In der Nacht, wenn die Hexen singen
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Es war mitten im Oktober. Einem wirklich kalten und regnerischen Monat. Glaubt mir, ich war nie sehr erpicht darauf, an diesen Abend mein Haus zu verlassen, doch nun stand ich da. Meine Sachen gepackt, in einen Rucksack, der mir so schwer auf den Schultern lag und je länger ich auf meine Freunde an der dunklen Straßenecke warten musste, umso schwerer wurde er.
Wir hatten uns vor etwa einer Woche dazu entschlossen, einen kleinen Ausflug in einen Wald zu machen. Eigentlich war ich kein Naturfreund, auch wenn ich in einem kleinen Dorf nahe einem Wald aufgewachsen war und vor allem fast jeden Tag in diesem spielte, als ich noch klein war. Heute sind jedoch andere Zeiten. Ich bin nicht mehr erpicht darauf, mich in einem Zelt eng an andere zu quetschen und vorher Gruselgeschichten zu hören. Nein, die Zeit ist vorbei.
Jegliches Gemecker im Hinterkopf verbannt, als ich meine Freunde endlich die lange Straße auf mich zukommen sah, setzte ich meinen schweren Rucksack einen Augenblick ab, um mich entspannen zu können, worauf ich meine Freundinnen an mich drückte und mit gespielter Freude meine eigentliche Lustlosigkeit über eben diesen Ausflug überspielte.
Nach der üblichen Begrüßung und den Witzen darüber, dass es doch eigentlich eine eher spontane und unüberlegte Idee gewesen war, setzte ich das schwere Gepäck wieder auf und folgte meinen beiden Freundinnen aus Kindertagen.
Die Gegend war damals, als wir noch tagsüber immer hierher kamen irgendwie weit freundlicher. Damals, auch wenn es eine verlassene Landstraße war, erlebten wir die tollsten Dinge auf dem Weg vom Dorf zum Wald. Nun, so während der Nacht wirkte sie bedrohlich und einengend. Die Bäume bewegten sich langsam im Wind, warfen durch den hellen Mond einen gruseligen Schatten auf den Boden vor unseren Füßen und die Blätter die noch an den knarrenden Ästen hingen, raschelten, als würde etwas in der Krone sitzen und sich seicht bewegen. Genau mit diesen Gedanken kam auch das mulmige Gefühl. Irgendjemand beobachtete uns.
Meine Freundinnen waren mir schon einige Schritte voraus, aber auch ihnen war anzusehen, sie fühlten sich nicht wohl. Genau dies schien auch der Grund zu sein, wieso sie auf einmal stehen blieben und ich endlich aufholen konnte. Als ich bei ihnen ankam und etwas gehetzt zu ihnen blickte, war mir eines sofort bewusst. Sie blieben nicht wegen mir stehen.
Auf die Frage was los sei, gaben sie keine Antwort und so folgte ich einfach ihren entsetzten Blicken. In gerade einmal zwanzig Metern vor uns stand jemand. Wer, konnte ich nicht sagen, denn obwohl der Mond hell schien erkannte man nur die Gestalt eines Menschen in einem Mantel. Zumindest sah es danach aus.
Ich blickte mich um, aber niemand sonst war da und dann geschah es. Als ich das Geräusch den Abend zum ersten Mal hörte, durchzog es mich wie ein Stromschlag. Ein schrilles Kreischen durchbrach die Stille. Mir schlotterte der Körper. Mein Magen zog sich zusammen und jeder Muskel zuckte. Obwohl ich es nur einmal gehört hatte, klang es noch in meinen Ohren nach und auch meine beiden Begleiterinnen schienen davon so erschrocken, dass sich Mia, eine der beiden, auf einmal erschrocken an den Hals fasste. Sie meinte ihr schlug der Puls bis in diesen und sie konnte kaum noch atmen. Auch Laura, die andere gute Seele an meiner Seite wich zurück und ohne es sehen zu müssen, wusste ich, sie würde ebenso zittern wie ich.
