GeisterMittel

Stolpersteine

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Gerne möchte ich euch meine persönliche Geschichte erzählen, bei der erwähnt werden sollte, dass diese Ereignisse 1:1 so stattgefunden haben und ich nichts dazu erfunden habe oder von mir bewusst weggelassen wurde. Die Namen wurden von mir aus Respekt den Toten gegenüber geändert.

Als Studentin lebte ich in Trier und bin grade mit meinem damaligen Freund zusammen gezogen in die Altbau-Wohnung meiner Träume. Parterre, hohe Decken, ein langer schöner Flur mit Jugendstil-Kacheln und liebevollem Stuck an den Decken. Ganz in der Nähe des Bahnhofs, also super zentral und als die alte Vermieter-Dame von oben uns den Preis nannte, waren wir von den Socken: Absolut bezahlbar!!

Ich richtete die Wohnung liebevoll ein und wir schafften uns auch noch 2 wunderschöne Norweger-Katzen an – mein Glück schien ungelogen einfach perfekt zu sein. Einige Wochen gingen ins Land und wir gewöhnten uns in der Wohnung ein, die Geräusche waren doch anders als in einem Neubau – überall knarzte es und wenn es nachts still wurde hörte ich die alte Dame von oben schnarchen, es war manchmal so laut, dass ich mir genervt ein Kissen auf die Ohren pressen musste.

Eines Nachts übernachtete mein Freund bei seinen Eltern in der Heimat. Da ich am nächsten Tag Vorlesungen hatte, ich war alleine in der Wohnung mit unseren Katzen. Ich lag im Bett und las ein Buch als ich wie von einer elektrischen Ladung in der Luft darauf aufmerksam gemacht wurde, dass meine Katzen am Fuße meines Bettes saßen, sich aufplusterten und beide angespannt in die hintere Ecke meines Schlafzimmers starrten. Ich rief ihre Namen und richtete mich auf um sie zu streicheln und schmunzelnd zu fragen was denn los sei, doch sie würdigten mich keines Blickes. Sie blinzelten nicht einmal, was ein wirklich eigenartiges Verhalten ist.

Dann begann mein Kater mit tief gurgelnden Drohgeräuschen, sich aufzubäumen, er sträubte jedes einzelne Haar seines Fells und drückte seinen Buckel durch. Er erschien plötzlich 3 mal so groß. Seine Schreie waren derart einschneidend, dass mir die die Haare zu Berge standen. Mit einem Fauchen und anschließendem hellen Aufschrei endete das Szenario, als beide Tiere wie von der Tarantel gestochen, mit schabenden Krallen auf dem Parkettboden, aus dem Zimmer preschten.

Plötzlich war es so still, dass man gehört hätte, wenn eine Nähnadel auf den Boden fällt. Das Herz klopfte mir bis in den Hals, ich konnte kaum atmen, das Adrenalin pulsierte durch meine Adern. Ich stierte nun auch in die Ecke und wollte mir gar nicht ausmalen was meine Katzen da sahen, dass sie so erschrecken ließ.

Denn… da war nichts. Zumindest nichts was ich sehen konnte.

Das ich diese Nacht kaum ein Auge zu machte, brauche ich glaube ich nicht zu erwähnen, dass Schnarchen meiner Nachbarin raubte mich noch zusätzlich noch den letzten Nerv.

In der nächsten Nacht begannen schleichend, aber drückend erste Schmerzen in meinem Brustbereich aufzutreten. Ich wurde die Woche darauf schwer krank, mit 40 Fieber lag ich wie im Delirium auf der nassgeschwitzten Matratze und hatte einen Alptraum nach dem anderen. Und diese Schmerzen in der Brust, sie schnürten mir die Luft ab, wie ein glühend heißer Amboss auf den Rippen. Um vier Uhr früh war es immer am schlimmsten.

Eines nachts war es dann so heftig, dass ich mit vor Angst aufgerissenen Augen, am T-Shirt meines Freundes zerrte, nach Luft japsend. Er rief dann den Notarzt, denn ich bekam nun wirklich gar keine Luft mehr und rang mit der Panik, die das Atmen zusätzlich erschwerte.

