MittelMord

Wendehammer

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Sie dürfen bitte nicht schlecht von uns denken, wenn ich Ihnen nun die folgenden Ereignisse schildere. Ich bin zwar nicht unbedingt stolz darauf, was vorgefallen ist, es ist jedoch auch nicht so, dass ich mich dafür schämen würde. Es gab Gründe dafür, dass geschehen ist was geschehen ist, einige, die ich verstehe und andere, die mir selbst ein völliges Rätsel sind.

Es liegt wohl bei Ihnen zu bewerten, ich berichte lediglich davon, wie ich das Geschehene erlebt habe.

Ich bin wohl das, was man gemeinhin gern als „netten älteren Herren“ bezeichnet, das sind wir alle hier in unserer Nachbarschaft, nette ältere Herren und Damen, Haus an Haus rund um einen Wendehammer, eine sechseckige Asphaltfläche am Ende einer Straße.

Wir alle leben in gepflegten, ordentlichen Häusern mit gepflegten, ordentlichen Gärten. Wir alle kochen oder backen gern, viele Rezepte kennen wir noch von unseren Müttern oder Großmüttern.

Wir alle haben über 40 Jahre gearbeitet und auch sonst in unseren langen Leben schon viel erlebt und gesehen.

Hin und wieder besuchen wir uns, mal im Haus des Einen, mal im Garten des Anderen und es ist insgesamt ein wirklich sehr harmonisches Miteinander.

Das mag auch daran liegen, dass jeder von uns auf die eine oder andere Weise seinen Partner verloren hat. Tragische Erlebnisse schweißen zusammen.

Bei meiner Else und bei Hedwigs Mann war es der Krebs, Karl-Heinz‘ Frau hatte einen Herzinfarkt. Henriette und Klara wurden beide von ihren Männern verlassen. Sie verschwanden einfach eines Tages und ließen sie allein mit Haus und Hof zurück.

Sie beide hat das auf verschiedene Weisen beeinflusst.

Henriette, die schon vorher etwas still war, ist noch stiller geworden, doch wenn sie redet, dann hat das was sie sagt auch Gewicht. Sie war Lehrerin und ist auch sonst sehr belesen in vielen Bereichen, vor allem was Kunst, Literatur und Philosophie betrifft.

Klara dagegen war schon immer sehr resolut und durchaus fähig, sich laut und deutlich bemerkbar zu machen. Seit sie verlassen wurde, kommt jedoch hin und wieder eine etwas bittere, kratzbürstige Seite an ihr zum Vorschein.

Diese Bitterkeit hat jedoch zum Teil auch mit dem fortschreitenden Verlust ihrer Stimme zu tun.

Klara war früher Opernsängerin und als solche sogar international erfolgreich und bekannt. Ihr Künstlername war „La Usignala“, „Die Nachtigall“, auch wenn ihre heutige Erscheinung eher „Die Glucke“ nahegelegt hätte (nicht, dass ich das je so zu ihr gesagt hätte).

Karl-Heinz steht Klara was Offenheit und Geltungsbedürfnis angeht in nichts nach. Er war Kapitän auf einem Hochsee-Containerschiff und erzählt oft die wildesten Geschichten von seinen Reisen um die ganze Welt. Seine Lieblingsgeschichten kriegen wir dabei mindestens zweimal im Monat zu hören, doch wir tun natürlich jedes Mal so, als hörten wir sie zum ersten Mal.

Diesen bewegten Lebensgeschichten habe ich als pensionierte Fleischermeister recht wenig entgegenzusetzen. Das spannendste, was mir im Berufsleben je passiert ist war, als mich ein Kollege einmal versehentlich eine halbe Stunde im Kühlraum eingesperrt hat, eine Geschichte, die wirklich schnell auserzählt ist.

Hedwig war früher Kindergärtnerin und freut sich jedes Mal wenn sie einen Ihrer früheren Schützlinge heute als arbeitenden Erwachsenen wiedertrifft.

