
Das Spektrum des Lebens
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Der Himmel
war wolkenlos
Die Sonne
schien hell und warm, sie konnte sich nicht verstecken. Konnte ich mich
verstecken? Nein. Wenn ich allein war, schien alles gut zu sein. Nur du und
ich. Neptun war mein einziger Freund. Der kühle Wind begann meinen Hals zu
beißen, es wäre wohl doch besser gewesen einen Schal oder dergleichen mitzubringen.
Naja wenn ich krank werden würde, müsste ich morgen nicht zur Schule gehen. Also
beschloss ich meinen Spaziergang fortzusetzen. Der kleine Spitz zerrte an
seiner Leine. ´Was für ein ungezogener Bengel´ ging mir durch den Kopf. Aber
genau das liebte ich so an ihm. Der kleine Meeresgott soll wüten dürfen. Ich
mag keine erzogenen Hunde, eine Welt ohne Stürme und Gewitter wäre doch
langweilig, oder? Der Himmel war nach wie vor wolkenlos. Ich begann mir
vorzustellen, wie dicke Regenwolken den Himmel bedeckten. Ich spürte den
imaginären Regen auf meine Kopfhaut prasseln. Vor meinem geistigen Auge ließ
ich die Bäume vom Wind verbiegen, oder besser gesagt, vor Ehrfurcht
niederknien. Es dauerte nicht lang, bis der erste Blitz einschlug und einen
Baum mit seinen Flammen wärmte. Ich schaute zu Neptun. Guter Hund.
Als ich
zuhause ankam, nahm ich den Kleinen in die Hand und ging ohne Umwege in die
Abstellkammer, welches sich mit ganz viel Liebe mein Zimmer schimpfen lies. Na
gut fast ohne Umwege, ich musste ja irgendwie an die Müllhaufen und Bierflaschen
vorbei kommen. Das Knallen der Tür löste ein schrilles „Sei Still!“ der
Gebärmaschine aus, die man auch Mutter nennen konnte. Ich… konnte das schon
lang nicht mehr. Ich war für sie nur eines von 12 Kindern, welche sie seit
ihrem 17. Lebensjahr produzierte. Die Männer wechselte sie schneller, als ihre
Unterwäsche. Die Kinder hatten für sie in etwa die gleiche Bedeutung, wie für
andere Menschen Tattoos, ihre Lebensabschnitte repräsentierten. Beim Ficken
musste sie sich wohl eine Gehirnerschütterung geholt haben, die bis heute nicht
verheilte, anders konnte ich mir ihre grenzenlose Verantwortungslosigkeit nicht
erklären.
Ich hörte
daraufhin Babygeschrei und Kinderstimmen, die um die Aufmerksamkeit ihrer
Erzeugerin bettelten. An diese Geräuschkulisse hatte ich mich schon lang
gewöhnt und nahm sie schon gar nicht mehr bewusst wahr.
Ich ließ
meinen Blick durch mein „Zimmer“ streifen. 3×4 Quadratmeter, leere Wände, deren
Tapete zum Teil gerissen war, rahmten die Kammer ein und wurde von einem
morschen Holzdeckel zugehalten. Alles war vollgestopft mit Kartons und alten
Zeichenutensilien. Als freischaffende Künstlerin konnte meine wundervolle
Mutter (also ob) von Zuhause aus arbeiten und auf ihre kleinen Dämonen
aufpassen. Ich hasste Kinder, und das obwohl ich streng genommen noch 3 Monate
lang selbst eines war. Aber, was ich noch mehr hasste, waren ihre Bilder.
Manchmal frage ich mich, ob sie diese nicht von unserem 3 Jährigen Jonathan
kamen, aber heutzutage ließ sich ja alles als Kunst verkaufen.
Neptun fing
an in meinen Armen zu zappeln, weshalb ich ihn herunterließ. Er hüpfte fröhlich
auf und ab, schnappte sich eine Tube mit gelber Ölfarbe und kaute vergnügt
darauf herum. Keine Sekunde später hatte ich den Hund in der einen und die
Farbe in der anderen Hand. Ich versuchte die beiden voneinander zu trennen. Es gelang
mir zwar nach, fast schon vollen Körtereinsatz, aber die Tube gab nach und das
dünne Plastik riss. Sowohl der Hund, als auch meine Wenigkeit wurden mit der
stinkenden Farbe bekleckert. „Verfluchte Schieße!“ fluchte ich und wollte mir
die Hände an der Hose abwischen. Doch irgendwas verleitete mich auf meine Hände
zu schauen. Die rechte Hand hatte nur ein paar Spritzer abbekommen, während die
linke völlig eingesaut war. Die Stellen, die mit Farbe bedeckt waren begannen
zu Kribbeln. Irgendwie fühlte sich das… gut an. Dieses Gelb… es war
wunderschön.
