Die Stimme unter meinem Bett
Von Torge Meyer
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Es war eine heiße Sommernacht im Jahre 1996, als ich mich völlig erschöpft ins Bett geschmissen habe. Ich war damals 7 Jahre alt und ich habe mit meinen Geschwistern Fußball gespielt. Ich habe zwei größere Brüder, sie waren 10 und 12 Jahre alt: Randy und Bob. Wir hatten alle ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Zu unseren Eltern aber auch. Dieses gute Verhältnis ist heute noch gegeben. Darüber bin ich sehr dankbar. Mein Name ist Marie und ich schreibe das hier nicht auf, weil ich euch von ein wenig Fußball mit meinen Brüdern berichten möchte. Auch wenn es natürlich eine wertvolle Zeit ist, ist es nichts ungewöhnliches oder etwas, über das ich einen Text für die Öffentlichkeit schreiben würde. Ich möchte vielmehr über die eine Nacht schreiben, die meine verträumte und naive Sicht auf die Welt völlig veränderte. Oder sagen wir, zerstört hat. Als 7jährige glaubte ich noch an den Weihnachtsmann und Feenstaub. Heute schließe ich meine Schlafzimmertür ab und habe stets Pfefferspray bei mir, wenn ich Abends in der Stadt unterwegs bin. Selbst, wenn ich in Begleitung bin. Selbst, wenn ich starke Kerle an meiner Seite habe. Man kann mich vielleicht als paranoid bezeichnen. Aber die Geschehnisse in jener Nacht haben mich verändert.
Es muss so kurz vor 10 gewesen sein. Meine Mama schickte mich ins Bett. Aber das hätte sie gar nicht gemusst, denn wie ich schon schrieb, schmiss ich mich erschöpft ins Bett. Das stundenlange Fußballspielen hat doch ziemlich viel Power gekostet. „Soll ich dir noch eine Gute Nacht Geschichte vorlesen“, fragte mich meine Mama noch an dem Abend. „Nein, heute nicht“, gähnte ich laut. Ich erinnere mich, dass das Fenster in meinem Schlafzimmer offen war. Das erschien mir nicht ungewöhnlich, da es sowieso warm war. Ich vermutete, dass meine Mutter das Fenster öffnete. Wir lebten damals in einem Haus, nicht in einer Wohnung in einem Hochhaus. Mein Schlafzimmer lag im Obergeschoss. An dem Abend hat es nicht lange gedauert, bis ich eingeschlafen bin. Ich lag auf meiner rosa Prinzessinnen-Decke und schloss meine Augen. Ich dachte darüber nach, wie ich besser in Fußball werden könnte, dann war ich schon eingeschlafen. Das ging recht flott, vermutlich nur 10 Minuten. Ich muss dann so um 1 Uhr morgens wieder aufgewacht sein. In meinem Zimmer war es dunkel, auch die Tür war geschlossen. Ich hörte etwas, dass ich erst nicht verstand. „Hier läuft doch irgendwo Musik?“, dachte ich mir. Durch das geöffnete Fenster müsste ich es natürlich lauter als gewöhnlich hören können, wenn jemand auf der Straße Musik anmachte. Ich weiß noch, dass ich mich in dem Moment wunderte, was für eine ungewöhnliche Musik da gehört wird, so ohne Instrumente. Erst danach verstand ich, dass diese Geräusche nicht von draußen kamen. Ich lauschte genauer hin und vernahm einen sanften Gesang: „La la la la la la“, erklang von irgendwoher. Dann wurde ein Satz gesungen: „Kleines Mädchen, keine Angst, ich bin doch so lieb“. Erst in dieser Sekunde realisierte ich, dass ich gemeint sein musste. „Wahrscheinlich spielen meine Brüder mir einen Streich“, dachte ich mir anschließend. Aber warum sollten sie das tun? Das haben sie doch sonst nicht gemacht? Das waren Fragen, die ich mir stellte. Ihr Schlafzimmer, das sie sich teilten, war unten. Selbst, wenn ich geschrien hätte, hätten sie mich nicht gehört. Meine Eltern hatten auch ihre Räumlichkeiten nicht in meinem Stockwerk. Ich war da oben völlig alleine. Eine