DN-AGE Erinnerungen I – Beauftragt
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Hier die chronische Auflistung aller Pastas, die zu dieser Reihe gehören.
DN-AGE Erinnerungen (2270)
DN-AGE Erinnerungen I – Beauftragt
DN-AGE Erinnerungen II – Missbraucht
DN-AGE Erinnerungen III – Gebrochen
DN-AGE Erinnerungen IV – Gerettet
DN-AGE Erinnerungen V – Gefunden
DN-AGE Erinnerungen VI – Psychopaten Lachen Nicht
Containment Project 1 (2270)
Containment Project I – Dies sind die Worte von Publius Septimus Tertio
Containment Project II – The Greasemonkey Diaries
Containment Project III – EXIT
Containment Project IV – Gedanken
Containment Project 2 (2290)
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 1: Nora
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 2: Alexis
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 3: Caelia
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 4: Bromios
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 5: Lavender
DN-AGE
hat unser Leben von Grund auf verändert. Ich weiß, ich weiß, ich könnte nun
eine lange Tirade über eine apokalyptische Zukunft anfangen. Darüber, wie wir
es hätten besser wissen sollen, wie wir nur so dumm hatten sein können zu
denken, wir könnten die Natur kontrollieren und einsperren. Aber ich muss euch enttäuschen.
Ich
bin Privatermittler in London und wir schreiben den 09. August 2280. Ich denke,
ihr fragt euch jetzt bestimmt, was DN-AGE ist, was? Jeder Mensch, ob groß, ob klein, ob jung ob
alt, trägt eine Genstruktur in sich, die sich Telomer nennt. Diese verkürzt
sich jedes Mal, wenn sie sich erneuert. Bis es eben nichts mehr zu erneuern
gibt und man letztlich ins Gras beißt. Doch vor etwa einhundert Jahren,
schafften Wissenschaftler in Oxford den Durchbruch – die Genstruktur zu
manipulieren und, flapsig gesagt, Menschen künstlich altern oder verjüngen zu
lassen. Kurz darauf wurde DN‑AGE gegründet, welche diese Erkenntnisse
patentierte und Verjüngung für jedermann erschwinglich machte
Ich
arbeite als Privatermittler und für diese Veröffentlichung, werde ich mich
Daniel Wallcotts nennen. Aber dieser Fall…heilige Scheiße! Ich weiß bis heute
noch nicht, ob ich damals nicht lieber hätte Nein sagen sollen. Aber man kann
sich sein Schicksal eben nicht aussuchen. Worum geht es? Prostitution. „Kinder“
Prostitution. Warum ‚Kinder‘ in Anführungszeichen? Nun, weil es keine Kinder
sind. Denn was wäre, wenn man einen Menschen „erschaffen“ konnte, welcher zwar
körperlich prä‑pubertär, geistig und laut Geburtsurkunde jedoch Mitte zwanzig
wäre? Eine Person, die äußerlich eher in die siebte Klasse, geistig jedoch in
die Uni gehörte?
Einige
Jahre nachdem DN-AGE gegründet wurde, hatten hohe Leute eine „brillante“
Geschäftsidee: Junge Frauen im Alter zwischen achtzehn und dreißig Jahren
würden sich mittels eines Serums etwa zehn Jahre jünger Splicen und dann als
„Kinder“ die Gelüste und Begierden zahlreicher Pädophiler erfüllen. Man würde
sich für drei bis fünf Jahre verpflichten und sich danach wieder in sein
eigentliches, physisches Alter zurücksplicen. Alles vollkommen legal und
rechtens. Immerhin waren es ja keine wirklichen Kinder – nur Erwachsene, die
für einige Jahre Kinder spielten.
Warum
tat man das? Ich weiß es nicht. Vielleicht nur, um die widerlichen Gelüste
einiger hochrangiger Politiker legal und rechtmäßig bedienen zu können.