Nachdem der erste Schock etwas abgeklungen war und auf die Frage, was genau da gerade geschehen war, keine Antwort zu finden war, drehte ich mich wieder zur Gestalt vor uns. Sie stand noch immer da, doch endlich rührte sie sich. Sie hob langsam ihren linken Arm und hielt ihn etwa in Kopfhöhe zur Seite ausgestreckt. Einen Moment wartete ich, ob noch etwas geschah, aber vergebens. Dann stieß mich Mia leicht an und klammerte sich gleich darauf an mich. Die Gestalt zeigte auf Etwas.
Mein Blick wanderte und dann endlich verstand ich was los war. Da waren noch mehr Menschen. Ebenso wie die vor uns waren sie soweit vermummt, dass man ihre Gesichter und den Rest nicht erkennen konnte. Allerdings hören. Leise hörte man sie sprechen. Was, konnte ich nicht verstehen, aber genau das und eben das sie mit langsamen Schritten auf uns zukamen, gab uns allen den Ansporn einfach loszulaufen.
Wir rannten. Die Straße entlang und machten dabei einen solch großen Bogen um die Gestalt vor uns, dass sie uns nicht mit den Armen erreichen konnte. Der Plan wieder in das Dorf zu laufen, war mir auch in den Sinn gekommen, doch es zog mich einfach weiter. Ob es die Angst war, die Panik die meine Beine einfach ergriffen hatte oder einfach nur meine Unüberlegtheit, würde sich wahrscheinlich noch zeigen.
Wir erreichten den Wald. Ohne anzuhalten, trieb uns die Angst einfach weiter. Immer weiter hinein über das am Boden liegende Geäst, über die Steine und kleinen Hügel. Die Dunkelheit hielt uns nicht ab. Kamen wir ins Stolpern erhoben wir uns wieder und rutschten wir auf dem nassen Moos aus, krochen wir erst ein wenig und liefen dann weiter.
Wir machten Halt. Unsere Lungen und Muskeln waren am Ende. Unsere Beine gaben einfach mitten in dem dunklen Wald nach und zwangen uns in die Knie. Wir brauchten eine Rast, doch man ließ uns nicht. Gerade riss ich mir den Rucksack von den Schultern, was ich wahrscheinlich schon vorher hätte machen sollen, als ich wieder den Gesang hörte. Die Worte verstand ich nun auch nicht, aber ich hörte eine Melodie hinter diesen.
Sofort riss ich meine Freundinnen wieder an den Ärmeln, wollte sie aus ihrer Erschöpfung reißen, um ihr Leben zu retten, doch es war zu spät. Sie blieben sitzen und langsam sah man die Gestalten zwischen den Bäumen auf uns zu kommen. Sie umzingelten uns. Überall, egal wie ich mich drehte, sie waren da und kamen auf uns zu, bis sie auf einmal stehen blieben und auch ihr Gesang verstummte. Wieder war da diese Stille und ich wusste nicht, ob ich sie gut heißen sollte oder Angst haben musste.
Plötzlich warfen die Gestalten ihre Köpfe zurück und legten sie soweit im Nacken, dass ich zurückwich und unweigerlich etwas anfing zu wimmern. Ruckartig rissen sie die Köpfe immer wieder zur Seite, es knackte, mit jeder Bewegung die sie machten. Immer und immer wieder. Und vor allem, immer schneller. Auf einmal, als würden sie es nicht mehr aufhalten können, packten sie mit ihren dürren Händen zitternd an ihren Kopf und blickten gen Himmel. Es war still.
Mein Herz schlug so schnell, ich fürchtete es würde zerspringen, es würde mir die Brust zerreißen und dann bekam es einen Stich, als ich vor mich auf eine der Gestalten sah. Die langen Finger mit den langen, dreckigen Fingernägeln spannten sich um den Kopf an und ich hörte es Atmen. Tief und schwer. Es röchelte und fing zwischendurch immer wieder an leise zu kichern, worauf es wieder verstummte, den Kopf nach vorne riss und mich ansah.