Manchmal merkt man ihr ihren früheren Beruf jedoch durchaus noch an, zum Beispiel wenn sie versucht, die ab und zu auftretenden Streite zwischen Klara und Karl-Heinz durch Rufe wie „Beruhigt euch und zählt bis zehn!“ zu schlichten.

Diese Streite sind jedoch nie wirklich heftig, lang oder ernst, es sind eher Meinungsverschiedenheiten, die meist damit enden, dass alle für ein oder zwei Minuten schweigen, bevor einfach das Thema gewechselt wird.

Wie gesagt, sind wir eigentlich eine harmonische Gemeinschaft.

Doch in jeder Gemeinschaft gibt es einen Störfaktor, ein schwarzes Schaf. Bei uns trug dieser Störfaktor den Namen Raik Krotz.

Ich bin zwar für gewöhnlich niemand, der vorschnell über Menschen urteilt, weder anhand von Alter, noch Geschlecht oder Herkunft und schon gar nicht anhand des Namens, doch wenn ich je einen Beleg für den Spruch „Nomen est omen“ gesucht hätte, dann hätte ich ihn mit Raik Krotz gefunden; ein widerlicher, unangenehmer Mensch mit einem widerlichen, unangenehmen Namen.

Es war eine Weile nachdem die gute Anneliese, die zwischen mir und Karl Heinz wohnte, von uns gegangen war, eine herzensgute Seele und eine Zauberin mit der Stricknadel.

Wir hatten uns zu dieser Zeit ein wenig um ihren Garten und das Haus gekümmert und waren gespannt, ob wir wohl bald ein neues Mitglied in unserer Gemeinschaft empfangen könnten.

Und dann kam er.

Schon die Art, wie Raik Krotz in unserem kleinen Wendehammer ankam, wirkte wie ein Angriff auf unsere Lebensweise.

Mitten in der Mittagsruhe kam er in seinem rostigen, schmutzigen Kleinbus in den Wendehammer gefahren, seine furchtbare „Heavy-Metal“-Musik voll aufgedreht, und kam mit quietschenden Reifen kurz vor Annelieses weißem Holzzaun zum stehen, wie ein Wolf vor einem Lämmchen.

Es war das erste Mal in 23 Jahren, dass ich nicht nur aus dem Schlaf aufschreckte, sondern vor Schreck regelrecht aufsprang und mich panisch nach der Quelle des plötzlichen Lärms umsah.

Ich ging zum Fenster und beobachtete, wie Krotz in diesem Moment seinen Bus verließ.

Speckige, lange Haare, ein stoppeliges Gesicht, das nur zu einem Schwerverbrecher gehören konnte, ein schwarzes T-Shirt mit einem unleserlichen Schriftzug und der Darstellung einer verstümmelten Leiche darauf, eine Jogginghose und zerfetzte Latschen.

Und dann stieg auf der anderen Seite noch jemand aus, eine junge Frau, zierlich und hübsch, das blonde Haar ordentlich gekämmt und ein weites, weißes Kleid unter dem sich ein leicht gewölbter Bauch abzeichnete.

Ich fühlte mich an eine Szene aus einem Cartoon erinnert, an der neben dem Kopf einer Figur plötzlich auf einer Seite ein Engel und auf der anderen ein Teufel auftaucht, nur dass in diesem Fall der Bus die Figur und dass der Teufel statt mit diesem mit dem Engel sprach oder besser, diesen anschrie.

Ich werde nicht wortwörtlich wiedergeben, was Herr Krotz im Einzelnen zu der Frau, offenbar seiner Freundin, sagte.

Kurzgesagt war sie ihm wohl durch etwas, das sie gesagt oder getan hatte, auf die Nerven gefallen, was er ihr in einem Mantel aus wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen mitteilte, von denen ich die Hälfte nichteinmal kannte und bei der anderen Hälfte sicher war, dass, hätte ich auch nur einen dieser Begriffe als Kind meinen Eltern gegenüber gebraucht, ich wohl tagelang nicht mehr hätte sitzen können.

