ExperimenteGeisteskrankheitMittelSchockierendes Ende

Der Arzt 2.0

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

„Guten Tag mein Name ist Dr. Lemeneg,
was kann ich für Sie tun?“ Ich stand das erste Mal in seinem
dezent eingerichteten Behandlungszimmer. Der erste Eindruck bestach
durch Freundlichkeit und durch die geographische Nähe sollte das
mein neuer Hausarzt werden. Er schien locker, da ich unverblümt mein
Anliegen vorbrachte und er kaum mit einer Wimper zuckte, bevor er an
seinem Computer zu tippen begann. „Ich will ehrlich sein, ich bin
selbstständig, aber studiere noch nebenher und hab mich etwas
verplant mit der nächsten Klausur, könnte sie mich dafür bitte
krank schreiben?“

Über die nächsten zwei oder drei
Semester hinweg brauchte ich noch das eine oder andere Mal eine
entsprechend gefälschte Entschuldigung, da einfach der Stress als
Unternehmer unerwartet hoch sein kann. Ich hatte auch kein schlechtes
Gewissen dabei, aber zeigte mich höflich und dankbar. Irgendwann
kamen der Doktor und ich in das unvermeidliche Gespräch über meinen
Betrieb und was ich so machen würde. Bereitwillig erzählte ich über
meinen Alltag als Trading Consultant. Ich verfasste Berichte zu
einzelnen Rohstoffen oder Aktienkursen, welche mein Unternehmen an
Fondsmanager und Banken verkaufte. Da bat Dr. Lemeneg mich plötzlich
um einen Gefallen. Er hätte da einen Neffen mit einem Doktor in
Finanzmathematik, der trotz seiner Expertise die Gegenwart von
Menschen scheute. Ich sollte ihm eine Chance in meinem Unternehmen
geben. Ich stellte so wenige Fragen, wie er bei meinen
Klausur-Entschuldigungen, händigte ihm meine Visitenkarte aus und
wartete auf die Kontaktaufnahme.

Ungefähr einen Monat später meldete
sich der Neffe Otmar via Skype. Der kleine Videoausschnitt, der sich
nur auf sein peinlich genau gestyltes, bleiches Gesicht beschränkte,
wirkte tatsächlich etwas eigenartig. Im Hintergrund war nichts zu
erkennen, nur seine schlaffen Gesichtszüge, sein steif
zurückgekämmtes, aschblondes Haar und seine blutunterlaufenen Augen
blickten mich starr und trotzdem verletzlich an. Die Antworten auf
meine Fachfragen wirkten hingegen strahlend brilliant und so gab ich
ihm eine Chance.

Er arbeitete zwar von Zuhause aus, aber
ich sollte diese Entscheidung nicht bereuen. Seine Berichte zu der
Preisentwicklung von Mais oder Reis glänzten durch ihre
Stichhaltigkeit und später auch durch das Eintreten seiner
Prognosen. Der Rubel rollte, wie es so schön heißt. Ich wollte mich
auch immer wieder erkenntlich zeigen, doch er erschien zu keinem
Weihnachtsessen und blockte jede Einladung ab. Ich bekam immer nur
dieses ungesund wirkende Gesicht ohne jeglichen Hintergrund in den
Skype Videochats zu sehen.

Während einer dieser
Online-Konferenzen passierte es dann auch. Im Hintergrund war ein
Geräusch zu hören und plötzlich erstarrte das Gesicht von Otmar in
Panik. Dieser Gesichtsausdruck erschien noch erschreckender, da er
sein Gesicht nicht von der Kamera weg drehte, aber gleichzeitig wie
unter Todesangst versuchte mit seinen Augen den Raum hinter ihm zu
erfassen. Die Fratze vor mir war also nicht nur durch Schrecken,
sondern ebenfalls durch diese unmöglich erscheinende Aufgabe
entstellt. Dann brach das Videotelefonat abrupt ab. Meine
wiederholten Call Versuche wurden nur durch die Chat Nachricht „Ich
melde mich später, es ist alles in Ordnung“ beantwortet. Dieser
erlebte Gesichtsausdruck sprach jedoch ganz andere, verstörende
Bände.

