ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Es war ungewöhnlich schnell dunkel geworden. Er war auf dem Rückweg eines ausgedehnten Spazierganges
gewesen, als auf einmal sehr rasch dichter Nebel aufgezogen war. Auch
die Sonne war urplötzlich hinter dem Horizont verschwunden. Oder war
er nur so in Gedanken versunken gewesen, dass er einfach nicht
gemerkt hatte, dass es dämmerte? Es war Mai, aber noch sehr kalt für
diese Jahreszeit. Hatte man sonst manchmal schon um diese Zeit das
zarte Erwachen des Frühlings gespürt, so war das Land zur Zeit noch
im Griff des Winters. Die unangenehmen sieben Grad, die es gerade
einmal hatte, hatten ihn aber nicht von seinem ausgedehnten
Spaziergang durch das Moor abgehalten, den er jeden Freitag zu tun
pflegte. Seine Frau und seine Tochter, die ihn manchmal begleiteten,
hatten seine Frage heute mit einem entrüsteten Kopfschütteln
beantwortet. Ihn jedoch störte die Kälte nicht. Zwar wurden seine
Zehen und Oberschenkel langsam ein wenig kalt, doch dank
Thermounterwäsche und fester, warmer Bekleidung war ihm ansonsten
recht warm.
Er fragte sich, wie spät es wohl war.
Eine Uhr nahm er ganz absichtlich nie mit, genau so wenig, wie sein
Smartphone. Er genoss diese langen Wanderungen durch das Moor, ohne
unter Zeitdruck zu stehen, oder erreichbar zu sein. Henning war gegen
17 Uhr losgegangen, demnach war es jetzt wahrscheinlich halb acht.
Manchmal verlor er total das Zeitgefühl. Das Moor, durch das er ging
war das größte Norddeutschlands, und es konnte gefährlich sein, die
Wege zu verlassen, denn es gab unter dem flach aussehenden Matsch und
Schlick tiefe Löcher, in denen ein Erwachsener leicht bis zur Hälfte
einsinken konnte. Blieb man jedoch auf den Wegen, so bot sich einem
oft ein sehr schöner Anblick auf grüne Wiesen, sanfte Hügel und
alte, verkrüppelt dastehende Eichen. Es gab auch sehr viele Tiere
hier, Rehe, Falken, und einmal hatte Henning einen Fuchs gesehen, der
verstohlen durchs Unterholz pirschte. Heute dagegen war nichts zu
sehen gewesen, doch das war nichts ungewöhnliches. Ungewöhnlich war
allerdings das, was geschah, als Henning gerade im immer dichter
werdenden Nebel eine Kreuzung zu finden versuchte.
Durch den Nebel, der ihm fast jede
Sicht nahm, drang ein leiser, erstickter Laut an seine Ohren:“Hilfe!“
Henning blieb stehen. Hatte er das wirklich gehört? Wenn man alleine
durch den dichten Nebel ging, konnte einem das Gehirn schon einmal
Streiche spielen. Zögernd machte er einen kleinen Schritt.
Plötzlich, diesmal dringlicher kam wieder ein ersticktes „Hilfe!“
Henning drehte sich hilflos im Kreis, er konnte nicht ausmachen,
woher der Hilferuf kam. „Wo sind Sie?“, rief er so laut er konnte
in die Einsamkeit hinein. Es kam keine Antwort. Dann glaubte er, ein
im Nebel zögerlich umherzuckendes Licht zu sehen, wie von einer
Taschenlampe. Er ging darauf zu, verließ den Weg und ging über
grünes Gras auf das schwache Licht zu. Noch drohte ihm keine Gefahr
vom Boden, doch bald würde er aufpassen müssen. „Hilfe!“
Diesmal, so kam es ihm vor, ein wenig näher. Noch einmal versuchte
er es mit Rufen: “Hallo! Können Sie mich hören? Sind Sie bei dem
Licht?“ Wieder Stille, doch dann drang durch den Nebel ein
flüsterndes „Ja“ Na also. Da war wohl jemand eingesunken.
Henning ging jetzt mit rascheren, aber immer noch vorsichtigen
Schritten auf das Licht zu, das aber irgendwie nicht näher rückte.
Im Gegenteil, es schien vor ihm herzutanzen, schien ihn zu locken.
Das war natürlich Unsinn, aber komisch war es doch.
Langsam sanken seine Schritte in den
weicher werdenden Boden ein. Jetzt hieß es allmählich aufpassen.