Es war bleich und die dunklen blauen Adern schimmerten durch die Haut. Das gesamte Gesicht war eingefallen und es sah aus wie ein blanker Schädel, welchen man nur mit dünner Haut überzogen hatte. Die spitzen Zähne schoben sich nach vorne aus dem Mund und Speichel tropfte hinab, welches den Schein des Mondes reflektierte. Ihre Augen, tief in ihren dunklen Höhlen drinnen, blickten mich an. Das Weiß war ebenso dunkel wie der Schatten auf ihrem Gesicht und ihre Pupillen leuchteten gelb auf.
Ich ging einen Schritt zurück, als das Wesen auf einmal den Kopf schief legte und mich ansah. Es wich mit den Augen nicht von mir und auf einmal hörte ich wieder das Kreischen, doch es kam als das Wesen sein Kiefer auseinander riss und stolpernd auf mich zukam.
Panik ergriff mich. Ich wollte Mia und Laura gerade auf die Beine ziehen, aber als ich mich nach ihnen umsah, fand ich nicht sie wieder, sondern zwei dieser Wesen, die einfach nur ihre Sachen trugen und mich mit eben demselben Schrei jagten.
Erschrocken rannte ich los. Mein Herz pochte, mein Kopf ebenso. Eigentlich war ich vollkommen fertig. Am Ende meiner Kräfte und dennoch schaffte ich es weiter in den Wald hinein. Das Schreien hörte ich hinter mir, wie viele es auch immer waren. Es war nur noch ein Getöse was an meine Ohren drang. Etwas das meine Ohren so peinigte, doch auch als ich sie zu hielt, hörte ich es noch genauso laut.
Endlich, ich kam an einer Lichtung an, raus aus dem Wald. Wo auch immer ich war, es war besser als in dem Wald. Besser als in den Bewegungen eingeschränkt zu sein. Und den Blick auf eine kleine Hütte, die vor mir stand, ließ mich auch wieder hoffen.
Das Schreien kam immer näher und so lief ich weiter, gerade als ich eines der Wesen aus dem Wald rennen sah. Es kicherte und röchelte, worauf es wieder los sprintete. Fast hämmerte ich die Tür ein, als ich dort ankam und zu meinem Glück, öffnete sich die Tür. Jemand ließ mich herein, egal ob er wollte oder nicht, denn sobald sich diese geöffnet hatte, stürmte ich hinein und schmiss sie wieder zu.
Vollkommen außer Atem setzte ich mich auf den Boden, dankte Gott und der Person vor mir für die Hilfe. Ich konnte mein Glück kaum fassen: „Ich danke Ihnen vielmals. Da draußen, irgendjemand… nein, irgendetwas hat mich verfolgt. Ich dachte, ich müsste sterben.“
Meine Beine fühlten sich an wie Pudding, als ich mich wieder erhob und die junge Frau vor mir sah, die mich leicht anlächelte und mir über die Schulter strich. „Jetzt ist ja wieder alles gut“, begann sie und führte mich zu einer Couch. Wie wohlig es war sich einfach nur auf einen weichen Untergrund zu setzten und etwas Ruhe zu finden. Nach dieser Hetzjagd. Ich konnte einfach nicht mehr, aber sicher war es noch nicht vorbei. Ich musste mich darum kümmern.
Ich erhob mich und blieb an der Tür stehen, als ich einen kleinen Blick hinaus warf. Tja, es schien vorbei. Die Frau brachte mir gerade ein Glas Wasser. Als es meine Kehle herunter ran, war es als würde es meine Schmerzen etwas lindern. „Ich danke Ihnen. Aber kann ich Sie noch um einen Gefallen bitten?“
Sie nahm das Glas wieder an und ihr Lächeln überzeugte mich, sie war ein wirklich guter Mensch. Vor ihr hätte ich nichts zu befürchten. „Würden Sie meinen Liebsten auch etwas zu Essen geben? Wenn Sie mit mir und meinen Schwestern fangen spielen, sind sie danach immer so hungrig.“
Die Tür schwang auf und das Kreischen nahm seinen Lauf. Ich hatte gewonnen. Das erste Mal ging ich beim Fangen als Siegerin hinaus.