KreaturenMittel

Das Herz der Erde

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Bericht von Jon Torby, Mitglied der gescheiterten Antarktisexpedition von Value Found Inc.

– Beginn der Aufzeichnung
Mitten im ewigen Eis, Längengrad: -77,8101, Breitengrad: 31,4834,
liegt das Herz der Erde. Manche von Ihnen mögen vielleicht denken, dass
das Herz der Erde in ihrem feurigen Kern liegen müsste. Oder sie würden
mich für verrückt halten, weil ich einem Planeten ein Herz zuspreche.
Sind Planeten nicht einfach nur willkürliche Ansammlungen von Staub,
Schmutz und Metallen?

Aber unser Planet besitzt ohne jeden Zweifel ein Herz. Ich habe es
selbst gesehen. Mit meinen eigenen Augen. Und ich habe zu viele gute
Freunde dort verloren, um mich nun einen Lügner schimpfen zu lassen. Ich
weiß was ich gesehen habe. Ich werde es nie wieder vergessen. Dieses
tiefe gleichmäßige Pulsieren und Brummen. Und den Blick seines großen
mitleidlosen allsehenden Auges. Ja, das Herz besitzt auch ein Auge. Ich
bin nicht verrückt. Das Auge war real. Es ist real! Sein alles
enthüllender, taxierender, die Seele skalpierender Blick ist
Wirklichkeit. Und die Wahrheiten, die es enthüllt sind es ebenfalls. Vor
allem sie. Oh ja.

Warum das Herz im Eis schlägt und nicht im Feuer des Erdkerns kann
ich nur vermuten. Vielleicht will es für die Menschen erreichbar sein.
Nicht leicht zugänglich, aber erreichbar. Wer würde es schon tief im
Erdkern finden?

Außerdem, irgendwann wird die heiße Flamme im inneren unseres
Planeten erloschen sein. Das Eis wird aber noch viel länger hier sein.
Denn Kälte; Kälte ist das eigentlich zentrale Element des Universums.
Sie durchdringt alles und wird am Ende alles verschlingen. Dennoch ist
das Herz warm. Beinah heiß. Es glüht aus einem inneren Feuer heraus.
Sehen Sie mich nicht so an! Ich habe nicht den Verstand verloren. Noch
nicht. Fahren Sie doch selbst hin und überzeugen Sie sich, wenn Sie sich
trauen. Längengrad: -77,8101, Breitengrad: 31,4834. Dann werden Sie es
sehen. Und es wird Sie sehen.

Wir waren in der Antarktis um die Gegend auf Bodenschätze zu
untersuchen. Aber das wissen sie ja selbst. Ein ziemlich teures und
aufwendiges Unterfangen, aber das ist nun mal mein Job. Also bin ich mit
Wilson, Smith, Summer, Schneider und Hayden losgezogen. Allesamt gute
Kollegen und Fachleute auf ihrem Gebiet.

Die Reise verlief wie immer recht problemlos. War ja nicht unser
erster Einsatz, wie Sie wissen. Aber bei Gott, es war sicher der erste
dieser Art und es wird auch mein letzter sein. Falls sie mich nicht
feuern will ich einen anderen Job. Von mir aus sortiere ich Büroklammern
oder lecke die Flure mit der Zunge sauber, aber da raus gehe ich nicht
mehr. Selbst wenn Sie mir das Geld hinten und vorne reinschieben.

Jedenfalls haben Wilson, Schneider und ich das Basiscamp aufgebaut,
die Vorräte ausgeladen und die Messgeräte bereit gemacht. Der Rest –
also Summer, Smith und Hayden – hat schon mal die Gegend erkundet. In
einem von diesen Eisfahrzeugen, die wir dort ja häufiger benutzen.

Als die drei nach vier Stunden noch nicht zurück waren, waren wir
zwar etwas ungeduldig, aber noch nicht wirklich beuunruhigt. Ist halt
eine verdammt weitläufige Gegend da Draussen und vielleicht hatten sie
ja auch was Interessantes entdeckt. Ausserdem hatten sie GPS und konnten
eigentlich nicht verloren gehen. Als aber die ganze Nacht und dann
wieder der Morgen verstrichen war, ohne ein Zeichen oder einen
Funkspruch von Hayden, Summer oder dem alten Smith, da haben wir uns
dann doch auf die Suche begeben. Das war ja auch nicht mehr normal. Da
musste irgendwas passiert sein.