Erkenntnis durchbrach dann meinen Gemütszustand schlagartig. Ich bekam eine völlig Panik. Der Gesang konnte nicht von meinen Brüdern stammen, weil die Stimme ganz klar von einem älteren Mann kam. Und nun erkannte ich, woher die besagte Stimme erklang. Sie war unter meinem Bett! Ja, ihr habt richtig gehört. Unter meine Bett! Irgendwer sang ein Lied unter meinen Bett. Irgendein Fremder. Mitten in der Nacht. Um 1 Uhr morgens. Er sang mich direkt an. „La la la la la la, ich bin doch so lieb“, erklang erneut. Der Fremde sang aber nicht aggressiv oder laut, sondern ganz sanft, geflüstert. „Hab keine Angst, hab keine Angst, ich bin doch so lieb“, sang er wieder. Wusste er, dass ich wach war? Diese Frage werde ich nie beantwortet bekommen. Ich würde untertreiben, wenn ich sage, dass ich in dieser finsteren Angst verspürte. Ich hatte eine so unfassbare Furcht und einen so unaussprechlichen Schrecken in mir, dass es durch meinen ganzen Körper zog. Vom Kopf bis an meine Zehen. Ich wollte völlig still sein, damit der Fremde unter mir nicht bemerkt, dass ich ihn höre. Aber es war unmöglich. Ich zittere und zitterte. „Mama, Papa, Randy, Bob, bitte kommt jetzt in mein Zimmer“, diesen Wunsch habe ich immer wieder gedacht. Ich hörte über einen längeren Zeitraum keinen Gesang mehr. Aber als ich mich konzentrierte, hörte ich ein leises Atmen. „Ich kann mir das gerade nicht eingebildet haben. Da ist definitiv jemand unter meinem Bett“, waren meine Folge-Gedanken. Mit der Zeit entwickelte sich das Atmen zu einem Schnarchen. Der Fremde schien eingeschlafen zu sein. Ich spielte mit den Gedanken, dass ich langsam aufstehen und schnell zu meinen Eltern rennen könnte, doch es war mir nicht möglich, mich zu bewegen. Ich stand unter einen Schock, der mich völlig lähmte. Ich wollte heulen, doch ich reißte mich zusammen. An dieser Stelle sollte ich auch erwähnen, dass ich nicht weiß, wie lange dieses Horrorszenario ging. 1 Stunde, vielleicht mehr. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Tatsächlich, und darüber wundere ich mich bis zum heutigen Tag, schlief ich irgendwann wieder ein. Ja, ich weiß nicht, wie ich das schaffen konnte. Meine Augen öffneten sich, als ich das erste Vogelgezwitscher vernahm. Der Tag war angebrochen und mein Zimmer war erfüllt mit dem Morgenlicht. Ich hatte immer noch Angst, doch das Licht machte mich mutig. Ich hörte auch kein Schnarchen, Atmen oder Gesang mehr. Ich bewegte mich ganz langsam, so, dass ich wenige Geräusche machte. Als mein linker Fuß den Boden berührte, bekam ich einen ordentlichen Schub an Adrenalin und sprang auf. Ich rannte unverzüglich zu meiner Tür, schaute aber in dem Moment hinter mich und senkte meinen Blick direkt unter mein Bett. Doch da war nichts! Niemand lag unter meinem Bett. Ich atmete erstmal erleichtert aus und beruhigte mich immer mehr. Ich wollte eigentlich sofort meine Eltern wecken, doch das Geschehene musste wohl ein böser Albtraum gewesen sein. So interpretierte ich das damals. Ich ging dann trotzdem unten in die Stube und wartete bis irgendwer frühstücken kommt. Schlaf war nicht mehr möglich. Ich schaltete den Fernseher an und schaute ein paar Cartoons.
Ein paar Stunden später klingelte bei Mama und Papa im Schlafzimmer das Telefon. Kurz darauf, hörte ich Mutters Stimme: „Marie, wo bist du?“. Sie schien mich in meinem Zimmer gesucht zu haben.
„Marie, wo bist du“, schrie sie fast. „Vor dem Fernseher“, antwortete ich ihr rasch. Sie lief direkt die Treppe runter zu mir und nahm mich in den Arm. „Ich dachte, du bist abgehauen“, sagte sie zu mir.