Vielleicht auch, um die zahlreichen Übergriffe auf junge Mädchen in den
verarmten Stadtteilen einzudämmen oder zu stoppen. Was auch immer die Absicht
hierfür war – ob nun aus Mitgefühl gegenüber den verarmten Familien oder aus
purem, elitärem Eigennutz – Mitte der Vierziger begann das Geschäft mit den
sogenannten „Loli‑Dolls“, manchmal auch nur „Dollies“ genannt zu boomen. Und es
funktionierte; wohl auch deswegen, da man sich dachte: „Lieber es mit einer
Dolly treiben, als einem wirklichen Kind echten Schaden zuzufügen.“
Und
hier…beginnt meine eigentliche Geschichte. Ich hatte erst kürzlich einen großen
Coup gelandet und eine Verschwörung innerhalb der Regierung aufgedeckt. Es ging
um das Übliche: Schwarzgelderpressung, Steuerhinterziehung, Verrat, Bestechung,
Koks, Nutten – man kennt das ja. Ich saß mit einem Schluck Brandy und einem
guten Buch in meinem Wohnzimmer, als es plötzlich an der Türe klingelte. Ich
sprang auf, lief in mein Büro und holte meine Pistole aus einer
Schreibtischschublade, ehe ich zur Tür ging – man konnte nie vorsichtig genug
sein!
„Wer
ist da? Was wollen Sie?“
„Robert
Maxwell mein Name. Und ich hoffe, ich werde hier nicht für immer im Flur stehen
müssen.“ Ich legte meine Pistole auf den nahegelegenen Abstelltisch und
sortierte für einige Sekunden meine Gedanken. Robert Maxwell?! CEO von Maxwell
Robotics? Der führende Hersteller von Roboteranlagen für jeglichen, nur
erdenklichen Betrieb? Vorsitzender der British Humanist Association und
bekannter Dolly-Liebhaber? Was wollte DER denn bei mir?! Ich legte die Pistole
in die Schublade des Abstelltisches und öffnete die Tür, nur um den ergrauten
Mann zusammen mit zwei Leibwächtern hereinzubitten.
Robert
Maxwell hatte die Firma von seinem Onkel Isaiah Maxwell geerbt. Dieser war
nicht nur der eigentliche Gründer von Maxwell Robotics gewesen, sondern auch in
einem furchtbaren Autounfall verunglückt. Laut Polizeibericht hatte der
Autopilot seines Wagens versagt, ehe das Auto von der Fahrbahn abgekommen und
dann einen steilen Hang hinunter gerast war. Isaiahs Leiche wurde jedoch nie
gefunden und niemand weiß warum.
Maxwell
war recht groß. Größer als ich und sogar größer als seine beiden Leibwächter –
was mich fragen ließ, wie sie ihn denn überhaupt im Ernstfall schützen könnten.
Er hatte kurzes, schwarzes Haar, an manchen Stellen ergraut. Er trug einen
schwarzen Anzug mit blauer Krawatte, an seiner linken Brust das Logo seiner
Firma als Anstecker.
„Verzeihen
Sie den desolaten Zustand meiner Wohnung, Mister Maxwell“, sprach ich, als ich
die drei in mein Büro geleitete: „Man rechnet ja nicht mit solch hohem Besuch!“
„Machen
Sie sich diesbezüglich keine Sorgen“, gab er ruhig von sich: „Ich hoffe eher,
Sie sind an dem interessiert, was ich Ihnen anzubieten habe.“
„Einen
Brandy, die Herren?“ bat ich an.
„Wir
nehmen Wasser, danke“, forderte Maxwell, woraufhin ich ohne nachzufragen jedem
ein Glas mit Tafelwasser füllte und wir uns setzten.
„Also“,
fragte ich: „was kann ich für Sie tun, Mister Maxwell?“
Maxwell
fasste in seinen Anzug und holte ein Bild heraus und gab es mir. Ich nahm es
und sah es eine Weile an. Es war das Bild eines jungen Mädchens, wohl nicht
älter als vierzehn. Aber ich wusste, dass es kein…Mädchen war.
„Sweetcheeks
verschwand vor drei Tagen. Ich habe ihr geschrieben, sie angerufen, ihr
getextet – bekam jedoch keine Antwort.“
„Und
Sie wollen…dass ich sie wieder finde?“ fragte ich etwas spöttisch, woraufhin er
eine Augenbraue erhob: „Sie sind also nicht an diesem Auftrag interessiert,
Mister…?“
„Wallcotts.
