Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Vorsichtig tauchte er auf und horchte, ob irgendwelche Passanten in der Nähe waren. Alles ruhig. Gut. Zu dieser gottverlassenen Stunde waren anständige Leute im Bett, wie es sich für brave Bürger gehörte. Langsam hob er den Kopf aus dem Wasser und sah sich um. Die Wasserfläche um ihn herum war deutlich kleiner geworden. Dort drüben stand eine Straßenlaterne, wo vor dem Untertauchen noch keine gewesen war. Aber das Wichtigste: Vor den Bäumen konnte er mehrere dunkle Silhouetten ausmachen, die bronzenen Statuen des Waschfrauendenkmals.
Es hatte funktioniert. Obwohl er die Beschwörungsformel diesmal auf Hochdeutsch gesprochen hatte und nicht in dem westniederdeutschen, mittelalterlichen Dialekt des Originals, ha
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Vorsichtig tauchte er auf und horchte, ob irgendwelche Passanten in der Nähe waren. Alles ruhig. Gut. Zu dieser gottverlassenen Stunde waren anständige Leute im Bett, wie es sich für brave Bürger gehörte. Langsam hob er den Kopf aus dem Wasser und sah sich um. Die Wasserfläche um ihn herum war deutlich kleiner geworden. Dort drüben stand eine Straßenlaterne, wo vor dem Untertauchen noch keine gewesen war. Aber das Wichtigste: Vor den Bäumen konnte er mehrere dunkle Silhouetten ausmachen, die bronzenen Statuen des Waschfrauendenkmals.
Es hatte funktioniert. Obwohl er die Beschwörungsformel diesmal auf Hochdeutsch gesprochen hatte und nicht in dem westniederdeutschen, mittelalterlichen Dialekt des Originals, hatte es wieder funktioniert. Michael Schwarzmaar grinste. Entweder gingen die Wassergeister mit der Zeit, oder sie waren deutlich polyglotter veranlagt als der sprachgesteuerte Aufzug in diesem englischen Sketch, in dem die beiden Schotten wegen ihres breiten Akzents im Fahrstuhl steckenbleiben. Leise schwamm er ans Ufer und stieg aus dem Wasser.
Vor dem halbrunden Treppenaufgang, auf dem sich die dicke, duttgekrönte Waschfrau mit ihrer Leidensgenossin unterhielt, hockte sich Michael noch einmal hin und blickte verstohlen zur Straße hinüber. Sein Wohnmobil, das er am frühen Abend dort geparkt hatte, stand unbewegt auf seinem Platz. Prima. Es kostete ihn einige Mühe, den Autoschlüssel aus der klitschnassen Kutte zu nesteln, aber schließlich lag er in seiner Hand. Er warf ein letztes Mal einen Blick in die Runde, dann, als niemand zu sehen war, huschte er die wenigen Schritte durch den Park zu dem alten VW-Camper, öffnete die seitliche Schiebetüre und stieg ein.
Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, schälte er sich aus dem triefenden Gewand und warf es in die bereitstehende Plastikwanne. Ein wohliger Schauer durchfuhr ihn, als er die warme Luft an seinem nackten Körper spürte. Den Verlagsvorschuss nicht ins Quellenstudium, sondern in diese zeitgesteuerte Standheizung investiert zu haben, war eine der besten Entscheidungen seines Lebens gewesen. Er nahm ein großes Handtuch aus dem Schrank und rubbelte sich kräftig ab. Dann zog er sich trockene Sachen an, setzte sich hinter das Steuer und fuhr nach Hause.
Als er beim ersten Versuch untertauchte, hatte er mit nichts weiter gerechnet als nasser Kleidung und eventuell einer heftigen Erkältung. Schließlich hatte er jetzt schon über zwei Dutzend alter Rituale durchgeführt. Alles grandiose Reinfälle. Dass er sie überhaupt ausprobiert hatte, war ohnehin nur eine Schnapsidee des Verlages gewesen. Nein, das stimmte nicht. Als er den Herren seine Idee einer Anthologie mittelalterlicher Rituale und Beschwörungen vorgestellt hatte, war er es, der meinte, er könne ja ein paar davon mal testen. Aus Spaß! Aber der Typ vom Marketing war natürlich sofort drauf angesprungen. „Persönlich vom Autor geprüft!“ So was machte sich gut auf dem Cover.
Natürlich konnte er nicht jede Beschwörung unter die Lupe nehmen. Das hatte zum Teil ganz praktische Gründe. Samen eines Erhenkten oder Alraune, die unter einem Galgen wuchs, waren heutzutage halt schwer zu beschaffen. In einigen Fällen war auch nicht sicher, welches Kraut oder Tier unsere abergläubischen Altvorderen genau gemeint hatten. Ein schwarzer Käfer, der bei Vollmond einen Hohlweg kreuzt, konnte in Norddeutschland ein ganz anderes Insekt sein als in Bayern. Viele Rezepte verstießen auch schlicht gegen das Tierschutzgesetz. Und einige Rituale waren wirklich gefährlich. Mit denen konnte man sich auch ohne dämonische Hilfe ins Jenseits bugsieren.
