
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Mit einem Summen erwacht die Neonröhre an der Decke zum
Leben. Ihr grelles, widernatürliches Licht durchflutet den kargen Raum und
lässt alles in einem neutralen Weiß erstrahlen. Aus der Finsternis erheben sich
die schmucklosen grauen Wände, deren raue Oberfläche nirgendwo durch ein
Fenster oder auch nur einen Lüftungsschacht durchbrochen wird. Nein, sie bilden ein
massives und undurchdringliches Bollwerk. Die Luft ist kühl und trocken, sodass
sich jeder Atemzug anfühlt, als würde man pures Eis inhalieren. Dies sind die
ersten Eindrücke, die dir durch den Kopf wirbeln, als du deine Augen öffnest
und deine verschwommene Sicht sich klärt. Wie ein Schwarm tausender Fliegen
surren sie durch deinen Kopf und über ihnen thront, dem Beelzebub gleich, die
größte aller Fragen: Wo bist du eigentlich?
Die Frage an sich ist schwer zu beantworten. Dieser Raum ist
ein charakterloser Keller oder Abstellraum, wie es ihn zu hunderten in allen
Ecken der Welt gibt. Du könntest dich in Kambodscha oder im Haus nebenan
befinden. Es macht gar keinen Unterschied. Vielleicht könntest du auf Höhe
deiner Kräfte genauere Aussagen treffen, aber deine dröhnenden Kopfschmerzen verhindern
das ziemlich effektiv. Erst jetzt fällt dir auf, wie sehr deine Handgelenke
doch schmerzen. Du möchtest sie verlagern, irgendwie in eine angenehmere
Haltung bringen. Doch es geht nicht. Du bist gefesselt.
Langsam wirst du dir der kalten Metallrohre an deinem Rücken
bewusst, die dich mit sprichwörtlich eiserner Kraft festhalten. Dein Geist wird
immer klarer und immer mehr drängt sich die nackte Panik in ihn hinein. Erst
versuchst du krampfhaft dich zu erinnern, was geschehen ist, dann rüttelst du
verzweifelt an deinen Fesseln. Es hilft nichts. In allen Filmen die du kennst
findet der Held immer eine Glasscherbe oder etwas ähnliches, einen Gegenstand
um sich zu befreien und das Blatt zu wenden. Du nicht. Der Raum ist wirklich vollkommen
leer. Du siehst dich noch einmal um. Eine Wand rechts. Eine Wand links. Eine
Wand in der Mitte. Und mittendrin eine Tür, so kahl und schmucklos, dass sie
dir erst in diesem Moment auffällt. In dem Moment als sie aufgeht.
Ein schreckliches Quietschen erfüllt den ganzen Raum, als
das Tor zu deinem Verließ aufgeht. Du hörst schwere Schritte, hörst ein
Schnaufen, dann betritt eine dunkle Silhouette den Raum. Dir stockt der Atem.
Du kennst diese Person. Ein einziger Blick auf die Bewegungen deines Gefängniswärters
und sofort merkst du, wie schief alles läuft. Das kann doch nicht sein. Ist
sowas möglich? Geht das denn? Du musst träumen. Das ist die einzig logische
Erklärung. Du bist gefangen in einem düsteren, vernichtenden Albtraum. Nicht
mehr und nicht weniger. Aber noch während du das denkst erinnert dich die
eisige Wand in deinem Rücken, dass dem nicht so ist. Das ist die bittere Realität.
Dein Peiniger steht mittlerweile mitten im Raum, völlig reglos, und starrt auf
dich herab. Du erkennst die Verbitterung in den Augen, aber auch die Wut. Und
den Hass. Den Hass auf dich. Du willst etwas sagen, irgendetwas, ein Gespräch
anfangen, in dessen Verlauf sich die ganze Situation bestimmt als großes
Missverständnis herausstellen würde. Aber dir gelingt nicht mehr als ein
armseliges Krächzen. Dein Gegenüber mustert dich kurz und übernimmt dann das
Reden.
„Na, wie fühlt sich das an?“ Die Stimme ist so klirrend eisig wie die Luft um dich herum. „Gefesselt zu sein?
Angekettet an nichts als die kalt grausame Realität. Spürst du es, die
Verbitterung über deine Unfähigkeit, auch nur eine Bewegung ohne Schmerzen zu tun?