„Wie kommst du darauf“, erwiderte ich ihr verwundert. Ich werde nie Mamas Gesichtsausdruck in dieser Situation vergessen. „Na, wegen der Leiter“, sprach sie. Mutter erklärte mir in den Moment, dass sich unter meinem Fenster eine Leiter befand. Irgendwer musste sie dahingestellt haben. Aber weder Vater, Randy, noch Bob waren die Übeltäter. Wir bemerkten auch, dass unser Geräteschuppen aufgebrochen wurde. Daher wird derjenige die Leiter bekommen haben. „Mama, wer hat da vorhin eigentlich angerufen?“, fragte ich sie. Ihre Antwort erschreckte mich zutiefst. „Das war Tante Anke. Sie warnte mich. Im Radio kam die Meldung, dass ein geisteskranker Mörder aus der Psychiatrie ausgebrochen. Es wird vermutet, dass er sich in unserer Gegend versteckt“, sprach Mutter. Als ich ihr erzählte, was mir in der vergangenen Nacht widerfahren ist, kamen ihr die Tränen. Vater war in dieser Sekunde auch zu Gegend und konnte unser Gespräch zuhören. Er griff sofort zum Telefon und rief die Polizei.
Heute weiß ich, wer dieser Mörder war. Es handelte sich um Ricky Fuhrmaier. Er war ein berüchtigter Frauenmörder. 5 Leben soll er beendet haben. Seine Taten geschahen alle aus einem psychotischen Anfall. Er war extrem gefährlich. Nun fragt ihr euch wahrscheinlich, woher ich wissen konnte, dass unter meinem Bett wirklich dieser Geisteskranke war? Ganz einfach: Noch am gleichen Tag wurde Ricky Fuhrmaier von einem Polizisten erschossen. Er versuchte unsere Nachbarin zu ermorden, als er sich in ihr Haus schlich. Doch sie konnte sich wehren und ihn mit einem Fleischklopfer erschlagen. Als die Polizei ihn vorfand, die durch den Anruf meines Vater schon zur Gegend war, erwachte er und versuchte die Beamten anzugreifen. Dies war sein letzter Übergriff. Sie töteten ihn mit 4 Schüssen. Nie wieder wird er sich an Frauen vergehen. Bekannt war Ricky Fuhrmaier auch für seinen sanften Gesang, den er während seines Aufenthalts in der Psychiatrie oft vortrug. Er sang nicht richtig, sondern er flüsterte viel mehr. So sagten es seine
Therapeuten in einer Doku, die einige Jahre später auf einem beliebten Streaming-Dienst veröffentlich wurde. Auch ich wurde interviewt. Das Interview war vor einem Jahr. Wahrscheinlich war dies auch der letzte Impuls für mich, den ich brauchte, um diesen Text zu verfassen und über mein Erlebtes zu berichten. Selbst mit meinen Bruder habe ich nur wenig über die eine Nacht
gesprochen. Trotzdem waren sie für mich da. Bis zu meinem 11. Lebensjahr musste ich bei meinen Eltern schlafen. Mein Bett wurde in ihr Zimmer gestellt. Darüber war ich damals sehr froh, denn ich hatte jahrelang noch Albträume. Denn es ist für Kinder die absolute Horror-Vorstellung, dass etwas unter ihrem Bett lauert: Ein Monster unter dem Bett. Und in meinem Fall trifft dies wahrhaftig zu, denn Ricky Fuhrmaier war ein Monster.
Ich hatte an diesem Tag aber auch großes Glück. Denn Ricky Fuhrmaier vergriff sich nie an Kinder. Wäre ich damals eine 30jährige Frau gewesen, wäre die schreckliche Situation in jener Nacht anders ausgegangen.
Ich gebe euch zum Ende einen Rat. Nehmt meine Geschichte ernst. Schließt eure Türen ab, vermeidet dunkle Gassen, bewaffnet euch, lernt Kampfsport und seid wachsam. Nein, man muss nicht paranoid werden und in jeden Fremden eine potentielle Gefahr sehen. Aber man sollte es nicht herausfordern. Darum ist mein letzter Ratschlag: Fordert niemals euer Glück heraus!
(Ein Original vom YouTube-Kanal FINSTERREICH)