Daniel Wallcotts. Belassen wir es bei diesem Namen“, stellte ich klar:
„Verzeihen Sie meine spöttische Art, aber wären Sie bei der Suche nach
ihrem…Spielzeug und mit Ihren geldlichen Mitteln nicht besser mit der Polizei
beraten?“
„Nun,
ich verstehe Ihre Frage durchaus“, gab er zurück: „Aber zum einen ist
Sweetcheeks für mich kein bloßes Spielzeug. Sie ist meine Muse, meine
Inspiration. Sie inspirieret mich tagsüber zu neuen Ideen und nachts…nun ja,
das ist Privatsache. Und zweitens, befinde ich mich zurzeit in einem wichtigen
Wahlkampf und-“
„Und
Sie wollen nicht den Eindruck erwecken, Steuer- und Privatgelder verschwenden
zu wollen, nur um Ihre Liebschaft wiederzufinden.“
„Ich
sehe, wir verstehen uns“, grinste Maxwell: „So in etwa sieht es aus.“ Dann
holte er ein Checkbuch heraus, schrieb etwas auf, reichte es mir und meinte: „Also,
Mister Wallcotts – rein oder raus?“ Es war ein immenser Betrag, zugegeben.
Allerdings hatte ich nach meinem letzten Fall nicht wirklich Geldsorgen und
bohrte daher etwas weiter in Maxwells Intentionen: „Ich möchte nicht respektlos
erscheinen, aber was liegt ihnen so daran, genau diese Dolly zurückzubekommen?
Persönliche Bindung hin oder her – diese lässt sich mit jeder X-beliebigen
Dolly nach einer gewissen Zeit ebenfalls herstellen, oder nicht?“ Ich weiß,
dass ich mich sehr weit aus dem Fenster gelehnt hatte und hatte auch erwartet,
dass Maxwell sofort aufstehen und gehen würde. Doch er trank nur sein Glas aus,
verlangte nach einem weiteren, bekam von mir eingeschenkt und sprach: „Nun, das
ist wahr. Im Grunde ist jede Dolly austauschbar, wenn man sie auf das
Körperliche reduziert.“
„Aber?“
„Sweetcheeks
lebt schon sehr lange bei mir. Länger als ihre eigentliche Laufzeit im Babeland,
sicher. Allerdings eröffnete sie mir jüngst, dass sie sich zusammen mit einer
Kollegin wieder in ihr eigentliches Alter zurücksplicen und mich verlassen
wollte.“
„Und
sie erlauben das so einfach?“ fragte ich erstaunt, doch er gab ernst zurück:
„Mister Wallcotts – ich habe meine Vorliebe für den jugendlichen, weiblichen
Körper nie verheimlicht. Aber ich bin auch ein Humanist und glaube daher fest
daran, dass ein jeder sein Leben so leben kann, wie er oder sie es für richtig
erachtet. Und wenn Sweetcheeks ihren alten Namen und ihre alte Identität wieder
annehmen möchte, möchte ich dem nicht im Wege stehen.“
„Aber
wenn Sweetcheeks Sie sowieso verlassen wollte, warum dann die Mühe machen, sie
zu finden?“
„Weil
nur ich das Zurücksplicen genehmigen kann und wir beide anwesend sein müssen“,
erklärte Maxwell: „Und außerdem habe ich das Gefühl, dass es hier nicht mit
rechten Dingen zugeht. Um ganz
ehrlich zu sein, habe ich das Gefühl, dass sie entführt wurde, anstatt einem
Unfall zu erliegen.“
„Entführt
sagen Sie?“ rief ich: „Haben Sie eine Vermutung?“`
Maxwell
lachte laut und meinte daraufhin: „Sie sind ja lustig, Bürschchen! Ich bin Robert
Maxwell, CEO von Maxwell Robotics, dem größten Arbeitslosenproduzent der Welt!
Jeder in dieser verfickten Stadt und auf diesem verschissenem Planeten hat
einen Grund, mir Schaden zuzufügen!“
„Jeder,
außer mir“, gab ich keck zurück, was ihn noch lauter lachen ließ. Als er sich
wieder besonnen hatte, nahm ich den Check und faltete ihn zusammen, steckte ihn
in die Brusttasche meines Poloshirts und meinte: „Mister Maxwell, wir haben
einen Deal.“
„Sehr
gut“, meint er und ich fragte: „Haben Sie einen ersten Anhaltspunkt für mich?
