Tag in die neue Wohnung ziehen an dem unsere Trauung stattfand. Quasi um unsere Flitterwochen gleich in der neuen Wohnung und einer neuen Stadt zu verbringen. In unserer Vorstellung sollte so der Rest unseres Lebens wie ewige Flitterwochen sein.
Das dieser romantischen Traumvorstellung ein wahrer Albtraum einen Strich durch die Rechnung machen sollte konnte ja keiner ahnen.
Wir hatten uns die Wohnung nur einmal vorher angesehen und uns gleich ganz und gar verliebt. Sie war möbliert zu übernehmen, was für die Gegend und diese Preisklasse nicht ungewöhnlich war. Noch so ein Punkt der unseren Bekannten spanisch vorkam.
Aber wir waren wie geblendet.
Die Gegend war uns noch fremd, aber die Stadt ging uns seit unserem ersten Besuch nicht mehr aus dem Kopf.
Mitten in der malerischen Altstadt lag unser Apartment.
Das ganze Dachgeschoss mit einer riesigen Dachterrasse konnten wir von nun an unser Zuhause nennen. Es thronte über der Stadt und stellte alles in den Schatten.
Wie unheilvoll dieser Schatten sein konnte war für uns absolut nicht vorher zu sehen. Zum Zeitpunkt unserer Hochzeit jedenfalls nicht. Unsere Erwartungen waren durch unsere rosarote Brille groß und in unserer Vorstellung eindeutig nicht nicht zu Erfüllen.
Nach unserer Hochzeit in einer bezaubernden in eben jener neuen Wahlheimat, die besser nicht hätte verlaufen können, und einer ebenso schönen Feier mit all unseren Gästen betraten wir unsere neue Wohnung.
Wir waren überglücklich. Zumindest für die ersten Stunden.
Unser Kätzchen Lou machte sich gleich auf die Räumlichkeiten zu erkunden.
Ganz klischeehaft machte unser Stubentiger uns auf erste Auffälligkeiten aufmerksam.
Lou lebte seit zwei Jahren bei uns und war eine ruhige und friedliche kleine Felidae. Er schnurrte rund um die Uhr und war total verschmust.
In der ersten Nacht fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf aus welchem mich mein Kätzchen mit einem Sprung auf meine Seite des Ehebettes erweckte.
Ich kraulte ihn sanft hinterm Ohr und bemerkte, dass er ungewöhnlich steif sitzen blieb.
Erst jetzt öffnete ich die Augen. Lou saß von mir abgewandt und starrte auf unseren Wandschrank an der gegenüberliegenden Wand des Schlafzimmers. Ich sprach ihn an, aber er reagierte kaum auf meine Worte und er schnurrte auch nicht mehr wie sonst wenn ich mit ihm schmuste. Er lenkte seinen Blick nicht vom Schrank.
Naiv und leichtgläubig dachte ich mir nichts dabei.
Mein Gatte schlief noch neben mir.
Ich ging in die großzügige Küche mit einer geräumigen Kücheninsel und schaltete die Kaffeemaschine ein. Der Vollautomat brummte angenehm und weckte meinen Mann.
Schlaftrunken kam er zu mir in die Küche.
„Guten Morgen.“ begrüßte er mich verschlafen. „Morgen“ antwortete ich und er schlang von hinten seine Arme um mich.
Kurz darauf saßen wir gemütlich am Mahagoni-Küchentisch und tranken gemütlich unseren Kaffee. Die Morgensonne schien malerisch durch die großen Fensterfronten.
Wir machten Pläne für den Tag und entschieden uns für einen ausgedehnten Shoppingtrip.
Gegen 9 Uhr am Morgen verließen wir die Wohnung um möglichst viel vom anstehenden Tag zu haben.
Im Treppenhaus trafen wir auf unseren neuen Nachbarn. Ein Mann mittleren Alters begrüßte uns mit einem skeptischen Blick und einem kryptischen und abschätzigen Kommentar. „Geschmacklos in diese Wohnung zu ziehen…Kranke Leute gibt`s…“.
