CreepypastaMittel

Construction

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Es ist Punkt 7:25 Uhr, als die Sirenen aus den Lautsprechern meiner (wundervollen) Konstruktion ertönen. Es signalisiert den Einwohnern, dass es an der Zeit ist aufzuwachen. Denn in fünf Minuten um 7:30 Uhr ist es so weit: dann beginnt meine morgendliche Ansprache, und jedem soll das Recht zustehen, meinen weisen Worten lauschen zu dürfen. Deshalb werde ich in wenigen Augenblicken auf einem überdimensionalen Bildschirm über der (herrlichen) Konstruktion erscheinen, über welchen ich sprechen werde. Den Einwohnern ist völlig klar, dass die Konstruktion die herkömmliche Geometrie längst überschritten hat und sich auf einer völlig neuen architektonischen Evolutionsstufe innerhalb des Anthropozäns befindet. Daher ist es für alle ein tagtägliches Spektakel zu hören, welche Anweisungen ich denn heute parat habe. Meine Konstruktion ist ein Meilenstein der Menschheitsgeschichte, und sie alle sind mir so unendlich dankbar. Ich erschuf die Konstruktion vor vielen Jahren. Ich erschuf sie mithilfe der Lichtwanderer, die sich einst in großen Zahlen um mich scharrten; mich bei der Erfüllung meiner Bestimmung begleiteten. Ihnen zu ehren, ließ ich kupferne Monumente errichten. Darauf befinden sich Gravurschriften wie: »Die Konstruktion schafft Wissen«, »Eins mit dem Planeten werden – durch die Konstruktion«, »Jedwede Katastrophe verhindern, mit der Konstruktion« oder »Mit der Konstruktion mit dem Universum verschmelzen.«

»Guten Morgen, euch Allen …« Die Liveübertragung läuft nun und ich bin auf dem Bildschirm erschienen. Wie immer präsentiere ich mich in einem weißen Smoking. Daraufhin kommen blasse, kahlgeschorene Köpfe nach und nach aus unzähligen Luken hervor, in denen sie mit nummerierten Halsbändern hausen und die wie Schröpfen an meiner (einzigartigen) Konstruktion angeordnet sind. Es sind die Adaptierten der Konstruktion. Düstere Nebelschwaden, die die hochgewachsenen und wie riesige Reben anmutenden Röhren und Schlauchbauten umhüllen, ergeben nebenbei ein geheimnisvolles Bild. Wie hervorsprießende Pilze recken immer mehr neugierige Hälse ihre Köpfe nach oben; erst 100, dann 500, dann 1000, dann 5000, 10.000 und noch viel mehr. Es dürstet sie alle nach neuen Informationen, Vorgaben und Weisheiten. Sie sind bereit, die wertvollen Worte des Architekten entgegenzunehmen.

Meine Stimme ertönt weiter aus dem Bildschirm: »Ich hoffe sehr, dass ihr einen angenehmen Schlaf hattet, frisch und erholt seid.  

Kommen wir zu den heutigen Vorgaben: Heute Morgen ist es nicht gestattet, mehr als 97 ml Wasser zu trinken, das hat die Konstruktion berechnet und reicht aus, um euren Körper genügend zu hydratisieren.  

Die Konstruktion weist ebenso zur Körperpflege: dazu hat sie euch für heute die Waschbefugnis mit beschränktem Wasserzugang genehmigt und euch Waschlappen zukommen lassen, mit denen ihr euch waschen sowie frisch und sauber fühlen könnt.  

Die Konstruktion entsendet zum Frühstück Maisbrei mit gegarten Schlammwürmern, dazu nehmt ihr die obligatorischen legalen Vitaminpillen ein, um eurem Körper die nötige Energie für den Tag zu geben und das Immunsystem zu stärken.  

Die Heizkörper in den Zellen dürfen die 16 Grad-Marke Raumtemperatur für diese Woche nicht übersteigen, vermeldet die Konstruktion außerdem.  