Jemand, an den ich mich wenden kann?“ Maxwell holte daraufhin schweigend einen
Zettel heraus, schrieb etwas darauf und schob ihn mir zu, ehe er aufstand und
sprach: „Versuchen Sie es dort. Ich werde Ihnen morgen einen Umschlag mit Geld
und Berechtigung zukommen lassen. Hoffentlich bringt es Sie weiter.“ Dann
verließen er und seine Leibwächter meine Wohnung, ohne auch nur ein weiteres
Wort zu sagen. Ich schaute auf den Zettel, den er mit zugeschoben hatte. Darauf
stand:
BABELAND,
Leicester Square
Cherryblossom,
Platinklasse
* *
Das
Babeland – sechs Stockwerke hoch, 120 Meter lang, 100 Meter breit. Ein Tempel
zu Ehren des fetischierten Materialismus. Stellt euch einen großen Sexshop vor,
in dem man alles kaufen kann. Dildos, Ballknebel, sexy Outfits und mehr – alles
zugeschnitten auf die kindlich-jugendlichen Angestellten und ihre spendierfreudigen
Gönner.
Es
gibt fünf verschiedene Preisstufen. Bronze, Silber, Gold, Platin und Diamant.
Bronze und Silber sind die am häufigsten benutzen Stufen – hauptsächlich von
der unteren und oberen Mittelschicht. Alles darüber – nun, wenn man nicht schon
in diese Welt aus Reichtum und Glamour geboren wird, nun ja. Spezielles,
geldförderndes Talent haben, nehme ich an?
Das
Erdgeschoss ist der eigentliche Laden. Es gibt nichts, was die sexuellen
Gelüste nicht befriedigt. An jeder der vier Wänden gibt es Fahrstühle, die die
Kunden zu den jeweiligen Zimmern der…Damen bringen. Zwei für Bronze und Silber
an der Eingangswand und links daneben. Zwei für Gold und Platin zur linken und
direkt gegenüber dem Eingang den einzelnen Aufzug, der die Reichsten bis hoch
zur Diamantklasse bringt. Wie ihr euch bestimmt vorstellen könnt, gibt es vor
den Aufzügen lange Schlangen und jede Menge Probleme. Leute, die feststellen
müssen, dass sie nicht das nötige Kleingeld haben, Kunden, die wegen ihres
Aussehens von den Arbeitern für ärmer gehalten werden und daraufhin sofort den
Besitzer sprechen möchten. Das Babeland hat schon alles erlebt.
Ich
betrat das Etablissement durch die riesige Drehtür und sah mich um. Reiche
Gönner, die zusammen mit ihren Kindern oder ihren jugendlichen Liebhabern die
neuestens Trends begutachten. Jugendliche, die anderweitig kein Glück in der
Liebe hatten und deren Väter ihnen mit einer Ermächtigung diesbezüglich abhalfen.
Ich ging direkt zu einem der Tresen an der linken Wand. Dort muss man angeben,
welche Klasse man buchen möchte. Ich ging also zu einem der Tresen und sprach
mit der Bedienung. „Eine Marke für Platin bitte“, sprach ich in einem normalen
Ton, doch, wie konnte es auch anders sein, wurde ich von der Bedienung mit
einem skeptischen Blick beäugt. Ich war nicht zur Überwachung hier, sondern um
Antworten zu bekommen und hatte daher meine normale Straßenkleidung an – nicht
gerade Bonzenmaterial. „Verzeihen Sie, wenn ich mir diese Bemerkung erlaube“,
kam es von ihr wie erwartet: „Aber Sie sehen nicht aus, als könnten Sie sich
das leisten. Vielleicht versuchen Sie es in der Silber- oder Goldklasse.“
Daraufhin sah sie zu ihrem Laptop, gab etwas ein und meinte daraufhin: „Ich
sehe Goldie und Rasberry Goodness sind gerade frei.“ Ich grinste sie nur frech
an und holte daraufhin den Umschlag heraus, welchen ich am Morgen zuvor in
meinem Briefkasten gefunden hatte. Darin befand sich ein Schreiben Maxwells, welches
mir Zugang zur Platinklasse erlaubte.