Seine Wut ließ jedoch bald von ihr ab, als er Hedwig und Henriette vor dem Haus entdeckte, die gerade die Rosen beschnitten und sie mit ähnlich unwirschen Worten aus „seinem Garten“ vertrieb, dann zog er den „Engel“ unsanft ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu.

Dieser erste Eindruck war aber leider nur ein Vorgeschmack von dem, was uns bald darauf noch erwartete.

In der nächsten Zeit kostete Herr Krotz‘ unmögliche Fahrweise nicht eine, sondern drei Katzen in unserer Nachbarschaft das Leben, Loreley, Karl-Heinz‘ Katze, und Minnie und Micky, Hedwig Katzenpaar, von dem sie sonst jedes Jahr Junge bekam, die wir dann in unseren Bekannten- und Verwandtenkreisen weitergaben.

Sein Kommentar war jedesmal derselbe: Die „Drecksviecher“ sein selbst Schuld, wenn sie ihm vor die „Karre“ liefen.

Auch seine Musik wurde zum Dauerproblem. Nicht dass es bei uns verboten wäre, laut zu sein oder ähnliches, Klara hörte man schließlich auch in der halben Nachbarschaft, wenn sie mal wieder das Fieber packte und sie „Habanera“ oder die „Königin der Nacht“ zum Besten gab.

Der Unterschied war jedoch zum einen, dass Klaras Stimme, zumindest nach meiner laienhaften Meinung, immer noch atemberaubend schön war und dass sie sich zum anderen an gewisse Zeiten hielt und zum Beispiel nicht früh morgens, spät abends oder über die Mittagszeit sang.

Herrn Krotz‘ Musik klang dagegen, als hätte man den Sängern eine halbe Brechmittel eingeholfen nur um sie dann bei lebendigem Leibe zu kochen, eine wilde Kakophonie aus schreien und rülpsen hinterlegt mit einem Maschinengewehr. Er hörte sie zu jeder Tages-und Nachtzeit und selbst die Berliner Mauer, die Chinesische Mauer und die Mauer von Jericho hätten gemeinsam nicht ausgereicht um sie auf ein erträgliches Maß zu dämpfen.

Es war ein Wunder, dass er nicht taub war. Andererseits wäre das eine Erklärung gewesen, warum er sich quasi nur durch Brüllen verständigte, was es kaum möglich machte, ein gewöhnliches Gespräch mit ihm zu führen, um ihm die grundlegenden Regeln menschlichen Miteinanders im Allgemeinen und die unserer Gemeinschaft im Besonderen zu erläutern.

Ich muss wohl kaum erwähnen, dass er Annelieses Garten vollkommen verkommen ließ. Am Anfang hatte sich seine Freundin noch ein wenig um die Pflanzen gekümmert, sie zumindest ein wenig gegossen und das gröbste Unkraut entfernt, doch aufgrund ihres Zustandes war sie schnell erschöpft. Außerdem ging sie den Tag über arbeiten. Sofern ich es beobachtete, war sie die einzige von ihnen beiden, die arbeiten ging, zumindest war sie einzige, die regelmäßig das Haus verließ.

Schließlich kam sie jedoch nicht mehr in den Garten und schon bald musste ich mit ansehen wie Annelieses geliebte Rosenbüsche immer mehr braune Blätter bekamen und ihr gepflegter Rasen unter einer Laubschicht erstickte, die niemand mehr zusammenharkte.

All das war jedoch nicht der Auslöser, war nicht der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. All das machte Herrn Krotz zwar zu einem unerträglichen Menschen, einer ständigen Plage, ja, aber einer, an die man sich mit der Zeit hätte gewöhnen können, wie an die Arthritis und die Weitsichtigkeit.

