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Zwei unheimliche Legenden 3

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Erster Teil
Zweiter Teil

Himmel, was für ein Schneetreiben…

Ich kann sehen dass da draußen jemand steht, allerdings sind meine Augen auch nicht mehr das was sie einmal waren und dieser verflixte Sturm macht es mir nicht gerade leichter. Komm schon, komm schon, nur keine Scheu, komm näher an das Feuer heran damit ich dich besser erkennen kann!

 

Nein…, wer hätte das gedacht?

Nun ja, mittlerweile sollte ich gelernt haben, dass ich dich wohl niemals abschütteln werde, allerdings erfüllt es mich doch mit Staunen, dass du mir sogar hierher gefolgt bist.

Du bist mir doch gefolgt oder?

Nein, nein, nein, leugnen hat keinen Zweck mein lieber Freund, spare dir die Mühe! Ich glaube nicht mehr daran dass unsere Begegnungen dem reinen Zufall zu zuschreiben sind, oh nein, dazu hast du einmal zu oft deine Nase bei mir blicken lassen! Aber ich mache dir keinen Vorwurf. Weiß Gott wo deine Intentionen liegen, aber was geht es mich auch an, ich bin alt und die heutige Jugend wird für unsereins immer ein undurchschaubares Rätsel bleiben… nun ja, du wirst schon deine eigenen Pläne und Gründe haben.

Nun schau nicht so verschämt als hätte ich dich gerade beim Naschen erwischt! Komm schon her Kind, und setze dich zu mir, du holst dir da draußen noch den Tod! So eine heimelige und warme Höhle wirst du in diesem sturmgepeitschten Ödland kein zweites mal finden, dass verspreche ich dir. Es hat mich eine Heidenarbeit und zwei Finger der linken Hand gekostet um diesen Platz zu ergattern, bei Ymirs eisigem Atem, einfach war es beileibe nicht! … Aber diese Geschichte ist für ein anderes mal bestimmt.

Mach nicht so große Augen, jeder muss für seinen Platz in der Welt kämpfen, ein paar Verluste sollte man da schon mit einplanen und verkraften können. Sei abermals mein Gast und mach es dir gemütlich. Setz dich am besten in diese Ecke, dort ist der Wind weniger zu spüren und das Feuer wärmt am wohligsten. Ich gehe davon aus, dass ein schöner Becher heißen Tees deine Zustimmung erhalten wird?

Natürlich, natürlich, mittlerweile kenne ich dich ja.

Hier, nimm den guten alten Keramikbecher und gib acht, dass du dir an dem Gebräu nicht die Zunge verbrühst. Allerdings kann ich dir dieses mal leider nichts zum Süßen anbieten, meine Honigvorräte sind zur Neige gegangen und Zucker ist in diesen Gefilden für arme Wandersleute beinahe unerschwinglich.

Nun ja, jetzt wo du versorgt bist, wissen wir beide natürlich was als nächstes folgt…

Eine Geschichte muss her!

Nun, lass mich einen Augenblick nachdenken… aber ja! Ich gehe davon aus, du weißt wie der Name diese Region lautet? Richtig, die Karpaten. Um genau zu sein handelt es sich um das Făgăraş-Teilgebirge und wie befinden uns gerade auf dem höchsten Bergmassiv Rumäniens, dem Moldoveanu.

Was, du findest es hier hässlich und langweilig? ‚Sei nicht so voreilig, im Sommer kann das ein wunderschönes Fleckchen Erde sein! Aber genug der geographischen Abschweifungen, ich wollte dir ja eine weitere Legende erzählen.

Also sei still und höre mir zu:

 

Die Legende der Strigoi

Bei den Strigoi handelt es sich wahrscheinlich um die
älteste beschriebene Form vampir,- oder ghulartiger Wesenheiten der
europäischen Mythologie. Das klassische Bild eines Vampirs, dass sich
heutzutage in unseren Köpfen eingebrannt hat, geht mit großer Sicherheit auf
diese Urform zurück, obwohl es allerdings nur noch entfernte Ähnlichkeiten zu
der eigentlichen Erscheinung und Lebensweise dieser Kreatur aufweist.

Der rumänische Begriff Strigoi geht auf das Wort strix,
lateinisch für Nachtohreule zurück, ein legendenumwobener Vogel der vor
tausenden von Jahren als bluttrinkender Bote für Tod und Verderben gefürchtet
war. Die überlebenden Verwandten dieses Unheilsbringers leben noch heutzutage
in unseren Wäldern und lassen nachts ihre schrillen, klagenden Schreie
ertönen.