Nachdem
sie es durchgelesen hatte, nickte sie nur und meinte kleinlaut: „Verzeihen Sie meinen
vorherigen Tonfall. Kommt nicht wieder vor.“ Natürlich war ich ihr nicht böse,
doch derartige Vorfälle sollten sich für andere Kunden nicht wiederholen,
weswegen ich einen ersten Blick aufsetzte und nur meinte: „Sollte es besser
nicht. Schätzen Sie sich glücklich, dass ich Maxwell nichts sage.“ Sie sagte
daraufhin nichts weiter sondern händigte mir nur meine Marke für die
Platinklasse und den Umschlag heraus und wünschte mir noch einen schönen Abend.
An
diesem Abend hatte ich Glück und die Platinklasse war nicht so gut besucht. Ob
es am Verschwinden von Sweetcheeks lag? Vermutlich. Ich gab meine Marke dem
Aufzugarbeiter, trat ein und nach wenigen Sekunden erreichte ich den fünften
Stock in dem sich die Platinklasse befand. Wie man es erwarten konnte, war die
Ausstattung sehr luxuriös. Mahagoniholz und teure Pflanzen, Marmorsäulen und,
wie konnte es auch anders sein, Platinverkleidungen. An beiden Seiten der Wände
hingen Plakate, welche sowohl die Mädchen der Platinklasse, sowie die aktuellsten
Mode- und Fetischtrends präsentierten. Der neueste Trend? Echte Zahnspangen.
Echte Zahnspangen auf voll entwickelten, erwachsenen Gebissen. Ich glaube, ich
brauche nicht zu erwähnen, dass Zahntechniker in London, wie auch anderswo auf
der Welt, ausgerastet sind. Ihr wisst schon: Man soll nichts reparieren, das
nicht kaputt ist. Zwei Minuten und eine Abbiegungen später stand ich vor
Cherryblossoms Tür und klopfte an. „Herein!“ kam es von innen, ehe ich die Tür
öffnete und eintrat.
Als
ich den Raum betrat, war ich etwas erstaunt. Wie man annehmen kann, war
Cherryblossom japanischer Herkunft. Allerdings hatte ihr Zimmer nichts
Asiatisches an sich, sondern machte eher den Eindruck eines Wohn-oder
Schlafzimmers aus den 1930er Jahren. An den Wänden hingen Plakate bekannter Künstler,
Filmstars und Musiker dieser Zeit und aus einem antiken Plattenspieler lief die
typische Loungemusik jener Zeit. Dazu zählte auch Cherryblossom selbst, welche
in einem Bademantel vor einem Schminktisch saß, aufstand und sich umdrehte, als
sie mich im Spiegel sah. Während sie verführerisch auf mich zulief, öffnete sie
ihren Mantel und gab den Blick auf ein Ensemble schwarz-roter Reizwäsche frei
von der Art, wie man es in den 1930ern und 40ern getragen hatte.
„Guten
Abend, mein Bester, wie heißt du denn?“, sprach sie und fing an, mich auf
lustvolle Art anzufassen: „Was kann ich denn heute Abend für dich tun?“
Glücklicherweise hatte ich schon reichlich Erfahrung in der erwachsenen Version
dieses Metiers gesammelt und kam gleich zum Punkt: „Daniel Wallcotts,
Privatermittler. Sie können mir einige Fragen bezüglich Ihrer Studienkollegin beantworten“,
sprach ich schroff, woraufhin sie von mir abließ, ihren Mantel aufhob und sich
wieder verhüllte.
„Hat
Maxwell, dieser Bastard, sie geschickt?“
„Sie
scheinen keine allzu hohe Meinung von dem Sugar-Daddy ihrer Freundin zu haben“,
bemerkte ich, woraufhin sie sich eine Zigarette ansteckte und sprach: „Nur weil
ich mich gerne von älteren Männern durchficken lasse, muss ich sie nicht
mögen.“
„Das
habe ich nicht gesagt“, gab ich zurück, ehe wir uns an einen Tisch setzten:
„Ich persönlich halte von all dem hier nicht viel, aber Geschäft ist nun mal
Geschäft.“
„Dann
haben wir schon etwas gemeinsam, Mister Wallcotts“, grinste sie frech: „Für uns
zählt nur die Kohle.“ Ich kicherte, besann mich dann jedoch auf meine Arbeit
und kam gleich zur Sache: „Wann haben Sie Sweetcheeks das letzte Mal gesehen?“
„Vor
drei Tagen. Hat Maxwell Ihnen das nicht gesagt?“
„Maxwell
sprach davon, dass Sweetcheeks und Sie sich wieder in ihr richtiges Alter
zurücksplicen wollten, ist das richtig?“
„Ja,
das stimmt. Zugegeben, die Kohle, die man hier verdient, ist immens. Aber
ernsthaft: es gibt ein Leben nach dem
Babeland. Für sie, für mich und für viele vorherige und nachfolgende Mädchen
auch.“
„Wann
hatten Sie vor, sich zurückzusplicen?“ fragte ich und sie eröffnete mir, dass
es gegen Ende des Monats stattfinden sollte – in drei Wochen also.
