
Wochenende, Geisterhände…
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Freitag, 19:45
Er setzte sich auf das Sofa, schaltete das Radio an, setzte die Kopfhörer auf, stellte seinen Lieblingssender ein und entspannte sich. Vor einer Viertelstunde hatte er seine Tochter – sie war vor zwei Monaten acht Jahre alt geworden – zu Bett gebracht, seine Frau war über das Wochenende mit ihrem Chor zu einem Konzert in New York geflogen, und an diesem Freitag hatte er – dank der ansonsten täglichen Überstunden bei der Arbeit – früher gehen dürfen. Jetzt hatte er endlich einmal Zeit für sich, in der er das tun konnte, was er am Abend am liebsten tat: sich zurücklehnen und Musik hören.
Zumindest dachte er das.
Von einer lästigen Werbepause abgesehen, verlief der Abend vorerst ohne weitere Besonderheiten. Um 20:15 wurde das Radioprogramm für die Nachrichten unterbrochen. Nach ein paar Informationen über Politik kam ein Bericht über den Sänger einer seiner Lieblingsbands: „Frederic Jenkins, der Frontsänger von “ BIEP BIEP BIEP…
Von dem plötzlichen Lärm aufgeschreckt, riss er sich die Kopfhörer aus den Ohren und sprang auf. Aber der Lärm hörte nicht auf. Stattdessen wurde er immer lauter, als wolle die Geräuschquelle die ganze Wohnsiedlung beschallen.
Der Lärm kam nicht aus dem Radio.
Er kam aus dem Kinderzimmer.
Der Rauchmelder war losgegangen.
Der Vater rannte, so schnell er konnte, in das Kinderzimmer, um seine Tochter zu retten – aber alles, was er sehen konnte, war eine gräuliche Wolke, die sich an der Decke ausbreitete und langsam durch das Fenster hinauszog.
Kein Feuer.
Das einzige, woher der Qualm hätte kommen können, war der Heizungsofen – aber der stand im Keller.
„Was ist passiert?“, fragte der Vater.
„Es hat mich geweckt, und gesagt, sie würden mich holen.“
„Wer hat das gesagt?“
„Das Gespenst. Und es hat gesagt, es würde seine Freunde mitbringen.“
„Das war bestimmt nur ein schlechter Traum. Hier sind keine Gespenster. Und ich passe ja auf dich auf. Schlaf jetzt, und vergiss den Albtraum. Gute Nacht“
Aber obwohl er sich natürlich nichts anmerken ließ, um die Kleine nicht zu beunruhigen, war er sich nicht ganz sicher. Für die Rauchwolke hatte er keine Erklärung. Aber am nächsten Morgen würde wieder alles normal sein. Bestimmt.
Sonnabend, 8:23
Als seine Tochter am Frühstückstisch erschien, sah sie alles andere als beruhigt aus, vielleicht hatte sie der Albtraum doch nicht losgelassen.
„Papa… ich habe Angst.“
„Wovor denn? Hast du wieder schlecht geträumt?“
„Es war kein Traum, es war echt. Das Gespenst von gestern… es war im Spiegel im Bad und hat gesagt, es würde mich irgendwann mitnehmen“
„Du musst dir keine Sorgen machen, du bist hier sicher. Selbst wenn es da ein Gespenst ist, hier kann es dir nichts tun.“
Sonnabend, 10:00
„Na dann viel Spaß noch“, verabschiedete er sich von seiner Tochter, die ihm schon den Rücken zuwandte und auf das Haus ihrer Freundin zu rannte. „Ich hole dich um fünfzehn Uhr wieder ab!“ rief er ihr hinterher. Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, startete er den Motor und fuhr nach Hause.
Er dachte lange darüber nach, wie er seine Tochter beruhigen konnte. Aber ihm fiel nichts ein. Er hatte als Kind auch
wiederkehrende Albträume gehabt, und dagegen hatte nur Zeit geholfen. Aber er konnte seine Tochter doch auch nicht mit ihren Ängsten alleine lassen…?