Lasst euch stets von der Konstruktion durchs Leben führen. Die Konstruktion ist Vollkommenheit. Die Konstruktion ist Perfektion. Die Konstruktion ist Vertrauen. Die Konstruktion ist wir. Und wir sind die Konstruktion!« 

»Ach, das hätte ich fast vergessen …«, füge ich noch an. »Versammelt euch alle bis zur Mittagsstunde beim großen Plateau, denn es wurde wieder ein Zweifler entdeckt …« 

Auf den letzten Satz folgend, fangen die Einwohner an, sich fragliche Blicke entgegenzuwerfen. Skepsis liegt in deren Blicken, teils sind sie erschüttert. Nr. 5779 spricht zu Nr. 2231 am Ausguck, nebenan eine zierliche Frau: »Ein Zweifler …« Ein anderer flüstert: »Wer ist der Zweifler?« Und wieder ein anderer murmelt: »Ein neuer Zweifler …« 

Im Anschluss halten Alle verflochtene, eiserne Rasseln aus den Luken in die Höhe, die sie gekonnt zu schütteln beginnen, wie es der Brauch verlangt, wenn ein Zweifler ausfindig gemacht wurde, wobei die große Anzahl aus schüttelnden Armen es wie einen eisernen Sturm erklingen lässt.

Als es später an der Zeit ist, haben sich alle um mich herum – selbstverständlich bin ich höchstpersönlich aus Fleisch und Blut vor ihnen erschienen -, um das Plateau herum versammelt. Sie alle wollen den Zweifler sehen. Sie alle wollen wissen, wer sich dort, auf dem Altar, auf dem Podest unter dem monumentalen Gemälde der Konstruktion gerade hin und her windet und vergebens versucht, sich von der Fixierung zu lösen. Zu diesem Anlass hat sich die Menge sogar in ihre Versammlungskleidung gehüllt; verzierte eiförmige Hauben. Und sie alle schütteln noch einmal ihre eisernen Rasseln, was deren Gefühlslage den nötigen Ausdruck verleiht, wie es das Wort allein niemals zu beschreiben vermag.

Dem sich windenden Zweifler, ein schon etwas älterer Mann, läuft der Schweiß von der Stirn. Hingegen ich mich nun mit größter Zuversicht in Richtung meiner Zuhörerschaft richte und die Anklage verlesen werde …

»Meine lieben Einwohner …«, spreche ich. »Wir haben uns hier versammelt, da unsere geliebte Konstruktion leider wieder jemanden deklarieren musste, der durch seinen bloßen Zweifel das Stören des Friedens unserer Gemeinschaft bewusst in Kauf genommen hat.« Die Menge rasselt abermals mit den verflochtenen Eisenstäben.

»Lasst uns gemeinsam herausfinden, welch Missgunst uns im Erinnerungsinterface von Nr. 3684 erwartet, und was er uns die ganze Zeit vorenthalten hat …«, sage ich, als die wabernden Verbindungsschläuche vom fixierten Zweifler und der Konstruktion, die durch die Nasenhöhlen direkt in dessen Stammhirn führen, zu vibrieren beginnen und der Energiefluss per Gedankenübertragung anfängt zu starten …

»Erinnerungsinterface Starten …« 

Ich schreibe diesen Eintrag am 13. Juni 2027.  

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie ich, um die aktuelle Sachlage zu beschreiben, am besten beginnen soll. Um es gleich mal auf den Punkt zu bringen: Ich habe Angst. Angst um meine Kinder, Angst um meine Frau und Angst vor dem, was mit der Bevölkerung – was mit der ganzen Stadt – da draußen gerade passiert … Wie konnte es nur so weit kommen?  

Wer sie sind oder woher sie kommen, weiß keiner. Sie traten so plötzlich auf der Bildfläche auf und beseitigten jeden Regierungspolitiker so schnell, dass man meinen könnte, alles sei nur ein nebulöser Fiebertraum. Ein Hirngespinst. Was haben wir dystopische Science-Fiction-Streifen aus Hollywood immer belächelt. Früher, als wir noch normal ins Kino gehen konnten; als wir noch ein unbeschwertes Leben lebten. Als wir noch nicht in Angst leben mussten.  