Ich war dann eine Woche im Krankenhaus und wurde mit allen Bildgebenden Verfahren gründlich untersucht. Doch am Ende der Woche entließ mich der Chefarzt stirnrunzelnd mit einer Überweisung zum Psychologen, denn körperlich fehlte mir nichts. Ein herber Schlag ins Gesicht, sage ich euch, denn wer in meiner Haut gefühlt hat was ich fühlte, der könnte sich im Traum nicht ausmalen, dass all das von meiner Psyche erzeugt worden sein sollte.

Doch auch damit fand ich mich dann irgendwie ab, denn das war immerhin eine Erklärung für das was mit mir geschah und kontaktierte einen Therapeuten, der mir den Erst-Termin in 8 Monaten nannte. Ich fragte mich so langsam wie ich so lange alleine damit fertig werden sollte, denn jede Nacht so gegen 4 wachte ich schreiend vor Schmerz auf und brauchte Stunden um mich einigermaßen zu erholen. Ich konnte kaum mehr meine Vorlesungen besuchen und für meinen damaligen Freund war das Ganze auch eine Tortur, wusste ja keiner was mit mir los war.

All das Glück um mich herum schien langsam zu bröckeln und es gab keinen der mir auch nur annähernd hätte helfen können.

Nach einigen Wochen kam dieser… dieser widerliche Gestank hinzu. Ich bemerkte immer nachdem ich die Wäsche frisch gefaltet in den Schrank im Schlafzimmer legte, wie mir ein süßlicher, widerlicher Geruch von… von, ich weiß nicht wie ich es anders beschreiben soll, verwesendem Fleisch in die Nase stieg. Es schauderte mich, aber beim ersten mal dachte ich noch, vielleicht haben die Katzen eine tote Maus ins Schlafzimmer geschleppt und irgendwo liegen lassen. Ich suchte alles ab, schob alle Möbel vor und fand … nichts.

Der Geruch wurde von Tag zu Tag intensiver, wie Adern zog er sich durch den Raum. Immer nur im Schlafzimmer und immer wenn ich meinen Freund mit zugekniffener Nase rief, stand er verblüfft und schnüffelnd im Schlafzimmer und sagte „Ich rieche nichts…“, bei einem Gestank, bei dem ich mich am liebsten Übergeben hätte.

Bei all den zahllosen Nächten, die ich nun wach im Bett lag, und versuchte das ohrenbetäubende Schnarchen der Nachbarin zu ignorieren, dämmerte ich manchmal ein und schrack auf, weil ich ein Wort weit entfernt hörte oder mich das Gefühl beschlich jemand… oder etwas… beobachte mich. Kennst du das Gefühl, wenn du plötzlich spürst das dich jemand anschaut? So war das, nur mitten in der Nacht und ich fühlte es immer aus der einen dunklen Ecke im Schlafzimmer ausgehend.

Wenn ich dann wie gebannt in die dunkle Ecke starrte… starrte es zurück.

Von da an schlief ich nur noch mit Licht, mein Freund und ich stritten uns nun häufig und er schlief dann auf dem Sofa, weil ihn das Licht störte, naja und weil mein Verhalten eben sehr ungewöhnlich war, um es milde zu formulieren. Ich aß nur noch wenig und schlief kaum. Wenn ich mich mit Freunden traf, fühlte ich mich wie in einer Blase, wie in Watte gepackt und auch verstanden fühlte ich mich nicht mehr. Mir kamen alle Themen des Alltags plötzlich so banal vor, so weit weg und ungreifbar. Hatte ich ganz andere Probleme, von denen ich nicht wagte sie anzusprechen, aus Angst vor der Reaktion.

Manchmal, bei nacht verspürte ich einen sanften Druck auf der Bettdecke, wie als setzte sich etwas auf meine Decke oder striff mir tagsüber beim Lernen durch den Nacken, oder über die Haare. Als ich mich umdrehte, war da natürlich nichts und so begann ich irgendwann gar nicht mehr nachzuschauen, ich betete nur noch leise für mich das „Maria hilf“- Gebet. Dabei war und bin ich nicht christlich erzogen worden. So groß war meine Verzweiflung dann wohl schon.