Ich registrierte den halb-geflüsterten Satz, machte mir aber keine allzu großen Gedanken darum. Ich wollte mir die Laune nicht durch unsympathische Spinner-Nachbarn vermiesen lassen.
Mein Ehemann war anscheinend anderer Meinung und ich sah im Augenwinkel wie er sich dem Mann zuwandte. Ich ergriff seinen Arm und er verstand den Wink.
Wir gingen einfach weiter und setzten unseren Weg fort.
Wir hatten einen tollen Tag und fanden etliche tolle Kleidungsstücke die uns sofort gefielen in zahlreichen Boutiquen und vor allem in süßen, verwunschenen Second-Hand-Shops. Vintage-Mode war wie so vieles ein gemeinsames Interesse von uns beiden.
Nach einem anschließenden Besuch auf dem Wochenmarkt begaben wir uns auf den Heimweg um unsere Küche, abgesehen vom obligatorischen Morgenkaffee so richtig einzuweihen.
Im Apartment angekommen machten wir uns gemeinsam an die Zubereitung eines unserer gemeinsamen Lieblingsgerichte.
Es hätte ein perfekter Abschluss für den ersten Tag unserer Ehe werden sollen.
Stattdessen wurde es ein Tagesabschluss voller dunkler Vorboten einer noch düsteren Wahrheit.
Nachdem wir unser Gemüse geschnitten und gewürzt in den Ofen geschoben hatten erregte Lou wieder unsere Aufmerksamkeit. Er tigerte durch die Wohnung und maunzte ohne Pause. Er wirkte nervös und wollte partout dass wir Ihn beachteten. Wir waren etwas genervt vom Miauen unseres Kätzchens, wandten uns ihm aber trotzdem zu.
„Was willst du denn von uns, Lou?“ fragte mein Gatte während er die Katze auf den Arm nahm. Lou wandte sich in seinem Griff. „Was ist denn? Was ist los?“ fragte mein Mann irritiert. Lou sprang vom Arm meines Angetrauten, lief in unser Schlafzimmer und begann an der Tür des Wandschrankes zu kratzen.
„Da war er heute Morgen schon ganz scharf drauf“ sagte ich.
Wir beobachteten Lou. Ich öffnete den Schrank. Den Schlüssel für selbigen hatte ich bei der Wohnungsbesichtigung beim Begutachten der Möbel hinter einem Nachttischchen liegend gefunden. Er konnte nur für den Wandschrank sein. Sonst gab es bis auf die Wohnungstür und den Briefkasten kein anderes Schloß das zur Wohnung gehörte.
Als ich den Schlüssel im antik anmutenden Schlüsselloch drehte knackte und knarzte der Mechanismus schwerfällig. Kurz dachte ich sogar der Schlüssel wäre abgebrochen. Schließlich öffnete sich die Tür mit einem unheimlichen Quietschen und gab den Blick frei auf Dinge die wir zum ersten Mal in der Wohnung erblickten und denen wir auch zum ersten Mal Beachtung schenkten.
In dem Kabuff lagerten verschiedene Gegenstände. Ein zusammengerollter roter Perserteppich lehnte gegen die Rückwand zwischen Stapeln alter Zeitungen und Alben. Gegen die Wand lehnte mit dem Motiv nach unten ein Gemälde. Als ich die Hand nach dem Bild ausstreckte, begann Lou wie verrückt zu fauchen und bedrohlich zu knurren.
Wie hypnotisiert fühlte ich mich plötzlich von dem Kunstwerk angezogen.
Unter Protest unserer Katze, die von meinem Mann festgehalten wurde, drehte ich das Bild um und sah eigentlich nichts besonderes. Etwas enttäuscht senkte ich ruckartig die Schultern und atmete hörbar aus. Das scheinbare Ölgemälde zeigte eine junge Frau in einem etwas altmodischen und doch zugleich aufreizendem Kleid die auf einem schwarzen Ledersofa saß. Nichts besonderes. Ein gängiges Motiv.
