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Das Elysium-Projekt

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Ich fühle mich aufgeregt.

Mein Herz schlägt schnell und mein Herzschlag füllt meinen gesamten Körper aus. Pures Adrenalin durchflutet meinen Körper wie eine Woge aus Licht und Energie.

Dann öffne ich die Augen. Ich scheine zu fliegen. Über mir, an der Decke, summt ein Neon-Deckenfluter sein kaltes, weißes Lied. Ich versuche mich zu bewegen, doch ich bin festgeschnallt. Ich spüre die Lederriemen an Händen und Füßen und spüre auch einen auf meiner Brust, als ich versuche, mich von den Fixierungen zu befreien. Ein kurzer Anflug von Angst wallt in mir auf, doch mein Herzschlag pumpt weiter Adrenalin durch meinen Körper und spült die Angst in den kalten, weißen Raum.

Ich drehe meinen Kopf. Links neben mir stehen medizinische Apparate. Sie blinken und piepsen leise. Schläuche und Kabel führen zu meinem Bett.

Rechts neben mir ist der Raum. An der Wand zwei Fenster mit getönten Scheiben. Dort werden Menschen sein. Es muss so sein. Warum sollten dort sonst getönte Scheiben sein?

Wieder steigt Angst in mir hoch. Ich schlucke sie hinunter, doch diesmal kommt sie zurück. Ein Mann tritt neben mich ans Bett und schaut auf mich herunter. Ich nehme ihn nur verschwommen wahr, nur seinen Geruch, der nicht unangenehm ist, nehme ich wahr und sehe deutlich sein Gesicht. Es zeigt keine Regung. Doch seine Augen schauen mich an und scheinen zu sagen: „Keine Angst, du schaffst das.“ Eine Hand legt sich beruhigend auf meine Schulter. Es beruhigt mich nicht, doch es vertreibt die Angst und das Adrenalin fließt wieder durch meinen Körper. Es beginnt.

Der Mann sagt etwas, doch ich verstehe es nicht. Es ist ein dumpfes Gemurmel. In mir ist es zu laut, als dass ich etwas anderes verstehen könnte. Mein Herzschlag trommelt gegen meine Brust und das Blut rauscht in meinen Ohren.

Dann höre ich mich selbst sprechen. Mein Herzschlag zittert in meiner Stimme wie ein Metronom. Das Adrenalin fließt sogar durch meine Stimme.

„Ich habe die Karten so gespielt, wie sie mir zugeteilt wurden“, höre ich mich sagen. Woher kommen diese Worte? „Ich habe hoch gepokert.“

Niemand antwortet. Ich spüre etwas Kaltes an meinem Arm. Ich drehe wieder meinen Kopf. Der Mann, der mir die Hand auf die Schultern gelegt hatte, tupft mir meinen Arm mit einem Wattepad sauber. Er schaut mich an und sagt: „Es wird jetzt kurz weh tun, keine Angst.“

Doch ich habe Angst. Spätestens seit er sagt, ich solle keine haben.

Er sticht mir eine Nadel in die Armbeuge. Es tut weh. Die Angst in mir schreit auf. Ich bekomme Panik und bäume mich auf.

Die Hand legt sich wieder auf meine Schulter. „Alles gut.“, sagt die Stimme. „Das wars schon.“

Ich beruhige mich. Mein Herzschlag übernimmt wieder. Ich atme bewusst ein und aus… ein… und aus… ein… und aus…

Es ist soweit. Das ist jetzt der Moment.

Ich drehe meinen Kopf nach links. Zwischen den medizinischen Apparaten sehe ich drei zylindrische Behälter, in denen verschiedene Flüssigkeiten sind. Eine lilane, eine grüne, eine farblose. Die Flüssigkeit aus dem lila Zylinder wird aus dem Zylinder in einen Schlauch gedrückt. Ich drehe meinen Kopf auf die rechte Seite und sehe, wie der Schlauch, der in meine Venen führt, sich mit einer lila Flüssigkeit fühlt. Ich spüre, wie sie in meinen Körper fließt. Es brennt und drückt. Das Brennen breitet sich in meinem Körper aus. Als würden Nadeln in mich stechen. Angst und Panik schießen in mir hoch. Ich bäume mich auf, doch die Lederriemen halten mich zurück.

Eine Welle aus Dunkelheit rollt aus einer Ecke meines Kopfes auf mich zu. Sie ist beruhigend und mächtig. Ich vertraue mich ihr an und werde fortgetragen ins Nichts.

Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war. Doch ich finde mich schwebend wieder. An der Decke des weißen Raumes. Ich habe kein Körperempfinden. Ich bin einfach dort und schaue auf die Liege, auf die mein Körper geschnallt ist. Er ist ganz ruhig. Neben meinem Körper steht der Mann in seiner Uniform und beobachtet die Apparate. Auf meinem Kopf habe ich eine Haube, von der viele Kabel wegführen.

Ich fühle mich seltsam distanziert und entfremdet von meiner… von der Hülle, die dort unten liegt. Sie ist nurmehr Fleisch.

Etwas zieht von oben an mir. Ich… nein… mein Bewusstsein wendet sich dem Ziehen zu. Es ist ein Licht. Kein Licht wie das der Neonröhren. Es ist ein warmes, lebendiges, beinahe goldenes Licht, von dem ein Wohlklang und eine unabdingbare Liebe und Geborgenheit ausgeht. Es ruft mich. Ich schwebe darauf zu und der weiße Raum unter mir verblasst. Ich bin umgeben von Schwärze. Nur dieses Licht ist vor mir. Und ich… ich bin pures Sein. Kein Körper mehr, nur noch Energie.

In einer irrwitzigen Geschwindigkeit durchlebe ich mein gesamtes Leben noch einmal. Aus der Sichtweise aller, die mir darin begegnet sind. Empfinde, was ich in ihnen ausgelöst habe, sehe mich durch ihre Augen. Spüre das Grauen, den Schmerz, die Panik, die Freude, den Ärger, die Liebe, die ich in ihnen ausgelöst habe, und empfinde als letztes das Gefühl, das meine Mutter hatte, als sie mich das erste Mal auf dem Arm hielt. Ein Gefühl tiefen Glücks und tiefer Liebe. Ich lache sie an.

Die Emotionen überrollen mich, alle auf ein Mal. Ich erkenne, was ich für die anderen war. Ich bedauere und bereue alles, was ich Schlechtes tat.

Der Wohlklang des Lichtes wird lauter. Ich schwebe wieder auf das Licht zu und tauche in es ein.

Ein Gefühl bedingungsloser Liebe umfängt mich. Glück, Licht, Geborgenheit. Ich finde mich in einer idyllischen, von Licht durchfluteten Landschaft wieder. Doch sie ist, anders als dort, wo ich herkomme, nicht feststofflich. Sie ist wie aus Licht modelliert. Ich sehe Farben, die ich nie zuvor gesehen habe. Eine weite, hügelige Wiesenlandschaft und ein warmer Sommerwind, der das Gras und die Blumen sanft wiegt. Es ist ein ewiger, langer Tag ohne jede Zeit.

Ich spüre eine Präsenz neben mir. Sie kommt mir vertraut vor, doch auch wieder nicht. Auch sie ist wie aus Licht und lacht mir zu. „Komm!“, sagt sie. „Hier kannst du nicht bleiben. Du musst woanders hin.“ Ich folge ihr.

Die Landschaft zieht an uns vorbei. Ich genieße das Glück und die Geborgenheit.

Wir kommen an eine Grenze. Sie ist unsichtbar, doch ich spüre sie. Es ist eine Grenze zwischen der Lichtwelt und etwas dahinter. Mein Begleiter sagt: „Dort ist der Ort, an den du gehen musst.“

Ich frage ihn: „Ihr schickt mich nicht zurück?“ Mein Begleiter lacht wieder ein Lachen ohne jeglichen Spott oder Ironie. Ein wohlklingendes Lachen. „Nein. Deine Existenz dort ist beendet. Der Platz, an den du gehen musst, ist hinter dieser Grenze.“

„Was ist dort?“, frage ich. „Das weiß ich nicht“, sagt die Lichtgestalt. „Geh, und du wirst es herausfinden.“  Von einem Moment auf den anderen ist sie verschwunden. Ich stehe vor der Grenze und habe das Gefühl, nicht mehr in die Lichtwelt zu gehören, und weiß, wenn ich über die Grenze gehe, dann ist es unumkehrbar.

Ich möchte bleiben, doch das, was hinter der Grenze ist, ruft mich. Es zieht an mir.

Ich gehe einen Schritt und stehe vor einem Haus vor einem Fenster. Es regnet und eine klamme Kälte kriecht meinen Körper hinauf. Es ist dunkel. Ich sehe durch die Scheibe. Sie ist allein. Vor dem Fernseher eingeschlafen. Ich gehe ums Haus herum und ich erkenne die Situation wieder. Panik kriecht in mir hoch. Ich werde diese Frau töten. Ich habe es schon einmal getan. Ich brach durch die Hintertür in ihr Haus ein, überfiel sie, schlug sie halbtot, hörte ihr Schreien und Gurgeln, doch ich vergewaltigte sie und schnitt ihr die Kehle durch. Ich hatte es getan.

