Klassische PastaKreaturenMittel

Schweigen musst du

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Kursfahrt in den Harz. Ausgerechnet. Basti und Lukas waren hellauf begeistert. Andere Kurse fuhren nach London, nach Prag oder Rom, für sie ging es in den Harz. Bloß weil einige Eltern sich über zu hohe Kosten bei Klassenfahrten beschwert hatten und vor allem natürlich, weil die alte Wermstedt ja unbedingt Goethes Faust zum Thema ihres Deutschkurses machen musste.

„Eigentlich hätten wir da schon wissen müssen, dass wir uns für’s falsche Fach entschieden haben“, grummelte Lukas jetzt und Basti stimmte ihm nickend zu. Sie saßen im Bus in der hinteren Bank und hatten Kopfhörer in den Ohren, um endlich auf andere Gedanken zu kommen. Ein Grenzlandmuseum hatten sie gerade besucht, sich endlose Vorträge über die Teilung Deutschlands und über Fluchtversuche aus der ehemaligen DDR anhören müssen.

All das ist so lange her, schon kaum noch wahr. „Was haben wir mit der DDR zu tun?“, hatte Bastian gefragt, „Das war lange vor unserer Zeit, genau wie das Dritte Reich und all das.“ Jetzt war es Lukas, der nickte. „Aber als die Wermstedt jung war, hatten wir wahrscheinlich sogar noch einen Kaiser.“ Basti musste lachen und verschluckte sich fast an seinem Erdnüssen, die er jetzt in sich hineinstopfte. „Ich bin mir sogar sicher, die hat Goethe noch persönlich gekannt.“

Die beiden machten noch eine Weile so weiter bis sie mutmaßten, ihre Lehrerin sei damals aus einem Dinosaurierei geschlüpft, während sich der Bus durch die engen Straßen durch die Berge wand bis er schließlich wieder vor der Jugendherberge hielt. Auch die machte für die beiden Jungs den Eindruck aus längst vergangenen Zeiten zu stammen, sie beneideten immer noch ihre Freunde, die sie jetzt in schicken Hotels in irgendeiner belebten Innenstadt vermuteten.

Nach dem Abendessen machte die Wermstedt dann noch eine besondere Ankündigung. „Ihr Lieben, wir werden jetzt noch eine Nachtwanderung machen, Herr Hammerdorn wird uns nämlich noch zum Zwergenloch führen. Herr Hammerdorn war so etwas wie der Herbergsvater oder wahlweise selbst ein aus längst vergangener Vergangenheit übriggebliebener Zwerg, wie Lukas und Basti vermuteten. „Außerdem sind wir doch nicht mehr zehn, dass wir uns vor einer Nachtwanderung gruseln“, empörte sich Basti. „Vor allem nicht, wenn die schon um halb acht startet“, pflichtete Lukas ihm bei.

Dennoch folgten sie Hammerdorn, seinem Hund namens Herr Schröder und der Wermstedt wie alle anderen in den nahen Wald und bis zu einer Höhle, die ziemlich tief in den Berg zu führen schien. „Einer alten Sage nach liegen dort unten gewaltige Schätze vergraben“, erzählte der alte Mann, „doch sie sind verflucht und werden von einem uralten garstigen Zwerg bewacht.“ Basti und Lukas sahen einander an und verdrehten die Augen. Sie mochten Creepypastas auf Youtube, aber doch nicht solch lahme Gruselgeschichten eines alten Zausels, der mit seinem Hund durch den Wald zog, vermutlich immer einen Flachmann in der Tasche hatte und dann wirklich Zwerge zwischen den Bäumen zu sehen glaubte.

„Viele tapfere Männer haben in den letzten Jahrhunderten versucht, an diesen Schatz zu kommen“, fuhr Hammerdorn unbeirrt fort, „doch die meisten von ihnen wurden danach niemals wieder gesehen.“ Einigen der Mädchen schien seine Geschichte sogar zu gefallen und selbst die meisten anderen Jungs hörten ihm gespannt zu. Basti und Lukas aber überlegten nur, ob die Wermstedt es bemerken würde, wenn sie ihre Kopfhörer rauskramten. Blöderweise stand die Lehrerin ihnen genau gegenüber und hatte sie die ganze Zeit über im Blick.

