
Du brauchst keine Angst haben!
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Du gehst den schmalen, mit Betonplatten ausgelegten Fußweg entlang, wie jeden Tag, wenn du von der Arbeit kommst. Unter normalen Umständen wärst du schon längst zuhause, aber heute war einfach viel los und so hatte dein Chef entschieden, den Restaurantbetrieb noch ein wenig in die Länge zu ziehen. Einige deiner Kollegen haben sich darüber natürlich mächtig echauffiert, aber dir macht das nichts aus. Immerhin liebst du deine Arbeit und die Wege deiner Stadt sind auch bei Nacht gut ausgeleuchtet. Die Sonne ist schon vor Stunden hinter dem Horizont verschwunden und so arbeitest du dich von Lichtkegel zu Lichtkegel, während deine Schritte durch die Nacht hallen. Außer dir ist niemand mehr auf dieser Straße unterwegs, was auch nicht sehr verwunderlich ist, immerhin durchläuft sie einen sehr abgelegenen Teil deiner Stadt und wird deshalb auch am Tage nur selten benutzt. Lediglich der ein oder andere Fernzug vom Parallelgleis rechts neben dir stört die nächtliche Ruhe, schafft es aber nicht, dich aus deinen Gedanken zu reißen. Für dich gibt es nur den Weg vor dir und dein warmes Bett an dessen Ende.
Nach einiger Zeit bleibst du jedoch stehen. Vor dir gabelt sich die kleine Betonstraße in zwei Richtungen. Links von dir schlängelt sich der Weg einfach weiter an den Bahngleisen entlang, während er rechts von dir direkt durch einen Tunnel führt. Du kennst beide Wege gut und weißt somit, dass du durch den Tunnel eine ganze Menge Zeit sparen könntest. Trotzdem benutzt du ihn nicht bei Nacht, denn du weißt, welche Geschichten man sich darüber erzählt. Schreckliche Geschichten von Menschen, die auf mysteriöse Weise darin umgekommen oder einfach komplett verschwunden sind, so als hätte es sie niemals gegeben. Als Aberglaube und dummes Geschwätz hast du sie damals abgestempelt, aber irgendwie traust du dich bis heute nicht, den seltsamen Tunnel bei Nacht zu betreten. Allerdings bist du schon ziemlich müde und allein die Vorstellung an den viertelstündigen Umweg lässt deine Beine schwer werden. Warum also nicht den Tunnel nehmen?, denkst du dir. Dann könntest du diesen ganzen Spinnern endlich mal beweisen, dass an ihren ausgedachten Märchengeschichten nichts dran ist.
Hast du Angst?, fragt dich die Stimme in deinem Kopf, als du den ersten Schritt in die Unterführung setzt. Ein kühler Luftzug bläst dir entgegen und weht somit auch gleichzeitig dein bis eben noch vorherrschendes Überlegenheitsgefühl weg. Dennoch verneinst du die Frage, denn ein bisschen Wind kann dich nicht zum Umkehren bewegen. Entschlossen schreitest du voran.
Hast du Angst? Du hast etwa ein Viertel der Unterführung passiert. Über dir rollt gerade ein Nachtzug über die Gleise, aber das Donnern der Schienen dringt nur als dumpfes Dröhnen zu dir herunter. Alle deine Sinne sind gespannt und achten auf jede kleine Unregelmäßigkeit. Du siehst das leichte Flackern der Leuchtstoffröhren an der Decke und die Insekten, die sich darum versammeln, hörst ein leises Tropfen, riechst die fahle, abgestandene Luft und spürst den kalten Beton der Tunnelwand, auf dem deine Hand ruht. Es scheint jedoch einfach nur ein ganz normaler Tunnel zu sein. Innerlich machst du dich über dich selbst lustig, schimpfst dich aber gleichzeitig einen Narren, jahrelang einen Umweg gegangen zu sein, weil du auf das Geschwätz einiger abergläubischer Leute gehört hast. Nein, Angst hast du nicht.
Hast du Angst?,meldet sich die Stimme in deinem Kopf erneut. Die Hälfte des Tunnels liegt bereits hinter dir, aber plötzlich gehen die Lichter aus. Ein wenig erschreckst du dich, als die Dunkelheit auf einmal ohne Vorwarnung die ganze Unterführung einnimmt. Kurz überlegst du, einfach umzudrehen und doch lieber den längeren Weg zu nutzen, aber so kurz vor dem Ziel willst du nicht einfach so aufgeben. Du merkst, wie dein Schritt schneller wird. Erst kaum merklich, aber schon bald gehst du ins Joggen über, dann ins Rennen und schließlich in einen schnellen Sprint. Deine Beine hasten über den glatten Betonboden, obwohl du sie nicht sehen kannst. Dein Blick ist starr auf den rettenden Ausgang gerichtet, der mit jedem Schritt immer näher kommt. Blut rauscht in deinen Ohren und mit jedem Meter strömt mehr Adrenalin durch deine Adern. Nur begleitet vom Geräusch deiner eigenen Schritte hastest du durch die Unterführung und merkst, wie dein Atem immer flacher wird und sich ein metallener Geschmack in deinem Mund sammelt. Gleich ist es geschafft. Dein Herz klopft wie verrückt, während du dir vergeblich einzureden versuchst, dass es hier nichts gibt, das dir wehtun könnte. Ich habe keine Angst!, sagst du dir immer wieder, obwohl du das schon selbst nicht mehr glauben kannst.
„Hast du Angst?“ Du bleibst ruckartig stehen. Dein ganzer Körper zittert vor Anstrengung und Ermüdung. Fast hätte dein Atem gestockt und du bist dir sicher, dass dein Herz für einen Schlag ausgesetzt hat.
Die Frage kam nicht aus deinem Kopf…