Henning kam eine Idee. „Rufen Sie weiter, damit ich hören kann, ob
ich ihnen näher komme.“ Es kam wieder keine Antwort. Derjenige,
der da in der Klemme saß, hörte ihn bestimmt nicht gut.
Wahrscheinlich blies der kaum merkliche Wind die Worte des
Festsitzenden in Hennings Richtung, doch andersherum war es natürlich
nicht so. Henning ging schweigend weiter, dem zuckenden Licht
entgegen. Es kamen keine Hilferufe mehr. Er hatte Durst. Mit vor
Kälte und ein wenig Nervosität wackelnden Fingern holte er eine
Wasserflasche aus seinem Rucksack hervor und schraubte den Deckel ab.
Er trank einige Züge, doch dann ertönte ohne Warnung ein weiterer,
diesmal wesentlich schrillerer Schrei, und es kam Henning so vor, als
schrie ihm jemand ins Ohr. Vor Schreck ließ er die Flasche fallen
und mache einen Satz rückwärts, wobei er mit einem leisen feuchten
Geräusch bis zu den Knöcheln im Schlamm einsank. Kalt lief der ihm
in die Schuhe, und er unterdrückte ein Schauder. Ihm war unheimlich
zumute. Der Nebel spielte mit den Geräuschen, machte es ihm
unmöglich zu bestimmen, woher sie kamen.
Er horchte in die dichter werdende
Dunkelheit. Er musste sich beeilen, in der Dunkelheit hier draußen
herumzuirren wäre lebensgefährlich. Aus einem Reflex heraus griff
er sich an seine rechte Hosentasche, doch dann wurde ihm noch kälter
vor Schreck. Er hatte kein Handy dabei! Während er fieberhaft
überlegte, kam das flackernde Licht auf einmal rasch näher. Wie
konnte das sein? Steckte der, der da um Hilfe gerufen hatte nicht im
Schlamm fest, sondern hatte sich nur verirrt? Henning hoffte es, um
so schneller konnte er hier aus dem Nebel heraus. Jetzt war er nicht
mehr nur nervös, er hatte Angst. „Ich komme zu ihnen, ich komme
jetzt zum Licht. Bleiben sie bitte dort stehen.“ Eine merkwürdig
klingende Stimme, wahrscheinlich die einer Frau antwortete:“Ja,
kommen sie. Kommen sie ganz weit her.“ Henning stutzte. Wie war das
denn gemeint? Von dieser merkwürdigen Aussage verunsichert vergaß
er, nach unten zu schauen. Bei seinem nächsten Schritt sank er auf
einmal bis zu den Knien im kalten, feuchtem Schlamm ein. Vor Schreck
stockte ihm der Atem, er brachte nur ein ersticktes Keuchen heraus.
Im ersten Moment der Panik strampelte Henning heftig, nur um prompt
zehn Zentimeter weiter einzusinken. Der faulige Modergeruch stach ihn
in der Nase.
Er bemühte sich, ruhig zu sprechen und
brachte nach einem nervösen, viel zu schrillem Kichern heraus: “Tja,
jetzt müssen sie mir wohl heraushelfen.“ Als Antwort tanzte nur
der Lichtschein einige Meter vor ihm umher. Auf einmal fiel Henning
auf, dass das Licht aus der Nähe doch nicht an eine Taschenlampe,
sondern viel mehr an eine Laterne erinnerte, denn es gab keinen
Strahl. Es machte ihn irgendwie ziemlich nervös, dass man ihm nicht
antwortete, denn auf diese Entfernung musste der Halter der Laterne
ihn verstanden haben. „Hey!“, rief er noch einmal mit kläglicher
Stimme. Das Licht sprang plötzlich um ihn herum. Henning zitterte am
ganzen Körper, und der Schlamm gab nur ein feuchtes Saugen von sich,
als er versuchte, sich aus ihm zu lösen. Ganz langsam sank er tiefer
ein, wie von einer anderen Kraft gezogen, und ihm wurde plötzlich
bewusst, dass er hier nicht mehr ohne Hilfe herauskommen würde. Er
starrte das herumspringende Licht an, bis es plötzlich in einen
toten Blickwinkel sprang, den er nicht einsehen konnte, da er nicht
seinen ganzen Körper drehen konnte. Er war inzwischen fast bis zur
Hüfte eingesunken.