„Eines Tages aber sprach ein junger Bergmann mit einer alten Kiepenfrau, die hier in der Nähe gerade Holz für den Winter sammelte. Sie erzählte ihm vom Geheimnis des Zwergenloches. Die Schätze kann nämlich nur jemand holen, der um Mitternacht in die Höhle steigt, die ganze Zeit über schweigt und keinen Ton von sich gibt und dem bösen Zwerg auch noch ein lebendiges Opfer darbringt“, fuhr Hammerdorn unbeirrt fort. Tatsächlich herrschte unter den Schülern jetzt gespanntes Schweigen, so dass auch Lukas und Basti nicht wagten, weiter miteinander zu tuscheln. „Und? Hat der Bergmann den Schatz gefunden?“, fragte Emily jetzt. „Ja, das hat er. Gemeinsam ging er mit einem Mädchen aus dem Dorf des nachts an diesen Ort. Er schärfte ihr ein, dass sie kein Wort sagen dürfe, egal, was sie dort unten sehe, doch dass er sie als lebendiges Opfer für den Zwerg zurücklassen wollte, das sagte er ihr natürlich nicht.“

Wieder machte der alte ein Pause und diesmal war es Marie, die fragte, wie die Geschichte weiterging. „Nach einer langen Weile gelangten die beiden an einen Ort, an dem es funkelte und als der Bergmann genau hinsah, erkannte er Gold, Silber und Edelsteine, die dort in der Erde steckten.“ Doch als die Schätze zum greifen nah vor ihm lagen, brachte er es nicht übers Herz, das Mädchen zu opfern, sondern nahm sie bei der Hand und kletterte gemeinsam mit ihr schnell wieder aus dem Berg heraus. Im silbernen Mondlicht erkannte er, wie schön sie war und wusste, er hatte einen noch viel größeren Schatz gefunden.“

Lukas machte in Bastis Richtung eine Geste als stecke er sich zum Kotzen den Finger in den Hals. Anders konnte er solchen Kitsch nicht ertragen. Den meisten anderen hatte die Geschichte jedoch offenbar gefallen und auf dem Heimweg redeten sie noch lange darüber, wie sie sich entschieden hätten. Basti und Lukas sagten erst einmal gar nichts, sondern hörten sich später in ihrem Zimmer Creepypastas auf Youtube an, bei denen es deutlich heftiger zur Sache ging.

„Hoffentlich wird es morgen wenigstens interessanter“, maulte Lukas irgendwann vor sich hin. „Wir wandern auf den Brocken, das wird bestimmt wahnsinnig aufregend“, gab Basti bissig zurück. „Na aber immerhin sehen wir uns da oben Faust als Rockoper an. Das könnte schon ganz gut werden, meinst du nicht?“ Basti tippte sich an die Stirn. „Glaubst du doch selber nicht“, sagte er, „am liebsten würde ich in dieses Zwergenloch kriechen, den Schatz holen und mir dann schnellstmöglich ein Taxi nach Rom, Prag oder London mieten!“

Lukas schwieg einen Moment, dann stichelte er: „Traust du dich ja doch nicht.“ Basti legte sein Smartphone zur Seite. „Was traue ich mich nicht?“ „Na, um Mitternacht allein in die Höhle zu gehen und nach dem Schatz zu suchen.“ „Ach komm. Als ob das so eine Herausforderung wäre.“ „Okay gut, dann lass es uns tun.“ Eine Weile schwiegen die beiden Jungen, dann nickten sie einander zu und beschlossen, ihre Idee in die Tat umzusetzen.

„Also gut“, erklärte Basti dann, „wir nehmen die Handys mit und filmen uns dabei. Dann haben die anderen morgen wenigstens was zu lachen.“ Die Idee gefiel ihnen immer besser. „Okay, aber wir brauchen noch ein lebendiges Opfer“, fiel Lukas ein. Bastis Antwort kam prompt. „Herr Schröder. Wir nehmen den Hund mit, binden ihn dort oben irgendwo an und der Hammerdorn kann ihn dann morgen suchen.“ Darüber mussten beide laut lachen und schon nahm ihr Plan Gestalt an.

Nur wenig später schlichen sie aus dem Haus. Der Hund, der im Flur auf seiner Decke lag, folgte ihnen bereitwillig und war froh über das extra Gassigehen. Als sie außer Hörweite waren, filmten sie sich dabei, wie sie die Sage noch einmal kurz zusammenfassten und dann möglichst gruselig erzählten, was sie zu tun gedachten. „Und natürlich werden wir schweigen, um den Zwerg nicht zu verärgern…“, schlossen sie, dann machten sie sich an den Aufstieg.