Michael war nie davon ausgegangen, dass diese alten Rituale mehr waren als Humbug. Aber alles, was mit Hexerei zu tun hatte, verkaufte sich halt gut. Da waren die, die spirituelle Verbindung zu ‚Mutter Gaia‘ suchten oder in wallenden Gewändern zur Sommersonnenwende um die Extern-Steine tanzten. Da waren Leute aus der Death Metal-Szene, die den Durchschnittsbürger mit bizarren Ritualen schockieren wollten. Und natürlich Jugendliche, die sich in ihrem überbehüteten Alltag ein wenig gruseln wollten und irgendwelche Beschwörungen als Mutprobe zelebrierten. Sie alle würden in seinem Buch harmlose, wenn auch manchmal ziemlich eklige Rezepte finden. Und ausgerechnet dieses lächerliche Ritual funktionierte tatsächlich.
Und es war im Grunde genommen so simpel. Alles, was man brauchte, war ein fließendes Gewässer, das tief genug war, um darin unterzutauchen; einen über Gänsefedern geräucherten Fisch, der in eben jenem Gewässer gefangen wurde, als Opfer für die Flussgeister; eine Mönchskutte des Benediktinerordens sowie den Mut, nachts um drei nur besagte Kutte und den Räucherfisch tragend ein Bad zu nehmen und sich dabei nicht unsagbar dämlich vorzukommen. Und natürlich die wirklich einfachste Formel der Welt. „Wasser, Wasser, trag mich fort, hin zu dem ersehnten Ort!“ Aufsagen, untertauchen, Fisch loslassen, wieder auftauchen.
Nur, dass der ersehnten Ort stets derselbe war. Alle Wege mochten nach Rom führen, aber dieser Zauber führte einen immer zu einer ganz bestimmten Quelle. Das Ganze kam ihm so sinnlos vor. Gut, im Mittelalter mochte der Weg dorthin beschwerlich gewesen sein, aber das waren alle Reisen damals. Und es gab nun wirklich interessantere Ziele. Wenn er sich aussuchen könnte, wo die Fuhre hingeht, könnte er eine Menge Reisespesen abzweigen. Aber so? Zum Glück hatte die Enddestination eine gleichbleibende Temperatur von 15° Celsius. Das war im Vergleich zu den meisten Startgewässern relativ warm. Man bekam also nicht gleich ’nen Herzklabaster bei der Ankunft.
Das Ironischste an der Sache war, dass keinen Kilometer vom Zielort entfernt das Jesuitenkolleg lag, in dem Friedrich Spee von Langenfeld, Autor der berühmten „Cautio criminalis seu de processibus contra Sagas“, seine erste Dozententätigkeit begonnen hatte. Hätte er sein „Rechtliches Bedenken gegen die Hexenprozesse“ auch geschrieben, wenn er gewusst hätte, dass ein physischer Beweis für Zauberei jahrelang quasi vor seiner Nase gelegen hatte? Es hätte sein Weltbild womöglich nachhaltig erschüttert.
Darüber, was es mit seinem eigenen, wissenschaftlich geprägten Weltbild machen würde, wollte Michael später nachdenken. Verdammt, er verstand nicht mal genau, wie ein Telefon funktionierte, geschweige denn sein Smartphone. Wenn ihm das schon wie Magie vorkam, würde er mit ein bisschen echter Hexerei auch klarkommen. Zumal, wenn sie so wenig Auswirkungen auf den Lauf der Dinge hatte wie dieses Ritual. Was ihn jetzt interessierte, war, ob er eine wirksame Beschwörung in sein Buch aufnehmen konnte. Bei der heutigen Prozessfreudigkeit der Leute hatte der Verlag womöglich mit langwierigen juristischen Auseinandersetzungen zu rechnen, falls jemand bei der Ausführung des Rituals zu Schaden kam.
Falls! Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand diese sinnlose Prozedur wirklich nachmachen würde. Schließlich war der Zielort heutzutage hinreichend schnell, sicher und bequem zu erreichen. Und das mit Gepäck. Michael kam zu der Schlussfolgerung, dass die Nachahmungsgefahr in diesem Fall wohl zu vernachlässigen sei. Die meisten Leser würden das Ganze eh’ für einen Witz halten. Und selbst wenn nicht: Es gehörte schon einige Courage dazu, zu nachmitternächtlicher Stunde in einen Fluss oder Bach zu steigen, nur um in einem anderen Gewässer wieder aufzutauchen. Außerdem: Welcher Mensch musste schon nachts um drei so dringend nach Paderborn?
Ihr fandet das Lesen dieser Geschichte sinnlos? Wie sinnlos mag es dann erst sein, sie zu HÖREN? Zur Beantwortung dieser Frage findet Ihr hier meine Vertonung:
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