
Ablutophobia
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Marmor, steinharter, weißlich gefärbter Stein mit gräulich verzogenen Schattierung.
Ausgenutzt. Beinahe wie kalkige Haut von Knochen abgeschürft; ohne warmes Blut.
Pure, rein gewaschene Kälte, welche sich wie spitze Nadeln unbarmherzig zwischen dein Gewebe schlagen, wenn du dich nur von der Erschöpfung gezeichnet an sie lehnen möchtest.
Selbst das einlaufende, fast heiße Wasser kann diese unaussprechliche Kälte in sich hinein absorbieren; unauffindbar für feine Nerven. Ganz im klaren Gegenteil. Es ist das Einzig Wahre, die passabelste Erklärung für mein verdunkeltes Gedankengut, weshalb sich eine fast undurchdringliche Barriere gegen diesen kühlen, ausgelasteten Marmor innerlich errichtet hatte. Gegen dieses Wasser.
Es steht; wir geformt und gehalten; bewegt sich dennoch beinahe unweigerlich in dem hoch gebauten Gefäß, das man an die ebenfalls aalglatt glänzende Wand mit perfekten Fliesen gekittet hatte. Es schlägt kleine, silbrige Dünungen; leckt mit feuchten und gierigen Zungen nach deinen getränkten Gliedmaßen, selbst dann, wenn du noch nicht einmal seine nasskalte Nähe erreicht hast. Es zieht erpicht nach dir.
Dieses ungleiche Zusammenspiel von teurem Stein und maßlosen Wasser ist mir eine Qual. Eine Qual, jenes mit bloß geprägten Auge in engen Betracht zu ziehen. So ist es doch recht denkbar und mit schlichten Gedanken auszuzeichnen, dass ich erst gar nicht daran Teil haben möchte. Wiederum stellen sich obendrein andersartige Problematiken heraus.
Als dritter Part dieses „Zusammenspiels“ bist du naturell betrachtet nicht mehr als dieser ausgenutzte, kalte Stein, der dich wiederum unbarmherzig eisig behandelt, wenn du dich etwas dankbar an ihn lehnen möchtest; was du bei jener grausamen Prozedur natürlich unweigerlich tun musst. Du bist vollkommen der ertränkenden Macht um deinen kleinen Körper herum entblößt und gibst ihm jede winzigste, beschämende Makel deines Aussehens Preis; gleich bei den meisten sogar als wohlwollende Geste anzusetzen.
Nur das Wasser kann dich reinigen. Nur das Wasser kann diesen von dir selbst erbrachten Schmutz von deiner aufgelösten Haut schlagen; mit sanfter Gewalt in seinen Wellen. Du nicht. Du bist abhängig von ihm; von dieser kleinen Masse, welche du jeden einzelnen Tag konsumierst. Du bist vollkommen abhängig.
Das ist der entscheidende Grund, weshalb ich diese Prozedur mit dem klanglosen Namen „Baden“ oder auch manchmal „Waschen“ grundsätzlich in meinem schon gestressten Alltag vermeide. Es ist die offen dargelegte Peinlichkeit, einer leblosen deine selbst erbrachten Tadel dahin zu legen. Es ist die pure Angst, sich diese ertränkende Flut über deine fein gewebte Haut rinnen zu lassen, die jene unaufhaltsam verwundbar erweicht.
Da ich leider jedoch in einen recht ordinären Beruf herein gewachsen bin, sollte für mich Hygiene ein wichtiger Aspekt sein. So komme ich jeden zweiten Monat nicht darum herum, mich diesem ungnädigen, grausam-klammen Prozess beengt hinzugeben.
Nun stehe ich, mit nur einem dünn-maschigen, rau gewaschenen Handtuch um den fragilen Brustkorb gedrückt, mit nackten Füßen auf weichem Teppich. Wenigstens jener hält mich noch in schützender Weise vor dieser steinernen Kälte ab; mit hohen, anschmiegsamen Fasern.
Ich wage mich, einen ungezielten und schwammigen Blick aus vertrübten Braun meiner salzig verklebten Augen gegen die transparente Flüssigkeit; geformt in der breiten, doch verengenden Marmor-Kuhle; zu werfen; es leckt mit winzigen Wellen an dem genutzten Stein entlang; geprieg nach einem mir nicht definierbaren Wesen.
Oder bin ich es, welches es so zerfließend sucht?
Für das Wasser und mich gibt es nicht genügend Platz.
Die dünnen Finger schlagen sich in der heißen Pein fester in das trockene Tuch; die langen, brüchigen Nägel biegen sich schon fast unaufhaltsam in jenem krampfenden Druck.
Reine Angst fährt mit kalten Händen über meine einst erschlafften Sehnen, lässt sie herb versteifen, sodass diese sich hart an die blutige Innenseite pressen. Weiß.
Ich werde es nicht ertragen können, diesen heißen, nicht rhythmischen Schlag gepresst gegen die überhitzende Haut; das folgende Gefühl, wie dein dünnes Gewebe von den bleichen Knochen geleckt wird und in der liquiden Glut dahin schmilzt. Unauffindbar. Wie du in jeder verstreichenden Sekunde eins mit diesem undankbaren Bist in der Wanne wirst. Die pure Angst sich über deinen nackten Körper verdunkelnd legt; du wirst sie nicht mit deiner verschmutzten Minderheit ablegen dürfen.