Und was ist jetzt? Jetzt wiederfinden wir uns selbst in einem Katastrophenfilm. Alle dachten wir, dies sei ein sicheres Land, von dem man sich bis jetzt drauf verlassen konnte, dessen Verfassung schütze unmittelbar das Recht eines jeden Einzelnen von uns. Es sei mir verziehen, sollte ich abschweifen, doch weiß ich meine Gedanken kaum noch richtig im Zaum zu halten, seit ihrer Ankunft und Herrschaftsübernahme über alles und jeden.  

Es begann alles vor etwa einer Woche. Auf einmal ist dieser Typ im weißen Smoking über jeden Bildschirm geflimmert. Egal ob Smartphones, Fernseher, Computer oder irgendwelche Elektronik-Banner in der Innenstadt: auf allen elektrischen Bildschirmen, von den Elektrofachgeschäften bis in jeden Privathaushalt war »Der Architekt« zu sehen, wie er sich selbst bezeichnet. Auch über das Radio traten sie in Kontakt mit uns. Alle Kleinstadtbewohner können es bezeugen.

Weshalb ich mal von ihnen, mal von nur einem Mann rede, komme ich gleich zu sprechen …    

Die Art und Weise wie sie kommunizieren besteht aus bizarren Frequenzunterschieden, und der Architekt übersetzt es dann über den Fernseher oder Smartphone in der Direktübertragung. Was sie vermehrt seit ihrer Ankunft tun, ist es für uns, immer neue Regeln und Verhaltensweisen für den Tag einzuführen. Es wird etwa angeordnet, alle elektronischen Geräte ab einer bestimmten Zeit abzuschalten, wann wir unsere Häuser nicht verlassen dürfen oder welche merkwürdigen Sendungen wir zu sehen hätten.  

Auch die gesamte Stadt scheint sich irgendwie zu verändern … ich kann es nicht genau definieren … es ist, als wäre die Stadt ein Organismus, der Opfer eines Fremdkörpers geworden wäre, der sich wie ein Geschwür überall ausbreitet. Eine fremdartige Geometrie entsteht an einigen Stellen und wer versucht die Stadt mit dem Auto zu verlassen, fährt auf der Gegenseite wieder in selbige hinein – eine Endlosschleife.

Das schlimmste sind jedoch die Nächte. Wenn sie auf den Straßen der Nachbarschaft umherwandern und patrouillieren. Es sind dunkle, hochgewachsene Wesen, aus deren Gesichtern ein Scheinwerferlicht leuchtet, so grell, dass es auf der Netzhaut brennt und man nicht weiß, mit was man es zu tun hat. Einige Bewohner, die zu flüchten versuchten und auf den Straßen von ihnen – wir nennen sie die »Lichtwanderer« -, erwischt werden, verschwinden spurlos …  

Ich weiß auch nicht, ob diese ganze Situation nur diese Kleinstadt betrifft oder landesweit übergreift. Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Deshalb poste ich nun diese Nachricht auf dieser Seite. Wenn irgendjemand weiß, was hier geschieht und uns helfen kann, schickt uns Hilfe!

»Es ist jammerschade, dass Nr. 3684 Gedanken und Erinnerungen noch so verunreinigt sind und er auch jetzt noch nicht verstanden hat, dass ihm die wahre Freiheit doch einzig durch die Konstruktion zuteilwerden kann«, urteile ich und ergänze: »Manche verirrte Seelen müssen wohl zu ihrem Glück geführt werden.« 

Das Erinnerungsinterface ist jetzt entfernt worden. Dafür habe ich nun am Zweifler eine mechanische Apparatur befestigen lassen, dazu dienend dessen Kiefer und Lippen weit auseinanderzuspreizen und offen zu halten. In einem Moment positioniere ich mich gelassen hinter dem Zweifler, und im nächsten Moment betätige ich einen Hebel. Die Konstruktion lässt folglich etwas hinabgleiten. Etwas, dass sich von den vielen Schläuchen zu befreien versucht, mit denen es transportiert wird. Es ist schleimig und mit tausenden hauchdünnen Tentakeln ausgestattet. Bei dessen Befreiungsversuchen windet und reckt es sich auf eine bösartige Weise.