Das Licht nicht zu sehen, ließ ihn in
Panik ausbrechen. Er hatte das Gefühl, als pirsche sich etwas
entsetzliches von hinten an ihn heran, und er hatte keine Chance, es
zu betrachten. Er schrie, ein schriller, im Nebel rasch verhallender
Laut. Plötzlich sah er über sich eine Bewegung. Er riss seinen Kopf
ruckartig nach oben und sah, dass die Lichtquelle knapp über seinen
Kopf hinweg schwebte und knapp einen Meter vor ihm begann zu sinken.
Henning betrachtete das Licht, und während er es ansah, hatte er das
Gefühl, dass die Temperatur weiter sank. In seinem Kopf fingen
kleine, unterdrückte Stimmchen an, ihn um Hilfe anzuflehen,
bettelten ihn an, ihnen zu helfen. Sie wurden immer lauter, während
die Quelle des kalten, leicht grünlichen Lichtes im Schlamm versank,
und steigerten sich zu einem lauten, alptraumhaften Crescendo, bis
sie urplötzlich verstummten. Henning stöhnte erlöst und senkte
erschöpft den Kopf, nur um etwas weitaus beunruhigenderes zu sehen.
Vor ihm, genau da, wo das Licht
versunken war, begann der Schlamm zuerst träge Blasen zu bilden, nur
um sich dann zu einem regelrechten Brodeln zu steigern. Henning hatte
die fürchterliche Ahnung, dass dort etwas aus dem Moor aufstieg,
etwas, das er bestimmt nicht sehen wollen würde. Panisch keuchend
begann er zu strampeln, nur um bis zum Bauch einzusinken. Der Geruch
nach feuchter Erde, Verwesung, und Fäulnis war auf einmal
unerträglich stark. Sich der Ausweglosigkeit seiner Lage bewusst
begann Henning zu weinen, wobei er immer wieder erstickt aufschrie.
Und immer noch brodelte vor ihm der Schlamm. Er entleerte seine Blase
vor Angst in seine Thermohose, zuerst war es warm, doch dann wurde es
ihm entsetzlich kalt ihm Schritt.
Langsam begann etwas aus dem Boden an
die Oberfläche zu dringen. Zuerst etwas rundes, dass dann langsam zu
einer Schädeldecke wurde. Henning, unfähig wegzuschauen,
registrierte entsetzt, wie sich die obere Hälfte des Kopfes (denn
das war es) mit einem feuchten Schmatzen aus dem Schlamm hob. Langsam
offenbarte sich eine Schädeldecke, an der sich an einigen Stellen
bereits die Haut gelöst hatte, und an denen grau Knochen
durchschimmerte. Dann löste sich, mit einem raschen Ruck der Rest
des Kopfes aus dem Moder. Lange, einer Frau gehörende Haare, steckten
noch mit den Spitzen im Schlamm, und während sich der Kopf hob,
fielen sie teils in Büscheln aus.
Ein Gesicht starrte ihn da an, das
Henning, würde er die Gelegenheit dazu bekommen, nie mehr vergessen
würde. Der Farbton der Haut variierte zwischen einem braun und einer
fauligen Schwärze, es waren, durch die Fäulnis ruiniert, keine
Gesichtszüge zu erkennen. Die Augen wirkten erschreckend normal. Sie
starrten ihn aus dieser Maske aus fauligem Fleisch und Schlamm heraus,
mit einer perversen Freude an seiner Angst, an. Das Ding hatte keine
Lippen, und so zeigte sich viel mehr von seinen Zähnen, als es den
Mund öffnete. Diese waren vollkommen weiß, so, wie in einer Werbung
für Zahnpasta. Sie waren klein, und es gab keine Lücken im Gebiss.
Die Kreatur öffnete ihren Mund unnatürlich weit, wie zu einem
gewaltigen Gähnen und stieß dann mit einer schlangenartigen
Bewegung vor.
Henning begann wie ein Schwein auf
einer Schlachtbank zu schreien, als sich dieses Wesen, durch den
Schlamm scheinbar ungehindert, auf ihn zubewegte. Aus dem Schlamm
hoben sich dünne, verweste Arme, und als sich die sehnigen,
furchtbar kräftigen Hände mit kaltem, nassen Griff auf seine
Schultern legten, quiekte Henning. Dann erhob sich noch einmal ein
letzter, dünner Schrei, der in einem grausamen Gurgeln endete, als
die lebende Leiche ihre Zähne in Hennings Hals grub und grunzte, als
das warme Blut herausschoss. Es dampfte auf dem kalten Schlamm, und
wurde von diesem gierig aufgesogen.