She belongs to me
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Ich schrie. Ich schrie so sehr, dass ich Angst hatte, meine Stimme würde mir jeden Moment versagen. Doch selbst wenn sie es tun würde, wäre es nicht fast ein unberechenbarer, sagenumwobener Triumph, welchen ich mir hart erkämpft hätte? Immerhin hatte ich nichts mehr zu verlieren, richtig? Mein Leben hatte sich nicht verändert und das würde es auch nie. Also wieso hatte ich dann solche Angst, meine Stimme zu verlieren? Soll er doch machen, was er wollte. Wenn er meinte, mich zu vergewaltigen, dann – nur zu; wenn er meinte, mich zu foltern – bitte sehr, ich halte dich nicht auf; wenn er meinte, mich emotional auf die wohl abscheulichste und grauenvollste Weise missbrauchen zu müssen – hast du schon angefangen? Ich spüre nämlich nichts.
Und dennoch, hatte ich eine solche Angst, meine Stimme zu verlieren, und trotz allem die unheilvolle Befürchtung, niemand würde mich hören können. Die Wände sind schalldicht, hatte er gesagt. Kein Ton wird weder raus- noch reinkommen. „Warum ich?“, hatte ich ohne Zögern in der ersten Minute, seit er mich in Gefangenschaft genommen hatte, gefragt. Jede andere entführte Person würde höchstwahrscheinlich unter Tränen flehend bitten, sie gehen zu lassen. Verzweifelt nach Mama und Papa schreien, doch… für mich war das schon beinahe etwas wie eine logische Schlussfolgerung, dass diese Hilferufe nie etwas bringen würden.
Weil du etwas Besonderes bist, raunte er mir ins Ohr. Etwas ganz, ganz Besonderes. „Was macht mich denn besonders? Ich bin nicht anders als jedes andere Mädchen auch“, erwiderte ich, in der Hoffnung, irgendeinen Fehler in seinen Gedankengängen und in seinem Glauben zu finden. Doch anstelle meines erhofften Erfolgs, sodass er mich vielleicht dennoch gehen lassen würde, beugte er sich nun zu mir vor und lachte verbittert, während er nahezu lieblich flüsterte: Du bist so naiv, so verdammt naiv. Diese Naivität lässt dich beinahe schon lächerlich aussehen. Ach was sage ich? Sie lässt dich lächerlich aussehen!
Und du bist so leicht zu beeinflussen, es ist so unendlich einfach, dich auszunutzen, weil du so viel Angst hast. Wie viele? Wie viele haben es bereits versucht? Wie viele haben bereits mit deiner Angst gespielt und gesagt, dass sie zu dir hinkommen, um dich näher kennenzulernen, um mit dir „reden“ zu können? Wie oft, hast du schon darüber fantasiert und dich selbst in nahtlose Panik gebracht, jemand würde dich missbrauchen oder manipulieren? Komm schon… du kannst mir nicht sagen, dass es niemals vorgekommen ist. Ich sehe es doch. Ich sehe es dir jeden Tag an und das schon seit Jahren. Es gab Momente, kurze, einzelne Momente, da war alles gut. Da warst du geheilt. Da warst du glücklich, dachtest, dass jetzt wieder alles gut werden würde. Dein Glück trug dich sogar so weit, dass du jemanden gefunden hattest, dem du dein Herz öffnen konntest, ohne Angst zu haben.
Du warst so glücklich. Es war schon fast widerlich. Ja, fast abartig, dich so zu sehen. Ich musste etwas unternehmen. Irgendetwas, damit ich das nicht länger mitansehen musste, also nahm ich dich. Ich nahm dich eines späten Abends mit zu mir. Du warst alleine, niemand hätte dich sehen oder hören können – die letzten Laternenlichter waren bereits ausgegangen und ich presste dir schnell ein mit Chloroform getränktes Tuch auf die Lippen. Und jetzt bist du hier, bei mir, und wir werden für immer glücklich sein. Es wird niemanden mehr geben, der uns im Weg steht. Nur du und ich. Nur du und ich!“, lachte er leise, derweil er seine Vision einer glücklichen Zukunft mit mir (verpackt in diese einzigen zwei Worte ‚Nur du und ich, nur du und ich‘) weitersagte, und küsste mich meinen Hals hinab. Immer weiter, bis zu meinen Brüsten.
Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr, meine wunderschöne Prinzessin, meine Königin, meine Göttin!, stöhnte er, derweil er eine Hand fester um mein rechtes Handgelenk drückte, so fest, dass ich mit der irrsinnigen Vorstellung spielte, erneut aufzuschreien. Meinen linken Arm hatte er mit einem dicken, strammen Seil an einem der Bettpfoten befestigt lassen, während er sich bei meinem rechten dazu entschieden hatte, diesen von seiner Befestigung zu lösen und ihn von meiner Pulsader an hinab zu streicheln.
Sein Gewicht drückte mich keuchend zu Boden, während ich bemüht war, meine Atmung durch Mund und Nase zu fokussieren. Er war so schwer, so schwer, dass ich Angst hatte, erdrückt zu werden. Bei dem bloßen Gedanken daran grinste er. Freudig, über das ganze Gesicht, so als ob er nichts anderes erwartet hätte als meine verzweifelten, japsenden Laute. Es war alles genauso, wie er es gesagt hatte. Die Wände waren schalldicht. Schalldicht und niemand konnte mich hören. Er hatte nie gelogen, er konnte nicht lügen, dafür kannte er mich zu gut. Gott weiß, wie viele Jahre er das alles geplant hatte und über wie viele Jahre er immer wieder aufs Neue versucht hatte, mich vollends für sich zu beanspruchen.