Die Legende der Strigoi ist älter und tiefer verwurzelt als
viele der Länder in denen man sich heute von ihnen erzählt, ja sogar älter das
Christentum selbst. Das erste Volk, dass von ihren unheimlichen Taten und
Bräuchen berichtete, war das der antiken Daker. In ihrer Mythologie handelte es
sich bei den Strigoi um die untoten Seelen Verstorbener, die zu Lebzeiten
schreckliche Sünden und Gräueltaten begangen hatte und denen Aufgrund dessen
der Zutritt in das ewige Reich des Totengottes Zalmoxis verwehrt wurde.
Dreitausend Jahre lang wurde diese Legende mündlich weitergegeben und von
Generation zu Generation wuchsen das Grauen und die schreckliche Macht dieser
Kreaturen. Der Glaube an die Strigoi hatte sich im Mittelalter weit über die
Grenzen des historischen Rumäniens hinaus ausgebreitet und spukte in ganz
Osteuropa durch die Köpfe der Menschen, ja sogar in Bereichen Italiens und
Österreichs erzitterte man bei der Erwähnung des verhassten Wortes.

Man unterscheidet die Wesen in zwei Klassen, die
„lebendigen“ Strigoi vii und die „toten“ Strigoi mort. Die Strigoi vii sind die
harmloseren der zwei Unterkategorien. Eine Erzählung berichtet, dass es sich
bei ihnen um mächtige Hexenmeister handelt, die nachts Milch, Fleisch und
Getreide von ansässigen Bauern stehlen um ihren Wohlstand und ihre
Lebensgrundlage zunichte zu machen, die Krankheiten unter die Bevölkerung sähen
und Dürreperioden oder Hagelstürme heraufbeschwören um die lebensnotwendige
Ernte zu zerstören. Einer anderen Legende zufolge, sind die lebendigen Strigoi
Kinder, die bereits ungeboren zu einem ewigen Dasein als Monster verdammt sind.
Ursache dafür ist eine von der Mutter begangene Todsünde während der
Schwangerschaft oder sogar die direkte Abstammung von einem der gefürchteten
Strigoi mort. Nach ihrem Tod sind diese Kinder dazu verdammt, für alle Ewigkeit
als untoter Vampir auf dieser Erde zu verweilen. Erkennungsmerkmale eines
solchen Wesens sind angeborene anatomische Abweichungen oder seltene
Deformationen, wie etwa Riesenwuchs oder verlängerte, schwanzähnliche
Rückgradfortsätze.

Die Eigenschaften der furchterregenden Strigoi mort, werden
in der nun folgenden Geschichte am besten beleuchtet. Denn seit hunderten von
Jahren kommt es im östlichen Teil Europas immer wieder zu Sichtungen dieser
scheußlichen Kreatur, die oftmals in wilden und blutigen Hetzjagten enden. Wenn
man bei seinen lebendigen Verwandten, den Hexenmeistern die Pest und Tod sähen,
den abnormen, unheilsüberschatteten Kindern, noch von einer reinen Legende,
einem Mysterium, tumbem Aberglauben sprechen kann, so sollst du gewarnt sein;
Die Strigoi mort, die wandelnden Leichname, sind real.

Hüte dich, sollte dir jemals eine ähnliche Begebenheit zu Ohren kommen wie diese Geschichte:

Jure Grando Alilovic war ein Bauer aus dem beschaulichen
Dorf Kringa, welches im heutigen Kroatien liegt. Nur wenig ist über Grandos
Lebzeiten bekannt, lediglich, dass er zwei Kinder in die Welt gesetzt hatte,
sowie sein Geburts-, und seine zwei Todesjahre.

Du hast richtig gehört, zwei Todesjahre.

Grando war ein unauffälliger Mann, 1579 in seinem Heimatdorf
geboren, verheiratet, Vater eines hübschen Mädchens und eines stattlichen
Knabens, die allerdings aus ungeklärten Gründen bereits in jungen Jahren aus
Kringa flohen und sich in Italien ein neues Leben aufbauten. Ihr Vater sollte
den Ort seiner Geburt nie verlassen. Eines Tages, er befand sich bereits im
höheren Alter,  wurde der Bauer von einer
mysteriösen Krankheit befallen, die ihn innerhalb kürzester Zeit hinwegraffte.
Seine Witwe trauerte an seiner letzten Ruhestätte, doch der Kummer verblasste
mit der Zeit und man vergaß das kleine Grab, denn damals gab es viele Tote zu
betrauern. Jahr um Jahr zogen nun die Sommer und Winter vorüber ohne dass sich
etwas nennenswertes in dem kleinen Dorf ereignete, dem bald Grauenhaftes
bevorstehen sollte.

