
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Marco sah ungeduldig auf seine Armbanduhr. Ihre verabredete Zeit rückte unaufhaltsam näher, er
musste sich beeilen. Der junge Mann schob sich durch Menschenmassen, an
Warteschlangen vorbei bis zur Gepäckabholstation. Sein Blick schweifte über die unendliche Landschaft
von Koffer, Taschen und anderen Gepäckstücken aller Formen, Farben und Größen. Ein schwarzer Lederkoffer lag verloren zwischen prall
gefüllten Reisetaschen, die den Anschein erweckten, als würden sie jeden Moment
aus allen Nähten platzen. Er wühlte sich durch den Berg Reisetaschen, umfasste
den Metallgriff des Lederkoffers, der einmal glänzendes Gold gewesen sein
musste und ein weiteres Mal durchschritt er im Eiltempo die Menschenmassen. Vor der Männertoilette stoppte er erneut. Kaum rastete die Tür hinter Marco ins Schloss, war die
Welt um ihn herum in Stille getaucht. Das Stimmengewirr drang nur noch gedämpft an Marcos Ohren,
wie durch eine Unterwasserwelt. Die Lautsprecher an der graugekachelten Wand knackten. Eine Frauenstimme kündigte auf Englisch zwei
ausgefallene Flüge und eine Verspätung an. Dann trat wieder Stille ein. Marco strich die imaginären Bügelfalten auf seinem
makellos weißen Hemd glatt und kämmte sich die blonde Mähne, die seine Stirn
verdeckte, sorgfältig zurück. Prüfend schielte er in den Spiegel, der, wenn es nach
ihm ging, dringend eine Politur nötig hätte. Bisher hatten sie nur im Onlinechat Nachrichten
ausgetauscht, nun würde er sein Date in weniger als einer viertel Stunde
persönlich treffen! Da musste sein Auftritt tadellos sein. Er trug dezent ein paar Spritzer Giorgio Armani auf,
in der Hoffnung, den stickigen Mief aus der Last- Minute- Maschine, der ihm,
wie er äußerst selbstkritisch feststellte, noch anhaftete, zu überdecken. Der Flug hierher war eine Blitzentscheidung von ihm
gewesen, das musste Marco sich eingestehen, zumal er überstürztes Handeln
grundsätzlich ablehnte. Als aufstrebender Geschäftsmann mit Frau und Kindern
im Rücken wägte er lieber sorgfältig ab, stets bemüht, jedes
noch so kleine Risiko zu vermeiden.
Doch seine Onlinebekanntschaft hatte ihm versichert,
dass die Gastspiele nur sehr selten und dann noch in unregelmäßigen Abständen
stattfinden. Diesmal sollte Marco der Gast sein, dem die Ehre
gebührt. Diesen Gefallen konnte der blonde junge Mann nicht ausschlagen,
da nach seiner Auffassung korrekter Anstand einem Gast gegenüber die
Grundpfeiler eines funktionierenden Geschäfts- sowie Privatlebens sind. Da schob der pflichtgetreue Geschäftsmann auch gerne
wichtige Termine auf die Wartebank, selbst wenn ihm das einige gewinnbringende
Kunden kostete.
Das plötzliche Stimmengewirr einer Gruppe älterer
Herren, die sich in den Waschraum drängten, holte Marco zurück in die
Gegenwart. Ein wiederholter Kontrollblick auf die Designarmbanduhr. Jetzt musste er sich aber sputen, wollte er doch nicht
gleich beim ersten Treffen seine neue Bekanntschaft warten lassen.