„Bevor
Sweetcheeks verschwand, in welcher Beziehung standen Sie zueinander?“
„Beziehung?“
„Sind
Sie sich im Trotzt das letzte Mal begegnet? War Ihre letzte Begegnung mit
Sweetcheeks froher Natur? Das meine ich.“ Cherryblossom zog an ihrer Zigarette,
blies mir den Rauch ins Gesicht und meinte: „Sie stellen sehr viele Fragen,
Mister Wallcotts.“
„Wäre
wohl kein guter Ermittler, wenn nicht“, gab ich zurück. Sie grinste und gab an:
„Wir haben uns das letzte Mal etwas gestritten, wenn Sie das meinen.“
„Worum
ging es konkret?“ hakte ich sofort nach.
„Ach,
eigentlich um eine Nichtigkeit“, seufzte Cherryblossom: „Es ging mal wieder um
das Thema Escortservice.“
„Wo
liegt das das Problem?“
„Sie
fand es geil, ich arbeitete lieber hier im Babeland“, gab sie lakonisch zurück
und ich erfragte sofort, ob Sweetcheeks vor ihrem Verschwinden mit einem Freier
mitgegangen war. „Ja, das war sie“, sprach Cherryblossom: „Mit einem Professor…Dellinger.“
„Dellinger….okay.
Und wo kann ich ihn finden?“ fragte ich, woraufhin sie sich über den Tisch
beugte, tief in meine Augen sah und meinte: „Ich denke, das kriegen Sie schon
alleine raus.“
Und
so, wie sie das betont hatte nahm ich an, dass sie mir keine weiteren
Informationen mehr geben wollte. Nun, ich kann niemanden zwingen, mir mehr zu
sagen – leider. Könnte ich, würde es meine Arbeit zum Teil recht vereinfachen!
„Ich
denke, wir sind hier fertig“, stellte ich fest, erhob mich und fügte hinzu:
„Bevor ich allerdings gehe, möchte ich noch einige Fotos von ihnen schießen.“
„Was
denn für Fotos?“ fragte sie verwundert: „Sie wirken nicht wie ein
Hobbyfotograf.“
„Ich
brauche Fotos von Ihnen. Nacktfotos, um genau zu sein.“
„Ah,
so einer sind Sie also!“ rief sie recht amüsiert, woraufhin sie aufstand und
sich in lustvoller Manier vor mir auszog. Ich zückte nur meine Minikamera und
schoss Dutzende Bilder.
Jetzt
werden Sie sich bestimmt fragen, wieso ich so viele Nacktbilder von einer
anscheinend 14‑Jährigen auf meine Kamera spiele. Nun, wie gesagt, ich habe
bereits reichlich Erfahrung im erwachsenen Rotlichtbereich gesammelt und daher
weiß ich, dass alles, was den Körper
der Damen betrifft, von Belangen sein kann. Tattoos, Schönheitsflecken,
Muttermale, Narben – alles kann bei einer späteren Gelegenheit Verwendung
finden. Nachdem ich die Fotos hatte, legte ich 1.500 £, die sich neben Maxwells
Schreiben ebenfalls in dem Umschlag befanden, auf den Tisch. „Oh,
Schweigegeld“, gab Cherryblossom fast schon spöttisch von sich: „Wie aufmerksam
von Ihnen.“
„Betrachten
Sie es einfach als leichtverdientes Geld. Einen guten Abend noch“, sagte ich
emotionslos und verließ das Zimmer.