Der Schrecken nahm seinen Lauf, als sich der sechzehnte
Todestag Grandos seinem Ende zuneigte, die Sonne am Horizont ertrank und ein
blutroter Vollmond unheilverkündend am Firmament erschien. Es begann mit einem
leisen Klopfen an den Haustüren der Dorfbewohner, einem kaum wahrnehmbaren
Kratzen an morschen Fensterläden, einem Schatten den manch einer um die
Häuserecken schleichen sah. Und auf jedes Klopfen, folgte am nächsten Morgen
ein Leichnam. Die Toten wurden in ihren Betten gefunden, kreidebleich und
blutleer, mit einem Ausdruck des Grauens in den starren Augen, den nur der
blanke Horror auslösen konnte. Innerhalb einer Woche hatte beinahe die Hälfte der
Dorfbewohner einen schmerzlichen Verlust zu beklagen und eine schleichende
Panik machte sich langsam breit. Man munkelte, dass es sich um eine
unerklärliche Krankheit handelte, einen schwarzmagischen Fluch oder den Zorn
Gottes!

Nur einer von ihnen, hatte eine schreckliche Vermutung, die sich bald
als grausame Realität entpuppen sollte. Der alte Priester, Vater Giorgio,
welcher vor genau sechzehn Jahren den eingefallenen Körper Jure Grandos unter
die Erde gebracht hatte, erkannt ein Muster in den tragischen Unglücksfällen.
Wann immer des Nachts an einer der Türen geklopft wurde, so gab es am nächsten
Tag einen Toten innerhalb der Mauern dieses Hauses. Ausschlaggebend war
allerdings erst der Bericht der verstörten Witwe des verstorbenen Bauers, die
unter Tränen und dem Wahnsinn nahe verkündete, ihr Mann habe in der Nacht
plötzlich in ihrem Schlafzimmer gestanden, mit einem grässlichen, verzerrten
Lächeln auf den eingetrockneten Lippen. In dem Priester festigte sich die
Vorahnung, dass Grando sich in einen Strigoi, einen todbringenden Wiedergänger
verwandelt haben musste und nun das Dorf terrorisierte. Er scharrte alsbald
eine Gruppe wackerer Männer um sich, die nur allzu gerne seinem Befehl folge
leisteten der grässlichen Kreatur den Garaus zu machen. In allen kochte der
selbe, bodenlose Hass, denn jeder hatte bereits schmerzlich die Macht des
gnadenlosen Strigoi zu spüren bekommen und einen geliebten Menschen für immer
verloren.

Unter Vater Giorgios Führung machten sie sich auf, das
Monstrum zu jagen, zu stellen und für seine Untaten büßen zu lassen. Und schon
bald standen sie sich Angesicht zu Angesicht gegenüber. Der alte Priester erhob
sein Kreuz, streckte es dem Geschöpf entgegen und befahl mit lauter Stimme,
dass es im Namen Jesu Christi verschwinden und aufhören solle, sie weiterhin zu
quälen. Doch die Kreatur grinste nur zähnefletschend und schleuderte den Alten
mühelos beiseite. Miho Radetic, der mutigste unter den Dorfbewohnern sprang
todesverachtend vor und wollte einen Pfahl aus Weißdorn in das Herz des Strigoi
treiben, doch das gehärtete Holz prallte nur von seiner Brust zurück und
hinterließ nicht einmal einen Kratzer. Die Kreatur beugte sich über den
entsetzen Mann, riss seine Kehle auf und labte sich an dem frischen Blut seines
Opfers. Die anderen Dörfler flohen daraufhin, doch sie schworen sich, nicht
aufzuhören das Biest zu jagen.