Tosender Trommelwirbel ließen die Menschen in den
Rängen des gigantischen Fußballstadions in gespannter Erwartung verstummen. Hier und da ging ein verhaltenes Raunen und Tuscheln
und irgendwo ein Pfeifen durch die Ränge. Mit einem tiefen Gong, der jeden Winkel des Stadions
ausfüllte und dessen Echo tausendfach widerhallte fand der Trommelwirbel ein
jähes Ende. Die letzten Gespräche verstummten und mehrere tausend
Augenpaare starrten gespannt zum anderen Ende der Arena, wo sich der schwere
Vorhang langsam teilte. Eine Gestalt löste sich aus den dunklen Schatten, den
der geöffnete Vorhang hinter sich preisgab und betrat mit schwarz glänzenden
Lackschuhen die sonnengewärmte Sandfläche der Arena. Der untersetzte Herr durchmaß mit ausholenden
Schritten die Arena. Der Sand gab knirschend unter seinen Lackschuhen nach
und sein schwarzes Jackett spannte sich dermaßen um seine Wampe, dass man
meinen könnte, die Knöpfe, die es zuhalten, springen jeden Moment ab. In der
Mitte der Arena angelangt, blieb er stehen. Er reckte den Kopf mit der schwarzen Kämmfrisur nach
hinten und riss gebieterisch die Arme in die Luft.
„Verehrtes Publikum!“, hob er an und seine Stimme
hallte von allen Seiten wider. „Es ist mir eine unfassbar große Ehre, Sie, verehrte
Damen, Herren und Kinder, heute hier zu unseren Spielen willkommen zu heißen.“ Das Echo drang bis an das Ohr des letzten Zuschauers
herauf und kaum waren die letzten Worte des Veranstalters verklungen, brach
eine Welle tosenden Beifalls und Fußgetrampels los, die wie ein Orkan innerhalb
von Sekunden die gesamte Arena erfasste. Der Direktor verharrte mit geschlossenen Augen in einer
Siegerpose, den Kopf stolz nach oben gereckt. Offenbar genoss er das Schauspiel. Als hätte er exakt auf diesen Zeitpunkt gewartet,
streckte er gebieterisch die Hand Richtung Publikum.
„Halt!“ Seine Stimme durchschnitt den lärmenden
Beifall und wie von Zauberhand verstummten die Menschenmassen in den Rängen
allmählich. „Meine Damen und Herren!“, rief er erneut mit
spannungsgeladener Stimme in die Menge. „Hiermit habe ich die Erlaubnis Ihnen unseren heutigen
Ehrengast vorzustellen…“ Er vollzog eine einladende Armbewegung in Richtung
Vorhang. „Hier ist er! Ich…“ in dem Moment schob sich der
Vorhang wieder zur Seite und die letzten Worte des untersetzten Mannes wurden
unter aufbrausendem Applaus und Fußgetrampel begraben.
Laute Pfiffe und Schreie ertönten von allen Seiten. Die Leute, egal ob alt oder jung, Mann, Frau oder
Kind, waren nicht mehr auf ihren Plätzen zu halten. Hysterische Schreie
erfüllten die Arena. Alle erhoben sich und die Blicke hefteten sich gebannt
auf den blonden jungen Mann, der ins gleißende Sonnenlicht trat und
majestätisch, mit der Erhabenheit eines Löwen langsam zur Mitte der Arena
zuschritt. Seine korrekt zurückgekämmten Hare und das weiße,
glatte Hemd erweckten bei so manchen den Eindruck, er habe vor
seinem Auftritt etliche Stunden bei einem Profistilisten verbracht. Der
rundliche, nennen wir ihn mal Zirkusdirektor, salutierte vor ihm, ergriff die Arme des Blonden und
hielt sie, einer Trophäe gleich, in die Höhe. Da standen die Beiden nun stramm und förmlich vor dem
Millionenpublikum und verneigten sich so tief, dass ihre Stirn um ein
paar Zentimeter den heißen Sand am Boden verfehlte. Der Zirkusdirektor riss dabei mit seiner
stimmungsvollen Eleganz den noch steifen und unbeholfenen jungen Mann mit
herunter. Sekunden verstrichen. Erwartungsvolle Blicke und
flüsternde Stimmen im Publikum. Beide erhoben sich wieder.
Der Dompteur hob die Arme, als wolle er einen
Siegeszug anführen. Mit geschlossenen Augen verharrte er in dieser
Siegespose. Er schien diesen Moment zu genießen, wenn das
Jubelgeschrei abebbte und alle Augenpaare in dem Stadion gebannt auf ihn
gerichtet waren.