Ihr
werdet euch, während ihr das gelesen habt, bestimmt gefragt haben, wie man die
Dollies von echten Kindern unterscheidet? Wie gehen die Loli-Doll Häuser und
DN-AGE sicher, dass keine wirklichen Kinder prostituiert werden? Die Antwort:
ein Tattoo. Jede Dolly hat ein eigenes Tattoo irgendwo auf ihrer Haut; früher
hatten alle es auf ihrer rechten Hand, doch aus Protest von religiösen
Gruppierungen (Zeichen des Teufels usw.), wurden die Bestimmungen gelockert.
Jedes
Tattoo besteht aus drei Teilen: oben das Eintritts- und Austrittsdatum, in der
Mitte ein Strich, unten der Name der jeweiligen Dame. Und nun die offensichtliche Frage: wieso kann man das
nicht fälschen? Es wäre ja ein Leichtes, so denkt man, ein derartiges Tattoo zu
fälschen und es echten Kündern irgendwo auf die Haut zu malen. Der Clou an der
Sache ist der Mittelstrich. Dieser besteht nämlich aus einer zweihundertstelligen
Seriennummer, die den Dollies mittels einer Mikronadel eintattoowiert wird –
und die Technologie dahinter wird von DN-AGE wie ein Augapfel gehütet.
Nach
der Vertraglich vereinbarten Zeit wird das Tattoo wieder entfernt und die
Mädchen werden wieder in ihre ursprüngliche, körperliche Form zurückverwandelt.
Wie ihr aber an Cherrys Tattoo sehen könnt, war ihre Laufzeit schon lange
vorbei. Wenn das bei Sweetcheeks genau so war, dann repräsentieren die Zwei
eine von zwei bestimmten Kategorien: die Longterm-Girls, welche nach der
vertraglichen Laufzeit sich irgendwann selber entscheiden, wieder erwachsen zu
werden – und die sogenannten Lifers. Dazu allerdings später mehr.
* *
Wieder
zuhause versuchte ich, so viel über diesen Professor Dellinger herauszufinden.
Doch als ich die Suchmaschine anwarf, fand ich nichts. Kein Profil auf
irgendeiner Universität oder auf einem der zahlreichen sozialen Netzwerken.
Erst nach Stunden des Suchens fand ich eine Erwähnung seines Namens auf eine
der hinterletzten Seiten der Suchmaschine. Zum Glück lag seinem Namen auch eine
Adresse bei: er wohnte in der Fleet Street. Ironisch, wenn man bedenkt, dass
ich nur im unmittelbarem Umkreis der St. Pauls Cathedral wohne.
Ich
zog mir also eine leichte Jacke an und machte mich auf den Weg. Doch als ich vor
seinem Haus stand, wurde es merkwürdig. Alle Lichter waren aus, obwohl es Nacht
war – kurz vor zehn, um genau zu sein. Ich dachte mir, vielleicht war er fort
oder bereits schlafen gegangen. Ich klingelte mehrmals, doch keiner machte auf.
Ich wollte wieder den Heimweg antreten, als ich aus Jux seine Türklinke versuchte.
Die Tür…war offen! Ich sah mich kurz um und ging dann hinein.
„Professor
Dellinger?! Sweetcheeks?!“ rief ich als ich das Licht einschaltete und mich in
den unteren Räumen des Luxusapartments umsah. Doch als ich mich umsah, wurde es
wieder merkwürdig. An den Wänden hingen zahlreiche Fotos des Professors
zusammen mit…seiner Familie. Sicher gab es Fotos mit ihm und einigen
jugendlichen Mädchen, doch bemerkte ich schnell, dass es sich hierbei um seine
eigenen Kinder handelte. Dazu noch einige Dinge, die offensichtlich Kindern
gehörten und die wahllos im ganzen unteren Bereich des Apartments verteilt
waren. Entweder war die Liebe des Professors für jugendliche Mädchen ein wohl
gehütetes Geheimnis seinerseits gewesen – oder hier ging etwas nicht mit
rechten Dingen vor.