Ich setzte mich auf dem Boden vor dem Wandschrank und betrachtete das Werk mit etwas mehr Abstand. Ich legte den Kopf schief und realisierte, dass es sich um dasselbe Sofa handelte, wie jenes, was etwas vom Zahn der Zeit gezeichnet in unserem Wohnzimmer stand.
„Wow…“ war der einzige Kommentar, der über meine Lippen kam.
Unser sonst so entspannter Kater benahm sich als sei er von allen guten Geistern verlassen. Er fauchte, knurrte bedrohlich und zappelte im Griff seines Herrchens.
Lou schien total fokussiert auf das Bild zu starren, aber er war auch zweifelsohne völlig verängstigt von Selbigem. Auch auf mich hatte das Porträt eine ganz seltsame Wirkung. Es verpasste mir eine unglaubliche Gänsehaut. Ich fühlte mich wie hypnotisiert von den unglaublichen smaragdgrünen Augen der wunderschönen Frau und fühlte mich, als würde sie direkt in meine Seele starren können.
„Oh Gott…“ meldete sich mein Mann zu Wort und weckte mich aus meiner Hypnose „…dieses Gemälde jagt mir eine scheiß Angst ein.“
„Ja mir auch. Wir gehen lieber wieder in die Küche.“ antwortete ich, aber wohl kaum in einem sehr überzeugenden Tonfall.
Wie betäubt legte ich das Bild zurück und schloss den Wandschrank. Langsam schien sich, als die Tür wieder klickend ins Schloß fiel, auch unser Kätzchen wieder zu beruhigen.
Wir kehrten wie in Trance wieder in die Küche zurück und widmeten uns wieder unserem Gericht. Auch Lou schien sich wieder zu entspannen und leistete uns in der Küche Gesellschaft.
Nach einem köstlichen Abendessen und dem Erledigen des lästigen Geschirrspülens legten wir uns zusammen auf die Couch und schalteten den Fernseher an. Nachdem wir etwas herum gezappt haben und uns nicht wirklich für etwas entscheiden konnten, landeten wir auf einem Nachrichten- und Dokumentationskanal auf dem gerade der Vorspann einer True-Crime-Dokuserie lief. Wir wollten schon fast weiterschalten als wir im Intro der Folge unsere neue Heimatstadt sahen. Das machte die Sache irgendwie interessant für uns und wir entschieden uns dafür uns die Folge anzusehen.
Zunächst wurde die Stadt die wir über alles liebten vorgestellt und die Biografie eines psychopathischen aber zugleich auch von einer tragischen Lebensgeschichte gezeichneten Mannes erläutert. Er war in derselben Stadt aufgewachsen in die wir heute erst gezogen waren. Er war wahnsinnig begabt im künstlerischen Bereich, vor allem im Zeichnen von Porträts.
Langsam bildete sich gefühlt ein faustdicker Kloß in meinem Hals und eine unheimliche Stimmung machte sich in meinem Magen breit.
Er hatte seine zahlreichen weiblichen Opfer zunächst gestalkt und Porträts von ihnen gezeichnet und ihnen diese quasi als geheime Androhung zukommen lassen. Im Anschluss hatte er die Frauen grausam ermordet. Ich erspare hier die hochgradig verstörenden Details. All das lag ca. dreißig Jahre zurück.
Die Dame auf dem Gemälde in unserem Schrank erinnerte mich vom Typ her sehr an die Opfer des Serienmörders und auch stilistisch waren sich die Werke auch wahnsinnig ähnlich.
Mein Gatte und ich sprachen kein Wort.
Zum Ende der Dokumentation hin wurde geschildert wie stark der Hype um den Schwerverbrecher während des von den Medien ständig beobachteten Prozesses war und wieviele, zumeist weibliche, Fans er hatte. Eine seiner fanatischsten Anhängerinnen hatte ihn später während er schon im Gefängnis saß geheiratet. Einige Jahre später verstarb der verurteilte Mörder nach langer Krankheit im Gefängnis.
