ExperimenteMittelSci-FiTod

Dicke Luft

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Es fing mit dem an, was sie Klimawandel nannten. Ich bin keiner
dieser paranoiden Spinner, die den Klimawandel für eine Erfindung der
Chinesen halten oder sonst irgendeinen Quatsch darüber glauben. Unsere
Fabriken, Autos und andere dreckverbreitende Technologien haben
definitiv ihren Anteil daran. Trotzdem waren diese Klimaveränderungen
nicht ganz allein unsere Schuld. Genauso wenig, wie es sich um ein
natürliches Phänomen handelte. Das weiß ich inzwischen ohne jeden
Zweifel. Auch wenn es jetzt zu spät ist, um etwas mit diesem Wissen
anzufangen. Aber irgendwas muss ich ja tun. Ich kann nicht einfach nur
still auf das Ende warten. Also schreibe ich es auf.

Jedenfalls stieg der CO2 Gehalt in unserer Atmosphäre mehr und mehr
an. Das allein mag nicht verwunderlich sein. Immerhin pusteten nach wie
vor ganz besonders die Industrie- und Schwellenländer gewaltige Mengen
an Kohlendioxid in den Himmel. Was aber deutlich beuunruhigender war,
war der Umstand, dass die Werte auch dann noch weiter stiegen, als wir
endlich einen weltweiten Klimaplan verabschiedet hatten, der seinen
Namen auch verdiente. Fabriken wurden sauberer, Energieerzeugung fand
nun fast ausschliesslich durch emissionsfreie erneuerbare Energien statt
und Elektrofahrzeuge setzten sich endlich gegen Diesel- und
Benzinfahrzeuge durch. Selbst für die Luftfahrt hatten wir alternative
Antriebe erschlossen, die nichts anderes absonderten als Wasserdampf.
Dennoch stiegen die CO2-Werte unaufhörlich und erreichten bedenkliche
Höhen.

Keiner von uns konnte sich erklären, warum das so war. Trotzdem waren
die Folgen nicht zu übersehen. Durch den Treibhauseffekt wurde es
wärmer und wärmer. Gletscher schmolzen dahin. Der Meeresspiegel stieg,
brachte die Flut mit sich und machte dadurch alle Küstenstädte
unbewohnbar. Die Menschen flohen ins Landesinnere und in diesem Chaos
kam es zu Unruhen, Gewalttaten und mancherorts sogar zu regelrechten
Bürgerkriegen zwischen Ansässigen und Flüchtlingen. In einigen Sommern
wurde es auch in gemäßigten Regionen häufig wärmer als fünzig Grad.
Tropenkrankheiten begannen sich auch in Europa und Nordamerika
auszubreiten. Genauso wie die Schädlinge, die sie mit sich brachten.
Wissenschaftler, Regierungen und sogar Konzerne versuchten eine Lösung
für das Problem zu finden. Aber was sie auch taten, die Konzentration an
Kohlendioxid stieg dennoch in immer rasanterem Tempo. Und das war nur
der Anfang.

Als nächstes bemerkte ich, dass die Luft seltsam schmeckte und roch.
Irgendwie metallisch und auch ein wenig nach faulen Eiern. Zunächst
dachte ich noch, dass ich mir den Magen verdorben hatte oder einen
Migräneanfall bekam. Auch einen Hirntumor schloss ich nicht aus. Aber
der Geschmack und der Geruch blieben den ganzen Tag und den Tag darauf
und die Migräne liess auf sich warten.

Ausserdem war ich nicht der einzige, der dieses Phänomen wahrnahm.
Auch meine Frau, meine Kollegen auf der Arbeit und unsere Nachbarn
bemerkten dasselbe. Und es dauerte auch nicht lange, bis in den
Nachrichten darüber berichtet wurde. Wissenschaftler hatten
festgestellt, dass Schwefelverbindungen und andere Chemikalien, die in
unserer Atmosphäre bisher nur in Spurenelementen vorhanden gewesen
waren, in immer höheren Konzentrationen vorkamen. Obwohl die meisten
davon giftig oder ätzend waren, versuchten die Medien uns zu beruhigen.
Zwar seien die Werte erhöht, aber noch sei die Konzentration nicht
lebensbedrohlich. Aber das beruhigte kaum jemanden. Zu deutlich spürten
wir die Auswirkungen.

Annegret Schmidt, eine nette ältere Frau aus unserer Nachbarschaft,
mit der wir gelegentlich ein paar Worte gewechselt hatten und die uns
oft ihre selbstgebackenen Kekse vorbeigebracht und von ihren Enkeln
erzählt hatte, kippte eines Tages einfach mitten auf der Straße um.
Obwohl wir sofort den Krankenwagen riefen, kam jede Hilfe zu spät. Ob
der Tod der armen Frau Schmidt nun an der mörderischen Hitze oder den
giftigen Substanzen lag, konnte niemand sagen. Die lokalen Medien
berichteten nur etwas von einem angeblich angeborenen Herzfehler.
Allerdings wussten wir, dass Annegret Schmidt an keinen solchen
Herzfehler litt. Sie hatte uns immer gut über ihren Gesundheitszustand
informiert. Es lag also nahe, dass die wahren Ursachen verschwiegen
wurde.