„Lasset die Spiele beginnen!“, rief er mit aller Kraft
in die erwartungsvolle knisternde Stille. Während die letzten Silben noch über seine Lippen
kamen, schob er den völlig überrascht dreinschauenden jungen Mann weiter in den
Halbkreis vor das schaulustige Publikum. Mit weit ausholenden Schritten trat er hinter den
Schatten seines Ehrengastes zurück.
Wieder herrschte bange, sekundenlange Stille. Die Zeit
schien für einen Moment lang eingefroren. Der junge Blonde ging ein paar Schritte auf die
Zuschauer zu, erst zögerlich, dann schneller, energischer, entschlossener. Seine Arme flogen mit einem Ruck hoch und er fuchtelte
in der Luft herum wie ein Animateur, der händeringend versucht, die faulen
Menschenmassen zu mobilisieren. Sein Mund formte irgendwelche unverständlichen Laute.
Offenbar schrie er etwas, was aber in der tobenden und
ekstatisch kreischenden Zuschauermenge unterging. Eben wie eine Hetzrede im
Fernsehen, nur mit abgestelltem Ton. Die Arena vibrierte vom Schreien und
Zuschauergetrampel. Der junge Mann schüttelte die Fäuste in der Luft,
reckte seinen Blondschopf nach hinten und ließ sich von der halben Welt
bejubeln. Diese grenzenlose Aufmerksamkeit- er schien sie zu
genießen!
Dann flogen Gegenstände aus dem Publikum auf den
Blonden ein, was ihn aber nicht verstörte. Im Gegenteil. Er sprang in die Luft,
reckte die Fäuste noch höher und ließ seine Armmuskeln unter dem weißen Hemd
spielen. Matschige Tomaten, rohe Eier und anderer
undefinierbarer Kleinkram schoss auf einmal aus allen Richtungen, von unten
angefangen, bis zur letzten Reihe ganz oben auf den Blonden ein, landeten mit
einem ekelerregenden Platschen auf seinem Hemd und mitten in seinem Gesicht. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte so etwas wie
Verwirrung in seinen Augen auf, was aber dann vom Publikumstumult verschlungen
wurde.
Doch der Blonde machte immer noch keine Anstalten, die
Wurfgeschosse abzuwehren, geschweige denn, wegzulaufen. Na gut, wohin sollte er auch laufen, in einem
kreisrunden Panoptikum? Er sprang weiterhin vorm Publikum auf- und ab, schrie
sich weiter mit einem langgezogenen „AAAaaaaaarrrggghhhhhhh“ gegen die Wand aus
heranfliegenden Geschossen und tosendem Publikum die
Lunge aus dem Leib. Faulige Tomaten zerplatzten an seinem Gesicht und dem
makellos glattgebügelten weißen Hemd. Der rote Saft durchtränkte seine Kleidung und tropfte
den sonnengewärmten Sand voll.
Ein stechender, fauliger Geruch breitete sich im
Stadion aus, drang bis zum letzten Zuschauer hoch und machte das Atmen fast
unmöglich. Aber niemand schien das so wirklich mitzubekommen. Alle hatten sich von ihren Plätzen erhoben und waren
immer noch unter Kreischen und Jubeln damit beschäftigt, den jetzt völlig
besudelten jungen Mann weiterhin mit allerlei Kram zu bewerfen.
Durch die lärmende Zuschauermenge hindurch vernahm ich
immer noch die Triumphschreie des Blonden. Sie klangen aber eigenartig und für meine
empfindlichen Ohren eindeutig zu grell. Nach langer Zurückhaltung erhob nun auch ich mich und
mein neugieriger Blick wanderte über die Köpfe der Zuschauer unter mir über die
von gammligen zermatschten Tomaten eingesaute Sandfläche zum verzerrten Antlitz des
jungen Blonden. Der Schmerz schrie aus seinem Gesicht. Ich schloss für einen Moment die Augen und lauschte. „Aaaaaaarrrghh“ Der langgezogene Schrei bahnte sich
erneut durch den ewigen Lärm. Ein Schmerzensschrei, erkannte ich entsetzt.