In der nächsten Nacht machten sich neun von
ihnen, bewaffnet mit Lampen, Kreuzen und Weißdornstöcken, auf zum Friedhof und
öffneten Grandos Grab. Als sie den Kadaver erblicken, wurden sie von Entsetzten
gepackt. Nach sechzehn Jahren war er noch immer vollständig erhalten, Haare und
Fingernägel schienen gewachsen zu sein und an den eingefallenen, lächelnden
Lippen klebte frisches Blut. Vater Giorgio schwenkte sein Kreuz über ihn und
sprach: „Siehe, Strigoi, dies ist Jesus Christus, welcher uns von der Hölle
errettet hat und für uns gestorben ist. Und du, Strigoi, du wirst niemals
Frieden finden!“ Und mit diesen Worten versuchten sie erneut, sein Herz
aufzuspießen, doch der Weißdorn konnte das graue Fleisch nicht durchdringen. In
einem letzten verzweifelten Akt und nach einer Vielzahl von exorzistischen
Ritualen und Beschwörungen, griff einer der Dorfbewohner zu einer schweren
Eisensäge und machte sich daran, den Kopf des Vampirs vom Körper zu trennen.
Sobald das Sägeblatt die Haut ritze, quoll plötzlich Blut aus Jure Grandos
Leichnam und er begann grauenhaft und ohrenbetäubend zu schreien. Doch der
beherzte Mann lies die Säge erst sinken, nachdem der Strigoi vollständig enthauptet
war.

Danach kehrte in Kringa wieder Frieden ein. Doch das unheimliche Kreischen der
Waldohreule, soll seitdem her in diesem Teil der Welt des Nachts besonders laut
zu hören sein.

 

So. Ich hoffe diese Geschichte hat dich nicht gelangweilt, die Strigoi oder klassischen Vampire dürften dir wohl bereits ein Begriff gewesen sein. Doch man sollte auch den Klassikern immer wieder ein Quäntchen des Respekt zollen den sie verdienen. Sonst wären es ja schließlich keine Klassiker, oder?

Hüte dich vor einem nächtlichen Klopfen, das ohne die Ankündigung eines Besuchs auftritt. Ob es das Pochen deines eigenes, verängstigten Herzens oder ein Schatten vor der Tür ist, bleibt nämlich letztendlich Ihm überlassen.

Ich bin, es ist erst ein paar Tage her soweit ich mich recht entsinne, an einem Grab vorbei gekommen. Es lag abseits der Dörfer, einsam und im Einklang mit der Natur hatte man es in eine Lichtung eingebettet, tief in den unerforschten Wäldern dieses Landstriches. Vögel pickten auf der noch dünnen Schneedecke und Rehe nagten an der Rinde der umstehenden Buchen. Ja, diese Lichtung war ein friedlicher Ort, wunderschön und voller Leben… sogar jetzt im Winter. Jedoch schauderte es mich bis ins Mark, als ich das Grab passierte, denn mir war, als wäre es das Herz des Verstorbenen, dass niemals
aufgehört hatte zu schlagen und diese Lichtung mit Leben speiste. Einem unheiligen, verfluchten Leben.  Aber ich schweife ab, verzeih.

Du hast deinen Tee ja gar nicht angerührt, ich bitte dich zu trinken. Unterschätze niemals die Kälte eines Wintersturms, sie kann ebenso
grausam und tödlich sein, wie die Kälte im Herzen einer bösen, einsamen, alten Frau…

 Eine gute Überleitung, nicht wahr?

 

 

Die Legende der Baba Jaga

Ich habe dir nun bereits so viele Geschichten über Vampire
erzählt, dass du mittlerweile wohl an dem Punkt angekommen bist, dich nicht
mehr vor blutschlürfenden, bleichgesichtigen Widergängern zu ängstigen, mein
tapferer Freund. Die folgende Erzählung ist weitaus erschreckender, denn sie
handelt von einer Göttin. Der wohl grausamsten und zwiespältigsten Gottheit,
die bis heute in unseren Legenden überlebt hat. Sie hat viele Namen: die
Gehörnte, die Alte, die Kaltherzige… Ich werde sie im Folgenden einfach
„Großmutter“ nennen, denn das wird ihrem wahren Namen am gerechtesten. Die Baba
Jaga, das Großmütterlein Jedwiga kommt als altes, mageres und hässliches
Hexenweib daher und wird im gesamten Osteuropa gekannt, gefürchtet, in seltenen
Fällen sogar geliebt. Sie ist unberechenbar und teuflisch, niemand weiß heute noch
was sie ursprünglich einmal verkörperte, doch manche Quellen berichten voller
Sicherheit, dass es sich bei ihr um Schlussteil einer göttlichen Dreifaltigkeit
handelt. Eine Muttergöttin. Ein grausames, verrücktes Weib. Ein Heilerin. Ein
Monster.

Sie ist, einer Erzählung zufolge, die Herrin über das
„Wassers des Todes“ mit dem sie sich selbst und ihre zwei Schwestern, die
eigentlich nur ein Teil ihrer eigenen Seele sind, auf ewig am Leben hält. Des
weiteren gilt sie in gläubigen Kreisen als engster Lakai Satans, auf dessen
Befehl hin sie die Sünder und Todgeweihten bis in die Hölle hetzt.