Überhaupt berichteten die Medien auffallend wenig von den
schrecklichen Ereignissen. Zwar konnte ich das schon irgendwie
verstehen. Wahrscheinlich wollten sie damit nur weitere Panik
verhindern, aber sie erreichten genau das Gegenteil.

Jegliches Vertrauen der Menschen in die Regierung und die Behörden
schwand und die öffentliche Ordnung begann langsam zusammenzubrechen. Es
kam zu Plünderungen, Raubüberfällen, Morden und Vergewaltigungen. Die
Polizei war mit der Situation völlig überfordert, und so setzte man die
Armee ein, die die Lage durch ihr gewalttätiges Vorgehen noch weiter
verschärfte.

Doch erst als die ersten Hautausschläge und Verätzungen auftraten,
wurde es wirklich schlimm. Hatten die meisten Menschen bisher noch einen
Hauch von Anstand gewahrt, so zerschmolz auch dieser nun wie Schnee in
der heisser werdenden Sonne. Die Menschen zogen sich auf sich selbst
oder zumindest den engsten Freundes- und Familienkreis zurück.

Alle anderen waren jetzt Feinde. Konkurrenten um die knapper
werdenden Nahrungsmittel, sauberes Wasser und Wohnraum. Sicher gab es
auch Ausnahmen: Menschen, die Andere aus überfluteten Häusern zogen, sie
vor dem sicheren Hitzetod retteten und mit in den kühlen Schatten ihrer
Häuser nahmen, oder sich um Kinder kümmerten, deren Eltern gestorben
waren. Aber diese Beispiele an Menschlichkeit waren so selten, wie sie
bewundernswert waren. Die meisten uns wurden langsam zu Bestien. Alle
die nicht auf eigene Faust plünderten, rotteten sich zu zerbrechlichen
Banden zusammen, die allein von der Aussicht auf Beute zusammengehalten
wurden. Andere formierten sich in kruden Weltuntergangssekten, die
scharenweise Zulauf bekammen, jetzt wo der Beweis für ihre
Prophezeiungen und Unheilverkündungen überall deutlich zu sehen war.

Über uns färbte sich der Himmel nun Orange. Die Zahl der Verätzungen
nahm mit jedem Tag weiter zu. Immer öfter hörte man Menschen auf den
Straßen Tag und Nacht husten. Manchen von ihnen spuckten auch Blut.
Andere liefen mit stark gereizten, tränenden und trockenen Augen herum
und manche von Ihnen erblindeten nach und nach vollständig. Gasmasken
und Schutzbrillen wurden zum letzten Schrei unter allen, die es nicht
vermeiden konnten ihr Haus zu verlassen und die genug Geld für diese
Geräte hatten, und gaben den beinah leeren Fußgängerzonen einen noch
apokalyptischeren Look. Doch auch sie halfen kaum gegen die immer
schädlicher werdende Aussenluft.

Tiere und Pflanzen traf es genauso. Kühe, Pferde und Schweine
verendeten auf den Weiden, die Ernten auf den Feldern verdorrten. Die
Meere wurden immer saurer und lebensfeindlicher und waren bald
überschwemmt mit toten Korallen und Fischen, deren Gestank und
Fäulnisgase die Luft erfüllten und den Treibhauseffekt weiter anheizten.
Durch all die neuen Substanzen und die in der Hitze langsam
verdampfenden Meere, begann der Luftdruck ebenfalls bedenklich zu
steigen, was die Sterberate und die Kreislaufprobleme in der Bevölkerung
sogar noch weiter erhöhte.

Endlich gaben auch die Medien ihre Zurückhaltung auf. Man offenbarte
uns die schonungslose Wahrheit: Wenn das so weiter ginge und die
Konzentrationen an giftigen und ätzenden Verbindungen in diesem Tempo
zunahmen, wäre die Menschheit in wenigen Wochen vollständig ausgelöscht.
Einige Wissenschaftler vermuteten, dass hier in weniger als einem Jahr
ein Klima und eine Atmosphäre vorherrschen würde, die mehr Ähnlichkeit
mit den Verhältnissen auf der Venus besaß, als mit denen auf der
früheren Erde.

Das war der Zeitpunkt, wo die Menschen begannen in die Bunker zu
flüchten. Zumindest jene, die Zugang dazu hatten. Regierungsmitglieder,
Milliardäre und Multimillionäre hatten natürlich ihre eigenen
komfortablen Anlagen in die sie sich zurückzogen. Der Rest von uns
musste mit den weit weniger luxuirösen öffentlichen Schutzbunkern
vorlieb nehmen, die noch darüber hinaus nicht genug Platz für alle
Menschen boten. Da in unserer Nachbarschaft bereits viele bei
Plünderungen und Unruhen ermordet oder an den Folgen der
Atmosphärenveränderung gestorben waren, fanden meine Frau und ich noch
recht leicht einen Platz. Andernorts gab es aber brutale Kämpfe um die
letzten Bunkerplätze. Viele wurden zertrampelt, erstochen, erschossen
oder kamen auf andere Weise ums Leben. Andere entschieden sich von
vorneherein für den Freitod. Und zwar nicht allein die Sektenanhänger,
die sich in pompösen Ritualen erdolchten oder Gift zu sich nahmen, in
der Hoffnung irgendeinen der Götter gnädig zu stimmen, die uns doch ganz
offensichtlich aufgegeben hatten. Auch Familienväter und Mütter
brachten nicht selten sich und ihre Kinder um, um nicht einen
qualvolleren Tod sterben zu müssen. Wahrscheinlich waren sie alle die
glücklicheren. Und die schlaueren.