Sein Griff wurde fester, je mehr er seine Liebkosung zu mir steigerte. Ich hasste ihn. Ich verabscheute ihn so sehr. Verzweifelt versuchte ich ihn von mir wegzustoßen, mich aus seinen bestialischen Fängen zu lösen, doch alles, was er tat, war, seinen Griff umso mehr zu verstärken und weiter Überhand über mich zu gewinnen. „Lass mich los“, meine Stimme glich dem Ton eines pfeifenden Wasserkochers, wenngleich ich bemüht war, diese drei einfachen und bittenden Worte betont und langsam auszusprechen. „Lass los, lass los, lass los!“, machte ich weiter in der Hoffnung, dieses verzweifelte Mantra würde ihn zu Besinnung führen, doch was erwartete ich schon von so jemandem wie ihm? Alles, wofür ich beten konnte, war, dass er mich am Leben lassen würde, sobald er hier fertig war. Meinen ständigen Aufforderungen zum Trotz schlug er mir mit seiner Faust ins Gesicht, immer und immer wieder; rammte meinen Schädel absichtlich mit einer ungeheuren Wucht, welche mich gleich darauf in die Ohnmacht beförderte, gegen einen der Bettpfosten und schrie mich an (während die Schwärze in einem beängstigenden, langsamen Takt auf mich zukam), ich solle endlich meine Klappe halten. Oder willst du, dass wir beide es so weit treiben, damit du den süßen Engeln da oben einen Grüß aus der Hölle hier unten bestellen kannst?, drohte er mir und drückte nunmehr mit seinen beiden Händen meinen Hals zu, was mich letzten Endes – ohne, dass ich hätte auch nur ein letztes Wort hinauswürgen können – in die Dunkelheit brachte.
Ich war nicht tot. Das konnte nicht sein, dafür hatte sein Druck nicht lange genug angehalten. Außerdem konnte ich mir nicht im Geringsten vorstellen, dass er mich hätte sterben lassen wollen. Denn wenn dem so wäre, hätte er es Jahre zuvor schon getan. Vielleicht sogar ab dem Zeitpunkt, wo ich geboren wurde. Ja, genauer betrachtet, hätte er auch da schon alles beenden können. Aber…
„Ms. Taylor?“, hörte ich eine männliche Stimme meinen Namen rufen. Sie klang warm, vertraulich und liebevoll. Ich liebte sie. Ich liebte sie so sehr. Seit Jahren hatte ich versucht, ihm zu entkommen und endlich eine andere Stimme zu hören, andere Geräusche wahrzunehmen, mein Leben wieder genießen zu können. Aber…
Tränen kullerten meine Wangen hinunter. Dunkel. Um mich herum war alles dunkel. Ich zitterte. Wieso zitterte ich?
„Ms. Taylor, beruhigen Sie sich bitte! Sie waren dissoziiert, für Angstpatienten in höheren Stadien ist das nichts Ungewöhnliches. Wichtig ist, dass Sie sich jetzt auf meine Stimme konzentrieren, hören Sie mich? Sie müssen ihre Augen aufmachen, öffnen Sie ihre Augen!“
Ja! Ja, verdammt, ich höre Sie! Ich will Sie sehen! Ich will Ihnen in Ihre Augen sehen! Bitte, lassen Sie mich in Ihre Augen sehen! Ich hasse die Dunkelheit! Ich habe Angst vor ihr! HOLEN SIE MICH HIER RAUS!
Urplötzlich spürte ich Wärme. Leichte, wohltuende Wärme. Eine Hand. Er muss gesehen haben, dass ich zittere. Mir ist kalt, wärme mich auf! Bitte, wärme mich auf!
„Ganz ruhig. Es passiert Ihnen hier nichts. Sie sind hier in Sicherheit, das verspreche ich Ihnen. Machen Sie jetzt langsam die Augen wieder auf, verstanden?“
Ich kann das nicht. Ich kann meine Augen nicht öffnen. Sehen Sie das nicht?! Er hält mich fest. Er hält mich fest, ich komme hier nicht mehr raus. Holen Sie mich hier raus! Bitte… Warum hören Sie mich nicht? Mit wem rede ich? Hallo? Ist hier jemand? Lasst mich nicht alleine!
I’m watching you… I’m always here, I’ll never leave you. Come, my dear, take my hand, take my hand and follow me, follow the fear!
Es war dunkel, dennoch konnte ich sein Grinsen ausmachen. Dieses widerwärtige Grinsen, welches er immer dann aufsetzte, wenn er wusste, dass er mich hatte. Dass ich nun vollständig in seinen Fängen gefangen war.
Es war dieses abartige Grinsen, dass er immer dann aufsetzte, wenn er wusste, dass ich ihm keineswegs entkommen konnte.
Es war dieses abscheuliche Grinsen, dass er immer dann aufsetzte, wenn er wusste, dass…
…niemand seinen eignen Gedanken entkommen konnte. Denn sie waren die Pforte des nie endenden Abgrunds.