Ich riss die Augen wieder auf. Die Menschen um mich herum jubelten und kreischten
unbehelligt weiter und warfen auch weiter vergnügt mit… Messern?!?
Das Sonnenlicht blendet, ich muss die Augen
zusammenkneifen. Metallene Spitzen, die ihre Loopings durch die Luft
ziehen, blinken auf. Auf dem mal strahlend weißen Hemd des Mannes breiten
sich mehr und mehr rote Flecken aus. Abwehrend hielt er die zerschnittenen Ellbogen vors
Gesicht. Der rote Saft durchtränkt seine Kleidung und tropft
den sonnengewärmten Sand voll. Ein verzweifelter Hilferuf dringt jetzt deutlicher
durch die tobende Menge: „Hilfe, helfen Sie mir!“ Der junge Mann wankt mit
letzter Kraft auf den zu, der, nachdem er seine Ansprache abgehalten hatte, die
ganze Zeit über abseits steht und dem morbiden Schauspiel teilnahmslos zusieht,
ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen.
Der will dem erbärmlich zugerichteten jungen Mann zu
Hilfe eilen. Zeit, das Spiel zu beenden. Er streckt die Arme aus und stützt den übel
Zugerichteten. Der Blonde sieht ihn dankbar an, sagt irgendwas zu
ihm, was aber durch den Lärmpegel im Stadion nicht zu verstehen ist. Er sackt in den Armen des Helfenden zusammen, wohl
erleichtert, diesem Inferno endlich zu entkommen. Langsam lässt sich der
geschundene Ehrengast vom Präsentierteller wegführen. Der arme Kerl ist nicht mehr wiederzuerkennen. Schlaff lehnt er an den Schultern seines Begleiters,
am Rande der totalen Erschöpfung.
Doch als hätte er seine Route genau berechnet, bleibt
der plötzlich stehen. Dreht sich mit seinem Gast an der Seite zum Publikum, ein erstarrtes Lächeln im Gesicht. Mit seiner freien Hand greift er hinter seinen Rücken. Die stählerne Klinge blitzt in der Mittagssonne auf und blendet das überraschte Publikum, als er weit
ausholt. Der markerschütternde Schrei des Blonden erstickt in
einem Gurgeln, gleich einem Ertrinkenden, dem die Kräfte schwinden und der sich
nicht mehr über Wasser halten kann. Ein Schwall dunkelrotes Blut quillt im Takt des
Herzschlags aus der offenen Halswunde. Langsam zieht er das Messer weiter, dabei lächelt er,
unverändert. Mit einem Schlag sind die Jubelrufe verstummt, nur noch eklige Knackgeräusche hallen dumpf im Stadion
wider.
Dunkles Blut ergießt sich aus der offenen Halswunde
über die Hand, die das Messer hält und tränkt das Hemd des Blonden nun endgültig in ein
tiefdunkles Rot. Mit einem nach wie vor amüsierten Lächeln, als würde
er sich einer gelungenen Zirkusdarbietung erfreuen, zieht der Direktor das Messer
gleichmäßig durch- und das mit einer Leichtigkeit- als würde er Kuchen für ein
Kaffeekränzchen zurechtschneiden. Die Gurgellaute ersterben und aus dem blutleeren
Gesicht entweicht jegliches Leben. Die Hände, die sich mit letzter Verzweiflung in die
Unterarme des Direktors gekrallt hatten, lösen sich mit einem Mal und fallen schlaff herunter,
wie bei einer Marionette. Der Direktor ist der Puppenspieler und schneidet, des
Spiels überdrüssig geworden, einfach die Fäden durch. Langsam rutscht der blonde Kopf zur Seite weg und
fällt mit einem dumpfen Aufschlag in den Sand, rollt ein paar Meter auf das
verdutzte Publikum zu und kommt schließlich zum Erliegen, hinter sich eine
schmale Blutspur. Der kopflose blutüberströmte Körper wankt
orientierungslos ein, zwei Schritte nach vorne, setzt noch zum dritten Schritt an und sackt dann wie
ein nasser Sack zusammen. Sand wirbelt auf, als der leblose Körper zu Boden
fällt.