Über Funk konnten wir sie auch nicht erreichen. Da war nur so ein
lautes tiefes Brummen und ab und an ein regelmäßiges Pulsieren.
Schneider meinte, er hätte es auch noch gehört, nachdem wir die
Funkgeräte wieder ausgeschaltet hatten. Sogar in der Nacht. Und auch ich
habe es gehört. Wenn auch vielleicht nicht ganz so laut.

Jedenfalls haben wir uns auf den Weg gemacht. Wilson wollte
eigentlich im Basiscamp zurückbleiben. Auf die Sachen aufpassen und so.
Aber letztlich ist er dann doch mitgekommen. Wer würde das Zeug da
Draußen auch klauen? Hab zumindest nie gehört, dass Pinguine ein
Interesse an High-End Messgeräten hätten.

Die Suche war eine richtige Scheißarbeit. Hätten die drei nicht diese
Peilsender gehabt, die sie uns allen wie kleinen Versuchsratten unter
den Arm spritzen … Sehen sie mich nicht so böse an. Ich beschwer mich ja
gar nicht. Also ohne diese Peilsender hätten wir sie in diesem
arschkalten Drecksloch nie aufgespürt. Leider haben die Dinger keine
sehr große Reichweite, aber irgendwann haben wir sie dann doch
aufgespürt.

Laut dem Gerät sollten sie nur noch einen Kilometer von uns entfernt
sein. Also stiegen wir von unseren Gefährten ab und gingen den Rest zu
Fuß. Wir wollten ja nichts versauen, falls die selber schon irgendwelche
Messungen vorbereitet hatten und außerdem hatten wir Bock denen einen
ordentlichen Schreck einzujagen. Immerhin mussten wir da Draussen in der
Kälte herumirren statt im Basislager kalten Vodka zu trinken und heiße
Filme zu schauen. Was gucken sie so? Wir sind auch nur Männer. Und
Frauen gab es da Draußen ja auch keine. Warum auch immer sie keine von
den Ladys mitgeschickt haben. Gibt ja weiß Gott genug in unserem Laden,
die was drauf haben. Schon mal was von Frauenquote gehört? Ja, ich geb
ja schon Ruhe.

Ok. Wir stiegen also ab und liefen dem Signal hinterher. Der Wind war
scheiße kalt und schneidend. Selbst für diese Gegend. Und nun hörten
wir alle drei dieses tiefe Brummen. Ich hab mal davon gelesen, dass
manche Leute Tag und Nacht so ein Brummen hören, und dass die das fast
um den Verstand bringt. Soll wohl wegen irgendwelcher Sendemasten,
Elektrosmog oder einer Regierungsverschwörung zur Gedankenkontrolle
sein. Was weiss ich. Uns war das ja eigentlich egal. Jedenfalls nervte
dieses Brummen tierisch. Es fraß sich durch unsere Gehirne und wurde mit
jedem Schritt immer lauter und lauter. Und es hat so Effekte ausgelöst.
Schneider bekam nach gut hundert Metern solche seltsamen Zuckungen am
Auge. Und Willson hat in einer Tour gesabbert und gerotzt. Ich dagegen
bin noch gut weggekommen. Habe nur so flimmernde bunte Farben gesehen.
Aber auch die haben genervt.

Als das Signal nur noch ein paar hundert Meter entfernt war, waren
wir plötzlich mitten in so einem verfickten Schneesturm. Und was für ein
Sturm das war. Im Grunde war das nur eine weiße Wand gegen die wir
anrannten. Wilson ist ein paar Mal hingefallen und Schneider und ich
mussten das Pummelchen dann wieder hochhieven. War gar nicht so einfach.
Schneider hat Wilson dabei ordentlich vollgerotzt. Aber beschwert hat
der sich nicht. Lieber zugerotzt als erfroren, wird er sich gedacht
haben.

Fast noch schlimmer als der Schneesturm war aber das Pulsieren, das
nun anfing unsere Ohren zu quälen. Zusätzlich zu dem vermaledeiten
Brummen. Ein großes dumpfes Geräusch, dass unsere halberfrorenen Knochen
zum singen brachte. Ich fühlte mich wie ein Handy auf Vibrationsalarm.
Außerdem roch die Luft nach Ozon und ich spürte ein elektrisches
Knistern. Bekam total die Gänsepelle. Aber wir gingen trotzdem weiter.
Auch wenn Schneider inzwischen sogar etwas Blut aus der Nase tropfte. Er
meinte aber, dass er schon klar kommen würde. Ein guter Mann der
Schneider. Schade um ihn. Den werden Sie nicht so schnell ersetzen
können. Jedenfalls schafften wir drei es irgendwie durch den Sturm. Auch
wenn wir völlig durchgefroren waren, wir vor lauter Schnee nichts mehr
gesehen haben und dieses Brummen und Pochen uns beinah wahnsinnig
gemacht hat.