Woran wir uns aber nicht gewöhnen konnten war, wie er seine Freundin behandelte.

Im Gegensatz zu ihm war sie eine Person mit der man sich durchaus unterhalten konnte, auch wenn es meist nur im Vorbeigehen war.

Schon einen Tag nach ihrer Ankunft zog sie mit einem Teller Muffins von Haus zu Haus, ein hübsches, geblümtes Sommerkleid am Körper, und stellte sich uns als „Lilli“ vor. Am Anfang entschuldigte sie sich noch für das Verhalten ihres Freundes, später sprach sie nicht mehr davon und wenn wir es erwähnten, dann winkte sie ab und wechselte das Thema.

Später trug sie dann keine Sommerkleider mehr, sondern langärmliche mit hohen Kragen, manchmal auch ein Tuch oder Hüte und eine Sonnenbrille, auch wenn es nicht sonnig war.

Es sind dann immer die gleichen Ausreden, wenn man doch etwas sieht, Lilli hätte sich „gestoßen“, sei „gestolpert“ oder „die Treppe runtergefallen“.

Man fragt sich, warum Frauen wie Lilli keine neuen Ausreden erfinden. Vielleicht sind sie zu erschöpft für komplizierte Lügen, vielleicht ist es aber auch ein versteckter Hilfeschrei. Sie wollen es nicht verstecken, sie wollen, dass man es weiß und tun gleichzeitig so, als wäre dem nicht so.

Wie ein dunkler Schatten lag das Wissen um Lillis Qualen über unserer Gemeinschaft und als sie schließlich nicht mehr nur „stolperte“, sondern sich immer öfter „geschnitten“, „verbrüht“ oder sogar „verbrannt“ hatte, wussten wir, dass wir nicht länger wegschauen konnten.

Bei einem Treffen bei Klara fassten wir also einen Plan: Wir würden eine Gartenparty in meinem Schuppen veranstalten und Lilli und Herrn Krotz dazu einladen. Wenn wir genug auf Lilli einredeten, so hofften wir, würde sie ihren Freund hoffentlich davon überzeugen zu kommen.

Dann würden wir uns um Herrn Krotz herum verteilen und ihn zur Rede stellen und ihn den Schuppen nicht eher verlassen lassen, bis er sein Verhalten eingestanden und glaubhaft versichert hatte, dieses zu ändern.

Sollte er sich weigern, würden wir ihm mit Konsequenzen drohen.

Danach würden wir zur Versöhnung ein wenig sitzen, essen und erzählen und so hoffentlich unser Verhältnis für die Zukunft ein wenig verbessern.

Wir bereiteten den Schuppen also vor. Vor der Wand, an der sauber aufgereiht meine Gartengeräte hingen, stand ein langer Tisch mit einigen Salaten, Baguette, Henriettes selbstgemachter Kräuterbutter (nicht einmal meine Else machte so eine gute Kräuterbutter) und einer Käseplatte.

Der Beginn der Feier war für 18:00 Uhr angesetzt, Lilli und Raik Krotz erschienen 20 Minuten später.

Lilli trug wieder das geblümte Sommerkleid. Sie war stark geschminkt, doch das verbarg das blaue Auge nur wenig.

Er trug ein fleckiges, zerknittertes, wohl ehemals weißes Hemd und hatte nicht einmal versucht durch Waschen oder Bügeln zu verbergen, dass dieses wahrscheinlich mindestens die letzten fünf Jahre zerknüllt in einer Ecke seines Kleiderschrankes gelegen hatte.

Ich ließ die beiden eintreten und schloss die Tür hinter ihnen, die anderen hatten sich bereits im Inneren den Schuppens verteilt. Alle Augen richteten sich auf die Neuankömmlinge, worauf Herr Krotz sich unwirsch an seine Freundin wandte.