Eines Nachmittags rief meine Vermieterin an, sie wollte mit mir über eine Nebenkosten-Abrechnung sprechen. Ich ging hoch in Ihre Wohnung und sah mich zum ersten mal bewusst um. Sie war ganz anders geschnitten als unsere…

Als wir so im Esszimmer an ihrem dunklen Holzesstisch saßen, um mich herum Wandteppiche, Kronleuchter, Spitzen-Deckchen, Kerzenständer und jede Menge anderen Alte-Dame-Kitsch wo das Auge hinblickt, redete sie irgendwas von Gas und Wasser, was bei mir nur dumpf ankam, wie als hätte ich einen Helm an und jemand sprach in der Ferne zu mir.

Ihre Hände suchten nervös etwas auf dem Tisch bis sie schwerfällig aufstand und sagte:

„Hach, da habe ich glatt meine Brille auf dem Nachttisch vergessen, bin gleich wieder da…“

und auf den Flur herrauswackelte. Doch sie ging nicht in die Richtung im Flur, die ich erwartet hätte, in die wo auch unser Schlafzimmer ist, nur eine Etage tiefer, sondern genau in die andere. Ich war plötzlich ganz klar und lehnte mich mit den Stuhl nach hinten um auch mit den Augen zu bestätigen, was meine Ohren da hörten.

Und tatsächlich… Ihr Schlafzimmer war… genau auf der anderen Seite der Wohnung. Noch mehr als das, es war anscheinend in einem zusätzlichen Anbau über der Garage… Es lief mir eiskalt den Rücken runter… Das Schnarchen… jede Nacht…

Wenn es nicht meine Vermieterin war…. wer war es dann??

Ich rang etwas mit der Fassung, als sie wieder das Esszimmer betrat.

„Was ist denn mit dir Mädchen, hast du einen Geist gesehen? (ungelogen haha) Ist dir nicht gut?“ Ich war wohl kreidebleich.

„Ihr Schlafzimmer… Schlafen Sie nicht dort?“, stammelte ich.

Sichtlich irritiert blieb sie stehen und schaute mich verdutzt an.

„…Ich schlafe in meinem Bett, wie jeder andere normale Mensch auch.“, antwortete sie.

Mir wurde schlecht.

„Wohnt… wohnt sonst noch jemand hier, oder übernachtet bei Ihnen?“

Mit einem Plumps ließ sie sich in den Stuhl fallen und lachte.

„Das wäre ja noch schöner! Seit mein Mann gestorben ist, lebe ich hier alleine… Was ist denn los Mädchen?“,

nun war sie sichtlich besorgt. Ich glaube mein Mund stand weit offen. Ich schloss ihn wieder und murmelte:

„… Nichts, nichts, ich dachte nur manchmal Besuch bei Ihnen zu hören.“

Den Rest des Gesprächs nickte ich nur noch und versuchte den Gong in meinen Ohren zu unterdrücken.

Ich ging die Treppen herunter zur Haupteingangstür, setzte mich auf die Treppenstufen und zündete mir mit zitternen Händen eine Zigarette an.

„Nun“, dachte ich, „jetzt ist es offiziell: Ich bin verrückt geworden, ich muss den Verstand verloren haben.“ So saß ich rauchend auf dem Treppchen vor der Haustür, ratlos was jetzt aus mir werden soll, verängstigt und verunsichert, tausend Gedanken rannten durch meinen Kopf.

Da fiel mein Blick auf etwas vor mir, dass im Asphalt eingelassen war. Zwei Stolpersteine*.

*Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln, sogenannten Stolpersteinen, soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus (NS-Zeit) verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

Sie sind mir schon mal aufgefallen, aber bewusst habe ich sie nie gelesen. Ich schnipste die Zigarette weg, die mittlerweile schon am Filter schmorte und stand auf um zu lesen was auf den kleinen Messingtafeln stand:

Emilie Kaufmann

geb. Ehrlich

geboren 1877

Deportiert 1941

Lordz

gestorben ???

Daneben auf dem Stein stand

Manuel Kaufmann

geboren 1847

Selbstmord

Gestorben am 19.2.1938

Mir stockte der Atem.