Wilson war dem Wahnsinn am nächsten. Er hat irre gebrabbelt und
versucht mich zu beißen. Er hat sich benommen wie ein tollwütiger Köter.
Mit Schaum vorm Mund und all dem Mist. Aber das wäre Ihnen bei dem
ganzen Chaos und diesem gehirnzerfressenden Lärm wahrscheinlich ähnlich
gegangen. Wie ich das durchgehalten habe weiß ich nicht. Wahrscheinlich
weil ich an den guten Vodka im Camp gedacht habe. Ordentlicher, direkt
aus Russland. Nicht so ein Supermarktgesöff.

Kurz bevor Wilson endgültig durchgedreht war und Schneider sich das
Gehirn aus der Nase getropft hatte, hatten wir endlich das Auge dieses
Sturm erreicht. Und das wortwörtlich. Die weiße Wand aus Schnee und Eis
war verschwunden und stattdessen stand vor uns ein riesiger Augapfel der
aus einem schlagenden monströsen Herzen aufragte. Ich dachte ich kippe
in Ohnmacht. So etwas hatte ich noch bei keinem verdammten Rausch
gesehen. Weder beim Saufen noch bei einer meiner Jugendsünden mit
härterem Stoff. Nicht einmal in meinen abgefucktesten Träumen.

Das Auge war so groß wie ein verfluchtes Haus und von vielen roten
Adern durchzogen. Seine Iris war so blau wie das Eis, aber in seiner
Pupile brannte ein weißglühendes Feuer. Das Herz, aus dem das Ding
rauswuchs, war sicher so groß wie ein Fußballfeld und so rot wie das
Blut, das aus Schneiders Nase tropfte. Es schlug langsam und regelmäßig
und ich bin mir sicher, dass von ihm dieses grauenhafte Pochen ausging.
Gleichzeitig strahlte dieses Herz eine intensive Wärme aus. Glauben sie
es mir oder nicht, aber ich musste sofort meine Jacke ausziehen, um
keinen Hitzeschock zu kriegen. Wilson und Schneider ging es da nicht
anders.

Krasser als die Kälte oder der pure Anblick dieses Dings, war aber
sein Blick. Er war die pure Verurteilung. Schlimmer als ein Pfarrer,
Steuerprüfer, Richter und Polizist in einem. Das Ding kannte alle meine
Sünden. Alle dreckigen Geheimnisse. Jeden scheiß Gedanken. Und es war
nicht erfreut über das, was es sah.

„Wer bist du?“ brachte ich bibbernd und stumpfsinnig heraus. Aber was
sollte man solch ein Ding auch sonst fragen. Smalltalk mit Monstern war
ich nun mal nicht gewöhnt, wissen Sie. „Ich bin das Herz der Erde“
antwortete es. „Ich bin dein Meister und Gott.“ Das Ding sollte Gott
sein? Da würden die Christen, Muslime, Juden und all die anderen
Gläubigen aber ziemlich verdutzt gucken, was? Ein Herz mit einem
Horrorauge gab ja auch keine sehr hübsche Kirchendeko ab. „Nicht DER
Gott. Nicht DER Schöpfer bin ich. Aber DEIN Gott, da du auf dieser Welt
lebst. Mir gehören ALLE Geschöpfe, die hier leben.“ Hatte ich schon
erwähnt, dass das Ding Gedanken lesen konnte? Zum Glück hatte ich nicht
viel für solch religiösen Kram übrig und ein Chef genügte mir schon,
nichts für ungut Boss.

Also fragte ich das Ding nur: „Wo sind Summer, Smith und Hayden?“.
Das Augenviech sah mich mit seinem brennenden durchdringenden Blick an.
Das Herz darunter pulste bedrohlich und brachte mit jedem Schlag meine
Zähne zum Klappern. Sofort bewegte sich das Auge wie ein mobiler Turm
und beugte sich zu einer Stelle im Eis herunter. Dann wurde es noch
abgefahrener als aus seiner Pupille ein Lichtstrahl wie ein Scheinwerfer
hervorschoss. In dem Lichtstrahl sah ich drei Körper und ich erkannte
trotz der Entfernung, dass es sich um Summer, Smith und Hayden handelte.
Und, dass sie tot waren.