Wie gebannt hatten mein Mann und ich die ganze Zeit auf den Fernseher gestarrt. Dann ertönte endlich das Outro und die Folge war beendet.
Ich war unglaublich angespannt, aber ich hatte immerhin festgestellt, dass die junge Frau auf unserem Porträt nicht als eines seiner Opfer gezeigt worden war. Das konnte mich trotzdem kaum richtig beruhigen und ich spürte, dass es meinem Angetrauten genauso ging.
Das war einfach zu viel Input für einen Tag. Mein Mann und ich fielen an diesem Abend ins Bett wie Steine. Ich schlief sofort ein und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Mitten in der Nacht wachte ich plötzlich auf und blickte erschrocken auf die Uhr. Mein Radiowecker zeigte 3:00 Uhr an.
Lautes Rumpeln hatte mich geweckt und nun erwachte auch mein Ehemann.
„Hörst du das auch?“ fragte ich, obwohl ich die Antwort schon kannte. „Ja…“ antwortete er flüsternd „…bleib du hier. Ich sehe mal nach.“ Ich wollte protestieren, aber ich hatte viel zu viel Angst.
Mein Mann stand auf und verließ das Schlafzimmer.
Plötzlich, gerade als mein Gatte aus meinem Blickfeld verschwunden war, hörte ich Gegenstände umfallen und dann folgte ein lauter Knall.
Ich bekam plötzlich die Panik meines Lebens und rannte im Zuge einer irrationalen Übersprungshandlung auf das Geräusch zu raus aus dem Schlafzimmer. Ich rannte zur Tür des Apartments, wo auch mein Mann schon über den Flur hingelangt war.
Wir standen dort völlig unter Schock und lauschten weiter auf Geräusche.
In dieser Sekunde sahen wir eine schwarz gekleidete und vermummte Gestalt aus unserem Wohnzimmer ins Schlafzimmer rannte.
Wir beobachteten dies, aber befanden uns nach wie vor in einer Art Schockstarre. Wir vernahmen wie die alte knarrende Tür des Wandschrankes geöffnet wurde, wir hatten den Schlüssel stecken lassen, und Gegenstände bewegt wurden.
Nachdem sich die Person vom Wandschrank abgewendet hatte wurde ein Fenster geöffnet und wir hörten wie jemand die metallene Feuertreppe herunterrannte.
Endlich konnten wir uns aus unserer lähmenden Starre lösen und liefen zurück in den Raum in dem der Einbrecher sich zuletzt befand. Die Person war nicht mehr zu sehen, wir konnten nur noch die Schritte auf der Feuertreppe hören.
Wir riefen sofort die Polizei, aber sie konnten nur noch unsere Aussagen aufnehmen. Wir stellten fest, dass nichts fehlte. Unser Geld, Schmuck und Wertsachen, all das war noch da. Nur das Bild aus dem Kabuff fehlte.
Als die Polizei fürs Erste fertig war und die Beamten wieder gingen war für uns an Schlaf nicht mehr zu denken.
Wir konnten nicht aufhören uns den Kopf darüber zu zerbrechen, weswegen jemand ausgerechnet dieses Porträt stehlen sollte. Außerdem ging uns diese verdammte Doku einfach nicht mehr aus dem Kopf. Wir fühlten uns irgendwie wie betäubt und begannen unseren Tag.
Die nächsten Stunden verliefen zum Glück ziemlich ereignislos, aber am Abend fühlten wir uns trotzdem total ausgelaugt und fielen wieder nur so ins Bett.
Mitten in der Stadt wurden wir von der Türklingel aus dem Schlaf gerissen.
Völlig verschlafen wankte mein Mann zur Tür und kam kurz darauf mit einer braunen Papiertüte in der Hand wieder zurück in unser Schlafzimmer.