Nein, ich will nicht. Ich kann nicht!
Silbrige Zungen; fertig und unantastbar, schleichen höhnisch an dem blassen Stein vorbei; immer und immer und immer wieder. Als würden sie sich in dem Netz der wiegenden Zeit befinden; sich unaufmerksam daran zu kitten weiß.
Mein schwächliches Herz wird von einem mir unbekannten Strom getrieben; lieblos, maschinell. Das einst ruhige Blut in den weiten Venen erhitzt sich und verbrennt mit fast jedem raschen Schlag jene zu gleiche Flüssigkeit; mich von Innen an völlig ertränkend. Die schwarze Angst ist ihre brennende Kohle. Ich bin unter dem freien Himmel einstürzender Panik; schutzlos gefangen.
Nein, Fliehen bleibt mir verwehrt.
Die schimmernde Zeit rinnt daher, unweigerlich.
Es rauscht so gierig. Und das darf es nicht.
Das dünn gewobene Tuch fällt mit einem der hallenden Fliesen gedämpften Schlag auf den weichen, schützenden Grund; verschlingt sich nach einigen flinken Herzschlägen in seinem dumpfen Echo endgültig.
Ich kann nicht. Nicht in mich dieser völligen Prozedur verschiedenster Qualen hinzugeben. Meinen einzigen, klein gehaltenen Stolz in die dicken Tropfen unfreiwillig und gezwungen zu werfen.
Das Wasser hatte sich schon in silbrigen Pfützen wartend; drohend auf dem weißlich breiten Rand des unbarmherzigen Marmors drapiert; glatt und komplett nass.
Mein schnelles Herz ist zu einem gefangenen, wild flatternden Vogel verwandelt; zwischen den runden Rippen hebt es beinahe den ganzen, grauen Brustkorb aus den verletzlichen Angeln.
Ich muss.
Ich bin schwarz in den weiten Schatten meiner selbst versunken; spüre keine einzige, verblasste Rührung meiner vollsten panischen Seite.
Der klamme Odeur von frischem Wasser aus stählernen Leitungen und jener von verschmutzten Partien lebendigen Teils melangiert sich stickig zwischen den zu ruhigen Brisen aus dem süßen Duft von Nelkenöl. Setzt sich in den pomadig geprägten Lungen fest, welche sich stetig neu mit dieser erstickenden Mischung vorliegender Angst-Prozedur rasch füllen müssen.
Zitternd in dem kalten Sturm einliegender Angst lasse ich mein rechtes, völlig versteiftes Bein mit dem bleichen Fuß auf den klammen Rand legen; spüre mit der grellen Einsamkeit diese mächtige Nässe an der blassen Haut lecken; zucke aus kalten Sehnen.
Es ist zu schlimm. Ich kann nicht.
Um sich vor etwas ungehemmt zu fürchten, muss es nicht immer unbedingt schmerzhaft sein, wie ich leider die ganzen Jagre über allein feststellen musste.
Langsam gleitet der kleine Fuß bebend und gefüllt mit reiner Angst an die sich selbst verschlingende, sanft wölbende Oberfläche meines engsten Feinds; spürt wieder diese undankbare Kälte des ausgelasteten Marmors, welche sich mit der schmelzenden Hitze des Wassers verwischte.
Die langen Beine spreizen sich mehr und mehr; weiter; bis sie ohne wahre Warnung mit den dürren Zehen gegen jenes unaufhaltsam stoßen.
Beinahe Klirrend.
Scharf.
Ich kann nicht anders. Es ist gleich einem hellen Reflex zwischen meinen Knochen, indes ich völlig in die übergießende Panik getränkt es wage, wie vom Blitz getroffen den nassen Fuß aus dem Wasser zu ziehen; unfreiwillig und recht unkoordiniert. Mit dem undurchdringlichen Nebel der Angst vor meinen geweiteten Pupillen hängen meine Fersen in blinder Absicht an dem feuchten Rand kurz hängen; kalter Schweiß rinnt unaufhaltsam über meine Panik geöffneten Poren; sammelt sich an meine dünnen Augenbrauen.
Ich kann nicht. Ich muss mir etwas anderes einfallen lassen.
Was sollte mir jedoch verwehrt bleiben, sowie die Tat, dass ich jemals ein normales Leben führen darf.
Denn kurz bevor ich unweigerlich anhand dieser ungewöhnlichen Position auf der klammen Fläche ausrutsche, mit schwerster Wucht mit meinem Atlas gegen das nahe Waschbecken schlage und mir meine dünnen Knochen das Genick brechen, stelle ich mir im bloßen Anschein des fliegenden Todes die eigentlich erdenkbare Frage:
„Warum habe ich überhaupt diese Angst?“
Sehr spannende Geschichte. Die Beschreibungen waren atmosphärisch und passend.
Eine Geschichte zu erzählen, in der man es schafft, die Angst und Furcht vor dem Wasser so gut zu vermitteln und in Szene zu setzen verdient meiner Meinung nach Anerkennung. Einzig das Ende ist, so finde ich, kein würdiger Abschluss bei den vorher gezogenen Spannungsbogen, es ist keines Falls schlecht, aber ich sehe dort noch Potenzial.
Ich hoffe, du schreibst noch mehr.
5/5