Ich spüre den metallenen Türgriff unter meinen Händen. Ich möchte es nicht wieder tun. Der Türgriff dreht sich und die Tür schwingt auf. Ich trete ein. Die Lichtgestalt steht im Flur.

„Warum zeigst du mir das?“, frage ich. „Ich habe es bereut.“

„Ich habe das nicht zu entscheiden. Das ist es, was dir zugedacht ist. Ich zeige es dir wieder und wieder. Du wirst es wieder und wieder und wieder tun. Und dann wirst du es aus ihrer Perspektive erleben. Wieder und wieder und wieder. Bis entschieden wird, dass es genug ist.“

Grauen erfüllte mich.

„Ist das die Hölle?“, höre ich mich fragen.

„Wenn du es so nennen willst“, antwortet die Gestalt.

Ich gehe leise durch den Flur und schaue durch die offene Tür ins Wohnzimmer und betrachte die Frau, die in ihrem Sessel eingenickt ist. Ich drehe mich nach der Lichtgestalt um. Sie ist fort. Ich gehe ins Wohnzimmer. In der Hand spüre ich ein Messer…

Es wird dunkel. Die Vision ist verschwunden.

Panik steigt in mir auf.

Ich höre eine Stimme. „Atmen Sie tief und ruhig! Einatmen… ausatmen… einatmen… ausatmen…“

Ich spüre, dass ich zurück bin in meinem Körper. Ich liege. Doch um mich ist alles schwarz. Etwas wird von meinem Kopf gezogen. „Frau Dr. Gruger, hören Sie mich? Atmen Sie ruhig ein und aus! Wir nehmen Ihnen nun die VR-Visualisierungseinheit vom Gesicht.“

Ich bin verwirrt und spüre einen Druck auf dem Gesicht. Licht blendet meine Augen. „Was…“, sage ich und schaue mich um. Ich liege auf einer Liege in einem Krankenzimmer. Ich schaue an mir hinunter. Ich trage einen engen Anzug mit Elektroden, von denen Kabel zu Apparaten führen, die neben meinem Bett stehen. Neben mir steht… ich erkenne ihn. Es ist Felix. Mein Doktorand in der Thanatologie. Er lächelt mir zu.

„Na, da sind Sie ja wieder, Frau Doktor. Ein ganz schön wilder Ritt, was?“, sagt er und legt die VR-Einheit auf einen Tisch.

Ich konzentriere mich.

„Mir ging es am Anfang genau so. Ich kam wieder und war völlig verwirrt und wusste erst gar nicht, wer ich bin. Es ist unfassbar, dass es so gut geklappt hat.“

„Das war die Todeserfahrung von James Holbeck?“, frage ich. „Dem, dem bei seiner Hinrichtung alle Hirnaktivitäten gemessen, gespeichert und digitalisiert wurden?“

„Unserem James“, Felix lächelte. „Unserem James, der gestorben ist und dessen Hirnaktivitäten bei seinem Sterben wir in ein komplexes VR Programm umsetzen konnten.“

„Unfassbar. Mein Gott. Aber wie ist das möglich? Das, was ich da erlebt habe, geht über das mein naturwissenschaftliches Verständnis von Tod und Sterben weit hinaus. Das war eine waschechte Nahtoderfahrung. Es war unglaublich….“

Felix schaut mich ernst an. „Die Elektroden an seinem Kopf waren so empfindlich, dass sie noch lange nach seinem Tod elektrische Signale aufzeichnen und lokalisieren konnten. Die Gehirnwellen, die das Computerprogramm in komplexe Bilder umgerechnet hat, zeigen uns, wie Holbeck seinen Tod erlebt hat. Eine unfassbare Menge an Daten. Es hieß bisher immer, dass materielle Wissenschaft nichts immaterielles erforschen könne, doch dieses Experiment war in der Lage, dem Objekt über die letzte Grenze zu folgen. Und der letzte Rest Hirnaktivität bestrafte James Holbeck für den Mord, den er begangen hat, indem er den Mord an Susan Eisenwinkel wieder und wieder durchleben musste.“

„Was für ein Horror. Die Hölle ist real.“ Ich schaue Felix geschockt an.

„Oder in seinem Kopf. Das wird die Auswertung zeigen. Zumindest war der Tod keine Erlösung für ihn.“

Felix lächelt wieder. „Das wird der Abteilung Thanalogie der Universität Ruhm und Ehre einbringen. Herzlichen Glückwunsch, Frau Doktor Gruger. Das Elysium-Projekt war erfolgreich.“

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