Als
ich in die obere Etage und in dessen Büro ging, bot sich mir jedoch ein
schauerliches Bild. Auf dem Boden lag der beleibte Professor, um seinen Hals
ein Schal. Er trug ganz normale Kleidung und das Zimmer machte den Eindruck,
als habe hier ein Kampf stattgefunden. Lampen waren umgeworfen worden, Seiten
von Papier lagen auf dem Boden. Jedoch machte es den Eindruck, als habe man ihn
nach der Tat nicht ausgeraubt. „Wer tötet einen wohlhabenden Professor und
nimmt danach nichts mit?“ fragte ich mich. Und was noch wichtiger war: wo war
Sweetcheeks?! Wenn sie zusammen mit dem Professor hier gewesen war, warum hatte
man sie mitgenommen? Was für ein Spiel wurde hier gespielt?! So viele Fragen
gingen mir durch den Kopf, dass ich ihn zuerst nicht bemerkte: den Brief auf
Dellingers Schreibtisch. Ich dachte zunächst, es handle sich hierbei um ein handelsübliches
Schreiben. Doch als ich ihn aufhob und ansah, sah ich, an wen er adressiert war, denn mit einer sauberen Handschrift stand
geschrieben: Für Robert.
Ich
wollte ihn zunächst öffnen, entschied mich aber zunächst, den Brief an mich zu
nehmen und ihn zuhause in aller Ruhe durchzulesen. Dann schoss ich so viele
Bilder vom Tatort wie möglich und verließ das Apartment so schnell ich konnte.
Das Letzte, das ich gebrauchen konnte, waren meine Spuren am Tatort!
Ich
ging also zu meiner Wohnung zurück in der Hoffnung, eine Nacht darüber schlafen
zu können und am nächsten Tag der Polizei Bescheid zu sagen. Ich schaute mich
vorher noch kurz um, um sicherzugehen, dass mir auch niemand gefolgt war.
Abgesehen von zwei jugendlichen Mädchen, die rauchend und trinkend auf einer
Parkbank saßen, nichts Ungewöhnliches. Ich betrat also meine Wohnung und legte
den Brief in die Schublade des Beistelltisches neben der Haustür. Als ich
jedoch das Licht anmachte, erhielt ich den Schock meines Lebens. Ihr müsst
wissen, wenn man mein Apartment betritt, ist das Erste, was man sieht, die
uralte Pendeluhr meines Ur-Urgroßvaters. Ein altes Familienerbstück dass ich erst
jüngst von meiner Schwester geerbt hatte. Die Uhr sah relativ normal aus, doch
beim näheren Hinsehen sah ich, dass jemand zwei zusätzliche Zeiger in einer
hellblauen Farbe auf das Glas gemalt hatte. Sie standen auf genau zehn Uhr –
also etwa die Zeit, in der ich mich auf den Weg zum Professor gemacht hatte.
Blitzschnell ergriff ich die Pistole, welche noch immer im Fach des
Abstelltisches lag und rief: „Wer auch immer hier ist, zeigen Sie sich! Ich bin
bewaffnet und ein guter Schütze!“
Ich
schaltete sämtliche Lichter meiner Wohnung an und durchsuchte sie gründlich.
Nichts. Kein Verrücken von Möbeln, nichts war entwendet worden. Ich ging also
wieder zurück zur Haustür, um die Pistole wegzulegen. Doch dann bemerkte ich
einen weiteren Briefumschlag, den wohl jemand währenddessen durch meinen
Briefschlitz gesteckt haben musste. Ich riss die Tür auf und sah zu meinem
Verwundern, dass die beiden Mädchen verschwunden waren. Hastig schloss ich die
Tür und öffnete den Brief. Darin stand:
Guten Abend,
“Wir geben Ihnen die Möglichkeit, die
Welt zu verändern und sie vielleicht zu retten.“
“Finden Sie sich um PUNKT 24 UHR DREISSIG
am Piccadilly Circus ein. Warten Sie darauf, dass ein Hündchen verkauft wird,
um mehr zu erfahren.“
Mit freundlichen Grüßen
L & V
Meine
Hände zitterten. Mitternacht war in einer halben Stunde und ich würde ca. eine
halbe Stunde brauchen, um zu Fuß dorthin zu gehen. Ich gedachte daher, mit dem
Auto hinzufahren, rief davor jedoch Randolf Mallon, meinen Mann bei Scotland
Yard an. Ich erzählte ihm von dem Mord an Professor Dellinger und bat ihn, mir
eine Kopie aller Unterlagen, die man am Tatort fand, zu machen, ganz gleich wie
unwichtig diese erschienen. Vielleicht würde ich irgendwann erfahren, ob etwas
Bestimmtes bei Professor Dellinger gesucht hatte und wenn ja, was es denn genau
war.