Ich hoffe doch. Schließlich hast du mir das selbe angetan! Hast mich fast ein Jahr
gefesselt, mir die freie Kontrolle über mein Leben entrissen und mich
unvorstellbare Schmerzen erleiden lassen. Und dafür hast du dich nicht einmal geschämt,
geschweige denn entschuldigt. Nein! Für dich war es völlig selbstverständlich
gewesen. Das Normalste der Welt. Tja, das hast du nun davon. Seit wir uns
kennen arbeite ich auf diesen Tag hin. In meinen dunkelsten Nächten habe ich
mich damit getröstet und mit der Genugtuung, die mir wiederfahren würde. Und
jetzt ist es endlich soweit. Kannst du es glauben? Ich noch nicht so
richtig.“
Deine Augen weiten sich. Du brauchst einige Sekunden, um das
eben Gesagte zu begreifen und in logische Gedanken zu ordnen. Aber das kann
nicht sein. Du warst doch kein Monster. Du warst ein normaler Mensch, wie jeder
andere auch. Wie also kann diese eine Person dir das so übelnehmen? Nicht das
sie Unrecht hätte. Aber es ist eben auch nicht die ganze Wahrheit. Am liebsten
würdest du das entgegnen, doch was würde das schon bringen? Du bist gefangen.
Und zum Reden sowieso kaum imstande.
„Jaja, ich weiß was du sagen willst? ‚Wie kannst du
nur, du Monstrum!‘ Blablabla. Wer von uns ist denn das Ungeheuer? Bin ich
einfach in dein Leben getreten und habe dich gezwungen, mich bei dir
aufzunehmen? Nein. Das warst du. Und habe ich deine gesamte Karriere zunichte
gemacht? Deine Beziehung zerstört? Das warst auch du. Du hast mein Leben
zerstört! Du hast mich zu Boden geworfen und in den Scherben meiner alten
Existenz verrotten lassen. Und nach all dem kamst du auch noch angekrochen und
wolltest meine Liebe! Du widerlicher Wurm. Und als ich dann nach all den
Flüchen, die du über mich gelegt hattest, nicht mehr dazu bereit war, da hast
du mich nicht verstehen können. Niemand konnte das. Dabei hattest du doch alles
kaputt gemacht, nur um zum ungeteilten Mittelpunkt meines Lebens zu werden. Es
ging doch immer nur um dich. Sogar heute. Aber das wohl auf eine ganz andere
Art.“
Du musst schlucken. Dein Hals fühlt sich kratzig an, deine
Lippen sind brüchig. Die Kälte kriecht durch deinen Körper und verdrängt alle
Gefühle. Zurück bleibt nur ein frostiger Krater der Schuld. Stimmte das alles vielleicht
doch? Deine Glieder schmerzen, als würden sie von einer unsichtbaren Macht aufs
Extremste belastet. Deine Augen werden schwer. Es ist, als wäre sämtliche
Lebenskraft aus dir herausgesaugt worden. Es ist aussichtslos. Womöglich
verdienst du es tatsächlich, bestraft zu werden. Wie Eiszapfen stecken die
gesprochenen Worte in deinem Herzen und rauben dir auch den letzten Willen zum
Überleben. Ersetzen ihn durch pure Leere. Du hast deine Existenz nicht verdient. Deine Lider werden langsam schwer, deine
Sicht verschwimmt. Du bemerkst noch, wie der Mensch, dem du so viel Schaden
zugefügt hast, sich langsam zu dir vorbeugt. Du bemerkst den warmen Atem und
spürst, wie sich eine kalte Klinge langsam an deine Kehle legt. Aber dir ist es
gleichgültig. Wahrscheinlich ist es sogar besser so. Wenn du diese Person so zerschmettert
hast, dann verdienst du das Leben als solches eigentlich gar nicht. Noch tausend
weitere Gedanken und Stimmen schwirren durch deinen Kopf, doch sie
interessieren dich nicht mehr. Sie werden ohnehin gleich verblassen in der Nichtigkeit, die dich nun einnimmt.
„Hm. Anscheinend scheinst du deine Taten endlich
einzusehen. Besser spät als nie.“ Die Stimme ist ganz nah an deinem Ohr.
Irgendwie hat sie etwas tröstendes. „Keine Angst, du wirst mit dieser
Schuld ja nicht leben müssen. Du wirst merken, es wird ganz schnell gehen. Du wirst es kaum spüren.
Schlaf gut mein Liebling.“
Dies sind die letzten Worte, die du hörst, bevor deine
Mutter dich von deinem Leben erlöst.