„Was starr’n die denn so?“

„Ich…“, stammelte Lilli, „Ich weiß nicht.“ Es lag Angst in ihrer Stimme. Es war noch unklar vor oder um wen, es war wohl eher die diffuse Ahnung, dass irgendetwas gleich furchtbar schief gehen würde.

Hedwig ergriff schließlich das Wort: „Herr Krotz.“ Im Blick des Angesprochenen hätte nicht mehr Verachtung liegen können. „Wir beobachten die Situation zwischen Ihnen beiden nun schon eine Weile die Situation zwischen Ihnen beiden, und wir sind der Meinung, dass es so nicht weitergeht.“

„Was zwischen uns passiert, geht euch einen Scheiß an!“, brüllte Herr Krotz dazwischen.

„Wir wissen, was Sie mit Ihrer Freundin machen. Wir wissen…“

Doch er hörte ihr nicht mehr zu und wandte sich stattdessen wieder an Lilli.

„Wusstest du, dass das hier sowas werden sollte?“

Sie antwortete nicht, drehte den Kopf weg. Ein Fehler, denn im nächsten Moment packte ihr Freund sie am Kinn und riss ihr Gesicht unsanft zu sich.

„Ob du das wusstest?“

„Nein“, presste sie hervor.

„Lassen Sie sie los!“ Klara stürmte auf die beiden zu.

„Hatte ich nicht gesagt, ihr sollt sich raushalten?“

„Sie sollen Sie loslassen!“ Das war Karl-Heinz. Den strengen Tonfall konnte er sicher noch von damals, wenn er faule Matrosen zur Ordnung bringen wollte.

„Sonst was?“, sagte Herr Krotz trotzig und dachte gar nicht daran, seine Hand vom Kinn seiner Partnerin zu nehmen.

„Sonst bringen wir Sie dazu“, drohte Klara.

„Ach ja?“ Krotz ließ seine Hand tiefer rutschen und umschloss nun Lillis Hals. „Sie ist meine Freundin, sie wohnt in meinem Haus und ich kann mit ihr machen was und wann ich es will.“

„Bitte“, flehte Hedwig nun. Es war wieder dieser Kindergarten-Tonfall, als wäre Krotz nur ein unartiges Kind, das drohte, eine Holzeisenbahn zu zerbrechen. „Sie ist schwanger. Bitte, lassen Sie sie los.“

„Sie wollte das Kind, nicht ich!“ Er packte Lilli noch fester, dann schleuderte er sie vor sich auf den Boden. Sie schrie nicht, sie weinte nicht einmal. Es trat einfach nur ein leerer Ausdruck in ihr Gesicht, als hätte sich ihr Geist von ihrem Körper getrennt. „Dann soll sie auch aufpassen, dass sie’s nicht verliert!“ Entsetzt sah ich, wie er auf die am Boden liegende Lilli zumarschierte, und den Fuß über ihrem Bauch hob, als … ihn etwas am Kopf traf.

Es war eine Harke. Henriette hatte sie offenbar von der Wand genommen und ihm über den Kopf gezogen. Doch zeigte dies keine Wirkung, außer dass sich Herrn Krotz‘ Wut nur noch verdoppelte und er sich nun gegen sie wandte.

„Gut, du hast es nicht anders…“ Doch bevor er sie erreichen konnte, traf ihn wieder etwas am Kopf. Diesmal war es Klara mit einem Spaten und sie hinterließ eine deutliche Wunde.

Brüllend drehte sich Herr Krotz zu ihr um, riss den Spaten an sich und zerbrach ihn auf seinem Knie. Er packte Klara am Arm und holte mit der Faust aus, doch Hedwig fing diese mit einem gezielten Schlag mit einer Schaufel ab. Es gab ein hässliches Knacken und ich sah, dass Krotz‘ Daumen in einem unnatürlichen Winkel abstand.