„Was bist du für ein scheiss Gott, dass du einfach meine Freunde
tötest?“ schrie ich das Ding an. Seltsamerweise war meine Wut größer als
meine Angst. Auch angesichts eines meterhohen Monsterauges. Immerhin
durfte niemand Summer, Smith und Hayden einfach so abmurksen. Das waren
gute Jungs. Das waren ehrliche Männer. Die hatten nie jemandem ernsthaft
was getan und immer brav ihren Job gemacht.

„Du tust mir Unrecht Mensch“, antwortete das Ding in meinen
Gedanken. „Deine Freunde haben ihr Schicksal selbst gewählt. Ich habe
ihnen nichts getan.“ Das konnte nicht sein, dachte ich. Nicht diese
Männer. Hayden und Smith hatten Frau und Kinder. Und Summer war ein
Playboy vor dem Herren, der vor Lebenslust nur so strotzte. Keiner von
ihnen würde sich einfach selbst umbringen. Aber wieder las das Viech
meine Gedanken. „Sie waren nicht stark genug für die Wahrheit.“ Was für
eine Wahrheit, dachte ich. „Die Wahrheit, die ich allen Kreaturen geben
kann. Die Antwort auf jede denkbare Frage, die das Leben auf diesem
Planeten betrifft.“

Was für eine kranke Scheisse. Nicht nur ein Monsterauge. Auch noch
ein wahrsagendes Monsterauge. „Gibt es nichts, was du wissen willst, Jon
Torby? Quält dich keine Frage? Stell sie mir ruhig. Dann hat dein Herz
Ruhe.“ Sofort fiel mein Blick auf die drei armen Jungs im Eis. „Es muss
nicht so enden. Du musst nicht so enden. Du musst nur stark genug sein,
die Antwort zu verkraften.“ Das klang schon verlockend. Ich bin ja auch
nicht aus Stein. Gibt da sicher auch die ein oder andere Frage, die mich
beschäftigt. Warum wir hier sind. Was meine Zukunft bringt. Ob ich mir
nicht doch mal ne Frau suchen sollte, die aus mir einen anständigen Mann
macht. Ob ich nicht auswandern und im Wald leben sollte. So was halt.
Aber wie der gute Summer und Smith und Hayden da so leblos im Schnee
lagen, wollte ich nur noch weg. Nur noch hier raus. Sollte das Ding doch
seine Antworten behalten.

„Schneider! Wilson! Lasst uns hier verschwinden so lange es noch
geht!“ Aber sie reagierten nicht. Schneider stand dort starr wie eine
Statue. Nur seine Nase lief noch immer. Und auch Wilson rührte sich
nicht von der Stelle. „Verdammt. Jungs. Weg hier! Lasst uns Fersengeld
geben und zurück zur Station. Ich geb auch ne Runde besten Vodka!“ rief
ich, nein schrie ich sie an. Dann versuchte ich, sie mit mir zu zerren,
aber damit hatte ich auch keinen Erfolg. Und plötzlich stellte Wilson
eine Frage. „Was erwartet mich in meiner Zukunft?“ Verdammt, dachte ich
nur. Das konnte nicht gut enden.

Und so kam es auch. Das Auge leuchtete kurz auf, aber ich hörte seine
Antwort nicht. Dafür verzog sich Wilsons Gesicht zu einem Ausdruck der
Qual. „Nein!“ schrie er. „Das darf nicht sein. Alles, nur nicht das!“
Sofort nahm er sich das Messer, das zu unserer Ausrüstung gehörte und
zog es sich quer über die Kehle. Ich hätte ihn so gerne aufgehalten.
Aber er war viel zu schnell. „Wilson. Um Gottes Willen, Wilson!“ schrie
ich und hatte damit noch einen Freund und Kollegen verloren. Nun zerrte
ich noch hektischer an Schneiders Schulter. Ich schaffte es sogar, ihn
einige Meter mit mir zu schleifen. Wir mussten nur wieder zurück in den
Sturm. Dann waren wir fort von diesem Ding. Aber kurz bevor wir die
weiße Wand erreichten, drehte sich Schneider noch einmal um und bewegte
die Lippen „Was ist der Sinn unseres Lebens?“ fragte der Idiot und
wieder leuchtete das Auge auf und das Herz schlug für einen Moment
schneller. Dieser philosophische Mistkerl. Hätte er nicht einfach nach
den Lottozahlen fragen können. So aber verzog sich auch sein Gesicht zu
einer Wahnsinsfratze.