„Da war niemand…“ erzählte er. „…Ich hab nur noch Schritte im Treppenhaus, aber ich wollte nicht hinterher rufen und die Nachbarn auch noch gleich mit aufwecken. Waren bestimmt nur ein paar nervige Kinder.“ „Ganz schön sportliche Kinder…“ warf ich ein „…rennen in den höchsten Stock nur für einen Klingelstreich…“
„Ja…“ stimmte mein Mann mir zu „…Sie haben nur diese Tüte hier gelassen.“
„Was ist drin?“ fragte ich.
Er kramte in der braunen Papiertüte und holte einen Pinsel heraus. Etwas verwirrt starrte ich auf den kleinen filigranen Gegenstand in der Hand meiner großen Liebe. Er schob nochmals seine Hand in die Tüte und holte einen alten vergilbten Zeitungsartikel, den jemand sorgfältig ausgeschnitten hat heraus.
Er blickte auf das Stück Papier und las.
„Es ist ein Artikel über den Typ aus der True-Crime-Doku. Über seine Hochzeit im Gefängnis. Mit einer gewissen Lina Martens.“
Irritiert und perplex versuchte ich das ganze zu Verarbeiten.
„Was hat das denn bitte mit uns zu tun?“ dachte ich laut nach.
„Keine Ahnung…“
Mein Ehemann legte die Sachen weg und kuschelte sich wieder neben mich ins Bett.
„Komm Schatz, lass uns schlafen.“ „Gute Nacht.“ antwortete ich nachdenklich.
Auf der einen Seite hätte ich am liebsten noch weiter über diese mysteriöse Botschaft oder was auch immer gesprochen, aber auf der anderen Seite wusste ich auch nicht wirklich, was ich sagen sollte. Ich fiel wieder in einen tiefen Schlaf.
Am nächsten Tag verließ mein Mann schon früh die Wohnung, um für uns etwas einkaufen zu gehen.
Ich konnte nachdem er aufgestanden war auch nicht mehr schlafen und setzte mich an den Laptop. Ursprünglich um ein paar E-Mails zu beantworten, aber irgendwie lies mich der Gedanke an den Besucher von letzter Nacht nicht los und ich entschloss mich den Serienmörder und seine Frau zu googeln.
Bei meiner Recherche stieß ich auf Bilder von der Frau des Schwerverbrechers.
Ungläubig starrte ich auf die Fotos im Internet.
Es war die Frau auf unserem Gemälde. Dem das aus unserem Wandschrank gestohlen wurde.
Ich sah wie gebannt auf das Bild vor mir, als mich die Klingel aus meinen Gedanken riss.
Ich ging zur Wohnungstür um sie zur öffnen und stand kurz darauf meinem Gatten gegenüber.
„Entschuldige…“ Er grinste verlegen. „…Die Tür unten war auf, aber ich hatte mich ausgeschlossen, als ich vorhin gegangen war.
Sein Grinsen verschwand aus seinem Gesicht, als er meinen immer noch erschrockenen und kreidebleichen Gesicht wahrnahm.
„He, was hast du?“
„Sieh dir das an“ sagte ich, als ich ihn ins Wohnzimmer an den Laptop zog. Er sah lange auf den Bildschirm.
„Ist das…“ „Ja“, unterbrach ich ihn. „Das ist die Frau vom Gemälde. Aus unserer Wohnung und in unserer Wohnung. Ich meine sie wurde porträtiert, hier in unserer Wohnung während sie auf unserem Sofa saß. Ich wurde immer lauter, aufgeregter und meine Stimme wurde immer schriller.
„Das ist echt gruselig“ sagte mein Mann zustimmend. „Hast du im Internet noch mehr über sie gefunden?“ fragte mein Mann weiter. Ich verneinte. Mir war die Lust auf dieses Thema weiter einzugehen eindeutig und gründlich vergangen.
Ich klappte den Laptop zu und versuchte mich den Rest des Tages von der ganzen Sache abzulenken und mich von dem Mist zu erholen.
Ich setzte mich aufs Bett, auf dem Bett konnte ich mich nicht mehr entspannen, und schmuste mit unserem Kater. Lou schnurrte und schmiegte sich an mich.