Doch die Großmutter existierte bereits vor der
Christianisierung ist älter, mächtiger, schrecklicher und unberechenbarer. Sie
kann helfen und quälen, das Leben schenken oder es nehmen. Sie hat keine
Begründung für das was sie tut, sie existiert und das alleine reicht ihr
offenbar aus um den Menschen die schrecklichsten Grausamkeiten anzutun. Viele
glauben, dass sie in den Jahren der Einsamkeit ihren Verstand verloren hat und
die einstmals reine Seele der heilkundigen Waldfrau schwarz-, und ihr Herz zu
Eis geworden ist.

Sie tötet mit Wonne und sie tut es oft. Ihre Behausung, eine
Hütte die von gigantischen, schuppigen Hühnerbeinen getragen wird ist das
Epizentrum des Grauens, dass sie in der Welt verbreitet. Es kann sich
eigenständig Bewegen und manch einer, der in den kleineren Dörfern nahe der
wilden Wälder heimisch ist, schwört darauf, eines Tages riesige Klauenabdrücke
im Neuschnee hinter seinem Haus vorgefunden zu haben….

Giebel und Veranda des schrecklichen Hühnerhauses sind mit
den gehäuteten Schädeln der Getöteten geschmückt, die Vorhänge bestehen aus
eben jener getrockneten Haut, zusammengeflickt mit Schnüren aus Venen und
Sehnen. Ihre Zähne sind aus Eisen und sie ernährt sich von Menschenfleisch, ihr
Blick durchbohrt alles und sieht alles, ihre Waffe ist ein riesiger, fliegender
Mörser in dem sie hockt und ihre unglücklichen Opfer an dessen Grund mit dem
steinernen Stößel zu Tode malträtiert. Das Blut der zerschmetterten Körper soll
dabei manchmal sogar über den Rand des Mörsers spritzen und den Boden besudeln,
doch ihr Hexenbesen verwischt jegliche Spuren.

In den vergangenen Jahrzehnten kam es in Russland und den
umliegenden slawischen Nationen einige Male zu verheerenden Hungernöten, denen
viele Menschen zum Opfer fielen. Es ist bewiesen, dass nicht alle Toten die es
zu jener Zeit gab, des Hungers starben. Ihres eigenen Hungers zumindest.
Kannibalismus ist ein scheußliches und trauriges Thema. Doch wahrlich erschreckend
werden diese Geschichten erst wenn man weiß, was einige der Täter später
aussagten. Dass diese Taten nicht nur vom Selbsterhaltungstrieb verschuldet
waren, sondern sie auf Befehl hin gehandelt hatten. Ihren Befehl hin.

Unheimlich, was? Ich hoffe die Flamme des Mutes die in deiner Brust lodert und dein starker Wille haben an diesen Legenden keinen Schaden bekommen, aber ich halte dich für eine sehr zähe und robuste Person. Sonst würdest du mir nicht überall hin folgen.

Darüber wollte ich auch noch mit dir gesprochen haben… Noch etwas Tee?

So, bitte sehr. Ich werde mir bald neue Kräuter oder Früchte besorgen müssen, damit mir nicht bald auch der Tee ausgeht… aber zurück zum Entscheidenden.

Ich will dir einen gut gemeinten Rat geben und bitte dich ihn zu beherzigen. Es wird nicht zu deinem Nachteil sein. Unterlasse es bitte mir weiterhin zu folgen.

Siehst du diese flache Bergkuppe im Osten? Über mein Geschwätz hinweg ist der Schneesturm zu Ruhe gekommen und alles ist wieder klar geworden. In ein paar Minuten wird dort drüben die Sonne aufgehen, ich sehe bereits den goldenen Schimmer der sich sachte über den Hügel tastet… Es ist wunderschön hier oben, nicht wahr? Wenn die Sonne erst einmal in ihrer vollen Pracht am Himmel steht, wird es wärmer werden, der Schnee wird tauen und gefährliche Rutsche werden entstehen. In einer Lawine zu ersticken ist ein äußerst unerfreuliches Ende, also würde ich mich beeilen, wenn ich an deiner Stelle wäre… außerdem ist dein Heimweg sehr weit und gefährlich.

 Hier, bitte nimm den restlichen Tee, er wird dich wärmen.

 Sei wachsam.

 

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