„Ich werd‘ euch umbringen!“, brüllte er, „Ich werde…“ Doch ich achtete nicht auf ihn. Ich ging nun ebenfalls zur Wand und nahm ein Werkzeug, eine Astschere, Karl-Heinz nahm einen Grubber, dann gingen wir auf Herrn Krotz zu, dessen Wut langsam Angst und Verwirrung wich.

„Was soll das?“

Ohne zu zögern rammte Karl-Heinz ihm den Grubber ins Gesicht. Herr Krotz schrie auf und holte mit der unverletzten Hand aus, doch ich ergriff sie und bevor er sie wegziehen oder auch nur begreifen konnte, was geschah, hatte die Astschere sie schon am Gelenk durchtrennt. Blind und hilflos schwang er nun mit der verbleibenden Faust um sich, bis ein Schlag mit Hedwigs Schaufel in die Kniekehlen ihn zu Fall brachte.

Herrn Krotz‘ Sprache bestand an diesem Punkt nur noch aus Schreien und Schimpfworten. Ich wollte seinen Kopf packen und ihm mit der Schere die Zunge aus dem Mund trennen, als ein aufheulender Motor mich aufheulen ließ.

Klara hatte meine Kettensäge gefunden und ließ sie elegant, fast tänzelnd durch die Luft gleiten, bevor sie sie in einem Ruck durch Herrn Krotz‘ Bauchgegend rammte. Blut und Teile von Knochen und Organen verteilten sich auf seinem Oberkörper, was sein abscheuliches Hemd nur noch wenig ruinieren konnte.

Er hörte jedoch nicht auf zu schreien und zu fluchen, selbst dann nicht als er von der Säge abrutschte und nach vorn überkippte, auch wenn mehr und mehr Blut ihn am schreien und atmen hinderten.

Er hörte erst auf, als plötzlich eine Axt auf seinen Hals herniedersauste und Kopf und Körper mit einem Schlag sauber voneinander trennten.

Meine Augen folgten dem Stiel der Axt zu dem, der sie geschwungen hatte und blickten voll Erstaunen in das Gesicht von Lilli.

Einen Moment blickten wir uns schweigend an, bevor sie die Axt fallen ließ und weinend den Schuppen verließ. Hedwig, Henriette und Klara warfen sich einen Blick zu, dann liefen sie ihr nach.

Für mich begann jetzt er die eigentliche Arbeit. Es ist schön, wenn man die Kenntnisse aus seinem ehemaligen Beruf auch im Alter noch zu einem guten Nutzen bringen kann, wenn es auch nur selten ist.

Es gibt so gut wie nichts am Menschen, was der Fleischwolf nicht zerkleinern könnte, schon gar nicht, wenn es vorher durch den Gartenhäcksler gegangen ist.

Kleider und Haare kann der Kamin verschwinden lassen.

Am nächsten Tag trafen wir uns wieder bei mir: Ich, Henriette, Klara, Karl-Heinz, Hedwig und Lilli. Wir putzten, fegten, wischten und strichen schließlich noch die Wände neu.

Danach aßen wir. Wir hatten noch so gut wie alles vom vorherigen Tag übrig, außerdem hatte ich Buletten gemacht.

Es war ein wirklich netter Nachmittag und Lilli blühte zum ersten Mal richtig auf.

Sie wohnt jetzt allein in Annelieses Haus, kümmert sich um den Garten und lädt uns hin und wieder zu sich ein oder kommt uns in unseren Häusern und Gärten besuchen. Bald wird sie wohl ihr Kind bekommen, und jeder von uns hat schon angeboten, auf es aufzupassen, sollte sie es einmal brauchen.

Sie wurden wohl von ihrem Partner verlassen. Er verschwand einfach eines Tages und ließ sie allein mit Haus und Hof zurück.

Doch keine Sorge, wir kümmern uns schon um sie.

Schließlich sind wir eine harmonische Gemeinschaft, hier in unserem Wendehammer, und wir passen aufeinander auf.

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