Ich versuchte wirklich nicht mehr an die gruseligen Ereignisse der letzten Tage zu denken, aber das gelang mir nur wenig.
Plötzlich erinnerte ich mich an den komischen Kommentar unseres Nachbarn an unserem ersten Morgen hier im Treppenhaus. Was hatte diese ganze Sache bloß mit unserer Wohnung zu tun. Hatte der Nachbar uns nur so diesen Kommentar hinterher geraunt oder hat das ganze vielleicht etwas mit den schaurigen Sachen zu tun, die uns passiert sind und von denen wir erfahren haben?
Langsam setzte sich das grausige Puzzle rund um unsere einstige Traumwohnung zusammen, aber es fehlten noch einige Teile um das Bild in seiner Gänze erkennen zu können.
Ich stand unter leichtem Protest von Lou auf. Ich verließ die Wohnung und klopfte im Treppenhaus an die Tür, aus der unser Nachbar Letztens herausgekommen war.
Ich hörte Schritte die sich der Tür näherten und mein Herz begann vor Nervosität immer schneller zu schlagen. Unser Nachbar öffnete die Tür und sah mich skeptisch an. Als er mich erkannte, verdrehte er die Augen.
„Was wollen sie?“ fragte er genervt und ablehnend.
„Hören sie…“ begann ich mich zu erklären „…Ich weiß nicht, was es mit dieser Wohnung auf sich hat. Wir dachten es sei ein ganz normales Apartment. Wir kenne auch kaum diese Stadt, aber es häufen sich seltsamen Vorfälle und ich habe im Fernsehen zufällig etwas über diesen Serienmörder aus dieser Stadt gesehen und wir haben in unserem Wandschrank ein Porträt gefunden, was mit dieser ganzen Sache in Verbindung stehen könnte und…“
Der Mann unterbrach mich „Ach, erzählen sie mir doch nichts. Jeder hat von dieser Scheiße gehört. Ich will nichts mehr davon hören. Ich habe die Schnauze gestrichen voll von den durchgedrehten, kranken Fans dieses Irren. Ich will einfach nur meine Ruhe haben. Ich war froh, als diese Gestörte endlich rausgeworfen wurde und dann ziehen sie ein…“
„Diese Gestörte?“ hakte ich nach.
„Ja, na seine Braut halt…“
„Sie hat hier gewohnt?!“
Er starrte mich irritiert und verständnislos an. „Ist das ihr Ernst? Sie Hatten wirklich keine Ahnung?“ „Nein. Wie gesagt…“ „Wow. Da haben sie sich ja wirklich top informiert.“ sagte er sarkastisch.
Nach einem weiteren Augenverdrehen erzählte er weiter. „Okay, also das werde ich ihnen jetzt einfach mal glauben. Die Frau die vor ihnen in dieser Wohnung lebte war mit diesem Serienmörder verheiratet und war wohl schon Jahre lang ein totales Fangirl dieses Mannes. Sie wusste genau, was er getan hatte, aber das spornte sie in ihrem Erstreben ihn zu heiraten nur noch mehr an. Sie wohnte hier in dem Apartment und besuchte den Typen ständig im Knast bis er draufging. In der letzten Zeit musste sie wohl ganz schön knapp bei Kasse gewesen sein und wurde kürzlich zwangsgeräumt.“
„Oh mein Gott…“ kommentierte ich geschockt. In meinem Kopf fügten sich immer mehr Teile zu einem erschreckenden Bild zusammen. Auch wenn ich am liebsten gar nichts mehr gehört hätte, sprach ich weiter. „Wir haben in einem Schrank einige Sachen gefunden…“ berichtete ich ihm. „…Alben, Zeitungen, einen alten Teppich und ein Gemälde.“
„Haben sie die Sachen näher betrachtet?“ fragte der Mann.