Denn eigentlich war den meisten von uns Überlebenden bewusst, dass
wir unser Ende nur hinauszögerten und einfach sklavisch einem sinnlos
gewordenen Überlebenstrieb folgten. Denn im Grunde waren ein paar Monate
in einem beengten Bunker nicht wirklich besser als der sofortige Tod.
Und niemand glaubte mehr ernsthaft daran, dass wir unseren Planeten
irgendwann wieder bewohnen konnten. Dass wir noch einmal unbeschwert
unter einem blauen Himmel spazieren gehen konnten. Nein. Es war albern
darauf zu hoffen.

Selbst wenn sich die Veränderungen wie durch ein Wunder umkehren
sollten, so waren doch alle unsere Nahrungs- und Lebensgrundlagen dahin.
Ohnehin war es fraglich, ob wir noch lange in den Bunkern ausharren
konnten. Sie waren dazu gemacht im Falle eines Bombenangriffs und
bestenfalls auch noch eines nuklearen Angriffs Schutz zu bieten. Aber es
waren keine Habitate, die für das Überleben auf einem fremden Planeten
gemacht waren. Und auf einem solchen würden wir uns schon sehr bald
befinden. Bereits jetzt begann die ätzende Luft unsere Lüftungssysteme
anzugreifen.

Fast genauso schlimm war es, dass noch immer niemand herausgefunden
hatte, warum all das überhaupt passierte. Zumindest wollten wir doch
wissen, warum unsere Jahrtausende alte Zivilisation und das noch um ein
vielfaches ältere Leben auf unserem Planeten einfach so verschwanden.

Zwei Monate sind inzwischen vergangen, in denen unsere Vorräte immer
weniger und unsere Stimmung immer schlechter geworden ist. Genauso wie
die Luft. Der Sauerstoffgehalt dort Draußen sinkt mit jedem Tag weiter.
Und bald werden wir auch im Bunker nicht mehr atmen können. Dann wäre es
endgültig vorbei. Falls wir nicht vorher übereinander herfielen. Einer
unserer Nachbarn, Karsten, hat letztens meine Frau mehr als nur lüstern
angesehen. Und es war kein sexuelles Verlangen, das ihn antrieb. Er
murmelte vielmehr etwas davon, was er für ein ordentliches Stück Fleisch
geben würden …

Aber Immerhin auf diese eine Frage nach dem Sinn unseres Untergangs
haben wir jetzt eine Antwort erhalten. Auf einem kleinen altmodischen,
batteriebetriebenen Fernseher, den einer unserer Nachbarn mit in unsere
Zuflucht genommen hatte, schalteten wir einmal am Tag das letzte
Notfallprogramm ein, das noch lief. Dort zeigten sie uns eine Aufnahme
von fünf fremdartigen, scheibenförmigen Objekten, aus denen hunderte
dürrer hässlicher Wesen mit übergroßen Köpfen gestiegen waren. Es
brauchte nicht mehr die Erklärung des Sprechers, um mir die Bedeutung
dieser Bilder klarzumachen:

Das waren Reisende aus einer fremden Welt, die die Suche nach einer
neuen Heimat zu unserer einstmals blauen Erde geführt hatte, und die
ganz offensichtlich über die Technologie verfügten, um sich ihr neues
Zuhause ein wenig wohnlicher zu gestalten. Ohne Rücksicht auf die
Konsequenzen für die bisherigen Bewohner. Falls sie überhaupt von uns
gewusst hatten. Vielleicht sind wir auch schlicht zu primitiv und
unwichtig gewesen, um von ihnen wahrgenommen zu werden.

In unserer Sprache hätte man das, was sie mit unserem Planeten
angestellt haben als „Terraforming“ bezeichnet. Wie sie es nannten, kann
ich nicht sagen. Jedenfalls waren sie damit überaus erfolgreich. Denn
die Erde gehörte nun ganz und gar ihnen. Sie waren jetzt die
eigentlichen Bewohner. Wir dagegen waren nun nichts weiter als fremde
Besucher. Und wir waren vom Aussterben bedroht.


Kunstpigmente auf Pflanzenfaser. Exponat aus dem Xaltolanischen Museum
für Frühgeschichte – Übersetzung aus der unbekannten Sprache der
inzwischen ausgestorbenen Eingeborenen.

Bewertung: 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Überprüfen Sie auch
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"