Zum Glück stand der Vollmond am klaren Himmel, so dass sie kaum ihre Taschenlampen brauchten, um den Einstieg der Höhle wiederzufinden. Dort schalteten sie Lukas‘ Handy erneut ein und filmten sich dabei, wie sie zusammen mit dem Hund in den Berg kletterten. Anfangs gab es noch einen ziemlich breiten und ausgetretenen Pfad, doch je weiter sie kamen, desto enger und kälter wurde es und vor allem hier im Fels auch vollkommen still.

Nur ihre Schritte waren zu hören und das Hecheln des Hundes, der ihnen immer noch treudoof folgte. Zu sprechen wagten sie nicht, nicht nur wegen des Videos, sondern wegen dieser eigentümlichen Atmosphäre, die sie so noch nie erlebt hatten. Sie wussten nicht, wie weit es überhaupt hinein ging und ihr Wagemut kippte langsam, doch keiner von ihnen hätte das dem anderen gegenüber je zugegeben.

Dann blieb Herr Schröder plötzlich wie angewurzelt stehen. Auch Lukas und Basti stoppten. Der enge Gang verbreiterte sich an dieser Stelle zu einer riesigen Höhle, die sie hier wirklich nicht erwartet hatten. Doch etwas anderes erstaunte sie noch viel mehr. Basti leuchtete mit der Taschenlampe umher und tatsächlich funkelte es auf dem Boden und an den Wänden an manchen Stellen ganz sonderbar.

Die beiden Jungen gingen näher heran und trauten ihren Augen nicht. Das, was da funkelte, waren offenbar echte Edelsteine. Basti sah Lukas an und wollte gerade etwas sagen als dieser ihm aus einem inneren Reflex heraus den Mund zuhielt. Konnte das alles wirklich sein? Oder war das irgendeine seltsame Touristenattraktion, um die Legende doch noch spannend zu machen? Aber wenn, warum hatte der Alte sie dann vorhin nicht bis hierher geführt?

Während die Jungs noch fieberhaft überlegten, welch faulem Zauber sie hier aufsaßen, hörten sie plötzlich ein dumpfes Grollen. Das Gestein unter ihren Füßen erzitterte und es war als würde der Berg in Bewegung geraten. Links von ihnen tat sich mit einem Mal ein großer Riss auf und etwas schien wie ein Stalagmit daraus empor zu wachsen. Doch es war kein Tropfstein, der dort wuchs, es war ein lebendiges Wesen, das irgendwie menschlich aussah, klein und mit einer Haut wie aus Stein und böse funkelnden Augen.

Kein Zweifel, es war der Zwerg aus der Sage und er war so real wie der Harz, die Berge und diese Höhle. Der Hund ergriff sofort die Flucht und verschwand in der Dunkelheit, die Jungen hingegen sahen sich panisch nach einem Ausgang um, denn das Wesen stand genau zwischen ihnen und dem Weg auf dem sie hier hineingelangt waren.

„Was wagt ihr es, mich in meinem Reich zu stören?“, fragte der Zwerg mit knarzender Stimme, die Lukas und Bastian beinahe selbst zu Stein erstarren ließ. Mit seinen rot leuchtenden Augen schien er sie geradezu zu durchbohren, ihnen brach der kalte Schweiß aus und beide zitterten wie noch nie zuvor in ihrem Leben. „Einer von euch muss nun mein Opfer sein, fauchte der Zwerg und kam dabei drohend langsam auf sie zu.

„Nimm ihn!“, schrie Basti verzweifelt, deutete auf seinen Freund und wollte weglaufen, doch das Wesen versperrte ihm mit ungeahnter Geschwindigkeit den Weg. „Du blöder Wichser“, entfuhr es Lukas und fast noch im selben Moment biss er sich auf die Lippe und ahnte, das dies ein fataler Fehler gewesen war.

„So habt ihr also beide das Schweigen gebrochen“, kam es vom Zwerg, der nun lächelte und dabei zwei Reihen spitzer steinerner Zähne entblößte. Beide Jungen begannen zu rennen, doch wohin sie sich auch wandten, überall aus dem Boden schossen jetzt Stalagmiten empor, die ihnen den Weg versperrten und sich zu weiteren furchterregenden Zwergen verwandelten.

Jetzt war es um die Beherrschung der Jungen endgültig geschehen, sie kreischten laut um Hilfe, obwohl ihnen das hier unten rein gar nichts nützte. Bald schon hatten die Zwerge sie ausweglos eingekreist und einen Augenblick später stürzte sie sich auf sie und gruben ihre Zähne in das frische Fleisch. Langsam verloren Lukas und Basti das Bewusstsein und um sie herum wurde alles kalt, schwarz und schweigend.

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