„Nein…das heißt doch, aber nur das Gemälde. Sie war drauf, also diese Frau. Ich habe vorhin Bilder von ihr im Internet gesehen…“
„Kann sein, dass er es vielleicht im Knast von ihr gemacht hat. Mit einem Foto von ihr oder so. Und der Rest war vielleicht sein Scheiß. Davon müssen sie der Polizei unbedingt berichten. Es kam vielleicht in der Doku nicht vor, aber damals ging durch die Presse, dass er wohl zahlreiche Fotos von seinen Opfern aufgenommen hat, während er sie gestalkt hatte, aber diese wurden nie gefunden. Die hatte sie wahrscheinlich zwischendurch sonst wo versteckt. Und dasselbe mit dem Teppich. Der war wohl so eine Art Souvenir den er vom Tatort einer seiner letzten Morde entwendet hatte.“
„Das wird wohl dieser Teppich gewesen sein. Wenn ausgerechnet der noch als einziges da in diesem Versteck war.“ Schlussfolgerte ich.
„Melden sie das am besten wirklich schnellstmöglich der Polizei“ riet er mir.
Damit war unser Gespräch beendet. Ich hatte von dem nächtlichen Einbruch und Diebstahl sowie von der geheimnisvollen Papiertüte gar nichts mehr erwähnt. Das war alles einfach viel zu viel für mich.
Wieder in unserer Wohnung, in der ich mich zunehmend unwohler fühlte, erzählte ich meinem Ehemann von den neu gewonnen Informationen, die ich erhalten hatte.
Wir beschlossen die Entscheidung, was wir als nächstes tun sollten, auf morgen zu vertagen. Ein Tag mehr oder weniger, würde schon keinen so großen Unterschied machen, entschlossen wir. Diesen Entschluss sollten wir noch bitter bereuen und mit einer traumatischen Nacht bezahlen.
Wir gingen zum wiederholten Male früh zu Bett.
Mitten in der Nacht schreckten wir aus dem Schlaf hoch. Das alte Türschloss in der Wohnungstür klapperte laut und es wurde heftig an der Tür gerüttelt. Plötzlich hörte man ein lautes Krachen und die Tür wurde aufgestoßen und schwang mit Gewalt auf.
Ich fühlte mich sofort in die erste Nacht in der Wohnung zurückversetzt.
Mein Mann und ich rannten in den Flur und standen plötzlich einer uns von Fotos nur allzu bekannten Frau gegenüber.
Vor uns stand mit einem irren Grinsen und zwei großen als Geschenk verpackten Paketen unterm Arm Lina Martens gegenüber.
Die Witwe des Serienmörders fing an zu lachen und begann zu sprechen: “ Na endlich stehen wir uns mal richtig gegenüber. Darauf habe ich ja auch lange genug gewartet. Hier…“ sagte sie und hielt uns die beiden Päckchen hin. „Packt aus. Es ist unhöflich Geschenke nicht anzunehmen.“
Sie zog jetzt eine Waffe und wir wussten mit brutaler Gewissheit, dass wir besser tun sollten, was sie fordert.
Mit zitternden Händen nahmen wir die „Geschenke“ entgegen und packten sie fast starr vor Angst aus.
Ich starrte vor Schock bebend auf ein Porträt das unter dem Geschenkpapier in meinen Händen zum Vorschein kam. Ich starrte einem spärlich bekleideten, auf dem so für uns in den letzten Tagen emotional so verdorbenen Sofa sitzenden Abbild von mir in die Augen. Zu meinen Füßen lag der Perserteppich der einst von dem Gatten unserer Peinigerin von einem seiner Tatorte entwendet wurde.
Ich spürte wie mir heiß und kalt wurde und die Panik und Beklemmung in mir immer größer wurde. Mir schießen heiße Tränen in die Augen und ich sah die Frau an die und immer noch grinsend anstarrte.
„Er hat mir gesagt ich soll es tun, sein Vermächtnis weiterführen…“ begann sie zu erzählen. „Der Tod kann uns nicht trennen. Ich erreiche ihn jederzeit im Jenseits, meinen Seelenverwandten, meinen geliebten Ehemann.“
Entsetzt lauschten wir ihrem verstörenden Monolog.