Der erlebte Anblick ließ mich nicht
mehr los. So begannen meine genaueren Nachforschungen. Doch die
Adresse auf seinen Honorarnoten ergab sich schnell als Sackgasse.
Plötzlich fiel mir etwas in Otmars Berichten auf. Jede seiner
Prognosen war in sechs Absätze gegliedert. Ein Umstand, der gemäß
des Umfangs Sinn ergab und dem Stil des Verfassers zugeschrieben
werden konnte. Doch in dieser Situation machte er mich stutzig.

Bei genaueren Nachforschungen stellte
ich fest, dass der sechste Buchstabe im ersten Absatz immer „K“
lautete. Im zweiten Absatz ergab sich ein ähnliches Muster, der
fünfte Buchstabe schien absolut unbeirrbar ein „i“ zu sein. So
setze ich einen Ausspruch zusammen, der sich in jedem seine Werke
wiederholte. Ich prüfte es erneut und erneut, denn ich konnte es
nicht glauben, es musste ein Zufall sein, aber „Kill me“
wiederholte sich ausnahmslos.

Diese zwei Wörter raubten mir über
Tage den Schlaf. Wie sollte ich vorgehen? Meine einzig verbleibende
Spur war mein Hausarzt, aber ich scheute mich vor der direkten
Konfrontation. Ich musste die Angelegenheit äußerst geschickt
angehen.

Wie gewohnt besuchte ich die Arztpraxis
um eine Entschuldigung abzuholen – nur dieses Mal für eine Klausur
die gar nicht statt fand. Ich versuchte das Gespräch auf Otmar zu
lenken und lobte seine Arbeit, schwärmte welch eine Bereicherung er
doch sei. Alle Antworten von Dr. Lemeneg wirkten freundlich und
normal. So fasste ich mir den Mut um nach der falschen Adresse zu
fragen. „Dieser schüchterne Junge will sich sogar vor seinem
Arbeitgeber verstecken. Ich werde ihm klar machen, dass dies
überhaupt nicht nötig ist!“

Diese Entgegnung klang tatsächlich
selbstsicher und beruhigend. Es dauerte auch nur ein paar Tage bis
Taten auf die Beschwichtigung folgten. Nur per Mail erhielt ich eine
freundliche Einladung von Otmar mit einer ganz neuen Adresse. Sie
führte mich mit einem Geschenkkorb im Arm zu einer größeren Villa
im hügeligen Luxusviertel der Stadt. Eine ältere Frau öffnete die
schwere, verzierte Holztür aus Walnuss. Sie stellte sich als Otmars
Mutter vor.

Nach einem kurzen Gespräch wurde ich
von der unschuldig wirkenden Frau aufgefordert Otmar im Keller des
Hauses zu treffen wo er wegen seinem schüchternen Gemüt die Tage
verbrachte. Der bewusste Teil meines Verstandes wog sich noch in
Sicherheit, doch mein Unterbewusstsein verfluchte schon meine ewige
Neugierde. So war vielleicht nur die Hälfte meines Selbst davon
überrascht Dr. Lemeneg dort vorzufinden.

„Mit Ihnen hätte ich nun nicht
gerechnet“ plapperte mein Mund ohne die Unterstützung meines
Gehirns. Dieses beschäftigte sich nur mehr mit der Suche nach einem
Ausweg, während mir das typisch charmante Lächelns des Arztes
entgegen strahlte. „Noch nie hat ein Gast wirklich einen anderen
Gastgeber in diesem Haus erwartet!“ entgegnete er mir. „Ich muss
nun dringend gehen, ich habe etwas vergessen…“ machte sich mein
Mund erneut selbstständig, während ich mich schon umdrehte und den
Blick auf die erlösende Treppe richtete.