Als es den fixierten Mann jedoch bemerkt, scheint sich sein Verhalten zu ändern; es scheint sich nun völlig auf ihn zu versteifen. Als es bereits ziemlich nah ist, sind hinten, wo es kegelförmig zuläuft, unzählige kleine Augen zu erkennen, die durcheinander blinzeln. Und es stinkt wie Jauche. Und es faucht katzenartig.

Unten angekommen, ertastet es mit seinen Quallen artigen Tentakeln sofort den Kopf, als würde es von einem bestimmten Instinkt geleitet werden. Die Augen des Zweiflers erinnern jetzt vermehrt an ins Weiße aufgeblähte Bälle, die vor Schreck geweitet sind. Seine Versuche, sich zu befreien, werden immer verzweifelter und erfolgloser, während das Wesen sich immer weiter an ihm festklammert.

Das Wesen beginnt sich durch den gespreizten Mund zwischen die Zähne und in den Rachen zu zwängen mit einer Kraft, die man nicht erwarten würde, wobei die noch aus dem Mund heraushängenden Tentakel wie gesalzene Aale auf dessen Brust herumzappeln und wie Spagetti im Mund verschwinden. Sehr gut lässt sich ein Aufwölben dort erkennen, wo sich das Wesen gerade durch das Halsinnere gräbt. Die ganze Prozedur verursacht, dass ein Augapfel hervorquillt und nun lose heraushängt aufgrund des hohen Drucks im Körper des Zweiflers. Aus dem anderen Auge laufen Tränen, und er schreit vor Schmerzen. Stumm, da man ihn nicht hört.

Nachdem sein Körper etwa drei Minuten lang merkwürdig zuckt und pulsiert, ist es vollendet … Seine Fesseln werden abgenommen, und der Adaptierte beginnt sich als reingewaschener Mensch zu erheben, worauf er vom Podest herabsteigt und sich in die Menge begibt, worin er verschwindet. Er ist nun eins mit allen. Eins mit dem Universum. Eins mit der Konstruktion.

Dann spreche ich noch einmal zu ihnen: »Meine lieben Einwohner findet ihr nicht auch, dass ebenso anderen Städten das Recht zusteht, von der Konstruktion profitieren zu dürfen …? Die Konstruktion sollte weltweit übergreifen! Lasst uns mit den Nachbarstädten beginnen …« 

Von der Menge kommt ein letztes eisernes Rasseln, worauf sie mit unzähligen feinen Tentakeln, die aus tausenden Mündern ragen und um sich peitschen, den Himmel anheulen.

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6 Kommentare

  1. Du beschreibst eine sehr interessante Dystopie, die mir gut gefällt. Allerdings fand ich dhe Ausführungen des „Zweiflers“ etwas zu genau. Hier hätte man ruhig ein paar Fragen offen lassen können. Zudem hätte ich es besser gefunden, wenn nicht jeder von so einem Wesen besetzt gewesen wäre, sondern die Leute einfach zum einhalten der Regeln gezwungen wären. Aber insgesamt trotzdem ne super Geschichte.

    1. Danke für den Kommentar und gute Kritik.
      Ja, dass mit dem Zweifler fand ich zuerst auch zu direkt, wollte es allerdings innerhalb einer kurzen Pasta zügig auf den Punkt bringen. Ich persönlich finde auch fast den Brief als eigene Pasta geeignet. Aber freut mich, dass es sich einigermaßen lesen lässt. ^^

      lG
      MrZaru

      1. Ja, ich hätte es gut gefunden, wen die Machtübernahme der Lichtwandler ne eigene Geschichte gewesen wäre. Aber das St Geschmackssache. Auf jeden Fall würde ich noch ftejrn, mehr Geschichten aus dieser Welt zu lesen.

  2. War sehr gut. Mich hat es mit den Zweifler nicht allzu sehr gestört (eigentlich gar nicht). Ich liebe solche dystopischen Welten und diese hat mich auch sehr gefallen ^^ Ist auch cool geschrieben ;D

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