Ich wusste
nicht, wie lang ich so verharrte. Als ich realisierte, dass die Sonne unterging
und alles Rot färbte, war die Ölfarbe an meinen Händen trocken. Ich starrte
abermals auf meine Hände. Ich begann sie langsam zu bewegen. Die Farbe brach an
den Falten und bröckelte an verschiedenen Stellen ab. Durch das rötliche Licht
sah es so aus, als würde die Haut selbst zerbrechen. Hautschicht um
Hautschicht. Zelle um Zelle. Meine Hand sah so aus, als wäre sie von einer
Hautkrankheit befallen, welche die Haut austrocknen ließ. Plötzlich bemerkte
ich, dass ich es nicht mehr sah. Das Gelb war vorher doch so schön! Warum war
es jetzt so blass? Ich brauchte mehr Farbe! Mein Blick hastete durch den Raum,
auf der Suche nach der gelben Tube.
Ich hatte
sie gefunden.
Sie war
leer.
Daneben lag
Neptun, tot.
Er musste
die ganze Farbe aufgeleckt haben, was sein kleiner Hundekörper natürlich nicht
vertrug. Und ich hab es nicht bemerkt. Ich keuchte. Meine Beine gaben nach.
Schluchzend drückte ich die kleine Leiche an mich. Sie war nicht mal mehr warm
und das Meer würde nie wieder zu toben beginnen. Sein Fell, war noch bekleckert
mit… was war das nochmal? Ich konnte die Farbe nicht mehr erkennen. Was.. was sollte
das?! Ich schaute auf meine Hände… Nichts. Keine Farbe, alles war in einem
grauen Schleier verhüllt. „WIESO?“ brüllte ich in das Fell, wie man manchmal in
ein Kissen schreit, wenn man Frust herauslassen musste. War ich dazu verdammt
nicht mal mehr ein Fünkchen Glück empfinden zu dürfen? Darf ich die farbenfrohe
Seite dieser Scheißwelt denn nie wieder sehen?! Gab es überhaupt noch eine?
Oder wurde nun alles Gute nun restlos verbannt?
Ich hielt
meine Hand vor meiner Nase. Ich atmete den stechenden Geruch so lang ein, bis
ich anfing zu husten und letzten Endes erbrach. Ich schloss die Augen und atmete
weiter. Ich wollte mich ablenken. Ich wollte vergessen. Ich wollte mir die
Augen ausreißen. Ich wollte nie wieder sehen.
Ich roch die
Magensäure und öffnete die Augen und schaute auf mein Erbrochenes, erwartend,
eine ekelhafte gräuliche Pampe zu sehen. Doch… was ich sah verschlug mir den
Atem. So kräftige Farben habe ich noch nie gesehen. Es war ein Spektrum an
Farben, das ich so vorher noch nicht kannte! Ich hob einige Bröckchen mit meinen
tauben Händen hoch und ließ den kunterbunten Saft an meinen Armen
herunterlaufen. Schönheit kam von Innen, so heiß der Spruch doch oder? Erst
jetzt erkannte ich seine wahre Bedeutung. Ich konnte meine Freude kaum noch
unterdrücken und lachte laut. Von draußen drang, wie immer die krächzende
Raucherstimme ein, die Ruhe verlangte, doch ich nahm es kaum wahr. Ich blickte
auf Neptun. „Danke“ flüsterte ich mit einem breiten Grinsen auf den Lippen und
Tränen in den Augen. „Du hast mir die Augen geöffnet, du bist wirklich ein
wahrer Freund!“
Ich kramte
nach meinem Fleischmesser, dass ich zur Sicherheit unter meiner Matratze
versteckte. Man musste sich vor Eindringlingen schließlich schützen können.
Ohne zu zögern rammte ich es in meinen Bizeps. Ein bunter Regenbogen ergoss
sich aus meiner Schnittwunde. Mein Kopf pochte und ein Tsunami aus Dopamin
überschwemmte mein Herz. Der ganze Schmerz den diese Welt und vor allem ich
erleiden musste, wurde schlagartig verbannt. Ich fühlte mich, als wäre ich auf
einem LSD Trip, doch allmählich merkte ich, wie meine Sicht verschwamm und mein
Bewusstsein nachließ. Sofort riss ich das Bettlaken von der Matratze und band
es um meinen Arm. Nein… diese Erkenntnis darf nicht verschwinden. Keuchend
setzte ich mich aufs Bett Ich darf jetzt nicht sterben. Ich will keine
Schwärze. Ich will alles sehen! Jetzt, wo ich doch das wahre Wunder des Lebens
entdeckt habe.
„ICH WILL
WUNDER WAHR WERDEN LASSEN!“ Ich schreite die Worte so laut, dass meine Kehle
anfing zu brennen.
„Jetzt
reicht es aber!“ Ich hörte die Schritte meine Erzeugerin näher kommen.
Ich wollte
die Welt wieder bunter machen, versprochen. Und ich wusste schon genau, wo ich
anfangen würde.