Es sollten meine letzten drei Schritte
folgen bevor meine Beine ihren Dienst aufgaben und ich der Länge
nach auf den Boden aufschlug. Zwei spitze Vorrichtungen sprangen aus
beiden Wänden des Korridors und durchbohrten meine Knöchel. Noch
bevor das Schmerzsignal meinen Kopf erreichte, hatte ich durch die
Krafteinwirkung das Gleichgewicht verloren und anstatt der Freiheit
sollte ich nur mehr den Boden küssen können.

Der Arzt baute sich über mir auf und
sprach „du wolltest doch so dringend Otmar kennen lernen. Es gehört
zu den guten Sitten an den eigenen Prioritäten festzuhalten.“ Der
großgewachsene Mediziner entfernte die Spitzen aus meinen Gelenken
und packte meine Arme, um mich einen Flur entlang, tiefer in den
Schrecken zu ziehen. So wie der Begriff Himmel die unendliche Pracht
des Guten beschreiben sollte, so dient das Wort Hölle als Ersatz für
das unvorstellbare Böse. Ich benötigte dieses Wort nicht mehr. Der
Schrecken versteckte sich nicht mehr hinter einem Schleier, der unser
gutes Gemüt schützen sollte. Bis in den letzten Winkel offenbarte
sich meine Hölle während der Arzt einen scheinbar altbekannten
Monolog zelebrierte.

„Der menschliche Geist besitzt in
unserer heutigen Zeit keinen Fokus mehr. Er wird abgelenkt von Medien
und Emotionen. Ich strebe danach dieser Verschwendung Einhalt zu
gebieten.“ Wir kamen in einen Raum, in dem es nach Sterilität
stank. Meine Blicke schwirrten in alle Richtungen um damit
Hilfeschreie zu ersetzen, denen meine längst entfremdete Kehle nicht
mehr fähig war. Ich erblickte Otmar. Er war kein schüchternes
Finanzgenie. Zentimeter vor einem Bildschirm ragte ein Kopf aus einer
Box, fixiert über Röhren, die in seinen Hinterkopf drangen. Auf dem
Schirm flackerten Zahlenreihen in unmenschlicher Geschwindigkeit und
spiegelten sich in seinen gebannt starrenden Augen. Innerhalb der
durchsichtigen Box erkannte ich zwei Armstümpfe in die Kabel
drangen. Beine sah ich keine und hätten in der beengten,
futuristisch anmutenden Box wohl auch keinen Platz mehr gefunden.

Der Monolog von Dr. Lemeneg hatte zu
keinem Zeitpunkt gestoppt, aber erst jetzt konnte ich ihm wieder
folgen. „Die Versuche an der konzentrationssteigernden Rezeptur,
welche direkt in das Gehirn geleitet wird, verbessert sich ständig.
Die geringfügigen körperlichen Modifikationen tragen zum Ablegen
jedweder ablenkender Emotionen bei und gerade erst kürzlich ist es
mir gelungen die Nervenbahnen der Arme direkt anzuzapfen, um Finger
für das Tippen überflüssig zu machen. Es handelt sich dabei um
eine weitere Optimierung hin zum rein virtuellen Menschen. Ein Wunsch
unserer Gesellschaft, den ich bald komplett erfüllen kann.“ Der
Mensch hat aus gutem Grund nur eine wage Vorstellung der Hölle. Der
Verstand erträgt sie nämlich nicht und kapituliert an irgendeinem
Punkt. Leider hatte sich mein Gehirn das denkbar schlechteste Timing
für diese Aufgabe ausgesucht, denn nach der Abschaltung des
Bewusstseins hallen die letzten gehörten Worte unaufhörlich im
Geiste wieder: „und nun darfst auch du mein Neffe sein!“

Autor: Patrick yung Berger

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