„Kann es sein, dass in diesem Haus etwas derart Schreckliches und Traumatisches geschehen ist, dass sich diese Energien jetzt manifestierten? Ist in den Wänden vielleicht so viel Leid gespeichert, dass ich nun fühlen konnte?“ Ich traute mich kaum das zu denken, es war alles so absurd und Stolpersteine gab es in Trier wie Sand am Meer, und hatte ich noch nie etwas Derartiges gehört oder erlebt. Ich recherchierte danach stundenlang und wurde ziemlich schnell fündig.

Emilie Kaufmann

„Sie ist eine religiöse jüdische Frau. Am Sabbat, an

dem frommen Juden das Feuermachen verboten

ist, kommt eine christliche Nachbarin und

hält das Herdfeuer am Brennen. So erzählten es

die Nachmieter. Emilie Kaufmann, geborene Ehrlich,

heiratet den jüdischen Pferdehändler (➛) Manuel

Kaufmann und wohnt seit 1913 in diesem Haus.

7. 1904 wird ihr Sohn Peter Bernhard geboren.

Im Frühjahr 1938 – wenige Wochen nach dem

Freitod ihres Mannes – wird Emilie zwangsweise

in ein „Judenhaus“ eingewiesen. Es ist auch das

Jahr der Trennung von ihrem Sohn Peter. Er heiratet

eine Französin und kann sich nach Frankreich

absetzen. Sie bleibt in Trier und wird von dort 1941

ins Ghetto Łódz verschleppt.

Die Tochter von Peter Kaufmann, Maria Kaufmann

hat die Stolpersteine für ihre Großeltern

gespendet, die sie nie kennen lernen durfte.

Der Stolperstein Emilie Kaufmann wurde am

12. 2 . 2 005 im Beisein von Frau Maria-Kaufmann und

ihren beiden Söhnen verlegt.

Manuel Kaufmann

Ältere Bewohner des Nord-viertels haben noch

vor Augen, wie Manuel Kaufmann und sein Bruder

Jakob auf ihren Pferdekutschen die Theobaldstraße

entlangfahren. Manuel Kaufmann ist Pferdehändler

und betreibt gemeinsam mit seinem Bruder ein

stadtbekanntes Fuhr- und Transportunternehmen.

Sie sind anerkannt und beliebt und treffen sich

mit Nachbarn im Gasthaus Pieper zum Skat

„kloppen“. Man geht zusammen Fußball spielen

oder ins Strandbad an die Mosel. Mit seiner Frau

(➛) Emilie Kaufmann und dem gemeinsamen Sohn

Peter Bernhard wohnt Manuel seit 1913 in diesem

Haus.

Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft

endet das friedliche Miteinander im Viertel. Die Nazis

schaffen ein Klima der Angst, jüdische Geschäftsleute

verlieren ihre Kunden – selbst gute Freunde

grüßen sich jetzt nicht mehr auf der Straße. Es ist

nicht überliefert, was die Kaufmanns konkret erlitten

– jedenfalls findet Emilie ihren Mann Manuel am

19. 2 . 1938 tot im Badezimmer ihres Hauses – er

hat sich erhängt.

Sein Stolperstein wurde am 12. 2 . 2 005 im Beisein

seiner Enkelin und den beiden Urenkeln verlegt.

Manuel Kaufmann hatte sich im Badezimmer dieses Hauses erhangen.

Drei Jahre bevor seine Frau ihrer Familie grausam entrissen und in ein Ghetto deportiert wurde.

Ich weinte, auf einmal ging mir das, was wir früher in der Schule so eindringlich vorgetragen bekommen haben, so, so nah.

Ich las danach sehr viel über die NS Zeit und über das Unrecht, dass den Menschen widerfahren ist. All das Leid, dass so weit weg schien und in einer längst vergangen Zeit, war plötzlich zum Greifen nah, hier passiert, vor und in meinem Haus.

Auch forderte ich im Stadtarchiv den alten Grundriss meiner Wohnung an und als ich hastig den Kuvert öffnete und den Grundriss und die Kopien der Pläne vor mir ausbreitete, wurde mir bewusst, warum die Vorkommnisse in meiner Wohnung sich so auf mein Schlafzimmer konzentrierten.

Da wo ich heute jede Nacht schlief,

war früher das Badezimmer der Familie Kaufmann gewesen.

 

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