Sonnabend, 19:32
„So… schlaf gut, meine Kleine“, flüsterte er, während er die Decke über seiner Tochter ausbreitete. Dann fiel ihm etwas auf.
Unter dem Kopfkissen funkelte etwas.
Im Stoff waren Schnitte zu sehen.
Er griff nach dem Gegenstand – und schnitt sich fast in den Finger. Seine Tochter hatte ein Messer unter dem Kopfkissen versteckt.
„Sowas ist kein Spielzeug. Was wolltest du damit?“
Die Antwort war eher gewimmert als gesprochen: „Bitte, nimm es mir nicht weg. Ich muss die Gespenster töten, sonst kommen sie und nehmen mich mit. Das hat es gesagt. Es war heute wieder da. Als ich bei meiner Freundin war, hat es mich vom Fenster aus angeguckt.“
„Lass den Unsinn, es gibt keine Gespenster. Und dir kann hier nichts passieren. Ich passe auf dich auf. Schlaf gut.“
Sonnabend, 19:36
Das Telephon schien Ewigkeiten zu brauchen, bis endlich eine Verbindung zustande kam. Er erzählte seine Frau, was vorgefallen war – dass ihre Tochter Gespenster sah, dass eine seltsame Rauchwolke im Kinderzimmer aufgetaucht war, dass das kleine Mädchen ein Küchenmesser geklaut hatte – und bekam als Antwort zurück, er solle nicht im angetrunkenen Zustand telephonieren. Sie glaubte ihm kein Wort. Aber er selber fing langsam an, zu glauben, dass das Gespenst vielleicht doch mehr war als nur ein wiederkehrender Albtraum.
Seine Tochter hatte nicht nur verängstigt gewirkt.
Sie schien Todesangst zu haben.
Sonntag, 20:27
Ein Schrei aus dem Kinderzimmer ließ ihn
aufspringen. Er sprang auf und rannte los – und als er durch die Tür trat, blieb er wie eingefroren stehen.
Seine Tochter hing an der Wand, die Füße eine Handbreit über dem Boden – und am Hals die Abdrücke einer Hand mit langen, skelettartigen Fingern. Als er es irgendwie schaffte, eine Hand auszustrecken und das Licht anzuschalten, ließ die unsichtbare Hand los, eine graue, kaum sichtbare Wolke flog zum offenen Fenster, und seine Tochter rutschte auf den Boden, wo sie zusammengesunken liegenblieb.
Sonntag, 20:46
Der Arzt in der Notaufnahme schien vollkommen verwirrt.
„So etwas habe ich noch nie gesehen, es sieht so aus, als hätte ein Skelett versucht, sie zu erwürgen. Können sie mir erzählen, was passiert ist?“
„Sie hing einfach da an der Wand… mit diesem Handabdruck am Hals. Wird sie es überleben?“
„Ich bin mir sicher, dass sie durchkommt, sie scheint ja ansonsten gesund zu sein, und sie hat offenbar keine ernsthaften Verletzungen. Aber sie wird wahrscheinlich erstmal eine Weile nicht aufwachen. Sie braucht jetzt vor allem Ruhe.“
Der Arzt drehte sich um und ging aus dem Krankenzimmer.
Kurz darauf hörte der Vater, wie sich etwas bewegte: Seine Tochter war aufgewacht. Sie fragte nicht, warum sie im Krankenhaus war. Sie fragte nicht, was passiert war. Sie stellte nur eine einzige Frage, die Stimme kaum mehr als ein Wimmern: „Warum… hast du mir nicht geholfen… jetzt haben sie mich geholt.“
Dann schlossen sich ihre Augen für immer.
Der Vater spürte, wie eine kalte Hand seinen Arm ergriff und drehte sich um. Da war niemand.
Aber um seine tote Tochter stieg ein gräulicher Nebel auf.