„Der Verlust dieser Wohnung war ein Plan der Gesellschaft mich zu terrorisieren und in die Knie zu zwingen, aber mich kann niemand aufhalten. Ihr habt mir mein Zuhause genommen und dafür werdet ihr nun meine, oder besser unsere, Rache zu spüren bekommen.“
Diese kryptische Nachricht voll paranormalen Wahnsinn ließ uns perplex und ganz und gar fassungslos zurück.
Sie sprach weiter, jetzt richtete sie sich an meinen Gatten.
„Na los, nicht so schüchtern, Süßer.“ spöttelte sie süffisant. „Pack dein Geschenk aus, komm schon.“
Ich sah auf die zitternden, vor Angstschweiß ganz kaltnassen Hände meines geliebten Mannes und beobachtete, was er zum Vorschein brachte.
Es war ein in Leder gebundenes, braunes Fotoalbum.
„Ich musste die Alben meines Mannes zurücklassen, der Schlüssel war verschwunden und ich wurde geradezu aus dem Haus verscheucht. Ich dachte bis zuletzt nicht, dass dieser Wichser von Vermieter so weit gehen würde. Aber ich habe mein eigenes kleines Fotoalbum gemacht. Ihr seid wirklich ein hübsches Paar. Sehr fotogen.“
Heiße Tränen liefen meine eiskalten Wangen herunter.
Mein Angetrauter schlug das Album wie in Trance auf. Es enthielt Bilder von uns aus den letzten Tagen. Den ersten Tagen unserer Ehe. Momenten in der Öffentlichkeit, aber auch in sehr privaten Situationen. Sogar Fotos von uns im Bett. Nachts. Schlafend. Sie hatte uns die die ganze Zeit verfolgt und war uns rund um die Uhr extrem nah.
Zitternd und unwissend sagten wir unisono mit bebenden Stimmen: „Was haben sie vor?“
Sie grinste.
„Na, was wohl? Ihr solltet mir eigentlich dankbar sein…Im Jenseits werdet ihr für immer zusammen sein.“
In diesem Moment hörten wir lautes Poltern im Treppenhaus.
Das bösartige Lächeln verschwand aus Linas Gesicht.
Plötzlich stürmten zwei Polizeibeamte die Wohnung und zwangen die immer noch bewaffnete Frau auf den Boden. Die Waffe glitt über den antiken Parkettboden.
Wir realisierten kaum die Situation.
Es ging alles ganz schnell und die Frau wurde festgenommen. Der Polizist führte die sich windende und laut fluchende Verrückte ab und verließ mit ihr das Apartment.
Sein Kollege erklärte uns die Situation.
Unser Nachbar war durch den Krach des Einbruchs geweckt worden und ahnte Schlimmes. Er rief sofort die Polizei.
Wir berichtetem dem Beamten alle Ereignisse der letzten Tage und er verprach uns, dass wir jetzt in Sicherheit sind.
Wir brauchten lange um uns von dieser Sache langsam zu erholen. Noch heute haben wir viel an den Erlebnissen zu knabbern, aber wir hatten uns trotz allem entschlossen in der Wohnung zu bleiben.
Wir mussten uns von der Inneneinrichtung trennen. Wir konnten nicht aufhören uns unsere Vormieterin überall in der Wohnung vorzustellen. Außerdem ersetzten wir unser altes Türschloss durch ein neueres, besseres und vor allem sichereres.
Wir beschlossen unserer Vormieterin nicht die Genugtuung zu geben davon zu laufen.
Mit der Zeit lernten wir die Stadt nochmal ganz neu kennen und fanden neues Glück in unserer Wahlheimat.
Dieses ganze Erlebnis hatte uns noch stärker gemacht und unsere Liebe für einander noch verstärkt.
Nur True-Crime-Dokumentationen werden wir uns nie wieder ansehen.