„Beherrsch dich Kumpel“ schrie ich ihn an. „Was auch immer das
Glubschauge gesagt hat, wir kriegen das in den Griff. Wir quatschen
drüber und dann Bechern wir einen. Und wenn das nicht hilft holen wir
dir so einen Psychodoc. Aber wir kriegen das hin.“ „Wir kriegen das
hin!“. Die letzten Worte hab ich gebrüllt. Dabei hielt ich seine Hände
fest, damit er sich nichts antun konnte. Kurz bäumte er sich dagegen
auf, dann aber gab er Ruhe und war plötzlich ganz still. Sein Herz hatte
ganz einfach aufgehört zu schlagen als hätte es jeglichen Lebensmut
verloren. Alls sähe es einfach keinen Sinn mehr darin.

Dieses monströse Herz dort im Eis schlug aber weiter. Noch lauter und
schneller als zuvor. Und auch seine Stimme war wieder in meinem Kopf
„Was willst du von mir wissen, Jon? Was kann ich dir verraten?“ Nichts!
Ich will nur weg hier, dachte ich mir und machte mich bereit wieder in
den Sturm einzutauchen.

„Soll alles umsonst gewesen sein? Der Tod all deiner Freunde? Willst
du überhaupt nichts wissen, jetzt wo du die Chance dazu hast?“ Einen
Moment lang zögerte ich. Vielleicht sollte ich doch eine Frage stellen.
Keinen philosophischen Mist. Eine Frage nach irgendwelchen
Sportergebnissen oder wirklich nach den Lottozahlen. Und das Herz der
Erde schien das zu spüren. Sein Auge begann sich langsam zu mir
hinunterzubeugen „Stell deine Frage und habe Frieden, Mensch Jon.
Vielleicht erfüllen sich dann deine größten Träume!“

Ich wollte schon den Mund öffnen, aber dann leuchteten die Gesichter
der anderen vor meinem inneren Auge auf. Das bärtige lächelnde Gesicht
von Smith, das etwas dickliche von Wilson, das scharf geschnittene
ernste Gesicht von Summer, Das Schönlingsgesicht von Schneider und das
schon etwas in die jahre gekommene Gesicht von Hayden. Sie alle waren
tot. Wegen diesem Ding. Egal, was es erzählte und was für Wunder es
versprach. Egal, ob es sich als meinen scheiss Gott bezeichnete. Es
konnte dort im Eis versauern.

„Fick dich!“, rief ich dem Monster zu und zeigte ihm den
Stinkefinger. Dann trat ich in den Sturm und bin gerannt wie ich nur
konnte. Den Rest wissen sie ja bereits. Wahrscheinlich sogar besser als
ich, denn ich erinnere mich dann nur noch an Schnee, Kälte, dieses
grauenhafte Brummen im Ohr und wie ich im Hubschrauber wieder aufgewacht
bin.

Seitdem höre ich jede Nacht dieses Pulsieren. Und das verfickte
Brummen sogar bei Tag UND bei Nacht. Und manchmal sehe ich dieses Viech,
das riesige Auge und das schlagende Herz, in meinen Träumen.

Ich bin jetzt also fertig mit meinem Bericht. Und Sie können mir
jetzt glauben, mich feuern oder mich verklagen. Was immer Sie wollen. Es
macht die Jungs auch nicht wieder lebendig und vertreibt nicht die
Dämonen aus meinem Kopf. Jedenfalls mache ich jetzt die Fliege und drehe
eine Runde mit meinem Kumpel Vodka.“

Bericht Ende.

Anmerkung: Jon Torby wurde nach Ende der Befragung entlassen und auf
Schadenersatz für das verlorene Eigentum des Unternehmens verklagt. Auch
wurde er des Mordes an Simon Summer, Tony Hayden, Christian Smith,
Thomas Schneider und Ryan Wilson beschuldigt.

Allerdings konnte Torby vor dem Zugriff der Polizei fliehen. Er
entwendete einen Hubschrauber des Unternehmens, verletzte einige
Mitglieder des Personals schwer und ist seitdem flüchtig. Die letzte
Spur führt in die Antarktis. Wir erwägen ein weiteres Team dorthin zu
schicken, das ihn dort suchen und ihn dann der Polizei übergeben soll.
Er erwähnte etwas von Längengrad: -77,8101, Breitengrad: 31,4834.

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